Was tun bei Verdacht auf psychische Erkrankung?

Die Frage, was bei einem Verdacht auf eine psychische Erkrankung zu tun ist, ist nicht so leicht zu beantworten.

psyche-illustration

Denn das Feld psychischer Erkrankungen ist sehr weit gespannt, von Suchterkrankungen, körperlich bedingten Störungen wie z.B. Demenz über die affektiven Störungen wie Depressionen, dann psychische Probleme, die sich körperlich als Störungen des Schlafs, des Essverhaltens oder der Libido äußern oder die vielen psychosomatischen Krankheiten. Darüber hinaus gibt es im Dschungel der Psychopathologie die Ängste, Phobien, Zwänge und noch so vieles mehr.

Die nächste Frage ist: Wer hat den Verdacht und wer hat die vermeintliche Störung?

Wenn Sie den Verdacht haben, jemand sei psychisch krank

Meine Frau benimmt sich unlogisch, sie muss intelligenzgemindert oder dement sein. Mein Mann trinkt so viel Alkohol, er ist sicher alkoholabhängig. Mein Chef spielt sich auf wie der liebe Gott, obwohl er von Tuten und Blasen keine Ahnung hat – er hat ganz klar eine narzisstische Persönlichkeitsstörung. Und der Kollege mit den dunklen Rändern unter den Augen hat sicherlich eine Schlafstörung oder übertreibt es mit dem Pornokonsum.

Aus diesen Beispielen wird vermutlich schon klar, dass besonders Diagnosen von psychischen Erkrankungen, oft leichtfertig von Laien geäußert werden. Außerdem werden diese Diagnosen nicht selten als Beschimpfung oder Abwertung von anderen Menschen missbraucht. Offensichtlich haftet diesen Krankheiten immer noch das Stigma von Schwäche, einem Mangel von Selbstdisziplin oder nicht ausreichender Intelligenz an.

Was man nicht tun sollte

Nicht Dr. Google befragen. Das ist keine besondere Neuigkeit: Wenn man nach Symptomen im Internet sucht, wird man alle möglichen Diagnosen finden. Und die könnten einen veranlassen, voreilige Schlüsse zu ziehen. Manche Menschen kommen nach einer Konsultation des Internets bereits mit Vorschlägen zur Behandlung an, ohne dass man sie gefragt hatte.

Keine (Fern-)Diagnose stellen. Es ergibt sich aus dem vorhergehenden Punkt von ganz allein, dass man als Nichtfachmann keine Diagnosen stellen sollte. Sogar Psychiater oder Psychotherapeuten, die sich in ihrem Bereich gut auskennen, brauchen viele Informationen und machen oft zusätzlich noch diverse Tests oder Untersuchungen, bevor Sie eine Verdachtsdiagnose stellen. Deshalb sollte man es unterlassen, voreilige Befunde zu verlautbaren, besonders wenn man ein Laie ist.

Nicht unsensibel sein. Besonders unter Menschen, die eine enge Beziehung haben, kommt es vor, dass man dem anderen sagt: „Du solltest endlich mal etwas gegen deine Depression / deine Trinkerei / deine Zwanghaftigkeit tun.“ Selbst wenn es fürsorglich gemeint ist, können solche Worte als Angriff aufgefasst werden. So könnte es sein, dass der andere nicht die womöglich berechtigte Sorge wahrnimmt, sondern nur versteht: „Du hast nicht alle Tassen im Schrank, geh in die Klapse.“

Was man tun kann (und sollte)

Selbst wenn Sie in Sorge sind oder sich über das Verhalten des anderen gerade ärgern, sollten sie nicht mit der Tür ins Haus fallen. Wählen Sie stattdessen eine gewaltfreie Sprache. Das bedeutet, dass Sie nicht das Gespräch damit eröffnen, dass mit dem anderen etwas nicht stimmt, oder dass er dieses oder jenes tun sollte, sondern mit einer einfachen Ich-Botschaft: „Ich mache mir ein wenig Sorgen um dich. Ich habe den Eindruck – und ich kann mich auch täuschen – dass du fast jeden Morgen schon um drei Uhr wach im Bett liegst. Sicherlich kann man etwas dagegen tun.“

In dem Zusammenhang würde ich nicht gleich von „professioneller Hilfe“ sprechen, sondern erst einmal die eigene Hilfe anbieten, z.B.: „Kann ich etwas für dich tun? Magst du darüber erzählen?“ Und dann einfach zuhören und nach eigenen Ideen des vermeintlich Betroffenen fragen, ob er das selbst ebenfalls als Problem ansieht und ob er sich erklären kann, woher es kommt.

Falls derjenige tatsächlich von Problemen berichtet, die ihn an einem glücklichen Leben hindern, fragen Sie ihn, ob er schon über mögliche Lösungen nachgedacht hat. Wenn ihm nichts einfällt, dann sagen Sie so etwas wie, dass es bestimmt irgendeine Beratungsstelle gibt, mit Leuten, die sich mit solchen Problemen auskennen. Also keine raschen Lösungsvorschläge machen. Besonders Männer neigen dazu, etwas vorschnell zu wissen, was getan werden kann (und sollte). Das führt aber eher zu Gegenwehr und Leugnung von Symptomen.

Es könnte aber auch sein, dass der andere die Sache, die Sie beobachten, gar nicht als Schwierigkeit ansieht. Ausschlaggebend ist immer das Erleben des (vermeintlichen) Patienten.

Die innere Haltung

Die beste Haltung gegenüber Menschen, von denen man befürchtet, sie könnten ein psychisches Problem haben, ist die folgende: Bleiben Sie bei sich und stülpen Sie dem anderen nichts über, nur weil Sie selbst eine bestimmte Überzeugung haben. Machen Sie sich bewusst, dass jeder seinen eigenen Weg geht und seine ganz eigenen Erfahrungen machen will und muss. Außerdem hängt der Erfolg einer Therapie entscheidend davon ab, ob der Patient die Therapie und damit eine Heilung selbst wirklich will. Man kann niemanden zu seinem Glück zwingen, wie es eine Redensart ausdrückt. Vertrauen Sie etwas auf die Klugheit des anderen. Wie Appius Claudius sagte: „Der Weise schafft sich sein Glück selbst.“ Leider schafft man sich auch sein Unglück selbst, wenn man nicht ganz so weise ist.

Wenn ich fürchte, ich könnte ein psychisches Problem haben

Als erstes vermeiden Sie es, ihre Symptome im Internet zu suchen und sich auf diesem Wege selbst zu diagnostizieren. Das Thema ist manchmal komplexer, als es auf den ersten Blick aussieht. Nichtsdestotrotz gibt es für verschiedenste psychische Störungen entsprechende Tests im Internet. Da muss jeder selbst entscheiden, wie seriös die Website ist. Zum Beispiel habe ich auf meiner Website einen Test für Angststörungen und einen für Depressionen.

Nehmen Sie die Aussagen von Selbsttests, die Sie im Internet oder in einer Zeitschrift machen, nicht allzu ernst. Das bedeutet, dass Sie das Ergebnis bestenfalls als eine Verdachtsdiagnose ansehen sollten. Falls sich aus einem solchen Test ergibt, dass eine Erkrankung vorliegt oder vorliegen könnte, suchen Sie einen erfahrenen Arzt oder Therapeuten auf. Es kann durchaus sein, dass erst noch medizinische Untersuchungen durchgeführt werden müssen, weil nicht wenige Symptome auch durch körperliche Dysbalancen ausgelöst werden können.

Zum Beispiel weiß man, dass eine Schilddrüsenüberfunktion ähnliche Gefühle wie eine Angstattacke herbeiführen kann. Und nicht selten wird eine Altersdepression mit Demenz verwechselt. Auch bislang nicht diagnostizierte Entzündungsprozesse im Körper können sich wie ein Burnout oder eine psychische Krise anfühlen. Schlafstörungen müssen nicht in jedem Fall ein Hinweis auf eine seelische Erkrankung sein, sie können häufig auch körperliche Ursachen haben und so weiter.

Manchmal weiß man es aber …

Es kommt aber auch vor, dass Betroffene eigentlich schon wissen – oder es „beinahe“ wissen, dass eine fachgerechte Behandlung notwendig wäre, sich aber scheuen, damit zu einem Arzt zu gehen. Schamgefühle sind besonders im Bereich psychischer Störungen häufig anzutreffen.

Wenn das bei Ihnen der Fall ist, dann machen Sie sich bitte bewusst, dass ein Arzt oder Therapeut schon so ziemlich alles gehört und gesehen hat, was es im Bereich der Psychopathologie gibt. Abhängigkeit von Medikamenten, Drogen oder Alkohol, Porno- oder Spielsucht, sexuelle Störungen, die nicht körperlich bedingt sind, und ähnliche psychische Erkrankungen gehen häufig mit der schamvollen Empfindung und innerer Abwehr einher. Auch wenn man es sich noch nicht so richtig eingestanden hat, weiß oft ein kleiner Persönlichkeitsanteil bereits, dass gerade etwas ziemlich schief läuft. Sie können dann warten, bis der Leidensdruck größer wird oder sich an einen Arzt oder Therapeuten wenden.

Sozialpsychiatrischer Dienst

Es ist immer auch eine gute Idee, sich an den „Sozialpsychiatrischen (oder psychosozialen) Dienst“ zu wenden, den es in jeder größeren Stadt gibt. Dies gilt für Betroffene wie für Angehörige. Dieser Dienst ist kostenlos und kann über das Gesundheitsamt in Ihrer Nähe gefunden werden.

Autor: Thomas Decker
Thema: Was tun bei Verdacht auf psychische Erkrankung?
Webseite: https://praxis-thomas-decker.de

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