Bin ich schön? Und vorallem: Muss ich das sein?

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[Kolumne] Ich selbst wuchs mit einer schlanken Mutter auf, die immer ein paar Kilo abnehmen wollte, mit einer Schwester, die stets ein Halstuch trug, weil sie ihren Hals zu lang fand und einer Tante, die ihre Haare über die Ohren kämmte, weil sie ihre Ohrmuschel nicht mochte. Und natürlich auch ich habe mit meiner Akne in der Jugend gekämpft, fand meinen Bauch zu dick oder mein Kinn zu klein. Freundinnen fanden sich zu dick, ihre Nase zu groß oder ihre Ohren zu abstehend. Kaum macht man den Fernseher an, sieht man die hübschesten Models und die angeblich besten Diäten. Man kann sich kaum davor retten. Und dann bekommt man das Gefühl, dass man ohnehin nur als junge und hübsche Frau den richtigen Job oder den passenden Mann bekommt. Das leben uns ja auch die Medien vor.

Doch wer von uns sieht schon so aus wie Kim Kardashian oder Heidi Klum? Wer wacht morgens auf und sieht aus wie ein Supermodel? Wer hat nie einen Pickel, nie ein Kilo zu viel und immer Zeit für ein zweistündiges Styling, bevor man das Haus verlässt? Doch wie sollen wir das unseren Kindern vermitteln? Selbst die meisten Erwachsenen definieren sich über ihr Äußeres und Leben vor, das ihnen Aussehen oft wichtiger als Schmerzen, Zeit oder leckeres Essen sind.

Wenn mir dann eine Achtjährige erzählt, dass sie keine Röcke im Sommer trägt und lieber schwitzt, weil sie ihre Oberschenkel zu dick findet, macht mir das Angst. Die 14-Jährige, die mir erzählt, dass das erste, was sie mit 18 machen lässt, eine Brustvergrößerung ist, lässt mich doch sehr zweifeln. Ist es nicht wichtiger, unseren Kindern zu erklären, dass sie sich über ihren Charakter zu einem wertvollen Menschen machen und nicht etwa dadurch, wie sie aussehen? Sollte nicht klar sein, dass ein schöner Körper vor allem in einem gesunden Körper lebt, dessen Seele auch zufrieden ist? Klar, gesunde Ernährung verringern Übergewicht und schlechte Haut, gewaschene Haare und eine Grundierung im Gesicht sowie den Typen angemessene Kleidung sind wichtig und entscheiden über den ersten Eindruck. Aber ich glaube kaum, dass eine etwas kleinere Nase, etwas größere Brüste oder anliegende Ohren über das Glück im künftigen Leben entscheiden. Bilden wir uns ein, den richtigen Partner oder Freunde eben nur mit dem richtigen Aussehen zu finden, sollten wir vielleicht besser darüber nachdenken, ob diese Menschen wirklich richtig für uns sind.

Aufgespritzte Lippen haben noch nie in der Uni geholfen, hochhackige Schuhe inklusive Schmerzen in den Fersen erhöhen weder die Lebenswahrscheinlichkeit noch sorgt die Fettabsaugung für glücklichere Kinder. Und genau das müssen wir vorleben. Ja, wir haben alle unsere Markel. Und die machen uns vielleicht auch gerade besonders. Deswegen bin ich nicht grundsätzlich gegen Schönheitsoperationen, eine Hakennase nach einem Unfall, extreme Segelohren oder andere offensichtlichen Makel, unter denen ein Mensch wirklich leidet, können heute zum Glück behoben werden. Wenn es dann aber um die zweite Brust-OP, das Nervengift in der Stirn oder womöglich in den Fersen, um länger Highheels tragen zu können, dann läuft etwas falsch. Dann sollte man vielleicht eher über sein eigenes Selbstbewusstsein und seine Wahrnehmung der Umwelt nachdenken. Ich erinnere mich an Zwillinge in meinem Unterricht, die eine gefiel mir irgendwie immer besser als die andere, obwohl sich beide absolut glichen. Doch die eine hatte einen leicht verschobenen Zahn, der sie irgendwie interessanter machte. Als sie nach den Sommerferien mit gerichteten Zähnen kam, musste ich mir tatsächlich verkneifen, wie schade ich das fand. Aber Schönheit liegt immer im Auge des Betrachters. Und wenn wir uns als Erwachsene entscheiden, einen Eingriff vornehmen zu lassen, dann ist das sicherlich unsere eigene Entscheidung. Unseren Kindern sollten wir aber unbedingt vorleben, dass sie sind wie sie sind und so gut sind. Das es reicht, wie sie sind und wer sie sind. Egal, wie andere aussehen oder was sie über sie sagen. Doch das ändert leider nichts daran, dass in Schulen häufig Mobbing herrscht und Kinder mit vermeintlichen Makeln darunter noch mehr leiden. Dann davon zu sprechen, dass Schönheit von innen kommt, wird die wenigsten Tränen trocknen. Ich versuche meine Schüler dann immer besonders zu stärken, indem ich ihnen schlagfertige Antworten beibringe. Lästerte früher jemand über meine Spange und nannte mich Drahtfresse, antwortete ich nur, ich habe dafür später wenigstens gerade Zähne. Schrie jemand hinterher, wie fett mein Hintern sei, erwiderte ich nur, man sitzt ganz gut darauf. Gerade wegen solcher Antworten lernten mich viele meiner Mitschüler besonders zu schätzen. Und das stärkte mein Selbstbewusstsein mehr, bereitete mich mehr auf die Zukunft vor, als jede Schönheitsbehandlung.

Wir sind Vorbilder, wir müssen Vorleben, dass andere Dinge wichtig sind. Aber vor allem dürfen wir unsere Kinder mit solchen Sorgen nicht allein lassen, dann entstehen häufig Selbsthass oder Magersucht. Vielleicht lässt sich gemeinsam eine neue Betrachtungsweise finden, schlagkräftige Antworten vorbereiten oder die richtige Pickelcreme oder gesündere Ernährung finden.

Autor: Anke Wachtendorf - Schülercoach, Lern- und Erziehungsberatung, Verlagsautorin
Thema: Bin ich schön? Und vorallem: Muss ich das sein?
Webseite: http://www.schuelercoaching-wachtendorf.de

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