Beziehungsprobleme erkennen - „Es ist kompliziert“

11. Januar 2020 - Lifestyle

„Was das mit mir oder Anderen zu tun haben könnte und was ich und wir daran ändern können.“

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Die grundlegenden Gedanken für diesen Satz lauten:

Wir können unseren Partner nicht verändern.

Unser Partner kann sich jedoch selbst verändern, … wenn er das möchte und dazu bereit ist! Wir können unsere Sichtweise auf die Dinge ändern, … unser Partner auch.

Jede Änderung, die wir bei uns selbst herbeiführen oder die der Partner bei sich herbeiführt, hat Einfluss auf unser partnerschaftliches Miteinander, im Positiven wie im Negativen. Jedes von uns erlebte Beziehungsphänomen wird in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation und dem jeweiligen Kontext bewertet. Eine Situation, die uns heute traurig stimmt oder Ärger bereitet, kann bereits morgen als gleichgültig oder sogar humorvoll bewertet werden. Je nachdem, welche individuellen Erlebnisse und systemische Wechselwirkungen uns in dem Moment unserer Bewertung beeinflussen und welche „Erlebnisbrille“ wir gerade tragen!

Ausgehend von dieser Denkweise sowie der Grundannahme, dass es uns im Wesentlichen darum geht, unsere Beziehung zu erhalten, zu verbessern oder gar neu zu erfinden, möchte dieser Artikel Ideen aufzeigen, wie wir Beziehungsprobleme erkennen können, ob diese Probleme aus uns, aus der Partnerschaft heraus oder eher extern entstehen und wie wir diese Probleme mildern oder beseitigen können. Häufig zeigt sich, dass externe, als stressig empfundene, Ereignisse, unseren partnerschaftlichen und paarinternen Stress „triggern“. 

Mögliche Hinweise darauf, dass in unserer Beziehung etwas nicht stimmt und Handlungsbedarf besteht

Egozentrik und Entfremdung

Geht es uns „nur noch“ um unsere eigenen Bedürfnisse? Ist unser Partner noch ein Teil unseres Denkens, Fühlens und Handelns? Fühlen wir uns in unserer Partnerschaft alleine? „Mit Dir bin (fühle) ich (mich) auch allein?“

Gefühlte Entfremdung in der Partnerschaft scheint eine häufige Folge von egozentrischen Verhaltensweisen zu sein. Je mehr wir uns nur noch um die eigene Achse drehen, umso entfremdeter kann uns unser Partner vorkommen, umso entfremdeter wirken wir auf unseren Partner. Egozentrisches Verhalten kann wiederum zu einem Gefühl der Entfremdung führen.

Der partnerschaftliche Dialog über unsere unterschiedlichen individuellen Bedürfnisse und vor allem die Zeit, die wir uns für diesen Austausch nehmen sollten, sind eine wichtige Grundvoraussetzung dafür, eine gute Balance zwischen Autonomie und Bindung zu finden.

Folgende Fragen können den Weg zu einem konstruktiven Dialog ermöglichen:

„Was brauchst Du für Dich?“ „Was brauche ich für mich?“
„Was brauchst Du für uns?“ „Was brauche ich für uns?“

Eine gefühlte Egozentrik kann auch die Folge von überhöhten Anforderungen des Arbeitsalltags sein. Wenn wir uns überfordert und dauerhaft gestresst fühlen, drehen wir uns oft nur noch um uns selbst, kapseln uns ein und wirken entfremdet.

Bevor wir diese Phänomene partnerschaftlich auf uns beziehen, sollten wir uns in einem konstruktiven Gespräch darüber austauschen.

„Wie frei fühlst Du Dich in letzter Zeit in Deiner Arbeit?“
„Inwieweit kannst Du Dich auf der Arbeit frei entfalten?“
„Wie ist in letzter Zeit das Arbeitsklima im Job?“
„Wie sehr nimmst Du Deine Arbeit gefühlt mit nach Hause?“

Desinteresse und fehlende Unterstützung

Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit.

Haben wir noch Interesse an unserem Partner? Sind für uns noch die Dinge von Interesse, die unseren Partner beschäftigen?

Fühlen wir uns von unserem Partner unterstützt? Bemerkt unser Partner, dass wir in gewissen Situationen seine Unterstützung benötigen?

Ein gefühltes Desinteresse muss nicht unbedingt auf partnerschaftliche Probleme hinweisen. Erfährt unserer Partner paarexternen, arbeitsbedingten Stress, gibt es ein Gefühl der Überforderung? Ist der augenblickliche Arbeitsalltag sehr belastend?

Wir sollten jederzeit in Erwägung ziehen, dass gefühltes Desinteresse nicht unbedingt etwas mit uns als Partner zu tun hat. Zudem können emotionale Situationen in Arbeitssituationen oder paarexternen Situationen auftreten, die uns in einer Weise überfordern, dass wir unserer Partnerschaft wenig Aufmerksamkeit entgegenbringen können. Wir sollten diese Situationen nicht auf die Waagschale legen und vergleichen, was jetzt wichtiger ist. Der Vergleich des Ist- mit dem Sollzustand sorgt in der Regel für ein eher unglückliches Gefühl.

Auch bei diesem Aspekt ist Kommunikation ein wichtiger Bestandteil, sprechen wir über die Ursachen des gefühlten Desinteresses.

Sollte das Desinteresse paarintern, also in uns selbst oder in unserer Beziehung, begründet sein, können folgende, möglichst an konkreten Beispielen erläuterte, Fragen ein Gespräch eröffnen:

„Ich habe mich gestern sehr unbeachtet und alleine gefühlt. Was wünscht Du Dir von mir, dass unsere Partnerschaft wieder mehr in den Mittelpunkt unseres Lebens rücken kann und wir uns gegenseitig wieder mehr Beachtung schenken können?“
„Wie fühlt sich für Dich im Moment unser gegenseitiges Interesse aneinander an?“
„Ich würde mir wünschen, dass wir gemeinsam einen Weg finden, um unser gegenseitiges Interesse aneinander neu zu entdecken, wärest Du auch bereit dazu?“

Gemeinsame Freizeitgestaltung

paar herbst sonnenuntergang wiese

Ist unser Partner noch Teil unserer Freizeitplanung oder schließen wir ihn aus? Planen wir noch gemeinsame Freizeitaktivitäten außerhalb familiärer Aktivitäten? Schenken wir uns noch Zeit für Zweisamkeit oder lebt jeder für sich nur noch in seiner eigenen Welt?

Würden wir unsere Zeit für Zweisamkeit genauso planen, wie wir andere Aktivitäten in unseren Terminkalender eintragen, würden wir unsere partnerschaftlichen Begegnungen nicht mehr dem Zufall überlassen. Häufig erleben Paare eine Leere, wenn sie auf einmal Zeit für sich haben. Würden wir uns vorher darüber austauschen, wie wir unsere Zeit zu Zweit und außerhalb von familiären Aktivitäten erleben möchten, könnten wir diese Zeit mit Aktivitäten füllen, die uns beiden etwas bedeuten und an die wir uns gerne zurückerinnern.

Inwiefern spielt auch bei diesem Aspekt externer Stress eine Rolle? Bestimmt unser Arbeitsleben so sehr den privaten Bereich, das vielleicht nicht mehr ausreichend Energie für partnerschaftliche Unternehmungen vorhanden ist?

Gemeinsame Zukunftsvision

Ist unser Partner noch Teil unserer gemeinsamen Zukunfts-und Lebensvision? Gehen wir noch gemeinsame Wege?

Wenn wir eine positive Zukunft visualisieren, sehen wir uns dann alleine, mit unserem Partner oder gar mit einem anderen Partner?

Teilen wir mit unserem Partner gemeinsame Zukunftsvisionen oder blicken wir nur zurück, in die Vergangenheit, wo vermeintlich vieles besser war? Was konkret war denn da besser, was konkret war denn da anders? Sehen wir eine Möglichkeit, diesen Zustand wiederherzustellen?

Nehmen wir uns verabredet und bewusst Zeit dafür, eine gemeinsame Zukunft zu visualisieren. Welche Bilder oder Filme erscheinen vor unserem inneren Auge? Je mehr wir unseren Partner an unseren Visualisierungen teilhaben lassen, umso größer ist die Chance auf eine gegenseitige Unterstützung für das Umsetzen unserer Wünsche, Ziel und Träume.

„Leben ist das, was passiert, während Du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen“ (John Lennon). Wir haben keinen Einfluss auf alle Kriterien, die zu unseren Anliegen, zu unseren Wünschen und Träumen, zu unseren Zielen führen können. Dennoch bedeutet das nicht, dass wir alles einfach auf uns zukommen lassen sollten und untätig zuschauen. Jeder Plan, der sich im Laufe der Zeit verändert, vielleicht auch nicht aufgeht, kann viele neue positive Erfahrungen mit sich bringen. Für uns und für unsere Partnerschaft.

Kommunikationsverlust

„Wir sprechen kaum noch miteinander.“

Partnerschaftlicher Kommunikationsverlust ist nicht grundsätzlich auf Beziehungsprobleme zurückzuführen. Oft sind „mitgebrachte“ Probleme und Ärgernisse aus dem Arbeitsleben oder aus anderen sozialen Systemen der Grund für „Sprachlosigkeit“ in der Beziehung.

Auch wenn uns nicht nach reden zu Mute ist, sollten wir unseren Partner, und sei es auch nur mit wenigen Worten, darüber informieren, was uns auf der Arbeit oder bei anderen Kontakten mit Mitmenschen verärgert hat, was uns Gedanken macht und was uns sprachlos wirken lässt. Somit geben wir unserem Partner die Möglichkeit, unsere Nicht-Kommunikation nicht auf sich zu beziehen und ein mögliches Gedankenkarussell aufzubauen, dass in der Partnerschaft etwas nicht stimmig ist.

Wenn die nach Prof. Dr. John Gottman benannten vier apokalyptischen Reiter (verletzende und generalisierte Kritik, Verachtung, Rechtfertigung und Mauern) Einzug in unsere partnerschaftliche Kommunikationskultur gefunden haben, ist es an der Zeit grundlegend an der partnerschaftlichen Kommunikation zu arbeiten. Um neue und zweckdienliche Kommunikationsformen zu entwickeln, macht es Sinn, wenn wir ein Kommunikationstraining professionell therapeutisch begleiten lassen.

Ausbleiben von Berührungen und Intimitäten

Wann haben wir unseren Partner das letzte Mal umarmt? Wann haben wir unseren Partner das letzte Mal im Vorbeigehen zärtlich geküsst? Wann haben wir zuletzt nach seiner Hand gegriffen?

In unserem oft hektischen Arbeitsalltag und der von vielen Menschen erwarteten dauerhaften Erreichbarkeit via Smartphone und Email haben wir oft nicht die Gelegenheit, ein Hier und ein Jetzt zu erleben.

Nehmen wir uns doch einmal bewusst Zeit. Zeit für eine Umarmung, Zeit für einen zärtlichen Austausch, Zeit um einander in die Augen zu blicken. Oft haben wir das Gefühl, dass der Stress des Alltags uns diese Möglichkeiten nimmt. Wahr ist das meist nicht, denn oft lassen wir Momente der Zweisamkeit einfach verpuffen und nutzen sie nicht für partnerschaftliche Kontakte. Wie wäre es denn, wenn wir uns die Zeit nehmen, unsere Beziehung wieder in den Mittelpunkt zu rücken?

Für diesen Augenblick, im Hier und Jetzt.

Nestbau und finanziellen Nöte

Kinder, Hausbau, Finanzierungen. Oft entstehen viele Beziehungsprobleme aufgrund von Überforderungen und unserem persönlichen Anspruch daran, alles „richtig“ zu machen. Je perfekter wir sein möchten, umso mehr setzen wir uns unter Druck. Gerade in jungen Beziehungsjahren, in Jahren des Nestbaus, entwickeln sich viele neue partnerschaftliche Herausforderungen. Zeitweise findet oder kann ein Rollenwechsel stattfinden, der beide Partner vor grundlegend neue Aufgaben stellt.

Wie gehen wir mit unseren Finanzen um? Wie fühlt es sich an, wenn mit den Kindern, ein Gehalt wegfällt und die finanzielle Verantwortung nur bei einem der Partner liegt? Wie fühlt sich die neue Rolle des Partners an, der ganz oder zeitweise die Kinderbetreuung übernimmt?

Gerade in diesen Übergangsphasen ist ein partnerschaftlicher Austausch von großer Wichtigkeit und Bedeutung, um dafür Sorge zu tragen, dass sich gegenseitige Enttäuschungen oder nicht erfüllte Erwartungen nicht aufstauen können. Nehmen wir uns, gerade in diesen oft fordernden Lebensphasen, die Zeit, um sich annähernde Beziehungsprobleme bereits in ihrer Entstehungsphase zu verbessern oder zu verhindern.

Beziehungsprobleme zu erkennen heißt Rollenwechsel zu erkennen.

Smartphones und soziale Medien

Wie schirmen wir eigentlich unsere Partnerschaft von den unzähligen Ablenkungen durch Smartphones und soziale Medien ab? Ist jeder Post wirklich so wichtig? Muss jedes Game jederzeit gespielt werden?

Welche Bedeutung hat unser Smartphone, die ständige Erreichbarkeit und Social Media für uns und für unseren Partner? Persönlicher Geheimnisträger oder offenes Buch?

Wäre es denkbar und fühlbar, dass uns die Bestätigung und Aufmerksamkeit, die wir möglicherweise in sozialen Netzwerken suchen, in unserer Partnerschaft begegnet? Und, … kann es nicht sein, dass eine partnerschaftliche Bestätigung und Aufmerksamkeit sich im wahren Leben viel tiefer verankert und uns eine wesentlich grundlegendere Zufriedenheit schenkt?

Beziehungsprobleme erkennen heißt auch, dass wir unsere Beziehung zu den neuen Medien erkennen.

Fazit

Worum geht es eigentlich bei all diesen Aspekten?

Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist paarexterner Stress. Ungünstige und oft hektische Arbeitsbedingungen, Auseinandersetzungen in Familiensystemen oder anderen sozialen Systemen übertragen sich häufig in unsere Paarbeziehung. Für viele Menschen ist die Liebesbeziehung ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Teil des Lebens. Dennoch erscheint vieles andere oft wichtiger, anderen Teilen unseres Lebens wird oft mehr Zeit geschenkt, als unserer Partnerschaft.

Wenn wir unserem Partner von paarinternem oder externem Stress erzählen, benötigen wir oft einen wirklichen Zuhörer. Oft hören wir jedoch nicht wirklich zu und verfallen in die normale Routine, sofort Ratschläge, Verbesserungsvorschläge oder Problemlösungen zu unterbreiten. Die Folge dieser Routine ist, dass sich unser Partner eher unverstanden, vielleicht auch überfahren fühlt und sich mit seinen Problemen noch mehr zurückzieht.

Wir können nicht die tatsächlichen äußeren Bedingungen und Begrenzungen des Alltags unseres Partners ändern, wir können jedoch unseren Partner emotional unterstützen. Was benötigt er an Zuwendung und Verständnis, so dass er sich emotional gestärkter den Herausforderungen des Alltags stellen kann und wir somit eine glückliche Partnerschaft erleben?

Schenken wir uns die Zeit, gemeinsam mit unserem Partner die Dinge zu beleuchten, die im Alltag oft untergehen. Liegt die Ursache eines Problems in uns selbst? In unserer Partnerschaft? Oder triggern externe Faktoren unseren partnerschaftlichen Stress?

In welcher Weise sind all diese Erlebnisse miteinander verknüpft? Je mehr und je öfter wir uns in offenen Gesprächen darüber austauschen, umso mehr verhindern wir, dass sich Probleme tiefer und tiefer in unserer Partnerschaft festsetzen und vernetzen können.

Nicht jedes Problem ist „paargemacht“, der Blick nach außen lohnt sich oft!

Ich würde mich sehr freuen, wenn dieser Artikel einige Ideen zu denkbaren und fühlbaren anderen Sichtweisen auf das Erkennen von Beziehungsproblemen ermöglichen kann.

Hinweis des Autors: Der Einfachheit halber wird im gesamten Artikel die männliche Form verwendet, die weibliche Form ist selbstverständlich eingeschlossen.

Autor: Hans Steinmeier
Thema: Beziehungsprobleme erkennen
Webseite: https://www.steinmeier-dortmund.de

Autorenprofil Hans Steinmeier:

Heilpraktiker für Psychotherapie, Paartherapie, Partnerschule, Psychotherapie, Hypnosetherapie, Auftrittscoaching

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