Ich bin immer wieder erstaunt, wie hart die Menschen zu sich sind.
Sie organisieren ihr Leben, ernähren sich, machen ihre Arbeit gewissenhaft und sind für andere da. Und doch haben sie selten ein positives Wort für sich selbst. Alles Positive, Richtige und Schöne was sie den ganzen Tag getan und erlebt haben, wird meistens einfach vergessen. Positives Denken scheint feht am Platz.
Doch sobald etwas Negatives passiert, wird sofort der innere Bewerter aktiviert. Wie ein dunkler Richter der nie zufrieden ist, fluchen und zetern wir über uns. Hauptsache ist, dass wir uns nie gut genug fühlen. Wie auch, wenn wir nur das Negative fokussieren?
Beliebte Sätze sind:
"Das ist ja mal wieder Typisch für mich"
"Ich kann nie was richtig machen"
"Wieso passiert so etwas immer mir?"
Und dann ärgern wir uns den lieben, langen Tag über uns selbst. Wir haben was zu erzählen im Bekanntenkreis, wie wieder im unpassendstem Moment das Auto stehen geblieben ist und das negative Erlebnis kreist und kreist, bis es irgendwann gehen darf.
Es ist bemerkenswert wie lange sich Menschen über "schlechtes" Wetter unterhalten können. Es scheint fast so als wären Gespräche über negative Dinge das Gesprächsthema Nummer Eins. Die Nachrichten geben uns genug Gesprächsstoff. Irgendwo ist immer eine Krise über die man sich empören kann.
Das Positive am Negativem
Warum also macht der Mensch das? Warum pauscht er die negativen Gedanken so auf, während positives Denken so klein gehalten werden?
Es geht um das Gefühl der Verbundenheit. Wir fühlen uns im Leid mit anderen verbunden. Gemeinsam können wir uns über die Politik, das Wetter und Fehlverhalten anderer aufregen.
Gleichzeitig gibt es uns ein leichtes Gefühl von Macht, als könnten wir das Wetter ändern wenn wir uns nur oft genug darüber aufregen. Und der Mensch ist gerne in der Richterposition, gerade Menschen die Angst vor Bewertung haben, bewerten gerne. Denn wer richtet, fühlt sich über jeden Tadel seinerseits erhaben.
Doch der Preis ist hoch
Denn es macht uns unausgeglichen. Es ist eine schlechte Angewohnheit, die ab und zu nicht schlimm ist, während die Wiederholung dieser schlechten Angewohnheit uns mehr und mehr von unserer inneren Mitte entfernt. Bei kontinuierlichen, negativen Gedankenschleifen entfernen wir uns so weit von unserer Mitte, dass wir diese komplett vergessen. In einem japanischem Film den ich letztens gesehen habe, wurde dafür der Begriff "giftiger Drache" verwendet, den ich sehr passend finde. Es ist ein komisches Gefühl von Macht und Unausgeglichenheit. Man selbst nimmt das meistens gar nicht mehr wahr, es ist einfach schleichend zu ihrer Lebenswirklichkeit geworden. Man nimmt sich dann oft als unglaublich wichtig wahr. Denn ohne dieses Gefühl der Wichtigkeit, bleibt ja nur noch die Unausgeglichenheit und die fühlt sich nicht schön an.
Der Antreiber
Wenn ich Menschen auf ihre negative Denkweise aufmerksam mache, verteidigen sie sich oft mit dem Argument, dass sie damit mehr erreichen. Wenn ich immer hart zu mir bin, mache ich weniger Fehler, kann mehr erreichen und bin erfolgreicher. Positives Denken macht mich "zu" weich. Abgesehen davon das weich sein nichts schlechtes ist, sind Menschen die sehr hart zu sich sind oft erfolgreich. Nur können sie ihren Erfolg meistens nicht genießen. Die Lebenskrise kommt genau in dem Moment, in dem sie alles erreicht haben. Denn sie merken, dass das erhoffe Glück nicht eintritt. Denn sie haben ja nie gelernt zu genießen. Was bringt dir das schönste Haus wenn du nie gelernt hast darin glücklich zu leben? Was bringt dir ein gesunder, durchtrainierter Körper wenn du dich in dir selbst nicht zuhause fühlst?
Wir wollen unsere Ziele nicht aufgeben, denn dann müssten wir uns mit dem Moment und uns selbst beschäftigen, was für die meisten Menschen eine sehr ungewohnte Angelegenheit ist. Sie spüren dann oft, dass es ihnen nicht wirklich gut geht und suchen sich schnell ein neues Ziel.
Die Umgewöhnung
Man kann lernen ein Ziel zu haben und trotzdem den Weg zu genießen. Das eine schließt das andere nicht aus. Es ist eine Illusion, dass wir denken, eifrig und unausgeglichen leisten wir am meisten. Denn mit innerer Unruhe machen wir auch die meisten Fehler. Mit innerer Gelassenheit macht man die Dinge gleich richtig und dadurch oft schneller.
Positives Denken
Positives Denken ist sehr hilfreich, wieder zu unserer Mitte zu finden. Doch wie sieht positives Denken denn nun genau aus? Wenn wir eine Stimme in uns haben, die immer hart zu uns ist, wenig verzeiht und immer das Fehlerhafte und Schlechte in uns und in der Welt hervorhebt, dann brauchen wir dazu ein Gegengewicht. Eine Stimme der Weichheit, eine Stimme die uns verzeiht, Dankbarkeit zeigt und das Positive hervorhebt. Die meisten Menschen legen die Verantwortung dieser Stimme komplett auf ihre Nächsten. Dürfen wir uns wirklich selbst verzeihen? Dürfen wir uns bei uns selbst bedanken? Dürfen wir uns selbst sagen, "Ist doch nicht so schlimm"?
Beispiele für positives Denken
Wenn uns jemand ein Frühstück macht, dann neigen wir dazu uns zu bedanken. Nun dürfen wir uns auch bei uns selbst bedanken, dass wir es uns wert waren ein Frühstück zu machen.
Wenn ein Freund ausrutscht, sich dreckig macht und sich über sich ärgert, neigen wir dazu ihn zu beruhigen. "Ist doch nicht so schlimm. Kann doch mal passieren!" Nun dürfen wir uns auch selbst verzeihen und beschwichtigen.
Wie oft haben Sie sich schon beschwert, dass ihr Auto wieder den Geist aufgegeben hat? Und wie oft haben Sie sich schon bei Ihrem Auto bedankt, dass es Sie heil und sicher nach Hause gebracht hat?
Wie oft haben Sie sich schon über Rückenschmerzen beschwert? Und wie oft haben Sie sich schon bei Ihrem Rücken bedankt, wenn er einfach gesund und ohne Verspannungen für Sie da ist?
Übung für den Anfang
Positives Denken ist eine Gewöhnungssache. Wennn jemand es gewöhnt ist Jahrelang negativ zu Denken, ist die Umgewöhnung in ein positives Denken, ein nicht zu unterschätzender Prozess.
Daher hier eine Übung für die ersten Schritte:
Bedanken Sie sich jeden Abend bei drei positiven und drei negativen Erlebnissen. Bedanken Sie sich bei den Positiven, dass Sie sich an ihnen erfreuen durften und bedanken Sie sich bei den Negativen, dass Sie von Ihnen lernen durften. Der Dankbarkeit ist dabei keine Grenzen gesetzt, Sie dürfen sich bei sich selbst bedanken, bei Gegenständen, beim Wetter, beim Leben. Selbst bei einem Vogel der heute für Sie gesungen hat.
Doch warum beim Negativem bedanken?
Es gibt Tag und Nacht, Leben und Tod, Hell und Dunkel. Wir leben in einer dualen Welt und wir brauchen das eine, um das andere zu erfahren. Es gehört zusammen und das Leben hält viele Lernaufgaben für uns bereit die, wenn wir sie erkennen und angehen, später Früchte tragen. Wir dürfen wagen, die Bewertung von Positiv und Negativ aufzugeben.
Wir dürfen uns fragen, wollen wir an den schweren Zeiten verbittern oder als lebenserfahrener Mensch hervor gehen?
Es ist wie in einem Buch. Immer mal wieder dürfen wir in unserer Lebensgeschichte lesen und uns fragen, was will uns der Autor damit sagen? Und je mehr wir lernen, das Leben zu lesen und zu verstehen, desto mehr finden wir uns darin.
Autor: Erik Menze
Thema: Positives Denken
Webseite: http://menzeberatung.de