Was versteht man unter Tinnitus?
Tinnitus ist ein weit verbreitetes Phänomen, das Millionen von Menschen betrifft. Die genaue Ursache ist bisher nicht eindeutig geklärt. Das Ohrgeräusch zeigt sich als ständiger Begleiter, der das Leben in unterschiedlichsten Erscheinungsformen beeinträchtigt. Hatten Sie schon einmal Klingeln, Summen oder Pfeifen im Ohr?
Wenn das Ohrgeräusch nur vorübergehend einige Minuten anhält, aufhört und sich nicht kontinuierlich wiederholt, dann gilt das als normal, es sind einfach schon einmal vorkommende Geräusche im Ohr. Bestehen allerdings die Phänomene anhaltend über einen längeren Zeitraum, dann leiden Sie unter dem Symptom Tinnitus.
Bei Betroffenen, die sich kaum gestört fühlen, ist der Tinnitus kompensiert, der Körper ist in der Lage dies auszugleichen. In anderen Fällen wird das ständige Ohrgeräusch zur Qual, das sich auch nachts nicht abstellt, hier liegt eine Beeinträchtigung vor, die der Körper nicht regulieren kann, der Tinnitus ist dekompensiert.
Beim Tinnitus gibt es eine Störung im Innenohr, die zu einer Fehlverarbeitung von Klanglauten im Gehirn führt. Man fand heraus, dass die Nervenzellen der Hörbahn bei zu Tinnitus neigenden Menschen reger und sensibler gegenüber äußeren Reizen sind.
Tinnitus ist nicht gleich Tinnitus
Man unterscheidet einen objektiven und subjektiven Tinnitus. Wird das Geräusch in der Nähe des Innenohrs verursacht, handelt es sich meist um gefäß- oder atemabhängige Geräusche. Beim objektiven Tinnitus lässt sich das Schallereignis vom Arzt messen und ist auch für andere hörbar.
Wenn von Tinnitus gesprochen wird, ist jedoch meist der subjektive Tinnitus aurium gemeint. Das Geräusch wird hier nicht durch ein Schallereignis aus einem anderen Körperbereich erzeugt, sondern wird bei den Betroffenen im Ohr selbst produziert.
Diese Geräusche können sich ganz unterschiedlich darstellen, vom Summen über Pfeifen bis hin zu Brummen, Zischen, Knarren, Knacken oder Rauschen. Es kann ein gleichmäßiger Dauerton oder ein veränderlicher Ton sein, der wechselnd leiser und lauter wird. Dieses Schallereignis ist, im Gegensatz zur objektiven Variante, nicht messbar und kann nur von Betroffenen selbst wahrgenommen werden.
Tritt ein Tinnitus plötzlich auf und hält nur wenige Wochen an, spricht man von einem akuten Tinnitus. Er geht oft von selbst wieder weg bzw. spricht gut auf medizinische Maßnahmen an.
Vom chronischen Tinnitus spricht man, wenn er nach mehr als drei Monaten nicht abklingt. In diesem Fall ist ein komplettes Aufhören des Ohrgeräusches so gut wie ausgeschlossen, die Symptome lassen sich jedoch durch therapeutische Maßnahmen minimieren.
Das Belastungs-Ausmaß des Tinnitus wird in vier Grade eingeteilt:
- Gut kompensiert, Betroffene fühlen sich kaum belastet und haben keinen Leidensdruck
- Der Alltag kann noch gut bewältigt werden. In schwierigen Situationen, wie Stress und Belastung wird er allerdings als störend empfunden.
- Betroffene empfinden eine dauerhafte Beeinträchtigung, die emotionale, körperliche und wahrnehmende Auswirkungen hat.
- Betroffene sind extrem beeinträchtigt bis hin zur Berufsunfähigkeit. Der Tinnitus ist vollständig dekompensiert.
Was verursacht Tinnitus?
Eminente Lärmbelastung verursacht ca. 30 % der Tinnitusfälle. Regelmäßige Musikbeschallung durch Kopfhörer, laute Maschinen u. ä. fördern die Entstehung. Ebenfalls mit zur häufigsten Ursache zählt der Hörsturz (plötzlich teilweise oder kompletter Verlust des Gehörs mit heftigen Ohrgeräuschen).
Neben diesen Auslösern können z. B. auch andere Ursachen vorliegen, wie z. B.:
- Entzündungen, Erkrankungen oder Verletzungen im Bereich von Mittel- oder Innenohr (z. B. unnormale Aktivität im Hörsystem, Veränderungen der Schallverarbeitung bzw. des Schalltransportes)
- Verschluss des Gehörganges durch Fremdkörper oder Ohrenschmalz
- Gestörte Durchblutung im Innenohr
- Chronischer Stress und emotionale Belastungen
- Blockaden im Bereich der Halswirbelsäule
- Fehlfunktion oder Schmerzen im Kiefergelenk, Kaumuskulatur und/oder Zähne
- Beeinflussung des Hörorgans als Folge von Arzneimittel-Nebenwirkungen
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Extreme Veränderungen im Hormonhaushalt, z. B. Menopause
- Druckveränderungen im Ohr durch Tauchen oder Flugreisen
Tinnitus kann auch als Komplikation bei Migräne-Patienten entstehen. Er kann als Aura beim Migräneanfall vorübergehend auftreten oder bleibt bestehen.
Welche Begleiterscheinungen kann Tinnitus haben?
Das Dauergeräusch im Ohr kann u. a. physische und/oder psychische Begleiterscheinungen erzeugen. Es kann zu Schlafstörungen kommen, da auch nachts das Ohrgeräusch vorhanden ist. Ebenfalls sind Fälle von Angstzuständen und Depressionen bekannt. Dies kommt allerdings sehr selten vor.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
In jedem Fall sollten Sie frühzeitig einen Hals-Nasen-Ohrenarzt aufsuchen, damit entsprechende Diagnostik und anschließende Therapie durchgeführt werden kann.
Auch wenn es keine universelle Heilung gibt, stehen zahlreiche Ansätze zur Linderung zur Verfügung. Die Wahl der Behandlung ist immer auch abhängig von Ursache und Schwere der Symptome.
Folgende Behandlungen haben einen positiven Einfluss auf die Betroffenen gezeigt, z. B.:
- Bei Hörverlust ist eine Versorgung mit einem Hörgerät natürlich empfehlenswert, was auch positiven Einfluss auf den Tinnitus hat - Arzneimittel wie Beruhigungsmittel oder Antidepressiva können die durch den Tinnitus auftretenden Schlafstörungen bzw. Depressionen positiv beeinflussen
- Psychologische Beratung mit Erlernen von Entspannungstechniken (Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen, Autogenes Training, Qigong u. a.) und individuellem Stressmanagement
- Verhaltenstherapie, ihr Ansatz ist das Erkennen des konkreten Problems mit gezieltem Lösungsweg
- Tinnitus-Bewältigungs-Therapie, Erlernen von Ablenkungsmöglichkeiten, um eine Akzeptanz des Ohrgeräusches zu erzielen
- Akupunktur hat sich positiv und unterstützend zur Linderung der Schmerz- und Verspannungswahrnehmung bewährt
- Musik- oder Klangtherapie, durch spezielle Klänge oder Musikstücke kann der Tinnitus überdeckt und die Wahrnehmung abgeschwächt werden. Die Therapie bietet auch die Möglichkeit das Gehör neu zu schulen.
Was können Sie selbst tun?
Neben professioneller Hilfe ist es zur Bewältigung des Alltages und der Verbesserung von Lebensqualität sinnvoll, auch zur Eigeninitiative zu greifen, und sich dem Tinnitus nicht zu unterwerfen.
Vermeiden Sie, sich häufiger starkem Lärm in jeglicher Form auszusetzen, schützen Sie sich. Nutzen Sie angenehme Hintergrundgeräusche durch leise Musik oder Naturklänge. Üben Sie Achtsamkeit mit sich und erlernen Sie, die Signale Ihres Körpers frühzeitig wahrzunehmen und entsprechend zu handeln. Bevorzugen Sie eine ausgewogene Ernährung, bewegen Sie sich regelmäßig, am besten an frischer Luft und sorgen Sie so oft es geht für Ruhephasen. Wichtig ist auch ein bewusstes Schlafmanagement, um Körper und Geist ausreichend Regenerationszeit zu geben.
Zusätzlich haben Sie noch die Möglichkeit die vielfältigen Angebote von Selbsthilfegruppen oder auch Ihrer Krankenkasse zu nutzen. Tauschen Sie sich mit Gleichgesinnten aus, es hilft, wenn man erfährt, dass man nicht allein dieses Problem hat. Informieren Sie sich regelmäßig, was es Neues zum Thema Tinnitus gibt.
Fazit
Tinnitus ist keine Krankheit, jedoch ein Symptom Ihres Körpers, der Sie aufmerksam machen will. Versuchen Sie den Tinnitus anzunehmen, um sozusagen „Herr der Lage“ zu bleiben. Natürlich kann es eine erhebliche Belastung darstellen, ständig ein Klingeln, Rauschen etc. im Ohr zu haben, doch es gibt vielfältige Möglichkeiten, die eine Linderung erzielen können. Suchen Sie sich frühzeitig einen Hals-Nasen-Ohrenarzt, der sich auf Tinnitus spezialisiert hat und entsprechende Diagnostik und Therapie einleiten kann. Entscheidend sind, so weit wie möglich die Ursachenklärung sowie die Wahl einer individuellen Behandlungsmethode.
Neben medizinischen und therapeutischen Behandlungsmethoden können Sie selbst durch Stressabbau, gesunde Lebensgewohnheiten und ggf. technische Hilfsmittel aktiv zur Verbesserung Ihrer Situation beitragen. Lernen Sie dem Tinnitus nicht mehr Raum in Ihrer Wahrnehmung zu geben, um auch mit Tinnitus ein erfülltes Leben zu haben.
Mit der richtigen Unterstützung und einer positiven Einstellung kann es möglich werden, den Tinnitus in den Hintergrund zu drängen und die Lebensqualität nachhaltig zu steigern.
Autor: Ulrike Deutsch
Thema: Was ist Tinnitus?
Webseite: https://www.unisana-koeln.de