Stress ist ein allgegenwärtiger Begleiter im modernen Leben, doch was genau geschieht dabei in unserem Körper?
Diese Frage ist nicht nur von akademischem Interesse, sondern kann auch dabei helfen, besser mit Stress umzugehen.
Was passiert bei Stress in meinem Körper?
Stellen Sie sich vor, Sie stehen plötzlich einem wütenden Hund gegenüber. Ihr Herzschlag beschleunigt sich, die Muskeln spannen sich an, die Atmung wird schneller – Ihr Körper ist im Alarmzustand. Dies ist eine natürliche Reaktion, die als „Kampf-oder-Flucht“-Reaktion bekannt ist und durch das autonome Nervensystem gesteuert wird. Dieses System, das in stressigen Situationen aktiviert wird, bereitet den Körper darauf vor, schnell zu reagieren – entweder um zu kämpfen oder um zu fliehen. Heute lösen ganz andere Situationen diese Reaktion aus, doch unser Körper reagiert immer noch so, als stünden wir einer lebensbedrohlichen Gefahr gegenüber.
Die Hormone des Stresses: Unser körpereigenes Alarmsystem
Im Zentrum unserer Stressreaktion stehen drei wichtige Hormone: Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol. Diese biochemischen Botenstoffe orchestrieren ein komplexes Zusammenspiel in unserem Körper, das uns für Herausforderungen wappnet.
Adrenalin und Noradrenalin sind die Schnellstarter. Stellen Sie sich vor, Sie stehen im Stau und drohen, einen wichtigen Termin zu verpassen. Plötzlich spüren Sie, wie Ihr Herz zu rasen beginnt und Sie sich angespannt, aber hellwach fühlen. Das ist das Werk von Adrenalin und Noradrenalin. Adrenalin erhöht Ihre Herzfrequenz, pumpt mehr Blut zu den Muskeln und wichtigen Organen, erweitert die Bronchien und schärft Ihre Aufmerksamkeit. Noradrenalin unterstützt diesen Prozess, indem es den Blutdruck erhöht und die Durchblutung der Muskeln verbessert.
Cortisol, oft als das eigentliche "Stresshormon" bezeichnet, tritt etwas später auf den Plan, wirkt dafür aber länger. Es mobilisiert Energiereserven, indem es Zucker in Form von Glukose freisetzt. Gleichzeitig drosselt es Funktionen, die in einer akuten Stresssituation weniger wichtig sind, wie die Verdauung oder das Immunsystem. Ein typisches Beispiel aus dem Alltag: Sie haben eine wichtige Präsentation vor Ihrem Chef und Kollegen. In den Minuten davor spüren Sie, wie Ihr Herz schneller schlägt und Ihre Sinne geschärft sind - das sind Adrenalin und Noradrenalin in Aktion. Während der Präsentation selbst hilft Ihnen dann das Cortisol, fokussiert zu bleiben und Energie für die gesamte Dauer bereitzustellen.
Diese Stressreaktion ist kurzfristig äußerst nützlich. Sie versetzt uns in die Lage, Herausforderungen zu meistern und in kritischen Situationen Höchstleistungen zu erbringen. Problematisch wird es erst, wenn der Stress chronisch wird und unser Körper ständig in diesem Alarmzustand verbleibt. Dann kann aus dem hilfreichen Mechanismus eine Belastung für Körper und Geist werden.
Kurzzeitiger versus langfristiger Stress
Kurzfristig kann diese Reaktion lebensrettend sein. Sie ermöglicht es uns, schnell und effektiv auf Bedrohungen zu reagieren. Probleme entstehen jedoch, wenn dieser Zustand über längere Zeit anhält. Stellen Sie sich vor, Ihr Körper bleibt dauerhaft in diesem Alarmzustand, auch wenn keine reale Gefahr besteht. Dies passiert oft im modernen Arbeitsalltag, wo Termindruck und ständige Erreichbarkeit den gleichen Alarm im Körper auslösen wie eine physische Bedrohung.
Langfristiger Stress führt dazu, dass der Körper ständig Cortisol ausschüttet. Dies kann zu einer Vielzahl von gesundheitlichen Problemen führen, darunter:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Durch die ständig erhöhte Herzfrequenz und den erhöhten Blutdruck wird das Herz übermäßig belastet.
- Gewichtszunahme: Cortisol kann auch den Appetit steigern, was oft zu übermäßigem Essen und Gewichtszunahme führt.
- Schlafprobleme: Die ständige Alarmbereitschaft kann es schwierig machen, zu entspannen und einzuschlafen.
- Verdauungsprobleme: Da das Verdauungssystem während des Stresszustands unterdrückt wird, können langfristig Probleme wie Magengeschwüre entstehen.
- Geschwächtes Immunsystem: Langfristig unterdrückt Cortisol die Immunfunktion, was Sie anfälliger für Infektionen macht.
Persönliche Beispiele und Klientenberichte
In meiner Praxis für Psychotherapie und Ernährung berichten Klienten immer wieder von ähnlichen Erfahrungen. Viele von ihnen erkennen sich in den beschriebenen Stresssymptomen wieder – sei es in Form von ständiger Müdigkeit, Schwierigkeiten beim Abschalten nach der Arbeit oder einem unkontrollierten Essverhalten unter Stress. Ein häufiges Beispiel ist eine Klientin, die durch den hohen Druck in ihrem Job regelmäßig unter Schlafproblemen leidet und Schwierigkeiten hat, sich zu entspannen. Durch gezielte Stressbewältigungstechniken, wie Atemübungen und Achtsamkeitstraining, sowie eine angepasste Ernährung, konnte sie lernen, besser mit ihrem Stress umzugehen und die Symptome zu lindern.
Ein anderer Klient konnte durch eine Kombination aus psychologischer Beratung und Ernährungsanpassungen erfolgreich Gewicht reduzieren und sein Stressniveau senken. Die Integration von regelmäßigen Pausen, Entspannungsübungen und einer ausgewogenen Ernährung erwies sich als besonders wirksam. Diese Methoden haben sich als erfolgreich erwiesen, um die Stresshormone zu regulieren und das Wohlbefinden zu verbessern.
Fazit
Wenn Sie die oben beschriebenen Symptome bei sich feststellen, ist es vielleicht an der Zeit, über Ihren Umgang mit Stress nachzudenken. Der Schlüssel liegt oft nicht darin, Stress vollständig zu vermeiden, was ohnehin kaum möglich ist, sondern darin, effektiv damit umzugehen und Ausgleich zu schaffen. Indem wir lernen, unsere Stressreaktionen zu verstehen und zu managen, können wir nicht nur unsere Gesundheit verbessern, sondern auch unsere Lebensqualität insgesamt steigern. Auf meiner Homepage finden Sie weitere Informationen und Möglichkeiten, wie Sie durch individuelle Beratung und maßgeschneiderte Programme Ihre Stressbewältigung optimieren können.
Autor: Ursula Kapellen, Heilpraktikerin für Psychotherapie
Thema: Die Stressreaktion: Ein Überbleibsel unserer Evolution
Webseite: https://www.mim-kapellen.de