Ich bin schwanger!?! Nicht immer ist diese Feststellung gleich ein Freudenfest für die Frau.
Oftmals kommt mit der Erkenntnis auch gleich der erste Zweifel, ob Frau das auch alles schafft, ob jetzt wirklich der passende Zeitpunkt ist und, wenn Geschwisterkinder da sind, eben auch die Sorge, ob beides zusammen passt.
Ja, ich finde es wichtig, einmal darüber zu schreiben, dass eben nicht jedes Kind absolut das Traumkind ist, welches schon so lange sehnlichst erwartet wird. Es gibt unzählige Frauen, die nicht damit gerechnet haben, jetzt schwanger zu werden und diese Frauen brauchen erst einmal Zeit, um diese Info anzunehmen.
Als nächster Schritt steht meist ein Besuch beim Gynäkologen oder der Gynäkologin auf dem Plan. Hier erwartet Frau, dass sie dann freudestrahlend mit dem Mutterpass in der Hand wieder aus der Praxis geht, doch das ist nicht immer der Fall. „Es ist noch zu früh, da kann noch viel passieren“, war die Auskunft die ich damals bekommen habe. Das hätte ich mir damals gefühlvoller gewünscht. Aber gut, der nächste Termin kommt ja und dann habe ich endlich meinen Mutterpass. Dumm nur, dass bis zum nächsten Termin immer mehr die Angst kommt, dass ich das Kind verlieren könnte. Immerhin weiß Frau ja ganz genau, dass die ersten 12 Wochen sehr kritisch sind und „ganz viele Kinder gehen“. Hinzu kommt dann noch die klassische Übelkeit und das Erbrechen – die Frage, die ich mir jedoch stelle ist, ob es da nicht vielleicht doch einen Zusammenhang gibt. Rein hypothetisch betrachtet, könnte der Stress, den eine Frau evtl. auch unterbewusst hat, das Kind zu verlieren, nicht auch dafür zuständig sein, dass sie sich permanent schlecht fühlt?
Beim nächsten Besuch in der Praxis ist Frau dann ganz nervös und hofft, dass mit dem Baby alles in Ordnung ist. Immerhin ging es ihr selbst die letzten Tage nicht wirklich gut und die Angst, dass es auch beim Baby so ist, ist da. Doch natürlich ist in den meisten Fällen mit dem Baby alles in bester Ordnung, aber um ganz sicher zu gehen, wird das Angebot unterbreitet, dass (natürlich gegen Aufpreis) einige zusätzliche Untersuchungen über die Schwangerschaft gemacht werden könnten. Bei mir war es damals ein 10er Paket Ultraschalluntersuchungen, die mir Sicherheit verkaufen sollten. Da ich noch keine Ahnung hatte, habe ich es natürlich genommen, ich wollte ja eine gute Mutter sein.
Aus heutiger Sicht frage ich mich jedoch ernsthaft, was für Vorteile das wirklich für Mutter und Kind hat? Denn je mehr ich mich als Frau damit beschäftige, ob mein Kind denn irgendwelche gesundheitlichen Probleme hat, umso mehr Sorgen mache ich mir auch zwangsläufig und umso weniger werde ich unter Umständen die Schwangerschaft genießen. Zudem gibt es diese 100% Sicherheit nicht, dass das Kind gesund ist. Vorgesehen sind in Deutschland während der Schwangerschaft nur 3 Ultraschalluntersuchungen und ich bin mir sehr sicher, sollte ein*e Facharzt*ärtzin etwas Auffälliges entdeckt, sie dann noch von sich aus zusätzliche Untersuchungen veranlassen wird. Im Medizinstudium wird der Fokus auf die Krankheit gelegt, jedoch ist vielen nicht bewusst, dass eine Schwangerschaft nicht grundsätzlich krankhaft ist, sondern ein völlig natürliches und gesundes Wunder.
Was Frauen allerdings verloren gegangen ist, ist der Zugang zu diesem Wunder – so sehr liegt der Fokus auf dem Äußeren, statt auf dem inneren Geschenk. Aus diesem Grund sind die seelischen Belastungen in der Schwangerschaft gerade für die westlichen Frauen sehr groß. Es wird sich um alles „ein Kopf“ gemacht. Im Job wollen sie weiterhin volle Leistung bringen, evtl. ist schon ein Kind da, welches auch viel Aufmerksamkeit benötigt, den Haushalt nicht zu vergessen und natürlich muss bis zur Ankunft des Babys alles schön und fertig vorbereitet sein und so fehlt oft die Zeit für die Mama-Kind-Bindung – die Me-Time, wie es so schön heißt.
Dazu kommt noch die finanzielle Sorge bei vielen Paaren, denn Elternzeit ist zwar toll, aber Unterstützung gibt es leider nur für 1 Jahr und viele Paare können es sich nicht leisten, dass das 2. Gehalt für 2 Jahre wegfällt. Was Frau jedoch instinktiv weiß, ist, dass dieses Kind die Zeit mit Mama braucht. Es wird also auch hier meist eine Entscheidung mehr aus dem Verstand, als aus dem Herzen heraus geboren. Leider muss sich eine Frau schon in der Schwangerschaft mit diesem Thema beschäftigen, denn der Arbeitgeber muss informiert werden, wie lange die Elternzeit dauern soll. So entscheiden sich viele Frauen erst einmal nur 1 Jahr einzureichen und dann evtl. zu verlängern.
Ablenken kann Frau sich dann, indem sie sich auf die Suche nach einer Hebamme macht. Aber hier kommt oftmals das nächste Problem, denn eine Hebamme zu finden ist leider gar nicht mehr so einfach. Ich habe unzählige Frauen bei mir in den Kursen, die weder eine Vorsorge- noch eine Nachsorgehebamme gefunden haben. Dieses Problem wird in den nächsten Monaten und Jahren noch größer werden und auch das belastet ungemein. Denn gerade für eine Erstgebärende, die noch völlig unerfahren ist, kommt da eine so große Herausforderung auf sie zu. Wie soll sie wissen, was richtig oder falsch ist? Wer soll ihr da Unterstützung bieten und Fragen beantworten. Die eigene Mutter ist für viele nicht die richtige Person, da hier oftmals Mutter-Tochter-Konflikte wieder auftauchen, die in solch einer Situation keinen Platz findet.
In einigen Städten gibt es inzwischen Nachsorgepraxen von Hebammen, das bedeutet, dass nicht die Hebamme zu Mutter und Kind kommt, sondern die Mutter mit dem Neugeborenen auf die Reise gehen muss. Das scheint eine vernünftige Lösung zu sein, denn immerhin hat die Frau so wenigstens eine Anlaufstelle. Doch auch hier ist es wieder die Vernunft die den Ausschlag gibt. Wenn es nach dem weiblichen Bedürfnis gehen würde, so sollte eine Frau nach der Geburt für 40 Tage das Haus nach Möglichkeit nicht verlassen müssen. In vielen traditionellen Kulturen ist das auch noch so. Eine Geburt ist eine unglaubliche Leistung für Mutter und Kind, auf körperlicher und emotionaler Ebene. Der Körper der Frau braucht danach Ruhe, damit er sich erholen kann, damit die Gebärmutter sich wieder zurückbilden kann und auch heilen kann. Denn immerhin ist an der Innenwand der Gebärmutter, an welcher die Plazenta verwachsen war eine Wunde, die heilen möchte. Die Plazenta hat im Schnitt einen Durchmesser von 15-20 cm. Wer würde auf die Idee kommen mit einer Wunde in der Größe an einer anderen Stelle des Körpers sich um einen perfekten Haushalt zu sorgen, geschweige denn sich ständig außer Haus zu begeben. Hier leiden Körper und Seele, denn beide können nicht in die Heilung gehen, die benötigt wird.
Der Hintergrund, weshalb sich Frauen diese Zeit oftmals nicht nehmen wollen, ist meiner Meinung nach, dass sie sich von den Erlebnissen in der Klinik während der Geburt ablenken wollen. Denn nicht nur ambulante Hebammen haben deutlich abgenommen, auch im Kreißsaal gibt es heute viel zu wenige Hebammen. Im Schnitt betreut eine Hebamme inzwischen 4-5 Gebärende gleichzeitig. Es braucht nicht viel Fantasie sich auszudenken, wie viel Zeit die Hebamme dann bei jeder einzelnen Frau in einer Stunde verbringen kann - selbst wenn sie es wollte. Und so häufen sich die Geschichten von traumatischen Geburtserfahrungen und die Kaiserschnittrate steigt - inzwischen kommt jedes 3. Kind per Kaiserschnitt auf die Welt. Die fehlende Unterstützung im Kreißsaal führt oftmals dazu, dass Frauen Angst haben, weil sie alleine in dieser Ausnahmesituation sind. Der Partner leidet dabei im Übrigen genau so, weshalb er keine wirkliche Unterstützung sein kann. Angst führt jedoch dazu, dass die natürliche Ausschüttung von Oxytocin (das Liebeshormon) vermindert wird, denn Stresshormone bieten nicht den emotionalen Rahmen um sich fallen zu lassen und los zu lassen. Sie setzen den „Fight-or-Flight“ – Kampf-oder-Flucht-Modus in Gang und keine Frau kann darunter kraftvoll ein Kind gebären. So versucht also das Kind den Weg nach außen zu gehen, doch der Körper der Frau sagt: „Nein, es ist nicht sicher!“
Dies löst das sog. Angst-Spannungs-Schmerz-Syndrom aus und führt in den meisten Fällen zu Eingriffen, die eigentlich nicht notwendig wären, wäre die Frau gut betreut und würde sie sich sicher und geborgen fühlen. Aber die Vorarbeit hierfür wurde schon Wochen vor der Geburt begonnen, denn aus welchem Grund auch immer, fühlen sich andere Frauen fast schon verpflichtet ihre furchtbare Geburt in allen Einzelheiten der werdenden Mutter zu erzählen. Vielleicht auch, damit sie sich etwas darauf einstellen kann, was da wirklich auf sie zukommt, vielleicht um es selbst noch einmal zu verarbeiten – Fakt ist jedoch, dass wenige werdende Mütter den Mut haben, solche Geschichten abzulehnen und darum zu bitten, das Gespräch auf „danach“ zu verschieben. Was wäre, wenn Frauen selbstbestimmt und selbst-mächtig in die Geburt gehen würden und in guter Hoffnung wären? Was, wenn sie sich auf das, was kommt, in dem tiefen wissen einlassen würden, dass ihr gesunder Körper und das gesunde Baby genau wissen, was zu tun ist? Was wäre, wenn Frau den Verstand während der Geburt einfach ausschalten würde? Wenn sie die Zeit in der Schwangerschaft nutzen würde, um immer mehr mit dem Wunder ihres Körpers und dem Wunder in ihr in Verbindung zu kommen. Was, wenn Frau die Geburt bewusst als die Transformation wahrnehmen würde, die sie wirklich ist. Denn nicht nur das Kind wird geboren, sondern auch die Frau zur Mutter. Nach der Geburt wird eine Frau die Welt nie wieder so sehen wie vor der Geburt: Denken, fühlen und handeln werden sich völlig verändern, weshalb nicht schon in der Schwangerschaft damit anfangen?
Ich kenne so viele Frauen, die ein kraftvolles Geburtserlebnis hatten und sich nicht trauen davon zu berichten, da andere es nicht glauben können. Diese Frauen haben bei der Erinnerung daran, Freudentränen in den Augen und sind stolz darauf, aus eigener Kraft geboren, sich hingegeben zu haben und ganz bei sich und dem Baby gewesen zu sein. Das sollte das neue Normal sein!
Durch den Hebammenmangel sind zunehmend andere Frauen in die Verantwortung gegangen und fangen an, eine nicht-medizinische Lücke zu füllen. Es gibt Doulas, die Frauen auf diesem Weg stärken und Begleiten (auch während der Geburt) und es gibt Flowbirthing Mentorinnen die ergänzend oder alternativ zu einem klassischen Geburtsvorbereitungskurs gebucht werden können. Dort können Frauen die Rückanbindung zu sich selbst wieder erfahren.
Es ist nicht egal, wie wir geboren werden – es ist die Basis für das weitere Leben von Mutter und Kind. Die Voraussetzungen hierfür schaffen wir jedoch in der Schwangerschaft. Aus diesem Grund sollten die seelischen Belastungen, die Frauen in dieser Zeit haben, soweit es geht, reduziert werden und die Freude über das Wunder des Frauseins und das Baby täglich größer werden.
Autor: Heike Christina Jekel, Heilpraktikerin
Thema: Seelische Belastung in der Schwangerschaft
Webseite: https://www.naturheilpraxis-jekel.de
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