Gewalt ist keine Lösung - Schwierige Gespräche gewaltfrei führen

Von Meike Trommer - AUXELYA-Akademieleitung, Diplom Sozialpädagogin und Systemische Familientherapeutin

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Für einen gewalttätigen Umgang miteinander braucht es nicht unbedingt die körperliche Auseinandersetzung. Auch die Worte, mit denen wir kommunizieren und die Art und Weise, wie wir diese Worte an unseren Gesprächspartner übermitteln, können sehr verletzend sein.

Egal ob im Privatleben oder im Berufsalltag, wenn wir einen Konflikt mit einer anderen Person haben, dann setzt uns das unter Stress. Unsere Gedanken kreisen ständig um ein und dasselbe Thema, wir führen Selbstgespräche, diskutieren und argumentieren mit uns selbst und können uns nur sehr schwer auf andere Themen konzentrieren. Auf Dauer kann das sehr anstrengend werden. Eventuell leidet bereits unser Schlaf, da unser inneres Gedankenkarussell insbesondere in Phasen der Ruhe sehr präsent ist. Aufgrund des Schlafmangels reagieren wir zunehmend gereizt auf unsere Umwelt. Der Beginn eines Teufelskreises!

Aus diesem Grund lohnt es sich, Wege zu suchen, den bestehenden Konflikt zu bearbeiten, statt ihm aus dem Weg zu gehen und alles in sich hineinzufressen. Ein erster wichtiger Schritt in diesem Zusammenhang ist, das Gespräch mit der betroffenen Person zu suchen, statt sich in den eigenen Selbstgesprächen im Kreis zu drehen.

Einfacher gesagt als getan! Durch unsere persönliche Betroffenheit neigen wir dazu, in der direkten Auseinandersetzung mit unserem Konfliktpartner sehr emotional zu reagieren. Wir greifen, wenn auch nicht beabsichtigt, zu Formulierungen, die eher eine Eskalation als eine Beruhigung der Situation herbeiführen. Bereits kleine Wörter, wie zum Beispiel „nie“, „immer“ oder „ständig“ und „schon wieder“, lassen unsere Aussagen vorwurfsvoll, anklagend und verletzend klingen.

Mit einer guten Vorbereitung auf ein anstehendes Konfliktgespräch und 4 einfachen Schritten in der Durchführung des Gesprächs können solche Stolpersteine vermieden werden und eine drohende Eskalation verhindert werden.

In der Ruhe liegt die Kraft – für ein erfolgreiches Konfliktgespräch braucht es eine gute Vorbereitung

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Finger weg von spontanen Tür- und Angel-Gesprächen, wenn es um eine Konfliktklärung geht. Nur wenn ich nicht noch 1000 andere Sachen im Kopf habe, kann ich mich voll und ganz auf das Wesentliche konzentrieren und ein gutes Gespräch führen. Aus diesem Grund ist es wichtig, bereits im Vorfeld für günstige Rahmenbedingungen zu sorgen. Das fängt bei der Terminvereinbarung an. Um sich gut auf das Gespräch konzentrieren zu können, ist es hilfreich im Vorfeld ein wenig Puffer einzubauen, um sich mental auf die anstehende Situation vorzubereiten, statt in Gedanken noch mit dem vorherigen Thema beschäftigt zu sein. Auch im Nachgang kann es hilfreich sein, sich eine kleine Pause zu erlauben, um das Gesagte verdauen zu können.

Ein weiterer wichtiger Aspekt in Bezug auf die Rahmenbedingungen ist das Setting. Im besten Fall suche ich mir einen Ort, an dem das Gespräch in einer ungestörten, angenehmen Atmosphäre auf Augenhöhe stattfinden kann. In sehr festgefahrenen Situationen kann ein neutraler Ort oder ein gemeinsamer Spaziergang sehr hilfreich sein, um dem Gespräch den konfrontativen, anklagenden Character zu nehmen.

Neben der Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen ist eine gute Vorbereitung zu einem anstehenden Konfliktgespräch sehr hilfreich. „Was möchte ich durch das Gespräch erreichen?“, lautet die zentrale Frage, die man sich selbst im Vorfeld stellen sollte. Möchte ich lediglich meinen Unmut mitteilen, möchte ich eine Klärung der Situation herbeiführen, eventuell einen Kompromiss erarbeiten? Möchte ich meinen Gesprächspartner zu einer Selbstreflektion ermutigen? Erst wenn ich mir selbst diese zentrale Frage beantwortet habe, kann ich mir eine Strategie und eventuell sogar schon passende Formulierungen für das anstehende Gespräch zurechtlegen.

Gewaltfrei Konflikte lösen

Wenn mich etwas stört, neige ich dazu, im Gespräch absolute Aussagen in Verbindung mit einer persönlichen Bewertung wiederzugeben. Zum Beispiel: „Nie räumst Du Deinen Dreck in der Küche weg. Ständig muss man Dir alles hinterherräumen. Das kotzt mich an!“

Marshall B. Rosenberg, der Begründer der gewaltfreien Kommunikation, unterteilt unsere Kommunikation in 4 Teilaspekte: Beobachtungen, Gefühle, Bedürfnisse, Wünsche. Durch das Vermischen der einzelnen Ebenen bekommen die Aussagen schnell einen vorwurfsvollen, angreifenden und stark verletzenden Unterton und eine Eskalation der Situation ist nahezu unvermeidbar. In einem solchen Fall versucht der Gesprächspartner entweder der Situation zu entfliehen und allen weiteren Gesprächen aus dem Weg zu gehen. Oder der Gesprächspartner setzt zum Gegenangriff an und kontert mit weiteren verletzenden Botschaften. In dem oben beschriebenen Beispiel könnte es folgendermaßen weitergehen: „Dafür bist Du zu faul auch nur einmal das Auto voll zu tanken. Ständig muss ich vor der Arbeit erst einmal auf die Tankstelle fahren und dann komme ich wegen Dir zu spät zur Arbeit.“

Auf diese Weise werden die gegenseitigen Vorwürfe wie in einem Ping Pong Spiel von dem Einen zum Anderen hin und her geworfen. Und mit jedem Seitenwechsel werden die Vorwürfe lauter und heftiger, bis die gegenseitigen Vorwürfe so verletzend werden, dass eine Klärung der Situation immer schwieriger wird.

Dabei stecken hinter all diesen Vorwürfen versteckte Wünsche. Das heißt in der Klärung von Konfliktsituationen geht meist im Kern darum, die gegenseitigen Vorwürfe in Wünsche umzuwandeln, was in Fachkreisen kurz auch VW-Regel genannt wird.

Wie das gelingen kann, zeigt uns Marshall B. Rosenberg mit seiner „Gewaltfreien Kommunikation“. Er ruft dazu auf, in unserer Kommunikation die 4 Teilaspekte Beobachtungen, Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche, getrennt voneinander in 4 Schritten wiederzugeben.

Schritt 1: Meine Beobachtungen schildern

Beobachtungen durchlaufen stets den eigenen Wahrnehmungsfilter. Daher sind Beobachtungen immer subjektiv.

Folgendes sollte daher bei dem Schildern der eigenen Beobachtungen beachtet werden:

Beobachten Sie konkrete Handlungen, ganz nüchtern und sachlich, ohne zu beurteilen. Am besten Sie beschreiben zu Ihren Beobachtungen die jeweils passende Situation. Was wurde konkret gesagt und getan bzw. nicht getan?

Schritt 2: Meine Gefühle beschreiben

Sagen Sie, was Sie fühlen, wenn Sie bestimmte Handlungen beobachten, und schlucken Sie es nicht herunter, wenn Sie sauer, irritiert oder erschrocken sind. Folgendermaßen können Sie Ihre Sätze beginnen: „Es macht mich traurig / wütend / ängstlich, wenn ich sehe, dass …“

Wenn Sie Ihre Gefühle beschreiben, die durch vorher angesprochene Beobachtungen ausgelöst werden, verdeutlichen Sie Ihrem Gesprächspartner, warum Ihnen das Thema so am Herzen liegt und Ihnen eine Klärung der Situation wichtig ist.

Schritt 3: Meine Bedürfnisse mitteilen

Machen Sie Ihre Bedürfnisse deutlich, aus denen diese Gefühle entstehen. Der andere muss wissen, was Sie für Ihre Lebensqualität brauchen. Hier zwei kleine Formulierungshilfen: „Mir ist es wichtig, dass …“ „Damit ich mich wohl fühle, brauche ich …“

Dieser Schritt ist für die meisten Menschen, die die Gewaltfreie Kommunikation anwenden, die größte Herausforderung. Gleichzeitig ist das Mitteilen der eignen Bedürfnisse ein entscheidender Aspekt in Konfliktgesprächen. Sehr oft entstehen Konflikte durch die Verletzung bzw. Missachtung der Bedürfnisse des jeweils anderen. Nicht immer stimmen die eigenen Bedürfnisse mit den Bedürfnissen des Gesprächspartners überein. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesprächspartner sich den Bedürfnissen des jeweils Anderen bewusst ist.

Schritt 4: Einen konkreten Wunsch formulieren

Zusammenfassend aus Ihren Beobachtungen, den damit einhergehenden Gefühlen und den dahinterliegenden Bedürfnissen formulieren Sie eine konkrete Bitte, sodass Ihr Gegenüber ganz genau weiß, was Sie wollen. Achten Sie bei der Formulierung Ihrer Wünsche darauf, dass diese konkret, nachvollziehbar, lösungsorientiert und realistisch umsetzbar sind.

Anhand unseres vorherigen Fallbeispiels könnte ein gewaltfreier Gesprächseistieg folgendermaßen lauten:

„Mir ist aufgefallen, dass Du in denen vergangenen 2 Wochen, nachdem Du Dir etwas zu Essen zubereitet hast, die restlichen Sachen nicht weggeräumt hast. Dies ärgert mich, weil mir Sauberkeit und Ordnung besonders in der Küche wichtig sind. Aus diesem Grund wünsche ich mir von Dir, dass Du ab heute selbst Deine Sachen direkt nach dem Essen wegräumst und die Küche sauber verlässt. Darüber hinaus schlage ich vor, dass wir einen wöchentlich wechselnden Putzplan erstellen.“

Fazit

Die Methode der Gewaltfreien Kommunikation ist in den unterschiedlichsten Situationen anzuwenden. Ob es sich um einen Konflikt mit dem Partner oder der Partnerin oder um einen Konflikt im beruflichen Kontext handelt. Ob es sich um große Schlichtungsverfahren oder das Ansprechen kleiner unangenehmer Situationen handelt.

Sicherlich ist Ihnen beim Lesen dieses Artikels aufgefallen, dass der Ansatz der gewaltfreien Kommunikation nichts Neues und Innovatives ist. Bei diesem Konzept handelt es sich um altbewährte Methoden der Kommunikation, die uns allen vertraut sind. Wir müssen lediglich im Eifer des Gefechts einen kühlen Kopf bewahren und den Blick für das was wir sagen und wie wir es sagen schärfen, statt uns von unserer Impulsivität leiten zu lassen. Probieren Sie es einmal aus. Was könnte schon im schlimmsten Fall passieren?

Autor: Meike Trommer, Akademieleitung und EAP-Beraterin
Thema: Schwierige Gespräche gewaltfrei führen
Webseite: https://auxelya.de

Quellenangaben:

„Gewaltfreie Kommunikation“, Marshall B. Rosenberg

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