Gerade hat ein neues Jahr begonnen. Die Zeit für die alljährlichen „guten Vorsätze“. Wenn Sie sich für diesen Artikel interessieren, lautet einer Ihrer guten Vorsätze vielleicht: „Dieses Jahr will/werde ich mich endlich beruflich selbstverwirklichen.“
Was bedeutet berufliche Selbstverwirklichung?
Als ich nach „beruflicher Selbstverwirklichung“ gegoogelt habe, war ich erstaunt, überwiegend auf Artikel zu stoßen, die sich mit veränderten Zielsetzungen im Verlauf einer (vermutlich akademischen) Karriere beschäftigen. Demzufolge streben die Arbeitnehmer mittleren Alters nicht mehr vorwiegend nach Erfolg, welcher in diesen Artikeln meist mit Geld gleichgesetzt wird, sondern nach immer neuen Herausforderungen bei zugleich mehr Handlungs- und Entscheidungsspielraum. Das mag eine Definition des Begriffs sein, jedoch machen wahrscheinlich nur die wenigsten Menschen in unserem Land eine „Karriere“ in diesem Sinne. Und berufliche Selbstverwirklichung sollte doch für jeden möglich sein.
Meine persönliche Vorstellung von beruflicher Selbstverwirklichung hat mit der genannten Definition eher wenig zu tun. Ich gehe mehr von dem Begriff der Selbstverwirklichung aus, welcher laut Wikipedia als „möglichst weitgehende Realisierung der eigenen Ziele, Sehnsüchte und Wünsche mit dem übergeordneten Ziel, ‘das eigene Wesen völlig zur Entfaltung zu bringen’ (Oscar Wilde) sowie – damit verbunden – die möglichst umfassende Ausschöpfung der individuell gegebenen Möglichkeiten und Begabungen (Talente)“ umschrieben wird.
Job oder Beruf?
Im beruflichen Zusammenhang sollten wir uns deshalb meiner Meinung nach zunächst von dem Begriff „Job“ verabschieden und uns wieder dem Begriff „Beruf“ zuwenden. Letzterer hat etwas mit Berufung zu tun und drückt damit zugleich aus, dass wir beruflich einer Sache nachgehen, für welche wir eben unsere Möglichkeiten und Begabungen einsetzen, für die wir vielleicht sogar brennen und somit eventuell auch unsere Sehnsüchte und Wünsche befriedigen können, uns also folglich selbstverwirklichen. Wenn wir Wertschätzung aus unserem Beruf ziehen wollen, sollten wir ihn auch als Beruf, also unsere Berufung, bezeichnen und ihm damit ebenfalls Wertschätzung entgegenbringen.
Berufliche Selbstverwirklichung nur durch Selbstständigkeit?
Die Antwort darauf ist ein entschiedenes „Nein“. Nicht jeder von uns kann oder will sich selbstständig machen. In der Selbstständigkeit allein liegt nicht unbedingt die Glückseligkeit. Sie sollten sich vorwiegend klar darüber werden, was Sie in Ihrer beruflichen Zukunft auf gar keinen Fall mehr wollen. Daraus ergibt sich dann zwangsläufig die Frage: „Was möchten Sie stattdessen?“ Vielleicht lässt sich dieses „Stattdessen“ in Ihrem angestammten Beruf umsetzen? Vielleicht könnten Sie in eine andere Abteilung wechseln, in welcher Sie Aufgaben nachgehen, welche Ihren Wünschen und Zielen mehr entsprechen als die bisherigen? Wo bietet Ihr angestammter Beruf vielleicht die Möglichkeit zu einer befriedigenden Veränderung? Welche Kompetenzen benötigen Sie dafür? Welche Fähigkeiten bringen Sie dafür mit? Wie lässt sich diese Veränderung herbeiführen? Halten Sie Ihre Augen offen und seien Sie neugierig. Wenn Ihnen selber die Ideen ausgehen, kann Ihnen ein Coach zu neuen Perspektiven verhelfen. Hier eignet sich vor allem das HypnoCoaching, denn in Hypnose schaltet sich unser kritischer Faktor nicht ständig dazwischen, um uns einzureden „Das geht nicht!“, „Das kannst du nicht!“ etc.
Vielleicht gehören Sie jedoch zu den Menschen, die es gerade reizt, noch einmal etwas ganz Neues auszuprobieren? Die seit Langem eine Idee in sich tragen, für welche sie brennen und die sie in Selbstständigkeit verwirklichen möchten. Dann ermutige ich Sie dazu, es zu tun. Nicht blind und blauäugig vor Enthusiasmus, sondern unterstützt von reiflichen Überlegungen. Delegieren Sie Aufgaben an Experten, die in einzelnen Fragen mehr Erfahrung haben als Sie. Sie sind der Experte, für das, was Sie beruflich umsetzen möchten. Was alles andere anbelangt, sprechen Sie mit Menschen, die sich bereits selbstständig gemacht haben, mit Steuerberatern, gehen Sie auf Ämter, erkundigen Sie sich über die Finanzierung usw., damit Ihr Vorhaben gelingen kann. Gönnen Sie sich jede Art von Unterstützung, die Sie bekommen können. Vielleicht haben Sie auch die Möglichkeit der Teilzeitarbeit in Ihrem angestammten Beruf und bauen sich parallel dazu Ihre Selbstständigkeit auf? Es stehen viele Wege offen, Sie müssen sie nur beschreiten. Loten Sie alles aus, achten Sie dabei darauf, was Ihr Herz bzw. Ihr Bauchgefühl Ihnen sagt, und hören Sie vor allem darauf.
Berufliche Selbstverwirklichung – Warum?
Aus meiner Sicht, weil alles andere Sie auf Dauer krank machen wird. Die Frage nach beruflicher Selbstverwirklichung tritt in der Regel nicht auf, wenn wir noch sehr jung sind. Im Grunde sind wir noch viel zu jung, um über diese Frage nachzudenken, wenn wir einen Beruf erwählen (müssen). Wir kennen uns und unsere Fähigkeiten noch gar nicht so genau. Zudem stehen zu dieser Zeit vielleicht auch noch andere drängende Lebensfragen im Vordergrund, wie beispielsweise die nach einer liebenden Partnerschaft. Des Weiteren sind die ersten zehn bis 20 Berufsjahre eher vom Bedürfnis nach Sicherheit geprägt. Kein Wunder, überschneiden sie sich doch meist mit der Zeit der Familiengründung, des Hausbaus usw.
Die Frage nach der beruflichen Zufriedenheit und Selbstverwirklichung stellt sich in der Regel erst später. Vermutlich haben auch Sie schon ein Alter zwischen 40 und 50 erreicht. Die Familienplanung ist abgeschlossen, die Kinder gehen bald aus dem Haus oder sind es bereits, das Haus oder die Wohnung ist (weitgehend) abbezahlt, ein gewisser Grundstock ist gelegt. Wir besinnen uns wieder mehr auf uns selber und blicken in die Zukunft, auf das, was da noch kommen wird. Und manch einer stellt sich nun die Frage: „Soll das schon alles gewesen sein?“ Gerade in beruflicher Hinsicht wollen wir nicht weiter in ausgelatschten Schuhen dahinschlappen. Wir suchen nach Befriedigung, nach Sinn, in dem, was wir tun. Es soll Freude bereiten, von Wert für andere sein und selbstverständlich wollen wir Anerkennung und Wertschätzung für das erfahren, was wir tun. Immerhin verbringen wir im Beruf die überwiegende Zeit unseres Tages und auch einen Großteil unseres Lebens. Wenn die Zeit auf unserer Lebensuhr schon zu einem gewissen Teil abgelaufen ist, beginnen wir uns Fragen zu stellen, wie: „Wie lange soll das noch so weitergehen?“, „Kann ich irgendwann zurückblicken und sagen: Ich habe ein gutes, zufriedenes Leben geführt?“, „Wo bleibt die Freude in meinem (Berufs)Leben?“ oder „Wofür brenne ich noch?“ Zugleich verspüren wir vielleicht eine nagende Unzufriedenheit.
Mir ging es vor Jahren ähnlich, weil ich mich in einem Teil meines Berufes, der mich einst glücklich gemacht hatte, nicht mehr gefordert fühlte und meine Arbeit nicht wertgeschätzt wurde. Höchste Zeit umzudenken! Hätte ich das nicht getan, wäre ich vermutlich sehenden Auges in einen Burnout hineingeschlittert. Mir kamen damals „Zufälle“ zu Hilfe, Menschen, die mich an Fähigkeiten erinnerten, die ich von jeher hatte, nämlich zuhören zu können und anderen beratend zur Seite zu stehen. Als mir das wieder bewusst wurde, habe ich mich kundig gemacht, wo ich diese Fähigkeiten einsetzen könnte, und stieß auf das Studium der Psychologischen Beratung. Vor dem Punkt, an dem ich heute stehe, lagen eine intensive, gründliche Ausbildung sowie zahlreiche Zusatzqualifikationen und Weiterbildungen. Doch aller Aufwand, auch der finanzielle hat sich gelohnt: Ich habe wieder Freude an meiner Tätigkeit und erfahre sehr viel Anerkennung und Wertschätzung vonseiten meiner Klienten.
In diesem Sinne möchte ich auch Sie ermutigen, Ihrer inneren Stimme zu folgen, es zu wagen, Ihren Blickwinkel zu verändern, einmal nach rechts und links, nach oben und unten zu schauen, sich auf Ihre Fähigkeiten und Qualitäten zu besinnen, insbesondere auch auf die, die seit Langem brach liegen. Erlauben Sie es sich gegebenenfalls auch um Hilfe zu bitten. Wir Coaches sind dafür ausgebildet. Seien Sie neugierig und geben Sie allen auch noch so absurden Gedanken die Möglichkeit, sich zu entfalten. Lassen Sie Ihre Zukunft vor Ihrem geistigen Auge entstehen, durchdenken Sie alles genau, wägen Sie alle Konsequenzen akribisch gegeneinander ab, und wenn Sie von allem überzeugt sind, dann ändern Sie Ihre Marschrichtung.
Seien Sie mutig!
Autor: Dr. rer. nat. Christina Grund
Thema: Berufliche Selbstverwirklichung
Webseite: http://www.dr-christina-grund.de