Interessen durchsetzen, ohne sich Feinde zu machen

16. November 2015 - Beruf und Erfolg

In diesem Beitrag erfahren Sie, auf was es ankommt, wenn Sie sich wirklich durchsetzen wollen. Sie werden erstaunt sein, wie einfach es ist, wenn Sie erst das Prinzip verstanden haben.

schachmatt

Warum ist dieses Thema für so viele Menschen interessant? Warum muss man lernen, wie man seine eigenen Interessen durchsetzt? Wäre es nicht einfacher, besser und gerechter, wenn sich stets die beste Idee durchsetzen würde? Oder wenn der beste Vorschlag angenommen, die am besten geeignete Person befördert oder das beste Produkt gekauft würde?

Ja, es wäre gut und vielleicht sogar gerecht, aber aus ganz einfachen Gründen kann es nicht funktionieren.

Befreien Sie sich von den Stimmen aus Ihrer Vergangenheit

Vielleicht erinnern Sie sich noch daran, wie Sie als Kind den Geheimnissen dieser Welt auf die Spur gekommen sind? Ihre Erkenntnisse haben Sie hoffentlich klug und stark gemacht. Aber sie haben oft auch ein Gefühl hinterlassen, dass es immer Menschen gibt, die etwas noch besser wissen oder können als Sie. Der Nachbarsjunge, die Mitspieler im Fußballverein, die Lehrer an der Schule, die Ausbilder oder Professoren, überall lauerte das Bessere.

Und genau dieses Gefühl ist es, das vielen Menschen auch im Erwachsenenalter noch Probleme bereitet. Viel mehr Menschen als man denkt haben eine innere Stimme, die ihnen bei allen möglichen Gelegenheiten sagt:

- Du bist nicht gut genug!
- Das reicht nicht!
- Es gibt besser Geeignete als Dich!

Dabei steht wie selbstverständlich das kognitive oder handwerkliche Können und Wissen im Mittelpunkt. In unserer Gesellschaft wird genau auf diese hard-facts Wert gelegt. Ob jemand mit sich zufrieden ist, ob er empathisch ist oder ob er Beziehungen pflegen kann, diese soft-facts spielen fast keine Rolle. Und das hat Auswirkungen auf unser Selbstbild und vor allem auf unser Selbstwertgefühl.

Wie wir mit unserem Selbstwert umgehen, das erfahren Sie gleich weiter unten. Lassen Sie uns zunächst einmal festhalten, dass es objektiv immer jemanden gibt, der irgendetwas besser kann oder mehr weiß als jemand anderes. Aber nicht immer ist derjenige, der mehr kann und mehr weiß auch der am besten geeignete Kandidat.

Wäre Superman auch dann Superman, wenn er einen Chef hätte?

Was nutzt Ihnen das Training bei einem Schachweltmeister, wenn Sie gerade erst anfangen die einfachsten Grundzüge zu lernen? Was hilft es Ihnen als Fahrschüler, wenn Ihr Fahrlehrer Formel 1-Weltmeister ist? Was hilft Ihnen ein Professor, wenn Sie in der ersten Klasse die Schreibschrift lernen wollen? Sie helfen Ihnen gar nichts. Im Gegenteil, Sie wären wahrscheinlich schnell überfordert und Ihre Lehrer würden genervt sein. Verabschieden Sie sich also an dieser Stelle von der Idee, nur der am besten Qualifizierte oder Erfahrene sei es wert, sich durchzusetzen. Denn:

- erstens gibt es den Besten nicht
- und zweitens wäre er an den meisten Stellen nicht brauchbar.

Sagen Sie Ihrer inneren Stimme deshalb immer wieder, dass es keinen objektiv Besten gibt!

Moral gehört zu den großen Lügen der Gesellschaft

Und wenn Sie das oft genug gemacht haben und Ihre innere Stimme nun endlich schweigt, dann werden Sie feststellen, dass es noch eine zweite Stimme gibt. Die sagt Ihnen ständig, Sie müssten beim Durchsetzen Ihrer Interessen fair sein, einen Kompromiss suchen und notfalls auch mal den Anderen vorlassen. Nur mit solchen Regeln, die wir Werte oder Moral nennen, könne eine Gesellschaft funktionieren.

Moral hat etwas mit Fairness, Gerechtigkeit, Reihenfolge etc. zu tun. Doch Vorsicht, Moral fällt nicht vom Himmel. Sie ist von Menschen gemacht und daher immer interessegeleitet. Besonders laut fordern oft solche Menschen moralisches Verhalten, die sich selbst ganz anders verhalten und vor allem ihren eigenen Vorteil suchen. Das waren früher unsere Eltern und Lehrer, später Politiker, Arbeitgeber, Kollegen oder auch Freunde. Fairness ist wichtig, aber ganz oft nur eine gute Ausrede, um sich einem Konflikt nicht stellen zu müssen. Wie sagte Egon Bahr so treffend: „Wenn ein Politiker anfängt, über Werte zu schwadronieren, anstatt seine Interessen zu benennen, wird es höchste Zeit, den Raum zu verlassen.“

Achten Sie deshalb beim nächsten Mal auch auf Ihre zweite innere Stimme. Wenn sie Ihnen empfiehlt, aus Gründen der Fairness einem Konflikt auszuweichen, dann lehnen Sie dankend ab. Denn Sie haben sehr wohl das Recht, Ihre Interessen durchzusetzen. Auch wenn das bedeutet, dass ein anderer dann nur Zweiter wird.

Machen Sie das so lange, bis auch Ihre zweite innere Stimme schweigt. Denn erst dann sind Sie wirklich bereit und in der Lage, Techniken zu lernen, mit denen Sie Ihre Interessen wirkungsvoller durchsetzen können, ohne sich Feinde zu machen. Erst ab dem Punkt, an dem Sie sich nicht mehr von den inneren Stimmen aus Ihrer Vergangenheit leiten lassen, sind Sie wirklich erwachsen.

Nur auf einem stabilen Fundament können Sie große Entscheidungen treffen

Ich habe Ihnen oben versprochen, dass es für Sie ganz einfach ist, Ihre Interessen durchzusetzen, wenn Sie das Prinzip verstanden haben. Der erste Schritt ist getan, Sie haben die beiden wichtigsten Blockaden kennengelernt, die Menschen daran hindern, sich durchzusetzen. Ihre beiden inneren Stimmen:

1. ich bin nicht gut genug und
2. ich bin es nicht wert, mich durchzusetzen.

Im nächsten Schritt erfahren Sie, mit welchen Techniken Sie die Wahrscheinlichkeit Ihres Erfolgs deutlich erhöhen. Weil Sie es schaffen, Ihre Interessen so darzustellen, als gäbe es eigentlich für alle Beteiligten keine bessere Lösung, als Ihnen zuzustimmen.

Doch vorher müssen wir noch ein ganz anderes wichtiges Thema streifen. Ihr Erfolg hängt nämlich ganz entscheidend davon ab, mit welchem Typus Mensch Sie es zu tun haben. Gehen Sie fest davon aus, dass die meisten Menschen das Problem mit ihren beiden inneren Stimmen noch nicht gelöst haben. Ganz egal, wie alt sie sind, welche Stellung sie innehaben und ob es sich um Business- oder private Kontakte handelt. Ihre Gesprächspartner befinden sich mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in einem Zustand, in dem sie sich von ihren schwachen Selbstwert-Gefühlen leiten lassen, sich dessen aber nicht bewusst sind.

Vorsicht vor den lieben und den bösen Psychopathen

Und deshalb kommt hier die zweite wichtige Erkenntnis dieses Beitrags für Sie. Nur weil man sich der Steuerung durch seine inneren Stimmen nicht bewusst ist, bedeutet das nicht, dass dies keine Auswirkung auf das Verhalten hätte. Ganz im Gegenteil! Wer sich unbewusst von seinen beiden inneren Stimmen leiten lässt, der leidet in hohem Maße unter seinem mangelnden Selbstwert. Da es aber kein Mensch aushält, auf Dauer unter seiner gefühlten Macht- und Wertlosigkeit zu leiden, haben wir hochwirksame, psychische Abwehrmechanismen entwickelt. Dabei unterscheiden wir zwei Abwehr-Typen:

- die Devoten (Schüchternen)
- und die Dominanten (Narzissten)

Beide haben das gleiche Problem, gehen es aber mit völlig unterschiedlichen Strategien an. Der devote Typus nimmt sich in Konflikten eher zurück und ist schneller bereit aufzugeben. Der dominante Typus hingegen stellt sich eher nach vorne und greift auch mit unfairen Mitteln an. Ein gutes Beispiel für den Typus des Narzissten ist übrigens US-Präsident Donald Trump.

Wenn Sie Ihre Interessen durchsetzen möchten, kalkulieren Sie unbedingt diese beiden Typen in Ihre Strategie ein. Beide sind Ihren kognitiven Argumenten kaum zugänglich und handeln vor allem emotional. Nur der „normale“ Typus wird sich Ihren Argumenten gegenüber wirklich öffnen können, denn er hat seine beiden inneren Stimmen im Laufe des Erwachsenwerdens zurückgelassen.

Sollten Sie übrigens selbst noch unter den beiden inneren Stimmen leiden, dann habe ich zwei gute Nachrichten für Sie:

1. Wenn Ihnen Ihr Problem bewusst ist, ist dies bereits der erste Schritt zur Lösung.

2. Mit Hilfe eines professionellen Coaches schaffen Sie das Löschen der inneren Stimmen meistens in wenigen Sitzungen.

Mit diesen Profi-Techniken können Sie sich erfolgreich durchsetzen

Damit sind wir nun bei Schritt drei angekommen, den besten Techniken, die Sie beherrschen sollten, um sich erfolgreich durchzusetzen. Sie funktionieren grundsätzlich immer, egal welcher Typus Sie selbst sind und egal gegenüber welchen Typen Sie sich durchsetzen möchten. Je nachdem, gegen wen Sie sich durchsetzen möchten, ändert sich nur der Schwerpunkte Ihrer Argumentation (bei „Normalen“ mehr kognitiv, bei „Neurotikern“ vor allem emotional) sowie der Vergnügungsgrad der Auseinandersetzung.

Grundsätzlich gilt: Wenn Sie erfolgreich sein wollen, müssen Sie Ihre Interessen so vortragen können, dass Ihr Gegenüber Ihre Interessen:

- genau versteht,

- sie zu seinen eigenen Interessen macht

- und sich nichts sehnlicher wünscht, als dass seine nun eigenen Interessen durch Sie durchgesetzt werden.

Das ist das Prinzip der Erfolgreichen! Machen Sie Ihre Interessen zu den Interessen der Anderen und finden Sie Menschen, die für Sie durchs Feuer gehen, weil sie von Ihrer Idee überzeugt sind.

Die Erfolgreichsten gehören übrigens selten zu den Klügsten. Und trotzdem beherrschen Sie diese Kunst. Es muss also einfach sein, Sie müssen nur üben! Die folgenden Techniken sollten Sie deshalb anwenden, wann immer Sie etwas durchsetzen möchten.

1. Legen Sie das Spielfeld und die Regeln fest.

Bevor Sie anfangen, über Ihre Interessen zu sprechen, legen Sie so genau wie nur möglich fest:

- Worüber wollen Sie reden?
- Was wollen Sie genau?
- Wann, warum und wie wollen Sie das?
- Welche Gegenargumente könnten angeführt werden?
- Welchen strategischen Spielraum legen Sie fest, innerhalb dessen Sie ggf nachgeben wollen?
- Wo genau sind die Grenzen, bis zu denen Sie kompromissbereit sind?

2. Denken Sie sich eine schöne Geschichte aus.

Verpacken Sie Ihre Interessen nun in eine interessante Story. Diese sollte für jeden nachvollziehbar, „logisch“ („Ja-Kette“), unterhaltsam und für den Entscheider nutzenorientiert ist. Unterteilen Sie Ihre Story in drei Teil-Storys, die anschaulich erklären:

- wie es dazu kam, dass Sie diese Interessen entwickelt haben. Nutzen Sie hierfür Ereignisse, die Sie mit dem Entscheider verbinden,

- was diese Interessen heute für Sie und den Entscheider bedeuten könnten sowie

- welche Auswirkungen das Durchsetzen Ihrer Interessen für die Zukunft des Unternehmens, des Entscheiders, des Vereins etc. haben könnte, ohne sich hier auf verbindliche Zusagen festzulegen. Wenn möglich, erzählen Sie zwei verschiedene Varianten dieses letzten Teils, um dem Entscheider eine scheinbare Wahlmöglichkeit anzubieten.

Beziehen Sie Ihre Zuhörer stets in die Story ein, indem Sie Rückfragen stellen, wie:

„Erinnern Sie sich noch?“

„Wissen Sie noch, wie wir damals angefangen haben?“

„Das ist genau das, was wir doch alle wollen“

etc.

3. Zeigen Sie Verständnis für Gegenargumente.

Niemand wird sich für Sie einsetzen, wenn Sie ihn vor den Kopf stoßen. Zeigen Sie deshalb bei Gegenargumenten oder kritischen Rückfragen immer Verständnis. Versuchen Sie, das Argument aufzunehmen und in Ihre Story einzubauen.

Greifen Sie hier auf bekannte Ereignisse in der Vergangenheit zurück. („Vor vier Jahren haben wir schon einmal vor einer ähnlichen Entscheidung gestanden und uns dafür entschieden, dies und das nicht zu tun.“)

Entwickeln Sie ganz vorsichtig eine negative Perspektive. („Wenn alles glatt läuft, haben Sie Recht, aber wir sollten berücksichtigen, dass…“)

Zeigen Sie durch schnelle Antworten, dass Sie genau wissen, wovon Sie sprechen.

4. Nutzen Sie Emotionen.

Beziehen Sie möglichst Menschen in Ihre Story ein, deren Schicksal mit der Durchsetzung Ihrer Interessen verbunden ist. Fast immer „funktionieren“ Kinder und Tiere. Übertreiben Sie diesen Punkt allerdings nicht. Bieten Sie so dem Entscheider eine Möglichkeit, seine eigenen Wünsche nach Macht („Gutes tun“), Geld (Status) oder Erfolg (Anerkennung) durch einen größeren Wirkungskreis zu erhöhen.

5. Seien Sie standhaft.

Bieten Sie dem Gegenüber keine Möglichkeit, leichtfertig einen Kompromiss anzubieten. Formulieren Sie Ihre Interessen klar, deutlich und direkt. Bei jedem Kompromissversuch sollte Ihr Gegenüber Skrupel haben. Machen Sie keine voreiligen Zugeständnisse und signalisieren Sie auch nicht Ihre Bereitschaft dazu, indem Sie Konjunktive wie „wir könnten ja“ oder „vielleicht sollten wir“ verwenden.

6. Seien Sie höflich und sympathisch. Immer!

Egal, wie sich Ihr Gegenüber verhält, bewahren Sie immer die Ruhe und seien Sie nett. Nutzen Sie niemals Schimpfwörter oder Erpressungsversuche. Denn nur wenn Sie am Ende gewinnen und Ihr Gegenüber nicht zu Ihrem Feind geworden ist, haben Sie wirklich gewonnen. Ansonsten werden Sie auf die Retourkutsche nicht lange warten müssen.

Wenn Sie diese einfachen Profi-Techniken beachten, werden Sie ab sofort spürbar besser als bisher Ihre Interessen durchsetzen. Versprochen!

Allerdings mit der kleinen Einschränkung, dass Sie sich in einem Konflikt mit halbwegs „normalen“ Menschen befinden, die ihre beiden inneren Stimmen im Griff haben. Manchmal jedoch befindet man sich in einem System, in dem extrem devote Entscheider nichts entscheiden oder Narzissten unkalkulierbar herrschen. In diesem Fall sollten Sie sich Ihre Situation und die eingeschränkten Möglichkeiten zur Durchsetzung Ihrer Interessen bewusst machen. Sie sollten klar entscheiden, ob Sie „dieses Spiel“ wirklich mitmachen möchten. Ein „Sieg“ in einem solchen psychopathischen System ist in der Regel nur möglich, wenn Sie weitgehende Zugeständnisse machen. Oder sich mit der Zeit selbst den neurotischen Verhaltensweisen anpassen. Die Folgen sind dann in vielen Fällen Depressionen („Burn-Out“) oder Sarkasmus („Entfremdung“).

Ein Coach kann Ihnen in diesem Fall sehr effektiv helfen, Ihre Situation klarer zu reflektieren, um eine gute Entscheidung für sich zu treffen. Eine Entscheidung, die Ihnen erlaubt, sich auch in Zukunft „normal“ zu verhalten und trotzdem erfolgreich durchzusetzen, ohne sich Feinde zu machen.

Autor: Diplom-Pädagoge Michael Schmidt
Thema: Interessen durchsetzen

Webseite: https://www.hpp-michael-schmidt.de

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