Die große Unbekannte: Was ist Intuition?

14. Oktober 2019 - Persönlichkeitsentwicklung

Kaum ein Begriff aus dem Bereich der menschlichen Psyche ist von so vielen Mythen umrankt wie die Intuition. Zwar ist das „Wie“ tatsächlich noch nicht bis ins Detail bekannt.

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Und selbst die Definition von Intuition ist nicht unumstritten. Doch im Prinzip ist Intuition kein Buch mit sieben Siegeln.

Knapp formuliert, könnte man sagen: Intuitive Entscheidungen sind Entscheidungen, die ohne den bewussten Verstand, also ohne Nachzudenken, getroffen werden. Sehr simples Beispiel: Der Weg zum Kino führt entweder über eine belebte, hell erleuchtete Fußgängerzone. Oder durch eine unübersichtliche, düstere Unterführung in einer übel beleumdeten Gegend hinterm Bahnhof. Auch ohne rationalen Abwägungsprozess werden die meisten Menschen wohl durch die Fußgängerzone ins Kino gehen.

Interessanter wird das Thema aber dann, wenn man sich beispielsweise im Wald verlaufen hat, sich intuitiv richtig hält und schließlich einen Weg erreicht. Oder wenn man bei einer Panne bedenkenlos in ein haltendes Fahrzeug steigt, während einen kurz vorher das Bauchgefühl davon abgehalten hat, in ein anderes Auto einzusteigen. Oder wenn man jemandem intuitiv vertraut, einem anderen gegenüber aber – ohne sagen zu können, warum – vorsichtig bleibt.

Dahinter steckt kein „siebter Sinn“, sondern eher eine Art „feine Antenne“ des Unterbewusstseins. Das Unterbewusstsein nimmt weit mehr Eindrücke auf, als dem Verstand bewusst ist und entwickelt daraus blitzschnell „Entscheidungsempfehlungen“. Bei unserem Wald-Beispiel registriert das Unterbewusstsein, wo mehr Licht in den Wald dringt, wo also ein Weg sein könnte oder zumindest eine Lichtung. Und bei der Panne und der Frage: „In welches Auto steige ich ein?“ spielen ganz sicher Optik, Ausstrahlung, Geschlecht des Fahrers, Gerüche und das Innere des Fahrzeugs eine Rolle – und das in Sekundenbruchteilen; weit schneller, als der Verstand eine rationale Entscheidung treffen könnte.

Gut – aber wie ist es hiermit: Finanzberater bei Banken kennen sich mit Aktien aus. Trotzdem sind das keine Millionäre (sonst wären sie wohl keine Finanzberater mehr). Gar nicht selten kommt es vor, dass Menschen, die vom Aktiengeschäft keine Ahnung haben, einen besseren „Riecher“ für das richtige Wertpapier haben als die Profis. Wie kann Intuition da funktionieren?

Dieses scheinbare Paradoxon ist tatsächlich ein gutes Beispiel für das Wesen der Intuition. Der Bankberater hat sein Bauchgefühl weitgehend ausgeschaltet. Er handelt nach Trends, Börsendaten, Kennzahlen. Der Laie kann entweder die Aktien kaufen, die alle kaufen (was meist keine gute Idee ist) oder er verlässt sich auf seine Intuition. Und fährt damit oftmals nicht schlecht. Das eigene Bauchgefühl würfelt nicht, sondern entscheidet auf Grundlagen wie „mag ich“, „kenn ich“ oder „ist gefährlich“ oder „mag ich nicht“. So kommt es  zum Kauf von Aktien, deren Firmen man beispielsweise schon aus Kindertagen kennt (die also lange am Markt sind und folglich eher gesund sein dürften) oder die für den Käufer positiv besetzt sind (Qualität, gutes Image). Das erweist sich oftmals als gute Entscheidung.

Intuition ist also kein Hexenwerk, sondern die Fähigkeit (und vor allem: Bereitschaft), Entscheidungen des Unterbewusstseins wahrzunehmen und ihnen zu folgen. Hilfreich ist diese Fähigkeit gerade auch im Beruf. Wer sein Gegenüber „lesen“ kann (ist die Chefin gut drauf? Hat der Kollege Ärger zuhause?), hat es in der Firma leichter und kann ziemlich gut abschätzen, wann ein günstiger Zeitpunkt ist, schwierige Themen anzusprechen (und wann besser nicht).

Das Vermögen, die eigene Intuition zu nutzen, lässt sich trainieren. Wichtig ist dabei, sich selbst möglichst gut zu kennen. Denn – wie gesagt – der Intuition liegt keine „höhere Weisheit“ zugrunde, sondern eher eine „Datenbank“ aus zig verschiedenen Erfahrungen und einmal erlerntem Wissen. Das birgt die Gefahr, dass der „Bauch“ eben auch falsche Entscheidungen trifft, etwa auf Grund einer unnötigen Ablehnung „dicker Menschen“ oder „kurzer Haare“ oder Ähnlichem. Solche Mechanismen bei sich selbst zu erkennen, ist ein erster Schritt, sich die Intuition nutzbar zu machen, sich ihr aber nicht auszuliefern. 

Autor: Melanie Weishaupt
Thema: Was bedeutet Intuition?
Webseite: http://www.melanie-weishaupt.com

Autorenprofil Melanie Weishaupt:

Heilpraktikerin für Psychotherapie, Staatlich geprüfte Betriebswirtin, zertifizierte Trainerin.

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