Das ist wohl der Beweis: ich bin offiziell alt. Genau wie alle vorherigen Generationen sag ich, meine Kindheit war besser, ich hab draußen gespielt und meine Freizeit ohne Stecker verbracht.

... und gleichzeitig so viel schwieriger, für ein Referat fuhr ich durch den (natürlich 2m hohen) Schnee in die Bibliothek und las... kein Wikipedia, kein ChatGPT.
Und dann diese Sprache, alles englisch, alles abgekürzt, Klamotten bestehen aus Jogginghose oder viel zu enger Leggins, in der Freizeit werden hunderte 30 Sekunden-Tiktok-Videos geschaut oder stundenlang gezockt und online mit den Freunden aus der Nachbarschaft über Discord gesprochen, statt sich bei 30° am Badesee zu treffen.
Ich habe aufgehört, zu vergleichen. Eltern werden wohl immer den Kopf schütteln, wie meine Eltern nicht verstanden, wie wir stundenlang Musikvideos auf MTv schauten und ich Zuschauer streamende Gamer auf Twitch einfach nicht begreifen kann.
Ich liebe es, rennende und lachende Kinder zu sehen, ich bin nicht sicher, wie weit die meisten meiner Schüler und Schülerinnen heute noch rennen können.
Dafür waren wir mit einem einfachen Gameboy aufgeschmissen, dessen Batterien leer waren, während mir heute der Zwölfjährige zeigt, wie man ein Sicherheitsupdate macht oder die Privatsphäre auf dem Handy eingestellt wird.
Warum betrachten wir jüngere Generationen immer so kritisch, loben die eigene so?
Jedes Alter, jedes Jahrzehnt hat seine Herausforderungen... nur scheinbar ist es unmöglich, sich in andere hineinzuversetzen. Die eigene Zeit war so viel besser, oder eben schwieriger, wie es eben gerade passt. Das war bei meinen Eltern schon so, und deren Eltern, und bei mir vermutlich auch.
Und so kann ein Zwölfjährige eben nicht die Schulzeit in den 80ern verstehen, wie ein 50jähriger eben nicht die der ''20ziger. So ist das eben, vielleicht müssen wir das zur Abwechslung akzeptieren und manchmal einfach mal mit einem Lächeln die Klappe halten.
Einfach mal ausprobieren, in 20 Jahren verstehen uns auch unsere Kinder.
Was ist heute eigentlich wirklich besser? Ich kann sein wie ich will, jeder kann sein wer er will- können sie?
Der Junge im rosa Tütü, das Mädchen, das mit dem LKW spielt...
Nunja, vielleicht braucht es ja doch noch ein bisschen mehr Zeit...
Autor: Anke Wachtendorf - Schülercoach, Lern- und Erziehungsberatung, Verlagsautorin
Thema: Früher war alles besser - ich bin also eindeutig alt
Webseite: http://www.schuelercoaching-wachtendorf.de
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