Was versteht man unter nonverbaler Kommunikation?

Es gibt zwei Sorten Menschen: Die, die am liebsten den ganzen Tag schnattern, mit jedem Menschen, dem sie begegnen – mit vielen Wörtern versteht sich – und die, die genau das nicht tun und sich in vornehmes Schweigen hüllen.

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In Filmen ist der erste Typ oft die schwatzhafte Sekretärin oder Arzthelferin, der zweite Typ der entsprechende Chef oder der ihr vorgesetzte Arzt. Die Aufteilung der Verhaltensweisen zwischen Frauen und Männern ist jedoch keineswegs so simpel, es gibt auch die vielredenden Männer und die schweigsamen Frauen.

Doch auch die, die nicht so vordergründig mit jedem schwatzen können oder mögen, kommunizieren. Der Kommunikationspsychologe Paul Watzlawik äußerte in seinem berühmten ersten Axiom Wir können nicht nicht kommunizieren. Auch der oder die Schweigende spricht also. Wer sich betont von anderen Menschen abwendet und nicht antwortet sagt z.B.: Ich möchte jetzt nicht mit euch/ ihnen reden.

In den beiden harten Kommunikationsjahren, die hinter uns liegen, haben viele von uns diese wieder mehr schätzen gelernt. Vermutlich hatten wir zuvor ein wenig vergessen, wie wichtig auch die kleinen, banalen Alltagsgespräche sind. Es ist wichtig, ob uns jemand fragt, ob wir die Wäsche schon aufgehängt haben oder die Rechnungen bezahlt oder im Beruf, wo wir die Kladde X hingelegt haben, ob wir schon Y angerufen oder uns schon jenen Termin eingetragen haben … Als das alles wegfiel, wurde es still um viele von uns. Was vielen fehlte, waren nicht nur die großen, erzählenswerten Ereignisse in Kultur und Privatleben, sondern all die kleinen – scheinbar unbedeutenden – Kommunikationen. Der Mensch lebt aus der Interaktion mit anderen. Lesen und Filme anschauen genügen nicht als Austausch mit der Welt.

Welche Erleichterung machte sich breit unter den Menschen, die zuvor nicht vertraut waren mit Zoom-, Skype- oder Teams-Konferenzen, dass wir die anderen nicht nur am Telefon hatten, sondern plötzlich wieder sehen konnten! Anfangs fragte ich mich, wo denn da der Unterschied sei? Aber es gibt ihn, den Unterschied! Er liegt in der heutigen Frage der Bedeutung der nonverbalen Kommunikation. Wörter überträgt auch das Telefon oder eine Mail. Aber ein Smiley in einer Mail ist kein lebendiger Gesichtsausdruck. Alle bildgebenden Konferenzmedien, egal ob wir sie privat mit unseren Freunden verwenden oder dienstlich, zeigen uns, was wir kaum hören können am Telefon: das Nonverbale: Wir sehen, wie Kollege P lustlos auf seinem Handy spielt, Kollegin Q ihren Nagellack zum wiederholten Male überprüft, R Randnotizen macht auf dem Tagungsprogramm, die immer blumiger werden und allmählich die Tagesordnung kreativ überwuchern. Schon diese kleine Schilderung macht deutlich, was hier kommuniziert wird: Langeweile. Vielleicht ein schlechter Redner, der die Zuhörer nicht mitnehmen kann, vielleicht ein schon zu oft gehörtes Thema, man langweilt sich und darf den Raum nicht verlassen. Das alles sehen wir – live oder per Zoom – ohne dass jemand dazu etwas sagen muss.

Nonverbale Kommunikation ist mehr, als die beschriebenen Bilder es sind. Sie spielt sich auf allen Sinnesebenen ab. Nicht umsonst sagt das Sprichwort, wir „könnten jemanden nicht riechen“. Hier trifft unser Körper, vertreten durch die Nase, die Entscheidung, dass wir mit dieser Person nicht sprechen und so wenig wie möglich zu tun haben wollen. Genauso kann es ein zu fester oder zu schlaffer Händedruck sein, der uns diesen Eindruck vermittelt (bzw. vermittelte, als wir uns noch die Hände gaben zur Begrüßung). Unser ganzer Körper kommuniziert mit allem was zu ihm gehört: Das Sehen, das Riechen, das Tasten, das Hören. Wörter, die wir hören, sind nur ein kleiner Teil unseres Aufeinander-Bezogen-Seins.

Das Wort Kommunikation kommt aus dem Lateinischen und bedeutet teilen, sich mitteilen, jemanden teilnehmen lassen, etwas gemeinsam machen. Vom Reden ist da nicht die Rede, auch wenn wir es meist in dieser Bedeutung verwenden. In Kommunikationsseminaren werden diese anderen Ebenen oft mit beleuchtet, kommen aber dennoch zu kurz. Menschen, die gehörlos sind, kommunizieren genauso viel wie hörende Menschen. Die Gebärdensprache ist eine vollwertige Sprache mit Begriffen, Grammatik, Witzen, Metaphern und Lyrik – nicht hörbar aber sichtbar. Die Lormschrift der Taubblinden, welche in die Handinnenfläche geschrieben wird, ist ebenfalls eine vollwertige Sprache und taktile Schrift. Niemand kann nicht kommunizieren. Diese Formen der Kommunikation sind nicht „nonverbal“, denn hier werden Wörter und Buchstaben übermittelt.

Wenn wir ein sehr kleines Kind auf dem Arm haben, was noch kaum spricht, stellen wir nicht in Frage, dass Vorsprechen, Vorsingen, Fingerspiele, Kitzeln, Lachen, Bilderbücher anschauen, Hochnehmen und Herumtragen Formen der Kommunikation sind. Wissen Sie noch, wie ein sauberes Baby riecht? Und welchen Aufforderungscharakter der Geruch einer vollen Windel hat? Das ist nonverbale Kommunikation.

Anthropolog*innen erzählen uns, dass es früher bei den Menschen unterschiedlicher Kulturen verschiedene Kommunikationsformen gab: wortreiche und gestenreiche; musikalische und olfaktorische (auf Gerüche bezogene). Scheinbar hat die Bildkultur von zuerst Fernsehen und nun Internet weltweit die unterschiedlichen Kommunikationen verähnlicht, nämlich die Betonung auf das Sichtbare verstärkt. Die Bedeutung der Pausen beim Sprechen, nimmt dadurch ab.

Lassen wir uns nicht einfangen durch die gesprochenen Texte, oft mit verführerischen Filmbildern unterlegt, die wir täglich aus den Medien aufnehmen: Viele andere Arten von Kommunikation sind attraktiv – und im Moment wieder zulässig: einander umarmen, einander riechen, Hände schütteln, französische Küsschen geben, einem Kind winken, sich zuzwinkern, die Geste des Geldzählens machen … Natürlich lässt sich diese Liste verlängern um Formen der nonverbalen Kommunikation, auf die wir verzichten sollten: jemanden ohrfeigen, einem Autofahrer den Stinkefinger zeigen, vor jemandem ausspucken, jemanden nachäffen …

Wünschenswert für uns alle ist es, mit dem ganzen Körper zu sprechen durch Nähe und Abstand, durch Gesten und Bilder. Wir sind der Fülle fähig, auch wenn wir sie uns oft nicht gestatten oder man sie uns lange nicht gestattet hat!

Autor: Dr. Angelika Weirauch
Thema: Was versteht man unter nonverbaler Kommunikation?
Webseite: http://www.weirauch.eu

#Kommunikation, #Verhaltensmuster, #Körpersprache, #Unterbewusstsein

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