Wie Sie unausgesprochene Einwände im Gesicht Ihrer Gesprächspartner erkennen
Menschen ähneln in vielen Situationen einem Wackel-Dackel: Während ihr Gegenüber Ihnen in einer Unterhaltung zuhört, nickt die Person meist fleißig und lächelt. Nur bedeutet das auch zwangsläufig, dass sie den Aussagen zustimmt? Nein! Denn Nicken und Lächeln sind soziale Schmiermittel, die Kommunikation erleichtern. Sie finden bei uns Menschen wie beim Wackel-Dackel meist reflexartig statt. Diese Signale mit Zustimmung zu verwechseln, kann zum Beispiel für einen Verkäufer zu einem abrupten Erwachen aus dem Abschluss-Traum führen, wenn plötzlich nicht erwartete Einwände oder der erhoffte Abschluss ausbleibt.
Ein amerikanisches Forscherteam fand in einer 2007 durchgeführten Studie heraus, dass Automobilverkäufer mit einer hohen Emotionserkennungsfähigkeit zwei Autos mehr im Monat verkaufen als ihre Kollegen, die sich mit dem Entschlüsseln der emotionalen Signale schwerer taten.
Eine der wichtigsten Studien, um Mimik zu verstehen und richtig zu entschlüsseln, wurde in den 1960er Jahren von den beiden amerikanischen Psychologen Haggard und Isaacs durchgeführt. Sie analysierten auf Video aufgezeichnete psychotherapeutische Sitzungen. Durch Zufall entdeckten sie dabei sehr schnelle Gesichtsausdrücke, die gerade mal für eine Dauer von 125-200 Millisekunden über die Gesichter der Patienten huschten. Als die beiden Psychologen diese Mikroexpressionen weiter erforschten, stellten sie fest, dass diese in der Regel Inkongruenzen ausdrückten, das heißt, in Situationen auftauchten, in denen der gesprochene Inhalt der Botschaft der Mikroexpression widersprach. Der Patient sagte also zum Beispiel, dass er jemanden sehr mögen würde, zeigte dabei aber eine Mikroexpression von Ärger im Gesicht.
Einer der Hauptgründe dafür, dass sich Inkongruenzen anhand von Mikroexpressionen im Gesicht zeigen, ist, dass unsere mimische Muskulatur direkt mit unserem limbischen System - unserem Emotionszentrum - „verdrahtet“ ist. Dieses emotional geprägte Gehirnareal verarbeitet Informationen 500 Millisekunden schneller als unser Großhirn, somit entziehen sich die Mikroexpressionen unserer bewussten Kontrolle. Mimik ist schneller als der Verstand. Deswegen konzentrieren wir uns in dem von mir entwickelten Mimikresonanz-Training neben den zusätzlichen Signalen der Körpersprache, wie z.B. der Gestik und der Stimme, vor allem auf die stille und schnelle Sprache der Mimik. Denn wenn es Ihnen gelingt, die Signale der Gesichtsmuskulatur zu entschlüsseln, können Sie hinter die Fassade Ihrer Gesprächspartner blicken und beispielsweise erkennen, ob Ihr Gegenüber Ihnen wirklich zustimmt.
Es gibt sieben typische Signale, die ich durch meine Beobachtungen in der Praxis entdeckt habe und die Ihnen verraten, dass Ihr Gesprächspartner einen unausgesprochenen Einwand hat. Achten Sie insbesondere auf schnelle Formen, also Mikroexpressionen, dieser Signale.
1. Das Zusammenziehen der Augenbrauen
Diese Bewegung kann bedeuten, dass die Person irritiert, skeptisch oder auch konzentriert ist. Darüberhinaus kann dieser Ausdruck durchaus auch auf eine leichte Verärgerung hindeuten.
2. Das Hochziehen der Augenbrauen
Achten Sie bei dieser Bewegung stets darauf, ob die Person gerade spricht. Denn beim Sprechen wird das Hochziehen der Augenbrauen häufig benutzt, um etwas zu betonen. Tritt die Expression beim Zuhören auf, kann sie Ungläubigkeit, Skepsis oder Zweifel signalisieren – oder auch Erstaunen.
3. Das Hochziehen der Oberlippe
Genau wie das Rümpfen der Nase ist das Hochziehen der Oberlippe ein Zeichen für die Emotion Ekel und damit ein potentieller Hinweis darauf, dass Ihrem Gegenüber irgendetwas nicht schmeckt oder sie etwas anzweifelt.
4. Das Rümpfen der Nase
Das Rümpfen der Nase ist ein Zeichen für Ekel und damit ebenfalls ein mögliches Signal für Ablehnung. Diese Bewegung machen wir auch, wenn uns jemand etwas vorschlägt, das wir in der Umsetzung für schwierig halten.
5. Das Schürzen der Lippen
Das Schürzen der Lippen hat hauptsächlich zwei Bedeutungen:
- Die Person denkt nach, wägt etwas innerlich ab - Die Person sucht nach einer Idee oder hat eine Idee
Tritt das Lippen schürzen, während jemand zuhört auf, bedeutet dies in der Regel, dass die Person mit dem Standpunkt nicht übereinstimmt und eine andere Idee in Erwägung zieht.
6. Das Einpressen des Mundwinkels
Dieser einseitig auftretende Ausdruck ist zum Einen ein Zeichen für die Emotion Verachtung, er kann zum Anderen aber auch bedeuten, dass jemand nachdenkt, unentschlossen ist oder Zweifel hat.
Werden die Mundwinkel gleichzeitig auf beiden Seiten angepresst (meist verbunden mit Augenrollen), kann dies auch ein Signal dafür sein, dass jemand genervt ist.
7. Der „Facial Shrug“
Tritt diese Expression auf, während jemand zuhört, drückt sie für gewöhnlich Ungläubigkeit oder Verneinung aus. Tritt sie in Kombination mit Kopfnicken auf, kann sie auch beeindruckendes Zustimmen signalisieren („Respekt!“ oder „Nicht schlecht!“).
Wie gehen Sie angemessen und zielführend mit diesen Signalen um?
Beobachten Sie ein nonverbales Einwand-Signal, gilt es im nächsten Schritt herauszufinden, wodurch der Widerstand ausgelöst wurde – zum Beispiel, indem Sie wertschätzend nachfragen oder Ihre Beobachtung durch eine Spiegel-Aussage verbal rückkoppeln. Ihr Gesprächspartner zieht zum Beispiel die Augenbrauen zusammen und Sie sagen: „Sie runzeln gerade die Stirn.“ Bitte achten Sie darauf, dass es sich bei den Spiegel-Aussagen nicht um Fragen handelt. Wir fragen also nicht „Runzeln Sie gerade die Stirn?“, sondern nutzen unsere Aussage als Spiegel des Beobachteten. Dieser Unterschied erhöht enorm die Wahrscheinlichkeit, dass ein konstruktiver Dialog in Gang gebracht wird.
Schauen Sie vor allem in Schlüsselmomenten eines Gesprächs ins Gesicht Ihrer Gesprächspartner und achten Sie bewusst auf das Mienenspiel, zum Beispiel wenn Sie offene Fragen stellen. Koppeln Sie Ihre Beobachtung verbal zurück, so wie wir es uns gerade angesehen haben. Auf diese Weise bekommen Sie ein direktes Feedback, ob Sie mit Ihrer Einschätzung richtiglagen und werden schon bald merken, dass Ihnen Zeichen auffallen, die Sie früher übersehen haben.
Autor: Dirk W. Eilert
Thema: Einwände im Gesicht Ihrer Gesprächspartner erkennen
Webseite: http://www.eilert-akademie.de
Fotos: Bettina Volke
Autorenprofil Dirk W. Eilert:
Dirk W. Eilert ist Experte für emotionale Intelligenz und für Mimikresonanz: die Fähigkeit, Gefühle in den Gesichtern anderer Menschen zu entschlüsseln und angemessen darauf zu reagieren. Als einer der führenden Körpersprache-Experten im deutschsprachigen Raum ist seine Expertise regelmäßig in Radio, TV und Printmedien gefragt. Er hat im Jahr 2011 das Mimikresonanz-Training entwickelt und ist Leiter der Eilert-Akademie für emotionale Intelligenz in Berlin. Seit März 2001 ist er als selbständiger Trainer, Speaker und Coach tätig.
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