Hormone bei Kinderwunsch

Monate vergehen, der Schwangerschaftstest zeigt immer nur eine Linie. Ein Karussell voller Zweifel, Internet-Recherchen, Sex nach Plan beginnt.

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Die Ursachen eines unerfüllten Kinderwunsches können äußerst vielfältig und komplex sein. Doch der erste Schritt in dessen Ursachenforschung ist unentbehrlich – und in manchen Fällen sogar der einzig notwendige: ein Hormoncheck mit der dazu passenden Therapie.

In diesem Artikel wollen wir die beim Kinderwunsch wichtigsten Hormone schematisch darstellen und Tipps zu deren Untersuchung und Behandlung geben. 

Beginnen wir mit dem etwas komplexeren, weiblichen Hormonhaushalt:

FSH

Das Follikelstimulierende Hormon wird über die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) freigesetzt.
Wie der Name schon sagt, stimuliert dieses Hormon das Wachstum vom Follikel im Eierstock, also vom „Ei-Bläschen“.
Ein Spruch von US-Reproduktionsmedizinern lautet „Tell me your Age and your FSH“ ("Sag mir Dein Alter und Dein FSH"); ist dieser zu hoch, bedeutet das: der Eierstock ist träger (älter) geworden – es sind also größere Mengen an FSH nötig, um ihn zu stimulieren.

Doch wann ist es zu hoch?
Tipp: FSH gehört am Zyklusanfang gemessen, idealerweise am Zyklustag 2-3, und unbedingt bis zum 5. Tag. Später ist der FSH-Wert weniger aussagekräftig.

Direkt am Zyklusanfang gemessen, ist ein FSH Wert unter 7 U/l (Einheiten pro Liter) normal. Liegt der Wert sogar unter 6, deutet das auf eine sehr gute Eizellenreserve hin.
Später im Zyklus steigt der FSH Wert an, bis er beim Eisprung ca. 30-33 U/l erreicht, um dann wieder abzusinken.
Je älter wir werden, desto mehr schwankt die FSH-Ausschüttung. Um einen deutlichen Befund zu haben, ist es notwendig, mehrere Zyklen hintereinander zu überprüfen.
 
Beispiel: Bei einer 36-jährige Frau würde es heißen: an 4 Monaten, zu Zyklusbeginn, FSH bestimmen; der höchste FSH-Wert sagt dabei aus, ob die Eizellreserve noch groß ist.
FSH bei Männern: S. ganz unten.

AMH

Das Anti-Müller Hormon) gibt Hinweis auf die Eizellreserve.
Ist der AMH-Wert erniedrigt, könnte die Eizellreserve erschöpft sein.
Ist der Wert erhöht, könnte eine PCO-Syndrom vorliegen (s. oben bei LH).

Für eine zuverlässige Einschätzung ist es sinnvoll, AMH in Kombination mit FSH zu messen.
AMH-Werte sind allerdings stabil und können zu jedem Zeitpunkt des Menstruationszyklus gemessen werden.
Der Normwert bewegt sich, altersabhängig, zwischen ca. 1 bis 5 ng/ml.
Hinweis
Die Einnahme bestimmter Medikamente und Hormone, Rauchen und das eigene BMI beeinflussen den AMH-Wert maßgeblich!

LH (Luteinisierendes Hormon)

Auch LH wird von der Hypophyse ausgeschüttet. Und auch sein Wert sollte zu Zyklusbeginn gemessen werden und ähnlich wie der Wert vom FSH sein (also unter 7U/l).

Tipp: Wenn LH viel höher als FSH ist, könnte es ein Anzeichen für PCOS sein (Polyzistisches Ovarsyndrom). Zur Diagnose-Sicherung müssen allerdings weitere Hormone (Testosteron, DHEAS, SHBG…) getestet und ein Ultraschall durchgeführt werden. 

Wie FSH, steigt LH im Laufe des Zyklus an. Ab einem Wert von etwa 20 U/l, ist ein Eisprung zu erwarten. Es ist der Zeitpunkt, an dem LH-Tests (oder „Ovulationstests“, die ähnlich wie Schwangerschaftstest aussehen) positiv werden. LH wandert nun zu den reifenden Follikeln und löst den Eisprung aus: der größte Follikel platzt auf und stößt dabei die Eizelle in den Eileiter. Aus dem geplatzten Follikel entwickelt sich der „Gelbkörper“. Darum heißt LH „Luteinisierendes (= gelb-machendes) Hormon“.

Östrogen und Progesteron

Diese zwei Hormone sollten beide bestimmt und das Verhältnis zueinander überprüft werden:

Östrogen (auch Östradiol, Estradiol oder E2) zu Beginn des Zyklus und Progesteron in der zweiten Zyklushälfte. Der Referenzwert von Östradiol ist dabei: 20–150 pg/mlHat das reife Follikel eine Größe von 18 mm erreicht, werden die Werte bei etwa 200-600 pg/ml Estradiol pro Follikel liegen. Die Werte können bei Frauen mit Über- und Untergewicht, so wie bei  mangelnder Eizellenqualität, stark abweichen.

Tipp: Wenn Sie eine Kinderwunschbehandlung angehen möchten und niedrige Östradiol-Werte haben, nehmen Sie keine Hormonpräparate: niedrigere Östradiol-Werte eignen sich besser für eine hormonelle Stimulation (während der Stimulation steigt Estradiol auf ein Vielfaches an!).

Progesteron (auch luteinisierendes Hormon, aus „Corpus Luteum“ = Gelbkörper) spielt bei Mann und Frau eine zentrale Rolle: aus ihm werden viele anderen Hormone hergestellt, zum Beispiel Cortisol, Aldosteron, Testosteron

Bei Frauen wird Progesteron in großen Mengen im Gelbkörper (der beim Eisprung aus dem geplatzten Follikel entsteht) hergestellt. Auch die Nebennierenrinde beider Geschlechter stellt Progesteron her, allerdings nur in kleinen Mengen.

Der Normwert, nach dem Eisprung (Lutealphase) gemessen, liegt bei 5,80 - 76 nmol/l.

In der Schwangerschaft steigt der Wert enorm an (bis über 600 nmol/l im letzten Trimenon). Richtung Wechseljahre sinkt er immer mehr, wie auch bei Östrogen. Bei unregelmäßigen, so wie bei kurzen Zyklen, bei PMS und bei schmerzhaften Menstruationsblutungen, finden wir oft einen zu niedrigen Progesteronwert vor.

Eine Therapie mit bioidentischem Progesteron, ideal als Creme anzuwenden, rhythmisiert den Zyklus, kann die Beschwerden reduzieren und die Fruchtbarkeit steigern. Eine Progesteroncreme kann vom Arzt verschrieben werden, oder als homöopathische Creme vom Heilpraktiker.

Tipp: Steroidhormone wie Progesteron, Östrogen, DHEA und Testosteron können auch im Speichel getestet werden.
Blutwerte geben Auskunft über den gesamten Reservepool der Hormone.
Speichelwerte zeigen die gerade bioverfügbaren Hormone, also die aktuelle Hormonaktivität.

Prolaktin

Bei unregelmäßigem Zyklus oder Ausbleiben des Eisprungs könnte eventuell der Prolaktinspiegel erhöht sein. Der Serumwert sollte bei Frauen in der

- 1. Zyklushälfte (Follikelphase): niedriger als 15 ng/ml (480 µU/ml)
- 2. Zyklushälfte (Lutealphase): niedriger als 20 ng/ml (650 µU/ml )

liegen. Während Schwangerschaft und Stillzeit kann er bis 300 µg/l steigen. Erniedrigte Prolaktin-Werte sind viel seltener und können durch eine Hypophysen-Insuffizienz (Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse) oder Medikamenten verursacht sein.

Tipp: Leicht erhöhte Prolaktinwerte könnten von einer Blutabnahme früh morgens (z.B. um 6-7 Uhr) kommen: die Freisetzung von Prolaktin erfolgt pulsatil, wobei der höchste Serumspiegel gegen 6 Uhr morgens auftritt. Daher sollte die Blutabnahme nachmittags, oder am späteren Vormittag erfolgen.

TSH

TSH wird von der Hypophyse ausgeschüttet und stimuliert die Schilddrüse, ihre Hormone auszuschütten – daher der Name „TSH = Thyreoidea-stimulierendes Hormon“. Bei Kinderwunsch soll der TSH-Wert unter 2.0 mIU/L liegen, weil ein höheres TSH das Fehlgeburtsrisiko erhöht.Ein Wert bei/unter 1 mIU/L wird von den meisten Kinderwunschkliniken angestrebt.

Tipp: Auch das TSH sollte idealerweise zu Zyklusbeginn gemessen werden. Und für ein klareres Bild über die Schilddrüsenfunktion sollten auch die eigentlichen Schilddrüsen-Hormone fT3 und fT4 gemessen werden.

DHEA

Dehydroepiandrosteron wird in Nebennierenrinde und Eierstock gebildet und übt unzählige Wirkungen im Organismus aus: es wirkt antientzündlich, Cholesterinsenkend, und beeinflusst die Fruchtbarkeit positiv. Bei andauerndem Stress, Übergewicht, Fast-Food, bestimmten Medikamenten, so wie mit steigendem Alter, sinkt der DHEA-Spiegel. Gerade bei Wunschmamas über 35 kann es daher sinnvoll sein, DHEA (über mehrere Monate hinweg !) anzuwenden, z.B. als Creme, damit die Eizell-Qualität verbessert wird.

Als Referenzwert für DHEA-Sulfat gilt:

Bei Frauen: 25 - 34 Jahre:     98,8 bis 340;  35 bis 44 Jahre:  60,9 bis 337.
Bei Männern: 25 - 34 Jahre: 160 bis 449;   35 bis 44 Jahre:  88,9 bis 427.          

Hinweis: erst nach Speichel-, bzw. Blut-Messung, DHEA verschreiben lassen! Werden zu hohen Werten erreicht, kann das zu einer Entgleisung anderer Hormone führen (z.B. kann DHEA in Testosteron -s. hier unten- umgewandelt werden).

Testosteron

Nebenniere, Hoden und Eierstöcke produzieren Testosteron, das für die Reifung und das Wachstum von Follikeln und Spermien wesentlich ist.

Bei Frauen sollte Testosteron idealerweise zu Zyklusanfang bestimmt werden. Die Referenzwerte sind:

Bei Frauen 0,15–0,6 ng/ml (0,5–2,0 nmol/l)
Bei Männern 3,5–11,5 ng/ml (12–40 nmol/l)

Tipp: Bei PCO-S Verdacht sollten auch Androstendion, SHBG, 17-Hydroxyprogesteron untersucht werden.

Männer

Doch bei Männern spielt nicht nur Testosteron eine Rolle: Für die Neubildung von Spermien  sind FSH und LH entscheidend. Das Follikel-Stimulierendes-Hormon stimuliert im Hoden die Neubildung von Spermien; der FSH-Referenzwert liegt bei 2 bis 10 IU/ml.

Das Luteinisierende-Hormon sorgt für die Testosteronproduktion in den Hoden; der LH-Referenzwert liegt bei 1,7 - 8,6 U/l.

Je nach Erstbefund können noch weitere Hormone in Frage kommen, welche die Spermienproduktion negativ beeinflussen können.
Tipp: Liegt eine Störung in der Spermien- oder Hormonproduktion vor, kann eine gezielte hormonelle Behandlung des Mannes, besonders vor einer IVF/ICSI, den gewünschten Erfolg bringen.

Wichtige Hinweise: dieser Artikel hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Eine Untersuchung der oben angesprochenen Hormone ist nur sinnvoll, wenn Sie derzeit keine Hormonpräparate einnehmen (z.B. bei Frauen: die „Pille“!). Auch Medikamente können die Hormonwerte verfälschen (z.B. das Schmerzmittel Phenylbutazon bei Progesteron).

Bitte sprechen Sie Untersuchung und Behandlung mit dem Arzt oder Heilpraktiker Ihres Vertrauens ab. Bei weiteren Fragen wenden Sie sich gerne auch an die Autorin.

Autor: Lucia Rizzo ist Dipl. Psychologin
Thema: Hormone bei Kinderwunsch
Webseite: https://www.sanalucia.de

Autorenprofil Lucia Rizzo:

Lucia geschn

Lucia Rizzo ist Dipl. Psychologin (Univ. Padua -IT- und Salzburg -A- ) und Heilpraktikerin (GA München) mit eigener Praxis in Ainring, Bayern.

Sie ist in Hypnotherapie, TCM, Akupunktur, Phytotherapie ausgebildet. Ihre Schwerpunkte liegen in der Behandlung von: Kinderwunsch, Zyklusstörungen, Schmerzen, Ängste, Unsicherheit, Schlafstörungen, Stress, Sucht, Immundysbalance, Verdauungsprobleme.

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