Bindungsstörung | Wenn der Partner vor der Liebe flieht

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Doch ohne für Sie nachvollziehbaren Grund zieht sich Ihr Partner von heute auf morgen immer mehr von Ihnen zurück. Das Verwirrende:

je mehr Sie sich um ihn bemühen, desto weiter entfernt er sich emotional von Ihnen. Streitereien um Kleinigkeiten nehmen zu, ohne dass Sie sich die Ursache dafür erklären können.

Sie haben das plötzliche Gefühl, Ihren Partner nicht mehr zu kennen. Er vermeidet körperliche Nähe und Intimitäten und erfindet ständig neue Ausreden, warum er gerade keine Zeit für Sie hat. Dann wieder gibt es Momente, in denen er aktiv ihre Nähe sucht.

Dieses Wechselspiel aus "geh weg" und "bleib bei mir" führt zu Verletzungen und Gegenverletzungen. Der Nährboden für Heimlichkeiten, Misstrauen und Rachegelüste ist bereitet. Dieser verfahrene Zustand wird zu einer emotionalen Belastungsprobe für beide Partner.

Der Beziehungskiller Bindungsstörung

Meistens können sich die Betroffenen ihr Verhalten selbst nicht erklären, da die Ursache in einer tief verwurzelten Verletzung liegt. Die Folgen solcher Bindungsstörungen sind, dass Betroffene jedes Gefühl zwischenmenschlicher Nähe komplett vermeiden, indem sie nur kurz andauernde, oberflächliche Affären eingehen. Oder sie stürzen sich von einer Beziehung in die nächste, die sie dann nach kurzer Zeit als Einengung und Begrenzung ihrer eigenen Persönlichkeit empfinden. Daraus entsteht ein Fluchtbedürfnis, dem sie sich kaum widersetzen können.

Was ist eine Bindungsstörung und woher kommt diese Angst vor der Nähe?

Ursache für eine Bindungsstörung können Unsicherheit und mangelnde Stabilität in der Kindheit, traumatische Erlebnisse in der Jugend, oder auch später zugeführte Verletzungen durch extreme Trennungssituationen sein. 

Viele Betroffene leiden unter ihrem Verhalten selbst am meisten, da sie die Nähe zum Partner nicht als beruhigend, sondern als bedrohlich empfinden. Sie haben das Gefühl, einer glücklichen Beziehung immer wieder selbst im Wege zu stehen. Meist haben sie schon in jungen Jahren viele gescheiterte Beziehungen hinter sich, wofür sie sich selbst die Schuld geben.

Der Grundstein für unsere Bindungsfähigkeit wird in frühester Kindheit gelegt.

Man unterscheidet vier Bindungsmuster:

Sicher gebundene Menschen haben positive, stabile Erfahrungen mit ihren ersten Bezugspersonen gemacht. Auf das Befinden des Kindes wurde geachtet und seine Bedürfnisse erfüllt. Diese Menschen konnten das optimale Bindungsmuster entwickeln und verfügen als Erwachsene über ideale Voraussetzungen für Bindungsfähigkeit: Sie können Nähe zu ihrem Partner zulassen, aber auch Eigenständigkeit in einer Beziehung tolerieren. Sie sind in der Lage ihrem Partner zu vertrauen, Gefühle offen zu zeigen und Liebe zuzulassen.

Die unsicher Vermeidenden haben als Kind häufig Zurückweisung erlebt. Die Bezugspersonen gingen entweder nicht auf ihre Bedürfnisse ein oder sie wurden überstimuliert. Als Erwachsene verstecken sie ihre wahren emotionalen Bedürfnisse vor dem Partner und geben sich in Beziehungen eher unabhängig. Wegen ihrer tiefsitzenden Minderwertigkeitsgefühle bleiben sie emotional distanziert und vermeiden es, sich tiefer auf jemanden einzulassen.

Die unsicher Verstrickten oder Ambivalenten erlebten als Kinder ein inkonstantes Verhalten ihrer Bezugspersonen, das zwischen hilfsbereit-zugänglich und abweisend wechselte. So waren sie einem ständigen Schwanken zwischen Hoffnung und Enttäuschung ausgesetzt. Als Erwachsene leben sie in ständiger Angst verlassen zu werden. Sie klammern sich entweder ängstlich an ihren Partner oder sie trennen sich bei den ersten Anzeichen von Schwierigkeiten und Problemen, um ihrem Partner zuvorzukommen und einer Enttäuschung zu entgehen.

Die desorganisiert Gebundenen haben als Kind Traumatisches erlebt (Gewalt, sexuellen Missbrauch oder einen häufigen Wechsel der Bezugspersonen). Sie haben gelernt, dass es für sie keine emotionale Sicherheit gibt und es für sie das Beste ist, keine Bedürfnisse zu zeigen. Sie versuchen immer die Kontrolle zu behalten. Unbewusst erwarten sie, es könne jede Minute etwas Schlimmes passieren. Diese Menschen haben ein erhöhtes Risiko, eine psychische Störung zu entwickeln.

Angst vor Nähe ist Angst vor Verlust

Eine gestörte Mutter-Kind-Bindung bzw. Eltern-Kind-Beziehung kann viele Ursachen wie Überforderung, Eheprobleme, Trennung oder Scheidung der Eltern, häufige Ortswechsel, Zeit- und Geldmangel, Gewalt innerhalb der Familie und Suchthintergründe haben. Wer als Kind keine oder viel zu wenig Nähe erfahren hat, tut sich schwer mit der Entwicklung eines gesunden Selbstwertgefühls und Selbstvertrauens. Auch im Erwachsenenalter bleibt die Angst, von anderen verlassen, enttäuscht, übersehen oder zurückgewiesen zu werden. Oft ist diese Angst so tief im Unterbewusstsein vergraben, dass der Zusammenhang mit den Erlebnissen der Kindheit gar nicht hergestellt wird.

Folgen von Bindungsstörungen bei Erwachsenen:

Wunsch nach Kontrolle: Personen, die unter dieser Störung leiden, haben ein starkes Verlangen, ihre Umgebung zu kontrollieren. Häufig manipulieren sie Menschen und Ereignisse um sich herum. Nicht selten greifen sie dabei zu Mitteln wie Lügen, Betrügen und Stehlen, ohne dass ein anschließendes Schuldbewusstsein vorliegt.

Widerstand gegen Liebe und Führung: Zentrale Merkmale der Bindungsstörung sind der Mangel an Einfühlungsvermögen und die Unfähigkeit emotionale Nähe zuzulasen. Menschen, die unter dieser Störung leiden, haben Schwierigkeiten, Liebe zu geben oder von anderen zu empfangen.

Unerklärbar starke Wut: Erwachsene mit Bindungsstörungen sind innerlich zutiefst traurig und deprimiert und fühlen sich häufig isoliert. Nach außen hin zeigen sie sich aber eher frustriert oder wütend. Diese Wut kann sich durch destruktives, grausames und feindseliges Verhalten sich selbst und anderen gegenüber zeigen. Nicht selten neigen die Betroffenen zu selbstverletzenden Handlungen und suizidalen Gedanken.

Fehlendes Vertrauen: Zusammen mit dem Mangel an Empathie, fällt es Menschen mit Bindungsstörungen äußerst schwer, vertrauensvolle Beziehungen mit anderen zu entwickeln.

Angst vor Verantwortung: Menschen mit Bindungsstörungen sind kaum in der Lage Verantwortung für ihr eigenes Handeln zu übernehmen bzw. Konflikte mit anderen Menschen adäquat zu lösen.

Gefühl der Verwirrung: Diese Personen sind verwirrt über ihre Beziehungsmuster und ständig auf der Suche nach Antworten für ihr Verhalten. Diese Verwirrung kann zu einem allgemeinen Konzentrationsmangel führen bzw. zu einer Unfähigkeit, die Aufmerksamkeit für einen längen Zeitraum auf eine Tätigkeit zu richten.

Angst und Traurigkeit: Aufgrund des ständigen Gefühls der Isolation und häufiger Depressionen, fühlen sich Menschen mit Bindungsstörung meist hilflos. Dazu kommt das Gefühl, es anderen nie recht machen zu können und immer in der Kritik von Familie und Freunden zu stehen.

Impulsivität: Erwachsene mit einer Bindungsstörung neigen zu impulsivem Verhalten, welches sie als stimulierend erleben und das auch später nicht bereut wird.

Negatives und provokatives Verhalten: Oft haben Betroffene eine allgemein negative Einstellung zu sich, ihrem Leben und ihren Mitmenschen. Das führt häufig zu provokativem Verhalten gegenüber anderen.

Oberflächlich starkes Selbstbewusstsein: Menschen mit Bindungsstörung können nach außen hin sehr charmant und witzig auftreten. Je weniger eng das Verhältnis zu den Mitmenschen ist, desto leichter fällt dieses Verhalten. Die nach außen gezeigte Selbstdarstellung wird nicht selten als Arroganz oder starkes Selbstwertgefühl empfunden. Doch meistens ist das Gegenteil der Fall: "Ich kann dir nicht bieten, was du verdienst!" oder "Ich bin nicht gut genug für dich" sind nur einzelne der Gedanken.

Sucht: Erwachsene, die unter einer Bindungsstörung leiden, neigen sehr häufig zu Suchtverhalten. Das kann sich entweder in einem (oft exzessiven) Alkohol- und/oder Drogenkonsum äußern oder in einer Spiel- oder Kaufsucht.

Wie können Einzel- und Paartherapien bei den Folgen von Bindungsstörungen helfen?

Liegt tatsächlich eine frühkindliche Bindungsstörung vor, ist eine Therapie oft der einzige Weg aus diesem Kreislauf auszubrechen. Der Erwachsene hat dabei die Möglichkeit korrigierende Erfahrungen zu machen. Er kann nachholen, was er als Kind nicht lernen durfte. Dazu gehören das Wahrnehmen und Anerkennen der eigenen Gefühle, das angstfreie Zulassen von Nähe und der Aufbau von Vertrauen in die eigenen Stärken und die des Partners.

Autor: Svenja Fuhrmann
Thema: Bindungsstörung
Webseite: http://www.dein-raum.eu