Intuition ist ein Gefühl – aber welches?

20. Februar 2020 - Persönlichkeitsentwicklung

Es gibt viele Missverständnisse und Irrtümer rund um den Begriff und das Erleben von Intuition.

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Das hängt vor allem damit zusammen, dass die meisten Menschen Intuition als ein „Gefühl“ bezeichnen. Wir erleben Intuition als Stimme aus unserem Inneren, die mit einer besonderen Gewissheit einhergeht. Einer Gewissheit, die Initialzündung für eine Entscheidung ist, oder die innerhalb eines Entscheidungsprozesses zum Handlauf für eine Ausrichtung und Positionierung wird.

Da wir viele Gefühle haben, von denen Intuition eines ist, wie können wir da Sicherheit gewinnen, welches von den Gefühlen wirklich Intuition ist? Dass wir es als etwas wahrnehmen, was sich stärker oder verlässlicher anfühlt, ist für viele Menschen ein zu ungreifbarer Hinweis. Denn auch diese Wahrnehmung baut wieder auf einem Gefühl auf, nämlich was wir als sicher oder klar oder eindeutig empfinden. Man könnte es daher zurecht als emotionalen Schlamassel bezeichnen, der uns hinsichtlich Intuition erwartet, wollen wir anderen Menschen erklären, was sie ist. Weil es uns so schwerfällt, sie eindeutig zu beschreiben und zudem vermutlich selbst schon die Erfahrungen gemacht haben, dass es mit der Gewissheit nicht immer zu einem guten Ende geführt hat, betrachten die meisten von uns, Intuition als etwas Wunderbares, wenn es funktioniert und als etwas Launenhaftes, wenn wir Intuition verstehen wollen, um sie besser nutzen zu können.

Intuition spricht eine ganz eigene Sprache

Ich behaupte: Unsere Intuition irrt sich in ihrer Botschaft an uns niemals. Es sind wir, die ihre Sprache nicht korrekt übersetzen, weil wir sie nie richtig sprechen gelernt haben.

Diese Behauptung setzt im Wesentlichen dies voraus: Ich betrachte Intuition als etwas Eigenständiges, was sich aus der Masse meines Gefühlslebens heraushebt. Ich erkenne an, dass sie (zunächst einmal weitläufig formuliert) anders ist, auch wenn ich zu ihrer Beschreibung Worte, wie „Gefühl“, „Empfinden“, „innere Stimme“ o.ä. heranziehen muss, die wiederum durch ihre subjektive Auslegung und Mehrfachdeutungen konsequenterweise auch Missverständnisse hervorbringen können.

Desweiteren lasse ich mich darauf ein, dass Intuition und das Verstehen von Intuition vor allem mit ihrem Erleben, dem Reflektieren meines Erlebens, statt mit dem Nachdenken über ihr Funktionieren zu tun haben. Dies zieht nach sich, dass ich im Austausch mit anderen über Intuition vor allem mich als Referenz heranziehen muss, mich und meinen Umgang. Dies kann ich dann mit dem Umgang und dem Erleben Anderer abgleichen. Und wieder wird es mein Gefühl sein, was mir zu dem Austausch sagen wird, ob wir über das Gleiche sprechen oder über unterschiedliche Dinge. Der Eindruck „Ich fühle mich verstanden.“ oder „Es fühlt sich stimmig an.“ drückt diesen Brückenschlag in Worten beispielsweise aus. Wir können es zwar niemals beweisen, oder logisch aufbereiten, dass wir ähnliche Erfahrungen gemacht haben, zugleich verlassen wir uns darauf, hierin eine gemeinsame Sprache zu sprechen.

Aus der Betrachtung eines Rationalisten betreten wir also besonders dünnes Eis, weil alles, was Intuition nahbar macht, sich zugleich dem logisch erklärbaren Begreifenwollen entzieht. Um das Wirken, die Bedeutung von Intuition wirklich einschätzen und verlässlich nutzen zu können, bedarf es dem Mut, sich auf ihre Sprache einzulassen. Wir lernen eine Sprache, wie eine Fremdsprache mit allen Herausforderungen und Überraschungen, mit allem was uns leichtfällt und was für uns fremd und beschwerlich ist.

Wer glaubt, dass Intuition immer nur gute Gefühle auslöst, der irrt.

Eine erste und sehr bedeutsame Herausforderung ist, anzunehmen, dass die Stimme der Intuition bei weitem nicht immer nur „gute Gefühle“ mit im Gepäck hat. Ich würde sogar behaupten, dass Intuition besonders bei fundamentalen Themen eine Kaskade unterschiedlichster Emotionen auslöst. Zugleich wird das, was die Botschaft beinhaltet als zutreffend wahrgenommen.

Ein Beispiel aus meiner Praxis hierfür wäre:

Wir fühlen schon lange, dass wir uns aus der Paarbeziehung lösen wollen. Wenn wir es zulassen, ehrlich auf die gemeinsame Zeit zu schauen, sehen wir uns als eine Person, die innerlich bereits begonnen hat, ein eigenes, neues inneres Leben zu führen, neue Wunschgedanken hegt und nach Wegen für einen Ausstieg ohne große Zerwürfnisse sucht. Weil wir das aber befürchten und es zeitweilig vielleicht sogar Anmutungen von positiven Veränderungen innerhalb der bestehenden Gemeinschaft gibt, ebbt der Impuls zu einer Entscheidung immer wieder ab. Irgendwann wird es zu einem Vorfall kommen, vielleicht ist es nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, und dieses Ereignis ist dann der große Gongschlag auf unsere zuweilen sehr zarte innere Stimme, die uns bereits geflüstert hatte, dass eine Entscheidung ansteht. Wir hören uns dann Sätze wie diese sagen: „Ich habe es eh schon lange gewusst.“ oder „Ich trage das schon lange mit mir herum.“ oder „Das liegt mir schon lange auf der Seele.“, oder wir müssen uns so etwas anhören, wie „Ich habe schon länger gespürt, dass etwas mir Dir nicht mehr stimmt…“ Solche Aussagen treffen uns und andere. Vor allem wegen einer Sache: Wir fühlen uns schuldig, den „richtigen“ Zeitpunkt für eine Aussprache verpasst zu haben. Wir fühlen uns ungut damit, an etwas festgehalten zu haben, hinter dem wir nicht mehr stehen, und Gefühle gespielt zu haben, die wir nicht mehr wahrhaft so empfinden. Wir schämen uns, dass wir nicht authentisch geblieben sind, und dass der (Selbst)Schwindel aufgeflogen ist in einem Moment, da wir uns eingestehen müssen, dass es viel zu spät dafür war. Wir fragen uns, warum wir lieber in einer Täuschung gelebt und dem schwindenden Licht der Hoffnung schweigend zugeschaut haben, als das Steuerrad des Lebens selbstbestimmt in die Hand genommen zu haben und dem inneren Ruf gefolgt zu sein.

Die Antwort ist leicht:

Weil das, was die Botschaft unserer Intuition im Gepäck hatte, wie bei diesem Beispiel: „Löse dich aus der Verbindung und gehe eigene Wege.“ von Zweifeln, Selbstkritik bis hin zu existenziellen Ängsten alles Emotionale aufwirbelt, was eine Veränderung dieser Art ganz natürlich mit sich bringt.

Zwei der wichtigsten Irrtümer im Umgang mit Intuition sind also davon auszugehen, dass sie stets ein „gutes Gefühl“ ist, und dass wir sie vor allem daran erkennen, dass sich das, was sie uns rät „gut“ anfühlt.

Warum ist das so?

Intuition verbindet uns mit unserer Wahrhaftigkeit

Wenn wir nicht mehr hinter einer Beziehung stehen (um im Beispiel zu bleiben), dann verleugnen wir unsere Wahrheit. Wir sind uns gegenüber nicht mehr aufrichtig und damit nicht mehr wahrhaft gegenüber unserem Umfeld. Nun kann es durchaus sein, dass wir nicht gleich beim Aufkeimen von inneren Schwankungen am Fundament der einst getroffenen Entscheidung für diese Beziehung rütteln wollen. Es bedarf des weiteren Verlaufs, um die ersten Anzeichen als etwas zu bewerten, was mehr Gewicht für das gesamte Wohlbefinden bekommt. Mehren sich die inneren Erschütterungen, werden wir herausgefordert, zunächst innerlich Position zu beziehen: „Tut mir das (noch) gut?“, „Kann ich damit gut umgehen?“, „Was macht das mit mir?“. Wir werden Antworten finden. Und auch hier sind Gefühle maßgeblich im Spiel. Wenn sich etwas nicht (mehr) gut anfühlt, kennen wir überhaupt die Wurzel davon, seinen Ursprung? Wenn nein, möchten wir uns damit erst einmal auseinandersetzen, bevor wir eine Entscheidung über unseren Verbleib in der Gemeinschaft fällen? Wieder geht es nur um Gefühle. Wie kann uns Intuition hier eine Hilfe sein, wie können wir sie verlässlich erkennen ohne sie mit einem anderen Gefühl zu verwechseln?

Das alles riecht nicht nur nach Arbeit: es ist Arbeit. Der Weg authentisch zu sein, ist ein Weg, sich seiner selbst bewusst zu werden. Und das wird u.a. erreicht, indem wir in verschiedenen Lebensbereichen (wechselweise) gestoppt werden, vor allem um darüber zu reflektieren, ob uns die IST-Situation noch entspricht. Von einer Krise angehalten zu werden ist daher oftmals das einzige Angebot des Lebens an uns, welches wir beachten, um zu befinden, wie es mit uns weitergehen soll, ob wir (noch) das Leben führen, was zu uns passt, welches sich stimmig anfühlt.

Intuition ist in diesem Bewusstwerdungsprozess der Leuchtturm. Ihre Botschaften, Hinweise sind manches Mal ferne Lichter, die aber klar genug leuchten, um uns innerlich und äußerlich auf Kurs zu halten. Intuition spricht die Sprache unserer Wahrhaftigkeit in Verbindung mit der höchsten Lebensweisheit. Sie streut ihre Hinweise, Nachrichten in Form von Ereignissen, Bildern, auch durch Worte Dritter, die uns betroffen machen, auf allen Ebenen unserer Wahrnehmung, um die fortschreitende Abdrift in unseren Fokus zu rücken. Sie ist hierin mehr als rechtzeitig, meist fast schon präventiv. Es liegt gerade an den vielen unguten Gefühlen in ihrem Kometenschweif, weshalb wir oft so gelähmt und stark zeitverzögert auf das reagieren oder das umsetzen, von dem wir „wissen“, dass es richtig ist.

Intuition ist mehr als nur ein Bauchgefühl

Intuition hat sich mir als höheres Wissen gezeigt, nicht als etwas Unbewusstes. Stets hatte ich den Eindruck, dass etwas „Größeres“ mich leitet, was eine weitere Perspektive auf die Sinnhaftigkeit der Ereignisse hat. Zugleich fühlte ich eine liebevolle Kraft, selbst bei allem nervösen Bauchgrummeln oder beklemmenden Magenkrämpfen. Innerhalb meiner Beschäftigung mit unserer Körpersprache und aktuellen Ergebnissen aus der Neurokardiologie, fand ich den Schlüssel zur physischen Verortung unseres intuitiven Wissens im Herzen. Ausgestattet mit einem komplexen Nervensystem ist die elektrische Komponente des Magnetfelds unseres Herzens 60-mal stärker als die des Gehirns, die magnetische sogar 5.000-mal intensiver – wir haben es sozusagen mit einer sehr mächtigen Informationsstation zu tun, die weitausmehr leistet, als zentrale Blutpumpe zu sein. Was viele Menschen bereits „unbewusst“ tun, wenn sie mit „Hand aufs Herz“ endlich raus mit der Sprache rücken, und was der Volksmund in verschiedenen Sprüchen zum Ausdruck bringt, ist also, dass wir Wissen in uns tragen, welches mit Weisheit verbunden ist. Den hohen Gehalt an Wahrheit dieses Wissens erkennen wir augenblicklich, diese kann uns selbst oder auch Ereignisse und Personen in unserem Umfeld betreffen. Diese Wahrheit ist magnetisch mit unserer Wahrhaftigkeit verbunden, mit einem tiefen, befreienden, stillen „JA“, wenngleich sie uns zugleich oft erschrecken, irritieren, berühren oder durcheinanderbringen kann. Im Einklang mit dieser Lebensweisheit zu leben, Entscheidungen zu fällen, Beziehungen zu führen, beschenkt uns mit Gefühlen des Ankommens und des Zuhauseseins. Wenn Intuition der Leuchtturm auf unserer Lebensreise ist, dann ist unser Herz, und wofür es wahrhaft schlägt, unser Kompass, damit sich unser Leben authentisch entfalten kann. Intuitives Wissen wird so zum Brückenschlag zwischen unserer menschlichen und spirituellen Existenz.

Autor: Celine Von Knobelsdorff
Thema: Intuition ist ein Gefühl – aber welches?
Webseite: http://www.celine-von-knobelsdorff.com

Buch: INTUITION FÜR RATIONALISTEN. Mehr Wissen für Mutige.

#Gefühle

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