Nur wer anpackt, kann auch loslassen!

17. Juli 2020 - Persönlichkeitsentwicklung

Die Kunst, alte Dinge und unliebsame Gewohnheiten loszuwerden.

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Manchmal ist es gar nicht so leicht, sich von alten Dingen zu trennen. Auch wenn sie mir gar nicht mehr so richtig passen, furchtbar abgenutzt und häufig sogar komplett funktionsuntüchtig sind, halte ich an ihnen fest. Egal ob alte Klamotten, ausrangiertes EDV-Equipment oder gebrauchte Ersatzteile für mein Auto. „Zum Wegwerfen sind sie eigentlich noch zu schade“, denke ich mir und packe ich sie wieder zurück ins Regal und auf den Speicher. Zumindest solange, bis auch dort kein Platz mehr ist und sich die Entscheidung zwischen Behalten oder Wegwerfen endgültig nicht länger aufschieben lässt. Im Laufe der Zeit häuft sich so immer mehr dieses alten Ballasts an. Er ist zwar vordergründig nicht präsent, da gut verwahrt, aber spätestens beim nächsten Umzug kommen all die verborgenen „Schätze“ wieder ans Licht und wollen geschultert werden.

Wesentlich schlimmer, als all der alte Krempel vom Dachboden, sind allerdings die Sammlerstücke, die ich weder sehen noch anfassen kann: alte Gewohnheiten und Verhaltensmuster zum Beispiel. Mit ihnen verhält es sich ganz ähnlich wie mit den heißgeliebten Schätzen vom Dach oder aus dem Keller. Sie häufen sich im Laufe der Zeit fast unbemerkt an und vergeuden den Platz „im Haus“, der sich auf andere Weise sicherlich sinnvoller nutzen lässt. So könnte ich einen tollen neuen Hobbyraum im Keller einrichten, in dem man hervorragend der eigenen Kreativität freien Raum lassen könnte. Schade, dass dort alte aber ungenutzte Dinge lagern, die ich eigentlich nicht mehr brauche und die mich durch ihre bloße Anwesenheit davon abhalten, etwas Neues zu bauen oder mich hobbytechnisch richtig austoben zu können.

Wenn ich so darüber nachdenke, stehe ich mir durch die mangelnde Fähigkeit, mich von Dingen und Gewohnheiten trennen zu können - beziehungsweise zu wollen - wieder einmal selbst im Wege. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Mein Festhalten führt dazu, dass ich gar keinen Raum mehr für Neues habe. Interessante Chancen, die sich spontan ergeben, kann ich mangels Platz oder Bereitschaft kurzfristig gar nicht nutzen. Na ja, aber was solls. Bei den alten Schätzen, weiß ich wenigstens, woran ich bin. Keiner kann schließlich sicher sein, ob die neuen Errungenschaften qualitativ so gut sind wie die alten, oder ob unbekannte Tätigkeiten mir genauso viel Spaß machen wie die gewohnten. Sicher ist sicher, oder vielleicht nicht?

Altbekanntes ist mir vertraut und fühlt sich irgendwie besser an. Und das hat auch einen triftigen Grund: Mein Gehirn kennt diese Strukturen bestens und muss daher keine Energie mehr damit verschwenden, sich an neue Umstände vorsichtig heranzutasten. Unbekanntes ist zumindest gewöhnungsbedürftig, wenn nicht sogar ein klein wenig angsteinflößend. Ein Umzug zum Beispiel. Wer lässt schon gerne ein liebgewonnenes sicheres Zuhause hinter sich, für einen Sprung ins Ungewisse? Wer kündigt den langjährigen Job, um künftig in einer anderen Region in ein neues Berufsleben zu starten? Keine Frage, derjenige muss dafür auf alle Fälle gute Gründe haben. Aber er braucht noch mehr. Er benötigt grundsätzlich auch den Mut und die Bereitschaft, sich von alten Dingen und Gewohnheiten zugunsten neuer erst einmal verabschieden zu wollen. Oder bildlich gesprochen: Wer keinen freien Platz zu Hause hat, kann auch nichts anderes dort hineinstellen.

Wer Neues erleben möchte, muss also in Vorleistung gehen und vertrauen, denn nur wer anpackt, kann auch loslassen. Keine Frage. Natürlich kann ich nur hergeben, was ich gerade in der Hand halte! Gemeint ist hier jedoch insbesondere die Bereitschaft, notwendige aber aufgeschobene Entscheidungsvorgänge herauszukramen und die eigentliche Wahl anschließend selbstsicher zu treffen. Notfalls auch unangenehme Fragen und Kommentare in Kauf zu nehmen, die die eigenen mutigen Auf- und Ausräumaktionen fast zwangsläufig begleiten, ohne sich davon verunsichern oder gar vom vorgenommenen Richtungswechsel abbringen zu lassen. Es kann also ein klein wenig ungemütlich werden, aber es lohnt sich. Wie im realen Leben sind die kürzesten Wege manchmal nicht die bequemsten, doch sie führen schneller zum Ziel und dafür nimmt man die holprige Strecke sicher gerne mal in Kauf.

Wenn ich zurückblicke, muss ich feststellen, dass ich auf meinem bisherigen Lebensweg sehr häufig auf vermeintlich angenehmere und sichere Ereignisse gesetzt habe. Diese Wahl bescherte mir im Nachhinein betrachtet jede Menge Wartezeiten und unnötige Umwege. Statt mutig die neue Option zu wählen, oder zumindest mal zu testen, entschied ich mich lieber für das Altbekannte und ertrug tapfer die mir hinlänglich bekannten Schattenseiten. Die Angst vor dem Unbekannten war lange größer, als der Drang neue Erfahrungen machen zu wollen. Auf diese Weise beschäftigte ich mich rund um die Uhr mit der Pflege meiner „Platzhalter“. Ganz ähnlich wie im Vergleich mit den Schätzen vom Dachboden, führten auch bestimmte „platzhaltende“ Verhaltensmuster dazu, dass ich nicht das Leben genießen konnte, das ich mir doch so sehnlich wünschte. Wie auch, als Gewohnheitsverwalter hatte ich dafür ja gar keine Zeit.

Um weder im Haushalt, noch im privaten oder beruflichen Leben durch eigentlich nicht mehr benötigten Ballast regelrecht ausgebremst zu werden, tut gelegentliches „Ausmisten“ ganz gut. Wer sich schrittweise und wiederholt an die Bereitschaft loszulassen herantastet, kann ohne zu große innere und äußere Widerstände neue Freiräume entdecken. Darf die Erfahrung machen, wie positiv das Gefühl sein kann, nicht länger ein Gefangener seiner eigenen, mittlerweile vielleicht nicht mehr ganz so nutzbringenden Haushaltsutensilien und Gewohnheiten zu sein. Gar nicht so schlecht also, hin und wieder ein klein wenig der angestaubten Sicherheit gegen neues Vertrauen in die erfrischende Fülle des Lebens einzutauschen.

Und wann haben Sie das letzte Mal ausgemistet?

Autor: Dipl.-Wirtsch.Inf. Dirk Stegner
Thema: Nur wer anpackt, kann auch loslassen!
Webseite: https://www.der-natur-coach.de

Autorenprofil Dirk Stegner:

Der gebürtige Coburger, Jahrgang 1972, lebt und arbeitet als Natur-Coach, Autor und psychologischer Berater in seiner Heimatstadt Coburg. Nach dem Studium der Wirtschaftsinformatik und der langjährigen Tätigkeit als IT- und Internetfachmann, begann er sich bereits vor mehr als 15 Jahren aufgrund eigener gesundheitlicher Probleme mit alternativen Behandlungsmethoden für stress- und angstbedingte Erkrankungen auseinanderzusetzen.

Dirk Stegner bietet auch regelmäßig Vorträge, Workshops und Seminare zu seinen Buch- und Publikationsthemen an. Weitere Informationen zu aktuellen Terminen erhalten Sie hier:

www.der-natur-coach.de
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