Wie Sie zu Ihrer inneren Mitte finden

16. November 2015 - Persönlichkeitsentwicklung

„Ich bin nicht in meiner Mitte!“ – dieses Gefühl kennen wir sicher alle. Aber was meinen wir eigentlich damit? Wie zeigt sich uns dieser Verlust der eigenen Mitte? Meist hat er zwei unterschiedliche Auswirkungen: Entweder verlieren wir uns im Außen oder wir verlieren uns durch Rückzug vom Außen. Was bedeutet das?

baum-sonne-mittig

Um unsere innere Mitte zu finden, muss uns zunächst einmal klar werden, was es heißt, in der Mitte zu sein: Wenn wir in unserer Mitte sind, fühlen wir uns zentriert, ausgeglichen und trotz äußerer Einflüsse stabil. Nicht umsonst sagen wir auch: „Ich ruhe in mir.“ Denn in der Mitte zu bleiben, bringt tatsächlich ein Gefühl der Ruhe mit sich. Alle Handlungen basieren dann auf einer ruhigen und ausgeglichenen inneren Haltung. Weder begebe ich mich in Hektik und Aktionismus, noch verfalle ich in Trübsal und Resignation.

Wo bin ich eigentlich?

Meist sind wir aber nicht in unserer Mitte, denn wir sind nicht in unserem Körper. Wenn wir in uns selbst nicht anwesend sind, sind wir logischerweise auch nicht in unserer Mitte, denn es ist ja keiner zu Hause. Die Anwesenheit in uns selbst bezeichnet man auch als Präsenz. Darüber hat vor allem Eckhart Tolle sehr ausführlich und lesenswert geschrieben. Ich möchte mich im Zusammenhang mit der Mitte auf den Körper beschränken.

Wenn du dich auf deinen Körper konzentrierst und zwar nicht, wenn du sportlich aktiv bist, sondern gerade jetzt, wenn du sitzt und diesen Text liest, wo ist dann deine Aufmerksamkeit? Im Körper oder im Denken? Wenn unsere Aufmerksamkeit auf einem Buch, einem Computerspiel, dem Handy oder einfach „nur“ auf unseren Sorgen ruht, verlassen wir den Körper, den ruhigen Raum in uns, der uns jederzeit zurück bringen kann in unsere Mitte. So besteht eine der hilfreichsten Übungen einfach darin, immer wieder in die Füsse zu spüren, da sie am weitesten vom Kopf entfernt sind.

Spüre also jetzt in deine Füße und halte einen Teil deiner Aufmerksamkeit dort, während du den Text weiter liest. Bemerke, was sich dadurch am Ende des Lesens verändert hat.

Warum verlasse ich meine Mitte?

statue blickt nach oben

Nachdem wir nun wissen, dass uns die innere Mitte Ruhe und Stabilität vermittelt und dies nur möglich ist, wenn wir in unserem Körper anwesend sind, komme ich nun zurück zu der Frage: Wie zeigt sich uns der Verlust der eigenen Mitte?

Am leichtesten verlieren wir den Kontakt zu unserer Mitte, wenn wir mit anderen in Kontakt sind. Hier zeigt sich, wie stark unsere Mitte ist. Die Prüfung lautet: Gelingt es uns, bei uns selbst zu bleiben und trotzdem die Verbindung zu anderen zu halten? Oder verlieren wir uns im Außen, weil wir dazugehören möchten? Oder ziehen wir uns zurück, weil wir meinen, unsere Freiheit verteidigen zu müssen?

Hier zeigt sich uns ein Grundkonflikt – nämlich der zwischen zwei elementaren Bedürfnissen: Dem Bedürfnis nach Freiheit und Selbstbestimmtheit und dem nach Verbundenheit und Zugehörigkeit. Besonders brisant wird dieser Konflikt, wenn eine uns nahe stehende Person etwas von uns verlangt bzw. uns Vorwürfe macht. Stell dir folgende Situation vor:

Deine Tochter (oder Sohn, oder Partner, oder …) beschwert sich darüber, dass du so wenig Zeit mit ihr verbringst, weil du so viel arbeitest. Wie reagierst du auf diesen Vorwurf?

Variante 1: Du verteidigst dich und rechtfertigst dein Arbeiten. Du sagst ihr vielleicht sogar, dass sie ja auch keine Zeit habe und selbst nicht wisse, was sie eigentlich wolle. Du weist also ihren Vorwurf zurück und gehst auf Abstand. Dieser Abstand entsteht auch im Innen. Du bleibst also bei deinem Bedürfnis nach Freiheit, aber mit sehr viel schlechtem Gewissen.

Variante 2: Du gibst nach, fühlst dich schuldig, möchtest alles wieder gut machen, machst Vorschläge für ein Treffen, in der Hoffnung, dass sie dich dadurch endlich in Ruhe lässt. Diese Versöhnung geschieht also halbherzig und aus der Angst heraus, den anderen sonst zu verlieren.

Bei der ersten Variante verlierst du deine Mitte, indem du dich von deiner Tochter trennst, ihre Bedürfnisse nicht ernst nimmst, dich verteidigst, weil du dich angegriffen fühlst. Du willst frei und unabhängig bleiben, ziehst dich in deine innere Festung zurück und deine Mittelachse verschiebt sich nach links.

Bei der zweiten Variante verlierst du ebenfalls deine Mitte, indem du dich für deine Tochter verbiegst, weil du deine eigenen Bedürfnisse nach Freiheit und Selbstbestimmtheit verleugnest und dich so sehr deiner Tochter zuwendest, dass sich deine Mittelachse nach rechts verschiebt.

Wenn du nun aber sowohl das Bedürfnis deiner Tochter wie auch dein eigenes Bedürfnis ernstnimmst, ohne ihr Bedürfnis abwehren und dein Bedürfnis verteidigen zu müssen, bzw. ihr Bedürfnis über dein eigenes zu stellen, dann bleibst du in deiner Mitte. Der Weg zu deiner Mitte beginnt also beim Ernstnehmen deiner eigenen Bedürfnisse.

Ich bin OK - Die Anderen auch!

eisenzaun zacken spitzen

Ein anderes wichtiges Bedürfnis, das beachtet werden muss, damit du in deiner Mitte bleibst, ist das Bedürfnis nach Identität, das problematisch wird, wenn es ebenfalls im Konflikt ist mit dem Bedürfnis nach Verbundenheit.

Die Identität bestimmt unser Selbstverständnis und sollte deshalb besonders respektiert werden. Jeder von uns ist einzigartig und wertvoll in dieser Einzigartigkeit. Wir unterscheiden uns von anderen, was uns oftmals ein verstörendes Gefühl von Getrenntheit vermittelt. Die Unterschiede zu anderen empfinden wir deshalb oft als irritierend oder gar bedrohlich.

Auch hier gibt es zwei Varianten:

Variante 1: Du vergleichst dich mit anderen, um dich zu vergewissern, dass du wertvoll oder eventuell wertvoller bist als andere. Dadurch landest du in einer permanenten Konkurrenzsituation. Dies erzeugt enormen Stress, da du dich nie sicher fühlen kannst. Du verlierst also definitiv deine Mitte (sie verrutscht nach rechts), wenn du erwartest oder erhoffst, dass andere dich nur oder vor allem wegen deiner Leistungen anerkennen und wertschätzen.

Variante 2: Du ziehst dich aus allen Konkurrenz-Situationen zurück und verschliesst dich voller Mißtrauen anderen gegenüber. Du grenzt dich von anderen übermäßig ab und begibst dich in eine selbstgewählte Isolation, weil du glaubst, dich dadurch besser behaupten und auch nur dann unbeeinflusst verwirklichen zu können. Eventuell erhältst du durch deinen Rückzug sogar negative Aufmerksamkeit, die dir reicht, um zu überleben. In diesem Fall verschiebt sich die Mittelachse nach links.

Wege in meine Mitte

teurknauf golden

Wir haben gesehen, dass wir aus fünf Gründen unsere Mitte verlassen:

Daraus ergeben sich folgende Schritte hin zur Mitte:

Schritt für Schritt die innere Mitte finden

Um bei dem oben genannten Beispiel zu bleiben: Zunächst einmal geht es darum, den anderen  (im Beispiel die Tochter) ernst zu nehmen, nicht auf den Vorwurf zu reagieren, sondern das Bedürfnis dahinter wahrzunehmen. Dafür ist es wichtig, in mir selbst anwesend zu sein. Präsenz und der Kontakt zu mir selbst sind also die Vorbedingung für einen wirklichen Kontakt zum anderen. Als nächstes sollte ich dem anderen mit Interesse begegnen, um wirklich verstehen zu können, was sein Anliegen ist. Wenn ich interessiert bleibe und ganz anwesend, wird meine Mitte gewahrt, denn weder verliere ich mich im anderen noch gehe ich zu ihm in Widerstand.

Außerdem kann ich überhaupt erst sinnvoll agieren, wenn ich wirklich verstanden habe, um was es dem anderen geht. Bevor ich dann agiere, sollte ich für mich selbst fühlen, was denn eigentlich mein eigenes Bedürfnis ist. Vielleicht erkenne ich dann, dass auch ich selbst ein Bedürfnis nach Nähe und Verbundenheit habe, das ich aber verleugnet habe, weil die Arbeit ja so wichtig ist. Wenn ich mir dieses Bedürfnis erlaube und es als genauso wichtig erachte wie das Bedürfnis nach Freiheit und Selbstbestimmtheit, kann ich beide Bedürfnisse in mir vereinen. Wenn also beide Bedürfnisse den gleichen Stellenwert bekommen, bin ich frei zu wählen, welches Bedürfnis für mich in diesem bestimmten Moment Priorität hat. Dann kann ich dieses Bedürfnis dem anderen gegenüber äußern ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Ich könnte also zu meiner Tochter sagen: „Ich verbringe gerne Zeit mit dir, nur gerade im Moment ist es mir wichtig, meine begonnene Arbeit zu Ende zu bringen. Ich habe dann in einer halben Stunde Zeit für dich.“ Diese klare Formulierung bringt den anderen eventuell trotzdem in Widerstand. Die Tochter könnte entgegnen: „Deine Arbeit ist dir also wichtiger als ich.“ Jetzt gilt es ruhig zu bleiben und mich von der klaren Stellungnahme nicht abbringen zu lassen. Ich könnte antworten: „Du bist mir grundsätzlich wichtiger als meine Arbeit, nur im Moment möchte ich meine Aufmerksamkeit auf das richten, was ich gerade begonnen habe, damit ich dann wirklich Zeit für dich habe und nicht nur so tue als ob.“

In Bezug auf meinen eigenen Wert sollte ich mir bewusst machen, dass mein Wert gar nicht zur Debatte steht. Denn mein Wert als Mensch ist bei meiner Geburt schon verankert worden. Wenn ich ihn in Frage stelle oder in Frage stellen lasse, stelle ich den gesamten Sinn meines Daseins in Frage. Dies führt nur zu einer tiefen Verunsicherung. Auf einer solchen Verunsicherung basiert aber das gesamte Konkurrenzdenken unserer Konsumgesellschaft. Uns wird vermittelt, dass wir ungenügend seien und unser Wert nicht ausreiche. Wenn wir das glauben, sind wir bereit, alles Mögliche zu tun, um unseren Wert zu steigern. Dadurch werden wir abhängig von anderen, von materiellen Dingen und Umständen. Erst wenn ich meinen Wert aber nicht mehr abhängig mache von Leistung, Prestige oder Äußerlichkeiten, bin ich frei. Dann kehre ich zurück zu meinem inneren Wert als Mensch und damit zu meiner Mitte.

Je mehr ich also meine Identität, meine Einzigartigkeit anerkenne und mich dafür liebe, kehre ich in meine Mitte zurück. Aus dieser Mitte entsteht dann automatisch das Bedürfnis, meine Gaben, meine Qualitäten und Fähigkeiten in die Welt zu bringen, ohne dafür Dank oder Ablehnung zu erwarten. Der Drang und das Streben, mich selbst zu verwirklichen in einer konkurrenzfreien Verbundenheit mit anderen, entsteht aus einer starken Mitte.

Übungen für den Alltag

weisse blume

Es gibt zwei wunderbare Übungen, um schnell in die eigene Mitte zurück zu gelangen bzw. die Mitte zu stabilisieren. Wie wir bereits gesehen haben, ist der Körper ein wichtiger Schlüssel, um in unserer Mitte zu bleiben oder wieder zu ihr zurück zu finden. Deshalb sind beide Übungen Körperübungen:

Übung 1: Die Mitte wiederfinden

Stelle dich schulterbreit und aufrecht hin. Schliesse deine Augen. Atme einige Male tief ein und aus und komm in deinen Füssen und an dem Platz an, an dem du dich gerade befindest. Konzentriere dich nun auf deine Mittelachse, also die Achse, die so wie deine Wirbelsäule mittig durch dich hindurch geht. Nimmst du sie mittig wahr? (Wenn ja, dann geh weiter zu Übung 2)

Oder ist sie zu einer der beiden Seiten verschoben? Nimm auch wahr, ob diese Achse stabil oder eher instabil aussieht. Ist sie durchlässig oder blockiert? Ist sie verbogen oder gerade? Nimm dies einfach nur wahr, um es nach der Übung vergleichen zu können.

Strecke beide Arme gerade nach vorne aus. Die Handflächen zeigen nach unten. Der linke Arm bleibt nach vorne gestreckt. Atme ein, und bewege dabei den rechten Arm gerade nach oben und dehne deine gesamte rechte Seite. Spüre dabei die Verbindung von deinem rechten Fuß zum Boden. Sprich innerlich folgende Worte:

„Ich bin verankert im Hier und Jetzt“.

Atme aus, senke den rechten Arm nach hinten und halte ihn gerade ausgestreckt, so wie den linken. Blicke zu deiner rechten Hand. Sprich innerlich:

„Ich lasse mein Urteilen und Vergleichen los.“

Beim Einatmen nimmst du den Arm wieder nach oben in die gedehnte Stellung und sprichst erneut den Satz: „Ich bin verankert im Hier und Jetzt“.

Beim nächsten Ausatmen kommt der Arm zurück zum linken Arm mit dem Satz:

„Ich richte mich auf meine Mitte aus.“

Wiederhole die Bewegung nun mit dem linken Arm. Mache jede Seite insgesamt mindestens dreimal.

Richte deine Aufmerksamkeit nun erneut auf deine Mittelachse. Steht sie jetzt mittig? Falls nicht, dann wiederhole die Übung und sprich die Sätze so, dass du sie auch meinst.

Übung 2: Die Mitte halten und stärken

 Stelle dich schulterbreit auf. Atme einige Male tief ein und aus. … Lass deinen Atem bis hinunter in deine Füsse fliessen. Stelle dir vor, wie der Atem durch deine Füsse fliesst und dich so mit deinem Körper verbindet. Fülle deine Füsse mit deiner Aufmerksamkeit und komm ganz an dem Platz an, an dem du gerade bist. richte deine Aufmerksamkeit auf deine Mittelachse. Nimmst du sie mittig wahr? Oder ist sie verschoben? (Dann mach bitte erst Übung 1).

Ist die Achse stabil oder eher instabil? Ist sie durchlässig oder gestaut? Ist sie gerade oder hat sie Dellen bzw. Beulen?

Lass die Arme locker und entspannt neben deinem Körper hängen.

Beginne nun, tief und langsam zu atmen. Atme tief ein und stell dir dabei vor, wie du die Energie der Erde über deine Füsse aufnimmst, zur Wirbelsäule leitest und dann nach oben bis zum Scheitelpunkt deines Kopfes leitest.

Beim Ausatmen lässt du die Energie am Scheitelpunkt austreten und rechts und links an deinen Seiten hinunterfliessen bis zu deinen Füssen. Dort beginnst du dann wieder mit dem Einatmen.

Mache dies solange bis du dich aufgefüllt und stabil fühlst. Normalerweise dauert das nicht viel länger als 1 Minute. Richte Deine Aufmerksamkeit dann wieder auf deine Mittelachse und nimm die Veränderung wahr.

Autor: Anke Spriestersbach
Thema: Die innere Mitte finden
Webseite: https://www.saluvia.eu

#Entspannung, #Zufriedenheit

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