Wenn ich heute von Lehrer spreche, werde ich komisch angeguckt. Es heißt nicht Lehrer, es heißt Lehrerinnen und Lehrer. Die eine Hälfte ist genervt, die andere setzt es pedantisch durch. Doch was ist jetzt das richtige? Gibt es einen Mittelweg? Und was spricht eigentlich dafür, dass viele auf das richtige Gendern bestehen?
Hätte in den 90ern jemand darauf bestanden, richtig zu gendern, wäre er sofort als Emanze verschrieen worden. In den 60ern mussten Frauen ihre Männer noch fragen, ob sie überhaupt arbeiten gehen durften, anfang des 20. Jahrhunderts das Wahlrecht für Frauen eine Utopie.
Klar, dass viele da nach einem Jahrhunderte dauernden Kampf endlich ihr Recht wollen: nicht mehr und nicht weniger als Männer sein.
Aber bringt es etwas, wenn wir uns die Zunge abbrechen, um ja niemanden zu diskriminieren, es aber noch immer keine Duschräume in Männerdomänen für Frauen gibt? Bringt es nicht mehr, wenn uns der Weg in Männerberufe geebnet wird und wir nicht mehr belächelt würden, wenn der Traumjob doch nun einmal Kfz-Mechatroniker ist? Mechatronikerin, Entschuldigung.
Bringt es nicht mehr, wenn wir unseren Töchtern früh beibringen, dass sie auch Astronautin oder Lkw-Fahrerin werden können, die vorgelegt bekommen, dass Mama die Reifen wechselt?
Ein Weltfrauentag, an dem Männer ihren Frauen Blumen schenken, um in der nächsten Woche doch wieder die dreckigen Socken auf den Boden zu werfen und mehr Gehalt für gleiche Arbeit zu bekommen?
Wo fängt Gleichberechtigung an? Und wo wird es Mann gegen Frau? Sind jetzt wir dran, 100 Jahre lang mehr Gehalt zu bekommen als Männer? Sollen sich nun die Frauen nach der Arbeit auf die Couch legen und dem Mann beim Abwaschen zuschauen? Und wie machen wir das mit dem Kinderkriegen? Das ist natürlich Unsinn und zum Glück sieht das heute nicht mehr in jeder Beziehung so aus. Der Haushalt wird selbstverständlich aufgeteilt, der frischgebackene Vater geht ein halbes Jahr in Erziehungsurlaub und den tropfenden Wasserhahn repariert die Frau. Gleichberechtigung fängt mit Sicherheit nicht bei einer Endung von Berufen an und hört hoffentlich nicht bei Blumen an einem Tag auf.
Autor: Anke Wachtendorf - Schülercoach, Lern- und Erziehungsberatung, Verlagsautorin
Thema: Gendern - Gleichberechtigung
Webseite: http://www.schuelercoaching-wachtendorf.de