Azubis und Dualis Online ausbilden – mit diesen Risiken und Nebenwirkungen müssen Sie rechnen

Von: Sarah Hirschmann, Werksstudentin bei AUXELYA, einem Gesamtanbieter für das betriebliche Gesundheitsmanagement

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Erfahrungen, Tipps und Tricks aus erster Hand

Niklas ist siebzehn Jahre alt und hat sich dazu entschlossen, nach seinem erfolgreich absolvierten Realschulabschluss, eine Lehre als Industriekaufmann bei einem mittelständischen Unternehmen zu beginnen. An seinem ersten Arbeitstag wird er durch die Firmengebäude geführt und lernt seine Kollegen kennen. Doch bereits ab der zweiten Woche arbeitet er überwiegend im Homeoffice und muss nur gelegentlich in Präsenz im Büro sein. Den Großteil seiner Ausbildungsinhalte bekommt er online via Microsoft Teams übermittelt.

Klingt komisch? Die oben beschriebene Situation von Niklas ist mittlerweile aber gar nicht mehr so ungewöhnlich. Ob man es glauben möchte oder nicht: Hybrides Arbeiten ist das New Normal in unserer Arbeitswelt und das auch schon während der Ausbildung.

Die Tatsache, dass der Anteil an im Homeoffice arbeitenden Mitarbeitenden seit 2020 extrem zugenommen hat und welche Auswirkungen das auf Führung, Motivation und Kommunikation hat, wurde bereits in zahlreichen Artikeln thematisiert. Doch hat jemals jemand die Arbeitskräfte von morgen, alle Auszubildenden und (Dualen) Studierenden, betrachtet?

Diese blicken auf keine langjährige Berufserfahrung zurück. Sie stehen ganz am Anfang und wissen selbst noch nicht genau, was sie benötigen, um eine gute Arbeit leisten zu können und wie sie sich dabei idealerweise strukturieren und motivieren sollten. Das heißt neben dem Aneignen neuer Arbeitsinhalte sind sie parallel damit beschäftigt das Arbeiten an sich zu erlernen. Im digitalen Kontext fehlt in diesem Zusammenhang das „an-die-Hand-nehmen“, es fehlt der persönliche Kontakt zu möglichen Vorbildern, an dienen sie sich orientieren können und es fehlt der Austausch mit Gleichgesinnten. In der traditionellen „Präsenz-Arbeitswelt“ geschehen diese Dinge nahezu zufällig und nebenbei, auf dem Flur, beim gemeinsamen Kaffee trinken und bei dem bewährten Blick über die Schulter. In einem digitalen Kontext müssen diese zufälligen zwischenmenschlichen Begegnungen bewusst inszeniert werden. Sich diese Zeit einzuräumen ist langfristig eine essenziell wichtige Investition in die Fachkräfte von morgen. Dadurch wird ihnen nicht nur das Ankommen erleichtert und ihre persönliche Weiterentwicklung und Motivation gefördert, sondern auch ein gesundes und strukturiertes Arbeiten vorgelebt. Auf lange Sicht zahlt sich dies auf die Mitarbeitendenbindung aus. Ein in Zeiten des Fachkräftemangels wichtiger Aspekt!

Online-Ausbilden: So funktioniert‘s?

Die „Vier Stufen Methode“ ist ein gern genutztes Tool, um neuen Mitarbeitenden Inhalte näher zu bringen. Ich selbst bin diesem Modell begegnet, als ich im Rahmen meines Studiums „die Ausbildung für Ausbilder“ absolvierte.

Die erste Stufe des Modells beschäftigt sich mit der Vorbereitung der zu überbringenden Lerninhalte. Hierbei ist sowohl die Vorbereitung des Lernstoffs als auch die Vorbereitung des Auszubildenden an sich zu verstehen. Im zweiten Schritt wird der Lerninhalt vorgeführt, sodass der Auszubildende diese dann im dritten Schritt nachmachen und selbst ausführen kann. Im letzten Abschnitt wird überprüft, ob die Inhalte richtig beigebracht wurden und es wird weiter geübt. Doch wie genau sollten diese Schritte nun Online ablaufen?

Natürlich hat auch Corona in diesen Teilen des Lebens seine Spuren hinterlassen. Für Schüler*innen und Studierende ist es nichts neues, online zu lernen. Die hierfür technischen Voraussetzungen sind in den meisten Fällen nicht das Problem. Meiner Meinung nach liegt die Herausforderung hierbei also eher im Betrieb selbst. Bereits im ersten Schritt ist einiges zu beachten. Alles, was man dem Auszubildenden im persönlichen Kontakt zeigen würde, muss so aufbereitet werden, dass man es online präsentieren kann. Hierbei sollte klar sein, dass eine Verwendung der Kamera (für beide Gesprächspartner) eine Grundvoraussetzung ist. Zum einen können Gegenstände gezeigt werden, und zum anderen ist es wichtig, das Gesicht „des Schülers/der Schülerin“ zu sehen, um die Emotionen und Ausdrücke zu analysieren. Auch der Schritt zwei „zeigen“ muss gut durchdacht werden. Die meisten Tools bieten mittlerweile die Möglichkeit, den eigenen Bildschirm zu teilen, so kann der Auszubildende einfach den Arbeitsabläufen des Ausbilders folgen. Stufe drei, das eigene Ausführen des Lernenden ist schwieriger nachzuvollziehen. In einer Präsenzausbildung ist es möglich, sich einfach eine Zeit lang nebendran zu stellen und zuzusehen. In der Onlineausbildung ist dies wiederum nur durch eine Bildschirmteilung möglich. Egal um welchen Schritt es sich handelt sollte stehts darauf geachtet werden, dass der Auszubildende sich nicht allein gelassen fühlt und immer das Gefühl hat, sich an jemanden wenden zu können. Hat der Azubi oder Duali eine konkrete Frage zu einem Thema sollten jederzeit die Türen beziehungsweise Telefonleitungen offen sein. Der persönliche Kontakt geht in diesem Ausbildungsformat logischerweise ein wenig unter.

Und wie integriere ich einen Online-Azubi in das Team?

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Eine weitere Herausforderung ist es, das neue Teammitglied gut in das Unternehmen und die künftige Abteilung zu integrieren. Grundsätzlich sollte auch hier der Ausbilder tätig werden und den Auszubildenden oder den Dualen Studierenden im Team vorstellen. Klingt vielleicht banal, aber auch das ist nicht immer überall selbstverständlich. Für das bessere Kennenlernen empfehlen sich konkrete Teamtage, an denen alle Mitglieder ins Büro kommen um zu networken. Natürlich gibt es auch Unternehmen, in denen das nicht möglich ist. Der Auszubildende kann sich hier einfach mit jedem einzelnen einen kleinen Kennenlerntermin einstellen. Notizen und vorbereitete Fragen können hierbei helfen, alles im Kopf zu behalten. Aber keine Eile: Die Termine sollten, je nach Teamgröße, auf mehrere Wochen aufgeteilt werden, um nicht zu viel Input auf einmal zu haben. Um eine gute Teamstruktur aufzubauen, sollten regelmäßige Absprachen stattfinden, beispielsweise in Form eines Daily-Meetings. Hier können sämtliche anfallende Themen einfach an- und besprochen werden.

Chancen und Risiken

Wie bereits erwähnt, bietet diese Art der Ausbildung einige Chancen sowohl für den Betrieb als auch für den neuen Mitarbeitenden. Beispielsweise gilt hier wohl als größter Vorteil die Work-Life-Balance. Durch das Arbeiten von zuhause aus ergibt sich eine erhebliche Zeitersparnis (z.B. kein Arbeitsweg). Für den Betrieb können teilweise Mietkosten für größere Büroräume entfallen, wenn mehrere Mitarbeitende im Homeoffice oder Mobileoffice arbeiten.

Gleichzeitig kann es schwerfallen nach der Arbeit abzuschalten und die Arbeit hinter sich zu lassen. Die Bereiche des Privaten und Beruflichen vermischen sich leichter. Die Gefahr einer sogenannten Entgrenzung und einer damit einhergehenden Gefahr der Selbstausbeutung ist gerade für Berufseinsteiger am größten. Es sollte nicht vergessen werden, dass viele Auszubildende und Dual Studierende noch über kein eigenes Bürozimmer verfügen, sondern häufig noch aus ihrem „Kinderzimmer“ ihres Elternhauses heraus arbeiten. Für die Arbeit im Homeoffice ist ein höheres Maß an Selbstdisziplin und Selbstmotivation nötig, um konzentriert bei der Arbeit zu bleiben. Gleichzeitig ist die Vereinsamung als wohl größtes Risiko hierbei anzusehen. Gerade in einer sensiblen Zeit wie der Ausbildung, kann schnell das Gefühl entstehen im Stich gelassen zu werden.

Fazit

Abschließend ist zu sagen, dass eine Ausbildung im Sinne von „New Work“ im digitalen Rahmen anspruchsvoll ist aber nicht unmöglich. Dieser Prozess bedarf einiges an Vorbereitung und auch Geduld. Ich selbst habe große Teile meines Studiums im Homeschooling verbracht und arbeite in einem modernen Unternehmen, das nahezu ausschließlich remote arbeitet. Homeoffice und Homeschooling sind daher nichts Neues für mich. Dennoch muss ich sagen, dass es hin und wieder doch ganz angenehm ist, den Kommilitonen und Kollegen in Präsenz zu begegnen. Gleichzeitig genieße ich aber auch sehr die ruhe, die ich im Homeoffice habe um ganz ungestört Arbeiten zu können.

Auch im Gespräch mit einem anderen Dualen Studenten wurde deutlich, dass dieser ähnlich über die aktuelle Situation denkt wie ich: Eine Onlineausbildung ist möglich und für manche, stupide Arbeiten sogar ressourcenschonender als eine Präsenzausbildung. Anspruchsvolle Aufgaben fallen ihm allerdings leichter, wenn sie face-to-face angeleitet werden.

Beide sind wir uns einig, dass Gen Z erhebliche Vorteile durch die digitalen Arbeitsmodelle und die damit einhergehende Flexibilität hat: Durch die Einschränkungen während der Pandemie und die dadurch entstandenen kreativen Lösungen wurden wir bestens auf das digitale Arbeitsleben im Sinne der „New Work“ vorbereitet.

Homeoffice ist jedoch nicht für jeden Mitarbeitenden geeignet, egal ob Berufsstarter oder alter Hase. Viele brauchen den Kontakt und den Austausch zu anderen Menschen, um Arbeitsaufträge im wahrsten Sinne des Wortes „begreifen“ zu können und um die eigene Arbeit und die eigene Rolle im Unternehmen reflektieren zu können. Zudem entsteht bei all der Arbeit allein in den eigenen vier Wänden schnell das Gefühl von Einsamkeit. Auch Punkte wie Selbstmotivation und Disziplin sind hier stark prägende Eigenschaften.

Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann sollte beides möglich sein. Es sollte die Möglichkeit geben, individuell nach Persönlichkeit und zu erledigende / zu erlernende Aufgabe auf die Bedürfnisse der jeweiligen Person einzugehen und das passende Lern- und Arbeitsformat flexibel wählen zu können.

Autor: Sarah Hirschmann, Werksstudentin bei AUXELYA
Thema: Azubis und Dualis Online ausbilden
Webseite: https://auxelya.de

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