Mit geschätzten 15.2 Millionen Katzen in Deutschland im Jahr 2022 hat zumindest hierzulande die Samtpfote dem Hund (10.6 Millionen, 2022) eindeutig den Rang des “besten Freundes des Menschen” abgelaufen.
Der Weg in unsere Wohnzimmer verlief für Katzen äußerst wechselhaft: Mal wurden sie im alten Ägypten als Götter verehrt, um Jahrhunderte später im Mittelalter als Dämonen verbrannt zu werden. Sie dienten der Schädlingsbekämpfung, als Pelzlieferanten oder mussten für volkstümliche Medizin herhalten.
Selbstverständlich gibt es heutzutage nach wie vor Katzen in Arbeit, die Schädlinge von Haus und Hof fern halten, erst im Jahr 2002 wurde in Deutschland eine freiwillige Verzichtserklärung der deutschen Pelzlieferanten unterzeichnet, den Handel mit Katzen- und Hundefell aufzugeben. Am 31.12.2008 trat in Europa die Verordnung (EG) Nr. 1523/2007 in Kraft, die Ein- und Ausfuhr und das Vermarkten von Katzen- und Hundefellen sowie Produkte, die solche Pelze enthalten, zu verbieten.
Glücklicherweise für die Katzen werden heutzutage keine felinen Körperteile mehr als Medizin genutzt, dennoch wirken unsere Samtpfoten heilsam: Ihr Schnurren fördert nicht nur bei den Tieren, sondern ebenso bei uns Menschen eine schnellere Heilung von Knochenbrüchen, Muskel- und Gelenkbeschwerden, Arthrose, sogar Lungenerkrankungen wie COPD oder Asthma werden beispielsweise positiv beeinflusst.
Wie aber fanden Katzen den Weg zu uns?
Vermutlich schlossen sich die ersten Tiere vor circa 10.000 Jahren den Menschen an. Katzen sind sogenannte “opportunistische Jäger”, sie suchen also ihre Beute dort, wo sie leicht zu finden ist. Die frühesten Zeugnisse von Ackerbau und Viehzucht reichen ungefähr 10.000 Jahre zurück. Archäologische Funde gab es in einem Gebiet, das Fruchtbarer Halbmond genannt wird. In dieser Region liegen heute die Türkei, Syrien, der Irak und Iran. Die Einlagerung des Korns zog Mäuse an, die wiederum eine schmackhafte und leichte Beute für Katzen darstellten.
Auf diese zunehmend enge Verbindung zwischen Mensch und Katze deutet eine Grabstelle auf Zypern hin, die 2004 bei archäologischen Ausgrabungen entdeckt wurde. Das Skelett eines Menschen und einer Katze lagen im Abstand von 40 Zentimeter zueinander, laut dem Leiter der Ausgrabung, Professor Jean-Denis Vigne, Beweis für eine enge Beziehung zu Lebzeiten. Mensch und Katze lagen eingebettet in polierten Steinen, Werkzeug und Muscheln, Zeichen für einen hohen sozialen Status. Das Begräbnis fand laut wissenschaftlicher Datierung vor ungefähr 9.500 - 9.200 Jahren statt.
Bisher kamen genetische Untersuchungen heutiger Katzen zu dem Ergebnis, dass alle Hauskatzen auf die Falbkatze (Felis silvestris lybica) stammen, eine Unterart der Wildkatzen, die in Nordafrika und Südwestasien vorkommen.
Um den Ursprung der Domestikation der Hauskatze zu entschlüsseln, hat ein internationales Forscherteam zum ersten Mal genetische Analysen von Katzenfunden aus archäologischen Ausgrabungen aus Europa, Afrika und Südwestasien und historischen Sammlungen, zu denen ägyptische Katzenmumien gehörten, durchleuchtet und verglichen. Die ältesten Proben waren dabei circa 9.000 Jahre alt, die jüngsten stammten aus dem 19. Jahrhundert.
Die Genanalysen zeigten, dass Katzen sowohl aus dem Nahen Osten als auch aus Ägypten zu den Vorfahren heutiger Hauskatzen gehören (https://www.nature.com/articles/s41559-017-0139, 2017).
Die Wissenschaft geht davon aus, dass die Vorfahren der heutigen Katzen bereits 4.400 v. Chr. aus dem Gebiet der heutigen Türkei nach Südeuropa gelangten. Eine zweite genetische Linie kam circa 1.000 ante Christum aus Ägypten hinzu. Über die Handelsrouten im Mittelmeerraum gelangten die Katzen letztendlich nach Mittel- und Nordeuropa.
Vermutlich hielten sie sich vor 8.000 Jahren in der Nähe von landwirtschaftlichen Gemeinschaften auf. Der Getreideanbau zog Unmengen an Mäusen oder auch Ratten an, die dann leichte Beute darstellten. Durch ihr selbstständiges und nützliches Wesen waren Katzen ein gern gesehener Gast. So entstand vermutlich der erste Kontakt zwischen Menschen und Katzen. „Es ist also nicht so, dass Menschen ein paar Katzen geschnappt und sie in Käfige gesteckt hätten“, erklärt der Co-Autor der Studie, Dr. Claudio Ottoni. Die Menschen ließen es mehr oder weniger zu, dass die Katzen sich selbst domestizierten.
Im Ägypten der Spätzeit wurden Katzen im ganzen Land verehrt und galten als heilig. Es gab Katzenpriester, die sich um die speziellen Bedürfnisse der Tiere sorgten. Das Töten einer Katze war ein schweres Verbrechen. Für verletzte Tiere gab es Heilungszauber und starb eine Katze, trauerten die Bewohner des Hauses.
In Europa schätzte man die Samtpfoten noch im frühen Mittelalter als Beschützer des Hauses, sie galten als Glücksbringer. Der Wagen der germanischen Göttin Freya soll von zwei Katzen gezogen worden sein.
Im Hoch- und Spätmittelalter wurden Katzen durch die Kirche mehr und mehr dämonisiert, um alle Reste eines heidnischen Glaubens zu eliminieren. Vom 13. Jahrhundert bis zur Reformation wird die Katze zum Symbol Satans, der Menschen, vorzugsweise Frauen, in Form von Katzen (besonders schwarzen) heimsuchte.
Am Tag des Heiligen Johannes (24. Juni) wurden schwarze Katzen als “Teufelswesen” lebendig verbrannt, die allerdings komplett schwarz sein mussten. Nur dann galten sie als echte Teufel. Schwarze Tiere mit weißen Stellen wurden verschont und vererbten ihre Färbung. Aus diesem Grund finden sich heutzutage äußerst selten Katzen mit komplett schwarzem Fell, meistens gibt es irgendwo eine winzige weiße Stelle.
Schwarze Katzen werden übrigens bis heute hierzulande immer noch schlechter vermittelt als andersfarbige Samtpfoten. Sie galten lange Zeit als Unglücksboten. In England gilt die Katze seit Charles I. als Glücksbringer: Er klagte 1649 über den Tod seiner schwarzen Katze, dass ihn sein Glück verlassen hat. Prompt wurde er einen Tag später wegen Hochverrats angeklagt und später hingerichtet.
Trotz der kirchlichen Verurteilung und Verfolgung schätze man die Katze trotzdem unter anderem weiterhin als Maus- und Rattenfängerin.
Das negative Image der Katzen wandelte sich ab der Renaissance: Zusammen mit Frauen galten sie als Symbole der Schönheit und Anmut. Mehr und mehr wurden sie als Heimtiere gehalten, zu denen intensive Bindungen aufgebaut werden konnten.
Laut Studie gab es kaum Unterschiede in der DNA der wilden und der domestizierten Katzen. Eins der wenigen Unterschiede war die Tabby-Fellzeichnung, die im Mittelalter aufzutreten begann. Im 18. Jahrhundert war diese charakteristische Zeichnung so weit verbreitet, dass sie mit domestizierten Katzen assoziiert wurde. Im 19. Jahrhundert wurden die Tiere schließlich nach bestimmten Eigenschaften ausgewählt und gezielt gezüchtet. Die erste Katzenausstellung der Welt fand 1871 im Crystal Palace in London statt.
Laut der Evolutionsgenetikerin und Co-Autorin der Studie, Eva-Maria Geigl, haben sich Katzen während der Domestikation kaum verändert. Sie sehen ihren wilden Verwandten ähnlich, sind allerdings nicht so einzelgängerisch, sondern tolerieren Menschen und andere Katzen. Im Vergleich zum Selektionsprozess bei Hunden, die wegen bestimmter Aufgaben gezüchtet wurden, waren die Samtpfoten keiner solchen Auswahl ausgesetzt, “Sie waren perfekt so, wie sie waren.” sagt Geigl.
Autor: Heike Grotegut
Thema: Von wem stammt die Hauskatze ab?
Webseite: https://www.tiercouch.de
Bücher:
Heike Grotegut - Katze allein zu Haus
ISBN 978-3-8186-0650-3
Ulmer Verlag
Heike Grotegut - Alles für die Katz!
ISBN 978-3-8001-0303-4
Ulmer Verlag