[Kolumne] Jeder Schüler hat irgendwie sein Päckchen zu tragen, der eine leidet unter Konzentrationsschwächen, der nächste ist unmotiviert oder ein Scheidungskind.
Aber das Problem, das am meisten vermeidbar ist und mir in meiner beruflichen Praxis immer wieder begegnet, hat einen Stecker...und ist dank Akku immer dabei. Egal ob Plattformen wie YouTube oder tiktok, die Box mit dem X oder der Gamer PC, die wenigsten Jugendlichen schaffen es, ihren Konsum in einem vernünftigen Rahmen zu halten. Aber wie sollten sie auch? Schließlich müssen sie erst lernen, Ablenkungen in ihren Alltag zu integrieren und nicht zur Hauptsache werden zu lassen. Nach dem Aufstehen erstmal Instagram checken, im Bus zur Schule tiktok schauen und auf dem Pausenhof über die neuesten YouTube-Streamer quatschen, das gehört für die meisten dazu.
Doch irgendwie klar. Würde nicht jedes Kind am liebsten nur Schokolade essen? Erst mit der Zeit lernen sie, das auch andere Lebensmittel wichtig sind. Doch die meisten Eltern glauben, mit dem Satz, 'aber mach' nicht zu lange', wäre das getan. Doch dafür ist die Verlockung viel zu groß, die Hausaufgaben oder der Sport an der frischen Luft werden da gerne vernachlässigt. Deshalb ist es an uns, ihnen zu zeigen, wie man einen Alltag gestaltet, der Spaß macht, aber auch die Verpflichtungen nicht außer Acht lässt. Das ist gar nicht so leicht, so manche Eltern sitzen selbst am liebsten auf dem Sofa, mit dem Handy in der Hand und Netflix läuft.
Am besten fangen wir also bei uns selbst an, sind ein Vorbild, zeigen, das Spaß wichtig, aber nicht das einzige ist. Immer wieder erfahre ich, dass Eltern eigentlich gar nicht wissen, womit sich die Kinder den ganzen Tag beschäftigen. Doch nicht nur, um falschen Kontakt, Gewalt oder Pornografie zu unterbinden sollten Eltern durchaus Interesse daran haben, was ihre Kinder da tagtäglich so fesselt. Das führt nicht nur zu Verständnis der Eltern, auch die Kinder fühlen sich verstanden.
In Zeiten von Lockdown und Homeschooling oder in der kalten Jahreszeit bringt Teenager kaum noch etwas vom Laptop weg. Wir müssen Alternativen schaffen, zeigen, das Bewegung an der frischen Luft oder das Lesen eines Buches mehr Spaß machen kann, als unbekannten B Promis beim Karaoke singen oder Streamern beim Computerspielen zuzugucken.
Wir alle bleiben schließlich gerne in unserer Komfortzone, wenn uns die Alternativen fehlen. Doch müssen wir Instagram, Netflix und Co komplett verteufeln? Natürlich nicht, auch wir Erwachsenen nutzten es gerne zur Ablenkung oder zum Zeitvertreib. Die Dosis macht das Gift, wie bei allem. Und es ist unsere Aufgabe als Vorbilder, den Kindern zu zeigen, wo die giftige Dosis anfängt. Ein Verbot bringt da meistens gar nichts. Gemeinsam ist es möglich, eine gesunde Nutzung all dieser Medien, die heute auf Schüler einprasseln, zu entwickeln. Und wie das bei allen Verhaltensänderungen so ist, wird es anfangs nicht leicht. Durchhalten lohnt sich.
Autor: Anke Wachtendorf - Schülercoach, Lern- und Erziehungsberatung, Verlagsautorin
Thema: Vermeidbares Übel?
Webseite: http://www.schuelercoaching-wachtendorf.de