Die Vergangenheit loslassen

16. November 2015 - Persönlichkeitsentwicklung

Über das Thema Vergangenheit loslassen gibt es eine ganze Reihe an Büchern, Youtube Videos und Vorträgen.

Den einzig sicheren Wegweiser um sie Vergangenheit los zu lassen gibt es meiner Meinung nach nicht.

buch lanschaft baum bank

Trotzdem möchte ich jedem Mut machen, seinen eigenen Weg zu finden, denn nur dieser ist der Richtige.

Hier möchte ich meine Interpretation zu diesem Thema wiedergeben.

Die Vergangenheit loslassen ist für mich das gleiche Gefühl, wie wenn ich eine Diät machen würde: An manchen Tagen klappt es, an anderen nicht.

Es soll Menschen geben, die mit dem Thema Loslassen kein Problem haben, aber viele kenne ich nicht.

Die Vergangenheit eines jeden Menschen ist doch nie geradlinig, sie ist meistens ein Auf und Ab. Oft läuft es Monate oder Jahre ziemlich gut doch eines Tages kann der Punkt kommen an dem alles aus dem Ruder läuft. Die Beziehung zerbricht, man verliert den Job, Freundschaften werden in Frage gestellt. Alles das zwingt einen unweigerlich, sich in eine andere Richtung zu bewegen.

Raus aus der Komfortzone, rein in das vermeintliche Ungewisse. Der Neustart ist spannend. Man macht sich begeistert auf den Weg; ist damit beschäftigt, sich im neuen Leben zu orientieren.

Dann eines Tages, man denkt an nichts Schlimmes, geht man einkaufen und trifft vielleicht den Ex mit der Neuen. Das kann der Startschuss für das Gedankenkarussell sein. Plötzlich fängt man an über die Ex-Beziehung und die Trennung nachzudenken. Wie war das damals? Was ist schief gelaufen? Warum ging es in die Brüche?

Obwohl man im Grunde zufrieden ist mit seinem neuen Leben, werden kleine erste Zweifel wach. Man fängt an, die einmal getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

War ich vielleicht mehr Schuld an der Trennung?

Hätte ich es verhindern können, dass er fremdgeht?

Warum wollte er mich nicht mehr?

Was ist denn an der Anderen so viel besser?

Interessanterweise stellt man selten die getroffenen Entscheidungen der anderen Menschen in Frage. Diese ganzen Fragen sind im Prinzip nicht schlimm. Doch wenn diese „Hätten- und Wenn-und-Aber-Gedanken“ überhandnehmen und man sich vielleicht noch mit Bekannten darüber austauscht, dann hört man schon mal den bekannten Satz:

„Du musst deine Vergangenheit loslassen!“

Ja, wenn man den Schalter dafür finden würde, dann wäre einem da schon mal sehr geholfen. Wo ist er der rote Knopf, auf den man drücken kann, um den Restart einzuläuten? Doch damit nicht genug, dass man sich ständig damit beschäftigt, seine Vergangenheit loszulassen, geht man am nächsten Tage zum Bäcker und kommt am Zeitungsstand vorbei. Dort gibt es immer die tollen Sprüche-Karten und man hat dann tatsächlich das riesen Glück und der Blick fällt auf diese Karte:

„Du musst die Vergangenheit loslassen, damit die Zukunft eine Chance hat!“

Peng, das sitzt!

Klebe ich wirklich so sehr an meiner Vergangenheit?

War damals wirklich alles besser und schöner?

Wäre alles irgendwie anders gelaufen, wenn ich dieses oder jenes nicht getan oder anders getan hätte?

Und muss ich wirklich loslassen, damit meine Zukunft eine Chance hat?

Was passiert, wenn ich nie lerne loszulassen?

Wenn ich immer an dem Alten hängenbleibe?

Werde ich dann nie der Mensch sein, der ich werden könnte?

Werde ich wegen dieser Gedanken nie mein volles Potenzial entfalten können und immer auf der Stelle treten oder vielleicht noch schlimmer: rückwärtsgehen?

Wenn das wirklich so wäre, dann würde der Spruch auf dieser Karte zutreffen und meine Zukunft wäre schon im Eimer, bevor sie überhaupt angefangen hat. Ich will aber nicht immer in der Vergangenheit leben. Ich will nach vorne schauen. Kein leichtes Unterfangen – oder doch?

Bei einem Gespräch sagte eine Freundin zu mir, vielleicht solle man statt loslassen SEIN lassen sagen?

Im ersten Moment fand ich das auch irgendwie besser, nicht ganz so stressig auf jeden Fall. Aber ganz so zufrieden war ich damit auch nicht.

Also was nun?

Auf jeden Fall will ich etwas hinter mir lassen – das ist schon mal klar und ich will im hier und jetzt leben.

Aber muss ich dazu wirklich alles loslassen? Oder ist es einfach nur eine Frage der Wortwahl? Loslassen – SEIN lassen oder wie wäre es mit aussöhnen?

Ich finde, man muss nichts loslassen, aber man darf sich mit seiner Vergangenheit aussöhnen. Nichts von damals kann man mehr umkehren oder rückgängig machen. Alle Entscheidungen sind getroffen und nicht mehr verhandelbar. Die Dinge, die man getan hat, die Beziehungen, die man beendet hat, die Menschen, von denen man sich getrennt hat, alle diese getroffenen Entscheidungen kann ich annehmen. Zu dem Zeitpunkt, als man sie getroffen hat, haben sie sich richtig angefühlt. Es gab damals Gründe, warum man sich so entschieden hat. Es hat lange gebraucht, um genau diese Entscheidung zu treffen. Also warum nun in Frage stellen oder gar bereuen?

Vielleicht würde man die eine oder andere Entscheidung heute so nicht mehr treffen. Das eine oder andere Wort nicht mehr sagen? Mag sein, aber das kann man eben nur rückwärts betrachtend sagen, die Zeit ist vergangen und man hat sich verändert. Eines kann man heute aber tun:

Man kann sich immer wieder neu entscheiden. Es muss kein Ausschlussverfahren sein:

Nicht für die Vergangenheit und gegen die Zukunft oder für die Zukunft und gegen die Vergangenheit. Nein, es kann doch auch heißten:

Gut, dass es die Vergangenheit gegeben hat, denn sonst wäre man doch nicht der Mensch, der man heute ist.

Nimm alle gewonnen Erfahrungen, die du gewonnen hast, mit auf deinem neuen Weg. Sie haben dir die Chance gegeben, neue Sichtweisen kennenzulernen. Man wird sich wieder von Menschen und Situationen verabschieden dürfen, weil erneut eine Entscheidung getroffen werden muss. Das ist der Lauf der Zeit und es darf sein.

Bei allem loslassen und aussöhnen, verlass dich, auf dein Gefühl höre auf deinen Bauch und ich bin mir sicher, dann trifft jeder Mensch die richtige Entscheidung. Und falls mal eine Entscheidung revidiert werden soll, dann ist es auch nicht so schlimm, wir sind alles nur Menschen und Menschen dürfen Fehler machen, denn das Leben ist keine Einbahnstraße, sondern ein einziger Wandel.

Autor: Helga Steigenberger – Heilpraktikerin für Psychotherapie
Thema: Vergangenheit loslassen
Webseite: https://www.praxis-steigenberger.com

#Veränderung, #Probleme, #Zukunft

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