Sie weint, er wird wütend.. eine häufige Situation in der Paartherapie oder auch bei Paaren zu Hause.
Eine Frau sagte mir: „Immer wenn er etwas Dummes gemacht hat und ich spreche ihn darauf an, wird er wütend auf mich, dabei hat ER doch etwas falsch gemacht.“
Wieso ist es so schwer auszuhalten, seine Partnerin oder auch seinen Partner zu enttäuschen?
Inwieweit wir uns durch die Gefühle unseres Partners unter Druck setzen lassen, hängt in erster Linie von uns selbst ab. Wir haben alle, mehr oder weniger ausgeprägt, eine strenge Stimme in uns, die sagt, was wir tun oder lassen sollen.
„Du darfst keine Fehler machen – Deine eigenen Bedürfnisse sind nicht so wichtig – Du darfst (Mama / Papa) nicht enttäuschen – Erst die Arbeit dann das Vergnügen....“
Diesen Anteil von uns selbst nennen wir hier mal, den Strengen Richter oder: Top-Dog. Um so strenger der ist, umso eingeengter, unterdrückter fühlt sich sein Gegenspieler, der Rebell oder: Under-Dog! Der möchte frei sein und sich nicht anpassen. Ist das nicht eigentlich schön und gesund! (Vor allem, wenn man drei Jahre alt ist.) Nur leider passiert häufig eine Art Tauziehen in uns drinnen. Es ist wie bei einer Diät. Eine Weile disziplinieren wir uns, um dann über die Stränge zu schlagen. Oder wie bei einem Guten Jahresvorsatz: Im Januar sind die Fitnessstudios voll und schon nach ein paar Wochen, ist wieder genug Platz für die, die sowieso gerne hingehen.
Manche Menschen haben ständig das Gefühl, sich anstrengen zu müssen und sich Mühe zu geben. In ihrer Liebesbeziehung werden sie schnell zum Bedürfniserfüller. Sie wünschen selbst weniger und äußern seltener Bedürfnisse. Nach einiger Zeit ist das einzige, was sie noch fühlen können, das Bedürfnis nach Zeit und Raum für sich alleine. Wenn man den anderen Part in so einer Beziehung hat, fühlt man sich schnell ungeliebt oder so, als würde man stören oder nerven. Das führt natürlich nicht dazu, dass man den Partner mehr in Ruhe lässt, sondern womöglich im Gegenteil, man äußert seine Zweifel oder fordert Liebesbeweise ein. Das wiederum führt bei einem Menschen, der sich eh schon eingeengt fühlt, natürlich zu noch mehr Fluchtimpulsen.
Sie können Folgendes tun:
Setzen Sie sich mit Ihrem Partner, Ihrer Partnerin gegenüber hin, schauen Sie sich in die Augen und sprechen Sie folgenden Satz laut aus:
„Du bist du und ich bin ich und ich bin nicht auf dieser Welt um deine Bedürfnisse zu erfüllen.“
Manchen Menschen fällt das leicht, andere können das zwar gut annehmen, aber selber bringen sie es kaum über die Lippen. Bitte bedenken Sie, wenn Sie diese Haltung einnehmen, dann können Sie zwanglos schöne Dinge miteinander tun. Sie können auch viel besser Mitgefühl entwickeln, wenn es Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner mal schlecht geht, weil Sie ihre/ seine Probleme ja nicht lösen müssen und weil Sie nicht Schuld sind. Eigentlich ist es ja sogar etwas überheblich zu glauben, man wäre sooo wichtig für den anderen, dass man ganz alleine Schuld sein könnte, an dessen Unglück.
Also: Wenn Ihre Partnerin das nächste mal weint, machen Sie sich bewusst: Sie sind nicht zuständig für ihre Gefühle und Bedürfnisse! Wirklich nicht! Vielleicht können Sie sie dann seit langer Zeit mal wieder so anschauen, wie ganz am Anfang, als Sie sich noch nicht verpflichtet fühlten. Vielleicht berührt es Sie plötzlich und Sie verspüren das Bedürfnis, sie in den Arm zu nehmen...
Es gibt auch viele Frauen, die unter diesem Gefühl, sich Mühe geben zu müssen oder etwas aushalten zu sollen, leiden. Klassischerweise – und das ist in meiner Praxiserfahrung tatsächlich so – geht es Frauen oft im sexuellen Bereich so. Sie glauben unbewusst, sie müssten die Bedürfnisse des Partners befriedigen. Das ist natürlich nicht der Fall! Selbst der Begriff: „Eheliche Pflicht“ war so nie gedacht, er ist vielmehr eine Erfindung der katholischen Kirche, um die Eheleute dazu anzuhalten, sich fortzupflanzen. Es handelte sich um die Pflicht vor Gott, sich zu vermehren.
Was den Unterschied zwischen Männern und Frauen angeht, kann ich nur feststellen, dass Frauen häufiger etwas fehlt in ihren Beziehungen, als Männern. Vielleicht ist die Beziehung an sich für Frauen, kulturell bedingt oder entwicklungsgeschichtlich bedingt, einfach wichtiger, als für Männer. Sie registrieren daher sehr schnell, wenn etwas auf der Gefühlsebene nicht mehr ganz stimmt. Häufig neigen sie dann leider dazu ihren Partner zu kritisieren und der beginnt sich zu rechtfertigen.
Zum Schluss möchte ich Mut machen: Gefühle sind nur Gefühle! Sie kommen und gehen. Wenn du eine Liebesbeziehung hast, gehören Gefühle selbstverständlich dazu. Das ist ja gerade das Schöne!
Autor: Nina Zucker, Paartherapeutin in Hamburg
Thema: Emotionale Manipulation
Webseite: https://www.paartherapie-hamburg-nz.de
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