Was macht eine Osteopathin?

20. Dezember 2018 - Gesundheit

Osteopathie als Begriff geht auf Andrew Taylor Still (1828 – 1917) zurück, der Ende des 19. Jahrhunderts eine neue Sichtweise in die Medizin einführte.

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Er entwickelte ein philosophisch unterlegtes manuelles Diagnose- und Behandlungskonzept, bei dem der Mensch und nicht die Krankheit im Vordergrund steht:

Gesundheit zu finden sollte das Ziel des Arztes sein, Krankheiten kann jeder finden.“ (Andrew Taylor Still)

(Quelle: Das große Still- Kompendium, Bd. II: Die Philosophie der Osteopathie, 2. A., S. II-28, Verlag Jolandos, 2005)

Was bedeutet das für die osteopathische Behandlung?

Während die Schulmedizin sich oft auf die Perfektionierung von Diagnosen konzentriert, um dann ein Arzneimittel zu finden, das die Krankheit möglichst auf chemischen Weg beseitigt, ist das Ziel für die Osteopathie eine ganzheitliche Herangehensweise an die Symptome und Beschwerden, mit denen Menschen in die Praxis kommen.

Oberstes Ziel ist es, die Selbstwirkung / Autoregulation des Organismus anzuregen, so dass der Körper eine Gesundung gemäß seinen Fähigkeiten eigenständig und möglichst dauerhaft einleiten kann. Der Schlüssel liegt hierbei in den fühlenden Händen der BehandlerIn! Dies beginnt damit, dass wir uns für die Menschen Zeit nehmen: Wir erheben eine ausführliche Befragung (Anamnese, ca. 30 – 60 min.) unter Einbeziehung aller vorherigen Diagnosen und Maßnahmen, teilweise bis in die Kindheit zurückreichend. Dann erfolgt die Klärung, ob diese Beschwerde mit einer osteopathischen Behandlung behandelbar ist.

Wenn nein, empfehlen wir andere Therapieformen (gute TherapeutInnen haben ein Netzwerk von weiteren SpezialistInnen und können gegebenenfalls auf die jeweils beste Methode verweisen). Wenn ja, erfolgt eine ausführliche Untersuchung. Hierauf erfolgt ein Therapievorschlag und die Besprechung des Therapieziels. 

Was ist das Therapieziel?

Welches Ziel wir genau erreichen wollen, muss mit unseren PatientInnen gut abgestimmt werden, denn manchmal sind die Vorstellungen von BehandlerIn und PatientIn unterschiedlich.

Mögliche Ziele einer osteopathischen Behandlung können sein:

Wir treffen hier immer eine Übereinkunft in der Zielvereinbarung und als seriöse TherapeutInnen lassen wir uns nicht darauf ein, wenn jemand schon am Telefon oder vor der Untersuchung eine genaue Prognose hören will.

Wenn das Ziel klar formuliert ist, kann die Therapie beginnen....

Je nach Problemlage können einzelne (1 – 3) oder auch mehrere Behandlungen erforderlich sein, parallel wird der Therapieverlauf gezielt bewertet und mit den PatientInnen kommuniziert. Behandlungen werden meist im wöchentlichen Rhythmus durchgeführt, da der Körper mit seinen Selbstregulierungsmöglichkeiten eine gewisse Zeit braucht, um angemessen und umfangreich reagieren zu können.

Zum Abschluss erfolgt zum Therapieende eine Kontrolle – wurde das Ziel erreicht?

Manchmal ergeben sich während der Behandlungszeit oder am Ende noch weitere Ziele, hier ist dann wieder eine konkrete Vereinbarung hilfreich.

Mögliche Anwendungsgebiete:

Kontraindikation von Behandlungen:

Wie erfolgt die Behandlung?

Durch die manuelle Untersuchung verschaffen sich die BehandlerInnen einen Überblick über alle Blockaden und Bewegungseinschränkungen im Körper. Wir suchen hierbei nach den Ursachen der Beschwerden und lösen Blockaden und Bewegungseinschränkungen, die einer Gesundung im Wege stehen. Nicht selten finden wir die Ursache gar nicht unmittelbar in der Nähe des Symptoms!

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Hierzu ein Beispiel aus meiner Praxis:

Ein Patient, männlich, etwa 50 Jahre alt, kommt mit Schmerzen in der linken Schulter in die Praxis. In der Anamnese berichtet er, dass diese Schmerzen seit ca. 12 Wochen bestehen, ein Auslöser sei ihm nicht bekannt, die Schmerzen seien stetig schlimmer geworden.

Begonnen hat er die Behandlung mit einer Selbstmedikation (Schmerzmittel), dann ist er zum Arzt gegangen, zur Krankengymnastik, daneben zu einem anderen Arzt für bildgebende Verfahren.

Diagnose: Schulter-Arm-Syndrom

Verschreibung: Physiotherapie und Schmerzmittel.

Besserung: keine - sobald die Schmerzmittel abgesetzt wurden, der Schmerz wurde sogar in seinem Empfinden noch stärker.

Während der Anamnese berichtet der Patient unter anderem, dass er immer mal Rückenbeschwerden habe, sonst aber fit sei. Er mache viel Sport und sei für sein Alter gut in Form. Vor einiger Zeit (ca. 4 Monaten) sei zwar beim Handball sein rechtes Knie umgeknickt, eine Kreuzband-OP habe dies behoben, er sei hier wieder gut belastbar.

Während der Untersuchung fällt der Bereich beckenabwärts rechts auf. Die Schulter ist gut beweglich trotz der Schmerzen.

Entscheidung zur Behandlung:

Da ich davon ausgehe, dass die Physiotherapie vorher gut gearbeitet hat, entschließe ich mich, nicht direkt an die Schulter zu gehen, sondern laut meinem Untersuchungsbefund zuerst das rechte Bein anzuvisieren.

Osteopathische Behandlung:

Erste Sitzung: Ausführliche Behandlung des rechten
Knies und der umgebenden Strukturen.

Zweite Sitzung: Behandlung beider Beine und des Beckens

Dritte Sitzung: Beine, Becken, Zwerchfell und Brustkorb mit Schulter

Ergebnis:

Bereits nach der ersten Behandlung berichtet der Patient von einer Besserung. Nach drei Behandlungen ist die Schulter schmerzfrei! Tatsächlich war die Kreuzband-OP die Ursache für die Schulterprobleme. Stellen Sie sich vor, der Körper funktioniere wie ein Tischtuch. Wenn ich an einem Ende ziehe, kann ich ein Glas auf der anderen Seite des Tisches umwerfen. Eine Fehlhaltung / Schonhaltung kann also dazu führen, dass der Körper Symptome weit entfernt von der verursachenden Stelle zeigt. Wenn die Therapie nur das Symptom behandelt, die Ursache aber nicht auffindet und gezielt in die Behandlung einbezieht, erreichen wir keine Besserung oder sogar Heilung.

Voraussetzung für jede Behandlung ist immer, eine gründliche Anamnese und eigene Untersuchungen durchzuführen, um Ursachen aufzudecken und nicht nur die Symptome zu behandeln!

Worauf können Sie bei der Wahl Ihrer TherapeutInnen achten?

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Die „drei Säulen“ innerhalb der Osteopathie:

Unser manuelles Untersuchungs- und Behandlungsverfahren für Bewegungsapparat, Organe und Gewebe im Körper lässt sich in drei Bereiche aufteilen, die dennoch immer zusammen wirken.

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Die Parietale Osteopathie hat vor allem die Gelenke, Muskeln, Sehnen, Bänder und Faszien sowie deren Bewegungseinschränkungen im Blick - und in den Händen.

Die Viszerale Osteopathie beschäftigt sich mit den inneren Organen und ihren beeinflussenden Strukturen.

Die Craniosacrale Osteopathie – mein Hauptschwerpunkt – umfasst vor allem den Bereich zwischen Schädel (Cranium) und Kreuzbein (Sakrum) mit allen darin vorhandenen Strukturen.

Alle drei Bereiche erfordern ein umfassendes praktisches Wissen in Anatomie, Physiologie, Neurologie und Pathologien.

Die Craniosacrale Osteopathie

Diese wurde Anfang dieses Jahrhunderts von dem amerikanischen Arzt Dr. William Garner Sutherland (1873-1954), einem Schüler Dr. Andrew Taylor Stills, begründet. Sutherland entwickelte eine Therapie, um Blockaden am Schädel zu lösen und das System des Liquors (Flüssigkeit, in der das Gehirn und Rückenmark schwimmen) zu beeinflussen.

Zum Ende des 20. Jahrhunderts verbreitete sich diese Behandlungsweise dank dem amerikanischen Arzt Dr. John Upledger weitreichend. Durch seine wissenschaftlichen Arbeiten untermauerte und erweiterte er die Entdeckungen Sutherlands.

Das Craniosacrale System

Die Verbindung zwischen Schädel und Kreuzbein wird nicht nur über die Wirbelsäule, sondern auch über die Hirnhäute und die Rückenmarksflüssigkeit gebildet. Zudem besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Cranio-Sacral-System und dem Zentralen-, sowie Peripheren Nervensystem und auch dem Muskel-, Gefäss-, Lymph-, Atmungs- und Hormonellen System.

Neuere Forschungen gehen davon aus, daß es eine körpereigene Instanz gibt, die alle Bewegung von Zellen und Flüssigkeiten regelt. Diese, auch Primary Respiratory Mechanism (PRM) genannt, entsteht schon vorgeburtlich und endet erst kurz nach dem Tod. Jedes menschliche Bewegungsmuster ist somit einzigartig und wird im Laufe des Lebens durch Ereignisse von außen beeinflußt bzw. verändert. Den optimalen Bewegungsfluß wieder zu finden, ist die Voraussetzung für einen guten Heilungsverlauf.

Dadurch ergibt sich für diese Therapie ein weites Indikationsspektrum. Traumata jedweder Art wirken sich störend auf den Körper und die Psyche aus und können als Unterbrechung eines optimalen PRM gespürt und behandelt werden.

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Mit der sanften Craniosacralen Behandlung am Bindegewebe, an den Schädelknochen und am Pulssystem der Gehirn- und Rückenmarkflüssigkeit werden die Selbstheilungskräfte angeregt.

Mit spezifischen Techniken und ca. 5 Gramm leichter Berührung wird die natürliche Regeneration und "Heilung von innen" gefördert. Dazu kann es sinnvoll sein, z.B. direkt am Schädel zu arbeiten, oder an Schädel und Kreuzbein gemeinsam, oder gar an weiter entfernten Stellen, wie den Fersen. 

Alte Traumata - beispielsweise entstanden durch Sturz, Unfall (z.B. Schleudertrauma), Schock, Operationen, Geburt - und chronische Beschwerden  können sich lösen. Gute Ergebnisse werden auch bei der Behandlung von Stress,  Schlaflosigkeit, Migräne, Rückenbeschwerden und zahlreichen psychosomatischen Beschwerden erzielt.

Die Craniosacrale Arbeit folgt den feinen, inneren Bewegungen des Gewebes, gibt ihnen Raum und ermöglicht so den Zugang zu tiefen Erinnerungen, Gefühlen und Verletzungen. Durch ein mögliches Wiedererleben und Bewusstwerden während der Behandlung können  körperliche und seelische Krankheitsmuster gezielt bearbeitet werden.

Autor: Heide Volle
Thema: Was macht eine Osteopathin?
Webseite: http://www.naturheilpraxis-heide-volle.de/

#Homöopathie, #Osteopathie, #Naturheilkunde

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