Windspiel des Vergessens

Auszug aus einem Tagebuch einer Mutter, als sie im Anfangsstadium kurz vor ihrem 66sten Geburtstag, die unwiderrufliche Diagnose für Demenz bekam, und folgenden Brief als bleibende Erinnerung für ihre Tochter schrieb.

meer sonnenuntergang wellen

Brief der Erinnerungen an dich

Jetzt habe ich es schwarz auf weiß – ich werde dement. Die unwiderrufliche Diagnose trifft mich wie ein Schlag auf den Kopf. Ich habe schon seit einiger Zeit ein ungutes Gefühl, weil ich merke, dass etwas nicht ganz in Ordnung ist mit mir. Ich bin vergesslich geworden, verlege ab und zu Dinge, und brauche lange, bis mir einfällt, wo ich sie hingelegt habe. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich mich anstrengen muss, um meinen Tagesablauf zu gestalten, damit nicht auffällt, was sowieso irgendwann nicht mehr zu verbergen ist. Es kostet mich Kraft und Energie, mein Leben aufrecht zu erhalten, damit keiner merkt was eigentlich los ist mit mir. Darum habe ich mich entschlossen, solange ich noch klare Gedanken fassen kann, einen Brief an dich zu schreiben, als Erinnerung, die du immer wieder abrufen kannst, wenn es dir einmal nicht gut geht und du mich vermisst. Die Abstände, in denen ich ganz klar bin in meinen Erinnerungen werden kleiner und irgendwann werde ich nicht mehr Tagebuch führen können, weil der Verstand unwiderruflich zerstört wird und ich werde nicht mehr wissen, wer ich bin und war.

Mein Arzt hat mir geraten meine Familie mit ins Boot zu holen, damit ich Unterstützung bekomme in den täglichen Dingen des Lebens, wenn ich es allein nicht mehr stemmen kann. Ich sträube mich noch mich zu outen. Die Scham, dass grade mir so etwas widerfährt, hat noch die Oberhand, und ich möchte alles so lange wie möglich hinauszögern, wo ich doch ganz genau weiß, dass mich die Vergesslichkeit unwiderruflich einholt und es kein Entrinnen gibt.

Mein Arzt sagt, es gibt schon viele Medikamente die einen Schub hinauszögern oder erleichtern können, so dass man lange Zeit noch Lebensqualität behält, aber ich bin bestens aufgeklärt, und weiß wohl, dass es nur ein kurzes Anhalten für den Zug des Lebens mit Demenz gibt, der dann trotzdem weiterfährt… langsam oder schnell, ins Nichts oder wohin auch immer…. Auf jeden Fall nicht in eine bessere Zeit.

Manchmal schreibe ich mir Merkzettel für verschiedene tagtägliche Abläufe z.B. Dass ich einkaufen gehen muss, oder dass die Wäsche zu bügeln ist, dass ich einen Arzttermin habe, oder dass der Müll entsorgt gehört. Es kann auch mal sein, ich vergesse meine täglichen routinemäßigen Tätigkeiten wie Putzarbeiten oder das Lüften der Wohnung, auch meine Mahlzeiten haben keine Regelmäßigkeit mehr, und dass ich viel trinken soll, ist mir zu wieder.  Ich spüre ganz einfach, dass mir die Gedanken entgleiten und ich mir immer weniger alltägliches merken kann.

Ich fange an, zu vergessen und der Gedanke, dass mein Ich anfängt mich zu verlassen, schmerzt ganz unbändig, wo ich es doch gewohnt bin, gut für mich selbst sorgen zu können und bisher mein Leben bestens gemeistert habe, ohne Unterstützung von außen. Hin und wieder bemerke ich, eine nasse Unterhose an mir… lieber Gott, ich verliere die Kontrolle über mich.

Es macht mich sehr traurig, zu wissen, dass mein Verstand den Verstand verliert. Ich weiß, dass ich mich irgendwann nicht mehr selbst versorgen kann……. Mich nicht mehr selbst waschen, mir keine Mahlzeit mehr zubereiten kann, mich nicht mehr im Spiegel erkennen werde und inkontinent sein werde. Der Gedanke macht mir große Angst. Irgendwann auch nicht mehr die Menschen, die mich in meiner realen Welt umgeben, erkennen kann. Irgendwann wird mein Verstand mich verlassen und alle meine Persönlichkeitsanteile lösen sich ins Nichts auf und der Name an meiner Türe bleibt vielleicht der letzte Rest von allem, was mich ausgemacht hat. Lieber Gott hilf mir, dass ich mir meine Haare allein kämmen kann, und mich selbstständig waschen kann und hilf mir, dass ich nicht körperlich und verbal aggressiv werde, sondern meinen liebenswerten Charakter auch in der Zeit des Vergessens behalte. Und wenn ich dann irgendwann unwiderruflich gehen muss, nehme ich eine große Tasche und packe alles, was mich ausmacht hinein und nehme meine Schätze mit in die Unendlichkeit, in der ich wieder sein darf, wie ich jetzt bin. Bitte hilf mir dann beim Packen und lege mein Ich und alles, was dazu gehört in meine Hände, damit ich mich an mir selbst festhalten kann.

Behalte mich in deinen Erinnerungen so wie ich in meinen guten Tagen, Wochen Monaten Jahren war, als die Zeit stillstand in den schönsten Momenten des Glücks der gemeinsamen Zeit, die wir miteinander verbringen konnten, ungetrübt und unbeschwert.  Bald weiß ich nicht mehr, wer ich bin, und wer du bist. Noch kann ich meist klar denken, doch irgendwann verliert sich mein Verstand und es bleibt nur noch Leere in meinem Kopf. Alles, was mich ausmacht wird verloren sein, und es bleibt nur ein Schatten meiner Selbst, bis ans Ende meiner Tage. Halte mich!

Geh mit mir durch den Rosenblättergoldregen der vergangenen Jahre und vergiss mich nicht, halt mich an der Hand, weil ich mich verliere... Stück für Stück…. geh ich fort, und ich möchte doch so gern noch bleiben… Bunter Herbstblattsturm will mich mitnehmen zum Regenbogen, so gern würd ich noch lange bei dir sein… Wer bin ich … Nimm meine Hand ganz fest im Sturm des Lebens, bevor ich meinen Namen nicht mehr weiß. Nimm mich in deine Arme und drück mich, damit ich spüre, dass es mich noch gibt. Meine Identität löst sich auf und verblasst bis ich nur noch ein Schatten meiner selbst bin

Und  wenn ich irgendwann nicht mehr da bin… 

- Denk an mich, wenn im Frühling die Knospen sprießen und das erste Grün sich der Sonne entgegenstreckt. Wenn die Tage länger werden und die Luft wärmer. Wenn Vogelgezwitscher den Sonnenaufgang begleitet und die Düfte der wunderschönen Jahreszeit deinen Tag berühren, könnte ich doch nochmal die warme Frühlingssonne auf meiner Haut spüren bald weiß ich nicht mehr, wie sich das anfühlt… Sonnengold auf meiner Haut.

- Denk an mich, wenn die Sonnentage sich dem lang ersehnten Sommer nähern, und  länger werden, wenn  du wieder baden gehen kannst an unserem See und anschließend noch sitzen kannst am alten Bootshaus, wo wir so viele wunderschöne Sonnenuntergänge genießen konnten. Abendrot Farbenrausch

- Denk an mich, wenn der Herbststurm den Blattgoldregen von den Bäumen weht und die Natur aussieht, als hätte jemanden einen rot braun goldenes glitzerndes Farbenspray verteilt… vergiss nicht, wie wir zusammen Blätter und Kastanien gesammelt haben und schöne Bilder daraus entstanden Ich wünschte ich könnte mit dir noch viele Kastanien heimtragen… Buntgoldfarben zeichnen den Herbst

- Denk an mich, wenn der Winter die Landschaft in Eis verwandelt, und alles einpackt mit seinem glitzernden Schnee…erinnere dich, wie wir zusammen Eislaufen und Schlittenfahren gingen und als Eiszapfen nachhause kamen, zu einem heißen Tee oder Glühwein und Plätzchen, wie wir lachten und uns am Ofen wärmten. Ich möchte so gern noch einmal eine Schneeballschlacht mit dir machen…Schneekrisallsilber glitzert in der Morgensonne

- Denk an mich, wenn dein Christbaum in der Stube im Lichterglanz strahlt und du deine Geschenke öffnest, so wie früher, mit einem verzauberten Lächeln auf dem Gesicht, wenn du dich freust über deine erfüllten Wünsche, die verpackt sind in buntem Papier mit goldenen Schleifen… Tannengoldduft im Kerzenschein der Erinnerung

Wenn dann das Jahr geht und ein neues beginnt, weiß ich nicht, ob ich es noch wahrnehmen kann. Ich würde doch so gerne noch einmal mit dir zusammen die Sterne leuchten sehen und den Mond betrachten. Ich wünschte mir den schönsten Sonnenaufgang mit dir zu beobachten, wo du mich als Kind doch immer gefragt hast, wo die Sonne geschlafen hat. Sonnen , Mond und Sternenglanz

Ich wünschte mir, wir könnten auf dem Regenbogen tanzen bis ans Ende des Horizonts, wo ich dich dann in den Arm nehme und dir Auf Wiedersehen sage, weil ich zu den Sternen gehe , dorthin, wo ich wieder sein kann wie ich einmal war… Sternengoldstaub

Ich möchte zu den Sternen tanzen, bevor mich die unbarmherzige Inkontinenz einholt und ich meine Bedürfnisse nicht mehr selbst steuern kann. Ich will nicht hilflos umherirren und nicht mehr verstehen können, wer ich bin und was mich ausmacht. Ich habe Angst davor, als lebende Hülle meiner selbst im Pflegebett dahin zu vegetieren und nicht mehr sprechen zu können, weil die Worte sich in nichts auflösen… so viel ungesagtes möchte noch gesagt werden … Lieber Gott erspare mir das bitte alles, damit ich nicht als Schatten meiner selbst verkümmere…nicht da liege und darauf angewiesen bin, dass andere mich versorgen wo ich doch nur noch ein Schatten sein werde von einem Häufchen Mensch… Wenn ich dann nicht mehr schlucken kann und deshalb  nicht mehr essen werde  und meine Atmung nicht mehr  regelmäßig funktioniert, dann geh ich weit fort… Ich weiß, dass es so kommen wird.

Vergiss mich nicht. Ich liebe dich. Deine Mama

Demenz verstehen

Erste Symptome bilden die Verschlechterung der Gedächtnisse. Als erstes verändert sich das Kurzzeitgedächtnis, daher das Vergessen der einfachen alltäglichen Gewohnheiten wie das Verlegen von Gegenständen wie Hausschlüssel oder das Vergessen wie eine Waschmaschine betätigt wird oder das Anlassen der Kochplatten bis zum Zimmerbrand. Auch das Namensgedächtnis wird in Mitleidenschaft gezogen und es können einzelne Gegenstände nicht mehr benannt werden. Einfache tägliche Gewohnheiten gehen verloren und können nicht mehr hervorgerufen werden. Das Altgedächtnis bleibt am längsten erhalten während das Ultrakurz und Kurzzeitgedächtnis versickern. Es kann sein, dass ein Plateau erreicht, wird auf dem eine Zeit lang sich nichts mehr verschlechtert, sondern ein Zustand für eine Weile auf einem gleichen Level verbleibt und dann aber wieder weiteres Vergessen und damit ein Persönlichkeitsanteilsverlust entsteht. Bei manchen Patienten schreitet alles langsam, aber stetig voran, bei anderen wiederum findet die Veränderung in großen Schritten statt, manchmal wieder ein Plateau erreichend, dann wieder bergab, bis alle Anteile der Persönlichkeit Vergangenheit sind. Vielleicht bleibt ein Charakterzug, der besonders liebenswert ist, lange oder auch bis zum Schluss erhalten.

Demenz einfach erklärt

Es werden verschiedene Demenzformen unterschieden. Die zwei Hauptarten sind die vaskuläre Demenz und die Alzheimer Demenz. Dazu kommt die gemischte Demenz. Demenz bei Pick Krankheit / Frontalhirndemenz- beginnt sehr früh zumeist zwischen 50 und 60 Jahren und ist gekennzeichnet durch Veränderungen im sozialen Verhalten. Demenz bei Creutzfeld Jakob Krankheit beginnt ca. mit 50 Jahren führt innerhalb von zwei Jahren zum Tod mit einem sehr akuten Verlauf. Demenz bei Chorea Hundthington Beginn meist im 4 oder 5 Lebens Jahrzehnt. Demenz bei Parkinsonkrankheit im Verlauf der Parkinson-Krankheit auftretend, oft begleitend dazu. Demenz mit akutem Beginn z.B. nach einem Schädelhirntrauma nach einem Unfall oder bei einem Gehirntumor, einer  anderen schweren Krankheit  aber auch nach einer Operation wie auch nach einem Schlaganfall oder mehreren ischämischen Attacken. Demenz mit oder ohne psychotische Symptome wie Wahn oder Halluzinationen. Die Alzheimer Demenz ist gekennzeichnet durch Plaques durch die Verbindungen der Gehirnzellen wegen Ablagerungen durch diese zerstört werden, und daher eine Informationsweitergabe von Zelle zu Zelle nicht mehr stattfinden kann. Kurzschluss. Zur Diagnose stehen bildgebende Verfahren zur Verfügung wie CT oder MRT. Eine Diagnose ist zu stellen, wenn die spezifischen Symptome länger als 6 Monate am Stück bestehen.

Eine Differenzialdiagnose ist zu berücksichtigen wie folgt:

  • Delir ist eine Bewusstseins Eintrübung, die vorübergehend ist
  • Normale altersgemäße Vergesslichkeit
  • Vorübergehende Amnesie z.B. nach einer OP oder einem Unfall oder einer schweren Krankheit wie z.B.Corona oder Hirnhautentzündung usw.….

Eine Demenz kann sich auch bei anderen klassifizierten Krankheiten mit entwickeln z.B. bei einer neurologischen Krankheit wie Multiple Sklerose, Epilepsie, oder Parkinson. Auch bei Diabetes usw. und bei schwerer organischer Krankheit wie Lungenentzündung, als auch bei oder nach allen onkologischen Erkrankungen, einem schweren Unfall z.B einem Schädel-Hirn Trauma in Folge, als auch bei raumfordernden Erkrankungen wie einem Gehirntumor.

Bei den verschiedenen Stadien unterscheidet man zwischen leicht-mittel und schwer. Mit oder ohne psychotische Symptome wie Wahn oder Halluzinationen Eine Demenz endet oft in der vollständigen Pflegebedürftigkeit / Bettlägerigkeit, und führt unwiderruflich zum Tod meist innerhalb eines Zeitraums von meist mehreren Jahren

Angewandte Testverfahren:

  • Hamburg Wechsler Test Uhrentest ein sehr einfacher Test, der sofort die Wahrheit aufzeigt
  • Verschiedene Tests zur Merkfähigkeit wie einfache Rechenaufgaben oder Schreibtests
  • Einen Baum zeichnen ist für einen dementen Menschen eine riesige Herausforderung und lässt Probleme im Denkvorgang sofort erkennen
  • Andere diverse Testverfahren die sich ständig weiter entwickeln

Behandlungen und Therapien:

  • Medikamentös z.B mit Antidementiva, die durchblutungsfördernd wirken
  • Benzodiazepine, die beruhigen, und die Rast -und Ruhelosigkeit die oft begleitend in der Demenz sind, besänftigen
  • Antidepressiva zum Aufhellen der Stimmung
  • Biographiearbeit, um die Gedächtnisse zu trainieren
  • Ergotherapie und Physiotherapie, um vorhandene Ressourcen zu stabilisieren
  • Tanztherapie, um den Geist und die Beweglichkeit zu stimulieren
  • Stuhlgymnastik und leichte gymnastische Übungen
  • Musiktherapie wird sehr gerne angenommen
  • Kunsttherapie
  • Ratespiele
  • Wortspiele und Rätselspiele
  • Tiergestützte Therapie bringt sehr große Erfolge
  • Märchenerzählstunden lassen Erinnerungen schwelgen
  • Kochstunden mit Schnibbeln und gemeinsamen Essen
  • Gärtnern z.B. ein Hochbeet anlegen mit duftenden Kräutern, um die Sinne anzuregen
  • Basteln Handarbeiten

Das Umfeld sollte mit einbezogen werden, Familie Verwandte Freunde Nachbarn Sozialdienst. Nicht verstecken, sondern outen das ist sehr hilfreich und man bekommt Verständnis vom Umfeld. Ev. Ambulanten Dienst zur Entlastung ab einem gewissen Stadium, um Unterstützung bei der Körperpflege und dem Tagesgeschehen zu haben, denn es gehen die Persönlichkeitsanteile verloren, so dass es das eigene Ich nicht mehr existent ist. Entlastung als pflegender Angehöriger z.b. für pers. Auszeiten und Urlaub. Alltagsbegleiter die geschult sind für demente Menschen. Kurzzeitpflege in einer Einrichtung in Anspruch nehmen. Medikamentöse Einstellung z. B. bei Rast und Ruhelosigkeit.

Demenz ist ein Krankheitsbild, das sich kontinuierlich verschlechtert und keinerlei Heilungschancen bietet. Ein Prozess der manchmal schleichend oder auch schnell voranschreitet. Manchmal kommt die Verschlechterung in Schüben, manchmal schreitet sie ohne Pausen dahin. Bei einem günstigen Verlauf lässt sich die Demenz ein wenig verlangsamen, z.B. mit Durchblutungssteigernden Medikamenten bei der vaskulären Demenz. Die Alzheimer Demenz dagegen lässt sich nicht beeinflussen. Genau so wenig wie die Frontalhirn Demenz / Morbus Pick ….Manchmal wird ein Plateau erreicht, auf dem die Krankheit eine Weile stehen bleibt um dann wieder fortschreitet

Man kann mit vielfältigen Gedächtnisübungen die Sinne trainieren, um den Alltag so lange wie möglich auf einem Level zu halten das die Lebensqualität stabilisiert. Erinnerungsbrücken helfen das Leben der Demenz erkrankten Person zu strukturieren. Damit das häusliche Umfeld so lange wie möglich erhalten bleiben kann, vereinfachen Hinweistäfelchen z.B an der Toilettentüre das tägliche Prozedere um einiges. Ein Plan z.B an der Küchentüre erinnert an die täglichen Mahlzeiten und das Trinken. Die Flüssigkeitszufuhr hat oberste Priorität, da das Gehirn ja bekanntlich im Wasser schwimmt und Austrocknung den Krankheitsverlauf beträchtlich verschlechtert und beschleunigt, es entsteht eine Atrophie, die eine Krankenhauseinweisung nach sich zieht. Es ist zu empfehlen die Trinkmengen zu überwachen. Konzentrationsschwächen und ein Nachlassen des Namensgedächtnisses sowie Zahlenkombinationen oder Wortfindungsstörungen sind alles Defizite einer leichten Demenz. Das Kurzzeitgedächtnis, also alles, was innerhalb von zehn Minuten stattfindet, zeigt Lücken auf. Das Langzeitgedächtnis, vor allem das Altgedächtnis funktioniert am längsten. In der Biographiearbeit holt man alles zu Tage damit es so lange als möglich erhalten bleibt. Die Körperhygiene wird vernachlässigt und Toilettengänge sind nicht mehr in der Struktur Die Geschichte eines jeden einzelnen ist ein Persönlichkeitsanteil. Wenn bemerkt wird, dass etwas mit einem Familienangehörigen nicht stimmt, dann ist es an der Zeit ärztlichen Rat einzuholen

Die Stadien

Für die betroffene Person stellt das Anfangsstadium die schwierigste Zeit dar. Es wird bemerkt, dass die Gedächtnisse beeinträchtigt sind und sich etwas zum Unguten verändert. Die Vergesslichkeit nimmt Formen an, die nicht ohne Wirkung bleiben. Es wird versucht durch Ausreden und einem angepassten Verhalten zu vertuschen was unaufhörlich voranschreitet. Es wird den betroffenen Personen klar, was mit ihnen passiert. Umso schneller die Demenz jetzt erkannt wird, umso eher kann medikamentös und manuell therapeutisch dagegen gearbeitet werden. So dass es möglich ist ein Level für längere Zeit aufrecht zu erhalten Dank der fortschreitenden Medizin können Medikamente sehr gut unterstützen und die Symptome werden gemildert und stabilisiert das bringt Erleichterung für Patienten und deren Angehörige.

Im mittleren Stadium hat die Vergesslichkeit oberste Priorität. Namensgedächtnis und Desorientierung zu Zeit Ort Situation und Person zeichnen das Stadium aus. Die eigene Persönlichkeit wird verkannt und Tag und Nachtzeiten werden verwechselt, Unruhe und Umherwandern lässt Erkrankte nicht mehr zur Ruhe kommen. Die Urteilsfähigkeit ist nicht mehr vorhanden und eine Personenverkennung tritt ein. Die Orientierung lässt Lücken und ein Verlaufen in einem bekannten Umfeld nimmt Formen an und die Haus -oder Wohnungstüre sollte abgesichert werden, um eventuelle Unfälle im Außenbereich zu verhindern. Für pflegende Angehörige beginnt jetzt eine sehr anstrengende Zeit, die ein hohes Maß an Einsatz und Verständnis beinhaltet. Inkontinenz also die Blasen und Darmfunktion können hier Ihre Funktion verändern.

Die letzte Phase beinhaltet meist die vollkommene Personenverkennung, vielleicht auch den Sprachverlust. Gegenstände des Alltags können nicht mehr definiert werden und Tag und Nacht verlieren ihre Bedeutung. Apathisches Verhalten oder auch das Gegenteil wie Aggressives Verhalten nehmen Gestalt und es beginnt meist die Zeit der Bettlägerigkeit mit der absoluten Pflegebedürftigkeit. Lautieren oder Schreien kann ein Merkmal sein.

Während die vaskuläre Demenz sich auf Grund von Gefäßveränderungen z.B. nach Schlaganfällen oder Degeneration basiert, entwickelt sich die Alzheimer Demenz durch die Entstehung von Plaques zwischen den einzelnen Gehirnzellen, wodurch eine Informationsweitergabe von Zelle zu Zelle nicht mehr möglich ist. Manche Demenzformen verändern die Persönlichkeitsstruktur gänzlich, z.B Morbus Pick, hier findet die Erkrankung im Frontalhirn statt wodurch sich Verhaltensauffälligkeiten manifestieren wie z.B.  sexuelle Enthemmung und Gewalt gegenüber den Pflegenden. Familienangehörige und Freunde werden nicht mehr erkannt und auch das Langzeitgedächtnis verliert seine Funktion. Das Ich geht verloren, d.h. alle Persönlichkeitsanteile werden ausgelöscht. Man kann sich das wie einen Kurzschluss im Kopf vorstellen.

Meine Jahre im Umgang mit Demenz in der pflegerischen als auch therapeutischen Begleitung haben mir gezeigt, wie vielseitig das Krankheitsbild ist und wie unterschiedlich jeder einzeln Betroffene davon gezeichnet wird. Bei allen Schilderungen sollte man nicht vergessen, dass es durchaus Zeiten, Tage, Stunden usw. gibt die uns Freude schenken, Momente des Glücks und gemeinsames Erinnern an die schönen Stationen des Lebens der Erkrankten sollten hervorgeholt werden, solange es irgend machbar ist, um das Glück ein Stück weit festzuhalten im Fluss des Lebens mit Demenz.

Respekt und Wertschätzung haben oberstes Gebot im Umgang mit Betroffenen und deren Angehörigen, da es um ein gelebtes Leben geht, in dem die Würde unantastbar sein muss.

Autor: Petra Hainzinger, Heilpraktikerin auf dem Gebiet der Psychotherapie
Thema: Windspiel des Vergessens
Webseite: https://www.herz-zeit-ph.com

Literaturquellen:

  • ICD 10 und 11
  • Lehrbuch für Heilpraktiker auf dem Gebiet der Psychotherapie
  • Alzheimer in der Praxis von Brigitte und Ralph Richter
  • Demenz verstehen
  • Komm und tanz mit mir von Trudi Schopp

#Demenz, #Familie, #Gedanken, #Gefühle, #Lebensgeschichten

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