Die Welt der Gedanken ist eine faszinierende Welt. Nicht nur die Frage danach, wie unser persönliches Denken, beispielsweise durch Sozialisation und Erfahrungen, geprägt ist, ist spannend, sondern auch die Erforschung danach, wie unsere Gedanken überhaupt entstehen.
Um mit unseren nicht hilfreichen und krankmachenden Denkweisen umzugehen, ist es wichtig zu verstehen, wie dieser Prozess funktioniert. Dies ist eine wichtige Erkenntnis um z.B. mit Ängsten oder Depressivität zu bewältigen. Wie also entstehen Gedanken auf physiologischer Ebene.
Unser Gehirn besteht aus Milliarden von Nervenzellen, den Neuronen, die über Synapsen miteinander verbunden sind. Wenn wir etwas wahrnehmen oder erleben, senden diese Neuronen elektrische Impulse und chemische Botenstoffe aus. Diese Impulse durchlaufen komplexe Netzwerke und bilden schließlich Gedanken. Diese Prozesse können u.a. durch Erfahrungen, Erziehung und Umwelt beeinflusst werden.
Der Prozess, wie Gefühle aus Gedanken entstehen ist neurologisch natürlich höchst komplex, lässt sich aber auch vereinfacht darstellen:
Nehmen wir einen Reiz war, wie etwa eine Spinne in der Zimmerecke, schaltet sich als erstes unser limbisches System ein. Hier entscheidet unser Körper, dass wir emotional reagieren werden. Mit welchem Gefühl und v.a. in welcher Intensität dieses auftritt, klärt sich in unserem Großhirn. Hier fällt also die Entscheidung, ob wir panische Angst haben werden, Ekel empfinden oder vielleicht genervt sind. Unser Großhirn bewertet Situationen, reflektiert und reguliert. Das kann unbewusst geschehen, wenn unser Gehirn auf Prägungen (Werte, Sozialisation, Erfahrungen etc.) zurückgreift oder aber auch bewusst, indem wir uns aktiv mit unseren Gedanken auseinandersetzen.
In einfachen Worten: Das limbische System kann als der "emotional schnelle" Teil des Gehirns betrachtet werden, der sofort auf Reize reagiert, während das Großhirn, insbesondere der präfrontale Cortex, als der "reflektierte" Teil fungiert, der die Emotionen reguliert und in den Kontext stellt.
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Beschreibung eine vereinfachte Darstellung ist und dass die genauen Mechanismen der Emotionsverarbeitung weiterhin ein aktiver Forschungsbereich sind, der viele nuancierte Aspekte umfasst.
Für den psychotherapeutischen Prozess ist der Zusammenhang zwischen limbischen System und Großhirn eine wichtige Erkenntnis, denn das Großhirn ist eben der Bereich in dem wir aktiv denken.
Die kognitive Verhaltenstherapie ist deshalb eine bewährte Methode in der Psychotherapie. Sie basiert auf der Feststellung, dass unsere Gedanken, Gefühle und Handlungen miteinander verbunden sind. Wenn wir also krankmachende Gedankenmuster (u.a. Katastrophisieren oder Selbstabwertung) ändern können, hat dies positive Auswirkungen auf unsere Gefühle und Verhaltensweisen.
Im Rahmen der kognitiven Verhaltenstherapie arbeiten Therapeut:innen und Patient:innen zusammen, um schädliche Denkmuster zu identifizieren und zu hinterfragen. Dies geschieht durch gezielte Fragen und das Anwenden verschiedener Techniken. Indem wir uns bewusst machen, wie Gedanken entstehen und wie sie unsere Emotionen beeinflussen, können wir lernen, sie zu verändern.
Wir können unsere Denkprozesse im Großhirn so verändern, dass wir statt der Panik vor der Spinne nur noch eine leichte Nervosität empfinden, wenn ein solches Krabbeltier im Raum ist. Wir können aber gut neben ihr koexistieren, im Raum bleiben und weiter konzentriert unserer Tätigkeit nachgehen, statt die Flucht zu ergreifen.
Ziel der Therapie ist es, Denkautomatismen aufzudecken und bewusst zu verändern. Die hilfreiche Art zu Denken gilt es dann immer wieder anzuwenden bis sie wiederum zu einem neuen Automatismus wird.
Insgesamt zeigt die neurobiologische Basis der Gedankenentstehung, warum die kognitive Verhaltenstherapie so sinnvoll ist. Sie gibt den Menschen Werkzeuge an die Hand, um ihre Gedanken bewusst zu beeinflussen und somit ihre psychische Gesundheit zu verbessern. Indem wir verstehen, wie Gedanken entstehen, können wir aktiv an ihrer Gestaltung teilnehmen und so einen positiven Einfluss auf unser Wohlbefinden erzeugen.
Autor: Christina Strobel / sektorale Heilpraktikerin für Psychotherapie / kognitive Verhaltenstherapeutin (Rational-Emotive-Verhaltenstherapie)
Thema: Wieso Gefühle aus Gedanken entstehen
Webseite: https://strobel-psychotherapie.de
Quellen:
- LeDoux, J. E. (2000). Emotion circuits in the brain. Annual Review of Neuroscience, 23, 155-184.
- Phelps, E. A. (2004). Human emotion and memory: Interactions of the amygdala and hippocampal complex. Current Opinion in Neurobiology, 14(2), 198-202.
- Davidson, R. J., Putnam, K. M., & Larson, C. L. (2000). Dysfunction in the neural circuitry of emotion regulation possible prelude to violence. Science, 289(5479), 591-594.
- Ochsner, K. N., & Gross, J. J. (2005). The cognitive control of emotion. Trends in Cognitive Sciences, 9(5), 242-249.
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