Kann ein Kind die Beziehung retten?

Kann ein Kind die Beziehung retten? Als mir diese Frage jüngst gestellt wurde, waren meine ersten spontanen Gedanken: nein, natürlich nicht, das kann nur nach hinten losgehen.

baby-auf-teppich-lacht

Meine näheren Ausführungen zu diesem ersten Impuls finden Sie im Anschluss an die Einleitung. Dann jedoch fing ich an, die Perspektive zu wechseln und andere philosophische oder astrologische Ideen hinzuzuziehen und kam zwischenzeitlich zu einem anderen Ergebnis. Nämlich einem klaren: Jein. So einfach scheint diese Frage also nicht zu beantworten zu sein. Auch hier lade ich Sie ein, meinen Gedanken zu folgen und sich am Ende eine eigene Meinung zu bilden.

Wir gehen am Anfang einmal von der Situation aus, wir haben es mit einem Paar zu tun, das vor der bewussten Entscheidung steht, ob es gemeinsam Eltern werden möchte oder nicht. Zu der zweiten Möglichkeit, nämlich der, dass dies „zufällig“ passiert, kommen wir später. Dieses Paar hat, wie die Überschrift tituliert, Probleme in der Beziehung. Diese können so vielfältiger Natur sein und verschiedene Ursachen haben, dass sich allein daraus ein ganzes Buch schreiben ließe. Hieraus ergeben sich verschiedene Konstellationen, in denen es durchaus möglich ist, dass ein Kind die Beziehung rettet.  Aber weiter zu unserem Paar. Es kommt an einen Punkt, an dem es nicht weitergeht, vielleicht immer die gleichen Streitereien, Routine und Langeweile oder unerfüllte Bedürfnisse in der Beziehung. Wir gehen weiter davon aus, dass beide oder ein Partner/in nicht dazu bereit sind/ist, zu reflektieren und sich eventuell mit professioneller Unterstützung diesen inneren Konflikten zu stellen. Mal abgesehen von der Tatsache, dass es eine uns innewohnende Urkraft gibt, die sich fortpflanzen möchte, hat dieses Paar die Idee, ein Kind würde alles kitten oder neuen Schwung in die Beziehung bringen. Der Gedanke ist nachvollziehbar und trifft auch sicher auf einen Teil der Paare zu, die diesen Weg gegangen sind. 

Neben all dem Licht und der Liebe, die ein Neugeborenes mit sich bringt (dies kann man mit Hilfe der Aurafotographie sogar messen) und der Tatsache, dass sie das Beste in uns fördern, stellen uns Kinder aber auch vor neue Herausforderungen und bringen uns in Kontakt mit unseren Schattenseiten und ungelösten (Kindheits)Konflikten. Ein Paar, das vor dem Elternwerden schon an seine Grenzen gestoßen ist und seine Hoffnung auf die Erlösung durch das Kind gelegt hat, wird auf das Äußerste geprüft werden.  Vielleicht treten durch die Euphorie der Geburt einige Konflikte für eine Weile in den Hintergrund. Aber spätestens, wenn der Zauber des Anfangs vorbei ist kommen die alten Themen durch die Hintertür wieder hereinspaziert und zeigen sich deutlich. Wenn das Paar an dieser Stelle beginnt, an sich zu arbeiten, versucht, neue Wege zu finden und (endlich) die Verantwortung für sich selbst übernimmt, kann es gut weitergehen. Ansonsten droht dem Paar ein teilweise ewig dauerndes Leid oder die Trennung.

Und das Kind? Welche Last wird ihm schon vor der Geburt auferlegt? Welche hohen Erwartungen hat es zu erfüllen? Aus der Arbeit mit dem Inneren Kind und mit Hilfe von Familienaufstellungen erleben wir regelmäßig, dass Kinder schon im Mutterleib versuchen, genau das zu tun: die Eltern zu stärken und deren Beziehung zu retten. Manchmal tun sie dies unter großer Anstrengung und unter Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse bis in das Erwachsenwerden hinein. 

Ich möchte an dieser Stelle noch mal die Frage stellen: kann ein Kind die Beziehung retten? Was bedeutet in diesem Zusammenhang eigentlich Rettung? Wenn wir die Beziehung, Partnerschaft oder Ehe als etwas Eigenständiges betrachten, so ist das Fortbestehen Derselben wohl in dem Moment gesichert, da ein Kind im Entstehen ist. Denn von dem Augenblick an sind die biologischen Eltern für dieses Leben aneinandergebunden. Zumindest energetisch. Sie sind gemeinsam Eltern eines Kindes. Diese Elternschaft besteht bis zum Tod und für das Kind darüber hinaus.  Egal ob dieses Paar sich später trennt, ein/e Partner/in früh verstirbt oder das Kind anonym zur Adoption freigegeben wird, die leiblichen Eltern wirken immer beide in dem Kind. Wie diese elterliche Beziehung gelebt und empfunden wird, ist davon zunächst unberührt.  Die Definition für Beziehung auf Wikipedia lautet: 1. Verbindung zu jemanden/etwas; 2. wechselseitiges Verhältnis, innerer Zusammenhang. Das wäre damit also erfüllt.  Für Paare, die sich künstlicher Befruchtung, einer Leihmutterschaft oder Adoption bedienen ist es noch komplexer. Aber einige Prinzipien wirken auch hier.

Oder gilt die Beziehung erst als gerettet, wenn die Beziehungsprobleme gelöst und das Paar zufrieden ist?

Lassen Sie uns aber mal einen anderen Blick auf dieses Thema werfen. In manchen Kulturen sagt man, dass ein Kind die Eltern aus dem Kosmos heraus bereits 1 bis 1,5 Jahre vor der Zeugung auswählt. Und nicht nur das. Es führt die Eltern, so sie noch kein Paar sind, sogar zusammen. Es sucht sich seine Eltern und die dazugehörige Familie passend zu seiner seelischen Entwicklung und den dazugehörigen Herausforderungen aus. Stimmt diese Theorie würde es bedeuten, dass Eltern überhaupt keine wirkliche bewusste Entscheidung treffen können und von Anfang an das Schicksal der Beteiligten mehr oder weniger vorherbestimmt war. Das Gleiche gilt dann natürlich auch für ungewollt kinderlose Paare, ungewollte Schwangerschaften ect. Diese Sichtweise finden wir in der evolutionären Astrologie bei der Betrachtung von Geburtshoroskopen deutlich bestätigt. Wir können dort erkennen, welche Themen Kinder (selbst ungeborene oder gewünschte aber nicht entstandene Kinder) für Ihre Eltern mitbringen bzw. triggern und wie sie selbst Mutter, Vater und andere Familienmitglieder erleben. Schaut man dann noch auf das Partnerhoroskop, sprich, aus den Geburtshoroskopen der Eltern wird ein Beziehungshoroskop erstellt, finden wir die Themen wieder, die das Paar gemeinsam zu bewältigen hat. Auch im Hinblick auf Kinder.

Ein weiterer Perspektivwechsel:

Die Menschen in der jetzigen genetischen Verfassung gibt es seit 200.000 Jahren. Davon lebten Männer und Frauen 190.000 Jahre gleichwertig in Gruppen mit höchstens 150 Menschen zusammen. Vor ca. 10.000 Jahren haben Frauen das Säen von Samen entdeckt und damit den Ackerbau erfunden. Dies ermöglichte die Sesshaftigkeit der Gruppen und Matriarchate entstanden. Auch hier waren die Beziehungen untereinander gleichwertig und die Welt friedlich für ca. 7.500 Jahre. (Karin Werner: Die Zukunft kann wieder weiblich werden; Elementarwissen für einen positiven Wandel der Gesellschaften der Welt)

Es gibt aus dieser Zeit keinen einzigen archäologischen Nachweis von Gewalt gegen Kinder, Frauen oder Männer. Lediglich gegen aggressive, Besitzanspruch stellende Männer wurde konsequent vorgegangen. Diese wurden, zum Schutz der Gruppe und aus Mangel an anderen Möglichkeiten wie Gefängnissen, getötet. Matriarchate sind nicht das Gegenteil vom immer noch vorherrschenden Patriarchat. Siehe auch hierzu das o.g. Buch oder das Heft „Auf den Spuren der Göttin“ von Christa Mulack. Noch heute gibt es einige Völker, die in matriarchaischen Strukturen leben, wie die Mosuo in Südchina.

Beziehungen und Kleinfamilien, wie wir sie heute kennen, gab oder gibt es dort nicht.

familie am strand

Frauen wählten, mit Zustimmung des Mannes, ihre Liebespartner aus. Da aber in ihrem Verständnis eine erotische Beziehung mit dem selben Mann höchstens 4-6 Jahre dauert und dieser Zeitraum nicht ausreicht, um ein Kind großzuziehen, gab es den Bruder/Cousin, der die väterlichen Aufgaben übernahm. Und weil mehrere Liebschaften gleichzeitig möglich waren, wußte auch keiner so genau, wer eigentlich der Vater ist. Dies hatte schlichtweg keine Bedeutung. Auch übernahmen andere gleichaltrige Frauen mütterliche Aufgaben, so dass die Kinder in einem Umfeld von maximaler Fürsorge und Anregung aufwachsen konnten.Hier stellte sich die Frage nicht nach der Rettung einer Beziehung, lediglich der Fortbestand der Gruppe wurde gesichert. Essen, Kleidung und andere Güter wurden unter den Gruppenmitgliedern gerecht verteilt. Alltägliche Aufgaben ebenso. Frauen bauten ihre Hütten selbst und waren überhaupt eigenverantwortlich und selbstständig. Der jüngsten Tochter wurde später die Verantwortung für die gerechte Verteilung der Güter übertragen. 

Was bedeutet diese nur sehr kurz skizzierte Lebensweise für unsere Eingangsfrage: kann ein Kind die Beziehung retten? Im Patriarchat kam überhaupt erst das Besitzdenken und Maximierung desselben zustande. Und damit auch das Bedürfnis, diesen Besitz an die eigenen Nachkommen zu übergeben. Dafür musste Mann aber genau wissen, wer seine Kinder waren. Und somit wurden Frauen und Kinder zum Eigentum erklärt. Sie wurden ihrer Selbstbestimmung und ihrer Freiheit beraubt, unterdrückt und geschändet. Erst dieses Besitzdenken und die durch die Industrialisierung entstandenen Kleinfamilien machen Beziehung auf Augenhöhe sehr schwer bis unmöglich. Trotz Emanzipation und Gleichstellungsbeauftragten sind es i.d. Regel die Mütter, die im Falle einer Trennung die Hauptaufgabe Kinder alleine zu bewältigen haben und dadurch wirtschaftlich und emotional benachteiligt und abhängig sind. Ist eine Beziehung in dieser Lebensweise überhaupt durch ein Kind zu retten? Oder verstärkt der Nachwuchs gar noch die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen in einer Gesellschaft, die durch Steigerung von Besitz, Konkurrenzdenken und Isolation geprägt ist?

Ein persönliches Erlebnis:

Kurz vor dem ersten Lock-down im März 2020 bekam ich die Nachricht von meiner Tochter, dass ich Oma werden würde. Für mich ein Herzenswunsch, für andere eine Katastrophe. Meine Tochter, selber noch Studentin, mit einem Partner, der bereits Vater von zwei Töchtern zweier Frauen war, von dem alle Außenstehenden ahnten, dass er nicht bei den beiden bleiben würde in einer ungewissen Zeit wie dieser?  Die letzten Monate der Schwangerschaft, die Geburt und die ersten 4 Monate danach waren die beiden bei mir zu Hause. Corona und unsere Familienkonstellation haben dafür gesorgt, dass wir drei viel alleine waren, ich nebenbei meine Praxis geführt habe und versucht habe, den beiden Mutter, Oma und ich weiß nicht noch was zu geben. Ich bin dabei an meine Grenzen gestoßen und finde dies zutiefst falsch. Meine Tochter ist dann 800km weit in den Ort gezogen, an dem der Vater meiner Enkeltochter und seine Familie in einer besonderen Gemeinschaft leben. Ein Fundament dieser Vereinigung ist z.B. die Abkehr von eigenem Besitz und ein starkes Wir-Gefühl. Dort wohnt sie nun in einer WG mit einem befreundeten Ehepaar und deren kleiner Tochter. Mein altes Besitzdenken und die Zweifel an der Lebensweise dieser Gruppe haben mir anfangs sehr zu schaffen gemacht. Ebenso die Furcht, der innige Kontakt zu meiner Enkelin könnte darunter leiden. Aber immer mehr freue ich mich über das Aufgehobensein der beiden.  Das Wissen, dass die Aufgaben dort auf mehrere Personen verteilt werden, dass mehr als eine Mutter zur Verfügung steht, gefällt mir.

Vielleicht ist dies der erste Schritt wieder in Richtung Anbindung an den Fluss des Lebens, die Weisheiten der Natur und unserem uralten Wissen von Gerechtigkeit und Liebe. Ich habe den Eindruck, dass meine Enkeltochter die Aufgabe hat, zwei völlig unterschiedliche Welten zusammenzubringen und dafür zu sorgen, dass wir voneinander lernen können. Denn der Wandel in der Welt ist nicht aufzuhalten. Die seit März 2020 erzwungenen Maßnahmen einzelner Herrscher haben viele Menschen in finanzielle Notlagen, in Depressionen und Angst, in die Isolation und die Spaltung der Gesellschaft getrieben. Ein Wertewandel ist nicht mehr aufzuhalten. Mehr denn je profitieren im Moment nur wenige Menschen von der jetzigen Situation. Eine feste Gemeinschaft deren Basis Gleichberechtigung, Wertschätzung und Liebe ist, bietet einen gesunden und nährenden Platz für Kinder. Die so erwachsen gewordenen Menschen können sich wieder auf Augenhöhe begegnen und Kinder das sein, was sie sind: ein Geschenk und keine Beziehungsretter.

Mein persönliches Fazit zu der Frage, ob Kinder die Beziehung retten können? Kinder sind das Leben und bringen ganz viel Licht und Liebe mit auf diese Welt. Sie halten einen bunten Strauß an Herausforderungen und Wachstumsmöglichkeiten für uns bereit. Und dies kann durchaus die Rettung sein.

Autor: Stephanie Czemper, Heilpraktikerin für Psychotherapie
Thema: Kann ein Kind die Beziehung retten?
Webseite: https://www.psychotherapie-czemper.de

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