Stark befahrene Straßen, Hochhauswohnungen, Innenstädte. Nicht immer sind die Bedingungen für artgerechte Katzenhaltung ideal, bergen hohe Risiken wie Unfälle oder Diebstahl für die Tiere oder stellen den Menschen vor kaum überwindbare Hindernisse.
Durch die hohe Anzahl Katzen ergeben sich auch Auswirkungen auf die Vogelpopulation in manchen Regionen, denn die Katze ist und bleibt ein Raubtier. Da bleibt mitunter nur die Lösung der Wohnungshaltung oder der Verzicht.
Die Katze ist in Deutschland das beliebteste Haustier mit 16,7 Millionen Katzen im Jahr 2021. Das bedeutet, dass 26% aller Haushalte eine oder mehrere Katzen halten (Quelle: IHV e.V.). In meiner Tierheilpraxis werde ich immer wieder gefragt, ob sich der Wunsch nach einer Katze auch in einer Wohnung sinnvoll erfüllen lässt und welche Rasse man denn in Betracht ziehen sollte.
Die Frage ist leider nicht ganz einfach zu beantworten, denn Wohnung ist nicht gleich Wohnung. Da spielt sicherlich die Wohnungsgröße eine Rolle, aber natürlich ebenso die Einrichtung und auch die Möglichkeit, eine Wohnung katzensicher zu gestalten. Katzen sind der Langeweile nicht sehr zugetan und wenn kein Freigang möglich ist, muss die Wohnung zum Ersatz werden, also viele Möglichkeiten bieten, zu springen, zu kratzen, zu rennen, sich zu verstecken usw. Das benötigen alle Katzen, ganz gleich welche Rasse man zugrunde legt - hier macht es nur den Unterschied, wie viel davon.
Man muss sich also zunächst die Frage stellen, wie ist meine Wohnung aufgestellt. Als Faustregel für die Größe sagt man etwa 50qm für eine Katze und 60qm für zwei Katzen - wenn man nicht gerade eine sehr bewegungsfreudige Rasse halten möchte, wie Siamesen oder Bengalen. Hier empfehle ich große Wohnungen und idealerweise noch einen Catio. Erlebt man diese Rassen aber mal im Freigang, erkennt man schnell, dass eine Wohnung wirklich nur ein Kompromiss ist und leider oftmals kein guter.
Meiner Ansicht nach sind gemütliche, ruhigere oder sehr anpassungsfähige Rassen besser geeignet, um in Wohnungen gehalten zu werden. Dazu zählen die Britisch Kurzhaar, die Perserkatze, Exotisch Kurzhaar, Russisch Blau, Bombay, Ragdoll, auch Kartäuser habe ich schon als sehr zufriedene Wohnungskatzen kennen gelernt, um nur einige Beispiele zu nennen. Maine Coon werden häufig in der Wohnung gehalten, tolerieren das oft auch, sind jedoch hervorragende Jäger und in vielen Fällen wesentlich glücklicher mit Freigang.
Natürlich gibt es keine Garantie für rassetypisches Verhalten. Insofern gibt es immer Tiere, die eben die berühmte Ausnahme zur Regel darstellen - auch mir sind quirlige Freigänger BKH Katzen bekannt und ich zähle zu meinem Kundenkreis auch einen häuslichen und ruhigen Thaikater. Am Ende muss man das Individuum sehen.
Ein weiterer Aspekt der Wohnungshaltung ist natürlich auch die Frage, wie viel Zeit man selber hat, um sich mit seinem Hausgenossen zu beschäftigen und wie lange man außer Haus ist. Eine Bombay zum Beispiel dankt es einem nicht, wenn man sie zu lange alleine lässt. Ist der Haushalt einigermaßen ruhig (Russisch Blau, Perser), sind die Kinder verständnisvoll (Ragdoll), gibt es genügend Familienanschluss (Exotisch Kurzhaar)? Auch hier muss man sich vorher genau erkundigen, welche Rasse in Frage kommt. So benötigen im Haus gehaltene Kartäuserkatzen durchaus viel Aufmerksamkeit und sind eindrucksvolle Persönlichkeiten.
Übrigens - die Tatsache, dass man den ganzen Tag außer Haus ist, kann man nicht dadurch wettmachen, dass man zwei Katzen hält. Kalkulieren Sie immer damit, Zeit zum Pflegen (insbesondere Langhaarrassen), Kuscheln und auch Spielen aufzuwenden und das jeden Tag. Ich sage meinen Kunden immer, es schadet nicht, wenn man eine Wohnungskatze halten möchte, über Entertainer-Qualitäten zu verfügen. Kreativität und Spontanität sind Eigenschaften, die Ihnen ihre Wohnungskatze danken wird.
Erkundigen Sie sich im Vorfeld sehr genau über die von Ihnen favorisierte Rasse, auch über mögliche Krankheiten, die gehäuft auftreten (Rassedisposition), und überlegen Sie ehrlich, ob Sie diese Anforderungen erfüllen wollen und können. Unpassend gehaltene Katzen werden oft verhaltensauffällig, sind vermehrt krank und unglücklich. Auch eine gute Beratung ist vor der Anschaffung sinnvoll, vor allem, wenn man noch keine Katze hatte.
Wenn Sie sich nicht besonders für Rassekatzen interessieren, dann geht es Ihnen wahrscheinlich wie der Mehrheit der Katzenhalter in Deutschland, die sich deshalb für eine Hauskatze entschieden hat. In diesem Fall hilft es, sich individuell über das Temperament des jeweiligen Tieres zu erkundigen und sich selbst ein Bild zu machen.
Tipp: Ein Jungtier, was noch keinen Freigang kennt, kann ihn am Ende trotzdem vehement einfordern. Eine ehemalige Strassenkatze kann ein wunderbares Wohnungstier werden. Auch solche Fälle habe ich bereits miterlebt.
Katzen sind Persönlichkeiten, die sich mitunter ihren Menschen und ihre Lebensweise selbst aussuchen. Wenn also der favorisierte Kandidat Sie völlig links liegen lässt und Sie sich im Fokus eines anderen Tieres wiederfinden, dann überlassen Sie die Entscheidung der Katze. In diesen Fällen, sagt meine Praxistatistik, passt es zu 100%.
Autor: Verena Klein, Tierheilpraktikerin
Thema: Katzenrassen für die Wohnungshaltung
Webseite: http://www.tierheilpraxis-ennepe-ruhr.de