Das kennen wir, jede Generation behauptet, ihre Kindheit sei schöner gewesen. Aber tatsächlich kann auch ich mich nicht davor schützen, über genau diesen Aspekt nachzudenken.

Ich arbeite seit sehr vielen Jahren mit Kindern und Jugendlichen zusammen, dabei entstehen oft enge Bindungen und man spricht auch über private Dinge.
2021 redete jeder Schüler mit mir über eine sehr bekannte südkoreanische Serie, in der sehr grausam der Überlebenskampf von knapp 450 Kandidaten in einem perfiden Spiel gezeigt werden. Ein Jahr später sprachen alle nur noch von dem kleinen Gothic-Mädchen aus der Vampirfamilie - egal ob jung oder alt, Mädchen oder Junge, alle mussten diese Serien schauen. Und auch ich habe sie geguckt. Als dann Staffel 2 von beiden Serien erschienen, musste ich natürlich auch dieser folgen, schließlich hatte ich mich schon lange darauf gefreut. Suchte man dann aber das Gespräch mit eben diesen begeisterten Schülern, hörte ich nur immer wieder: Ich habe eine Zusammenfassung auf Youtube oder Ausschnitte auf tiktok gesehen. Und ja, man kann auf Netflix Serien inzwischen in doppelter Geschwindigkeit schauen, warum auch immer.
Und dann erinnere ich mich an Serien, die zu meiner Jugend wirkliche Straßenfeger waren, lief eine neue Folge 'wetten, dass?' oder kamen Serien wie "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" auf, sprachen in der Schule am nächsten Tag alle darüber. Jeder hatte die komplette Folge von A bis Z gesehen, teilweise Werbung lächelnd hingenommen. Und dann freuten wir uns eben zwei Wochen lang, bis die nächste Folge kam. Und die schauten dann wieder alle.
Wenn ich eine Band sehr mochte, und ich mochte viele Bands sehr gerne, kaufte ich mir von meinem kompletten Taschengeld die neueste CD, ich lernte das Booklet auswendig und konnte jeden Song mitsingen. Heute höre ich nur noch, "Die ist auf meiner Fitness-Playlist, ich weiß nicht, wie die heißen."
Und ich ertappe mich, wie ich über den scheinbaren Verlust von Begeisterungsfähigkeit und Treue nachdenke. Ich selbst kenne noch heute jeden Songtitel und schaue Staffel 3 auch oft, obwohl sie lange nicht mehr so gut ist wie die erste. Aber ist das jetzt schlimm? Stört es mich, dass die so viel besprochene Gen-Z eben nur noch zwei Jahre in einem Unternehmen arbeitet, um dann eine neue Herausforderung zu suchen. Ist es ein Problem, dass meine heutigen Schüler vermutlich niemals eine silberne Hochzeit feiern werden, sondern lediglich ihr tinder-Profil pausieren?
Kann es mir egal sein, dass sie heute Hip Hop machen und morgen zum Karate gehen?
Vermutlich ja, da ich weder mein Geld mit Musik verdiene, noch Arbeitgeber bin oder einen Sportverein habe.
Übrigens, Plato sagte schon:
„Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität.“
Autor: Anke Wachtendorf - Schülercoach, Lern- und Erziehungsberatung, Verlagsautorin
Thema: Brave new world
Webseite: http://www.schuelercoaching-wachtendorf.de
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