Unsere Situation
11:30 Uhr Das Handy klingelt, eine „whatsapp“ kommt rein, dann noch eine SMS und eine E-Mail.
Die E-Mail kommt vom Abteilungsleiter. Er möchte nur kurz nachfragen, wie weit die Planung für die nächste Tagung in einer Woche vorangeschritten sei. Er habe den Auftrag doch bereits um 08:30 Uhr erteilt und wir müssen noch dringend die Agenda mit den To-Do´s an alle Kollegen weiter geben. Das ginge doch aber fix, da die Inhalte im letzten Meeting angerissen wurden. Kein Problem!
Die SMS kommt von der KITA – eine Benachrichtigung über den zweiten verpassten Anruf. Ok, schnell die Mailbox abhören: gut… Masernepidemie… dringend Sohn Tom abholen… Oh nein! Gar nicht gut!
Die whatsapp ist von meinem Mann. Er ist in dieser Woche auf Dienstreise und seine Mutter habe sich angekündigt. Sie müsse um 12:45Uhr vom Bahnhof abgeholt werden. Dann könne sie sich doch um Tom kümmern, falls ich wieder einmal länger arbeiten müsse. Das habe sie ihm heute früh per SMS angeboten und es wäre doch schön. Dann könne ich sie in meiner Mittagspause gleich abholen und mit ihr essen gehen.
Ja.. Wunderbar, wenn alle um mich herum „mitdenken“ und mir Entscheidungen „abnehmen“.
Oder doch nicht? Kennen Sie das auch? Sie haben das Gefühl, sich in einem Spinnennetz zu bewegen? Na immerhin KÖNNEN Sie sich noch bewegen. Nur nicht unbedingt sowie Sie es gern hätten.
Ganz im Sinne der Band No doubt und ihrem Song „Spiderwebs“
„…Sorry I'm not home right now I'm walking into spiderwebs So leave amessage And I'll call you back…“
Der Song hat zwar einen anderen Hintergrund, jedoch hatte ich irgendwie immer einen „Ohrwurm“ davon, wenn das Gefühl in mir aufkam, in einem „Netz“ festzuhängen und dass jeder an mir zog und zerrte.
In solchen Lebenslagen haben wir oft das Gefühl, nicht mehr über uns selbst bestimmen zu können. Wir würden uns ja soooo gern einmal wieder richtig Zeit für uns selbst nehmen und entspannen. Aber nein! DAS geht nicht! Wie soll die Firma weiterlaufen, wenn ICH nicht da bin? Was sollen meine Kollegen von mir denken? Oder die Kindergärtnerin ? Oder die Nachbarn? Oder…? Ja, was ist eigentlich mit unserer Familie? Den Menschen, die wir doch am meisten lieben? Und vor allem mit uns selbst? Sollten wir nicht für uns selbst die höchste Priorität sein? Welchen Eindruck macht unsere tägliche Hetze auf jede einzelne unserer Körperzellen? Und welche Wirkung hat unser Verhalten auf unser Unterbewusstsein und unsere Psyche?
Wie gefährlich kann es werden?
Haben Sie schon einmal von dem Begriff „Karoshi“ gehört? Das ist die japanische Übersetzung für „Tod durch Überarbeiten“. Ja, sie haben richtig gelesen. Wenn wir nur noch funktionieren, ohne auf uns selbst zu achten, kann das sogar zum Tod führen. Ursache dafür sind oft ein Schlaganfall oder ein Herzinfarkt. Inwieweit verübte Selbstmorde damit in Zusammenhang gebracht werden können, ist noch nicht ganz vollständig untersucht worden.
Natürlich muss nicht immer gleich der Tod die Folge von lang anhaltendem Dauerstress sein. Manchmal zeigen sich nur Symptome wie Herz-Kreislaufbeschwerden, Übergewicht (durch erhöhte Cortisol Produktion), Einschlafstörungen oder ein Reizdarmsyndrom. Nach längerer Zeit kann sich auch ein chronisches Erschöpfungssyndrom oder Burn-out-Syndrom einstellen, je nach Ursache.
Dabei ist es unserem Körper herzlich egal, ob es sich um Eustress oder Disstress handelt. Unsere Körperzellen unterscheiden zwischen diesen beiden Stresstypen nämlich nicht. Das Ergebnis ist entscheidend und natürlich verschleißt unser Körper schneller, wenn wir unter Dauerstrom stehen. Oder fahren Sie Ihr Auto immer mit 260km/h? Und gestatten Sie mir noch eine Frage: Wann waren Ihr Körper und Ihre Psyche das letzte Mal beim TÜV oder haben eine „Runderneuerung“ bekommen? Wann haben Sie im Alltag zum letzten Mal auf Ihren Atem und Ihren Herzschlag geachtet? Solche Fragen sollten Sie sich selbst und Ihren Mitmenschen zuliebe ruhig einmal stellen. Denn, wenn unser Körper und unser Geist „heiß“ laufen, kann es entweder ganz oder zumindest für eine sehr lange Zeit mit dem Erfüllen aller wichtiger Aufgaben vorbei sein.
Was Sie für sich selbst jederzeit tun können
Es muss nicht gleich eine vierwöchige Auszeit in der Karibik sein, um abzuschalten. Die Vorstellung ist zwar reizvoll, nur kann sich das bei weitem nicht jeder leisten- in doppelter Hinsicht:
Zum einen sind die Kosten für viele von uns zu hoch und zum anderen gibt es viele Gründe, warum wir nicht einfach mal so raus KÖNNEN. Diese Fakten habe ich Ihnen ja bereits angedeutet.
Vielleicht lässt sich bei Ihnen ein Wellness Wochenende einrichten. Das muss nicht in einem teuren Spa sein. Vielleicht haben Sie einen schönen ruhigen Garten oder das nächste Stück Natur ist nicht weit? Nehmen Sie sich eine bequeme Decke und etwas zu trinken und zu essen mit hinaus und beobachten Sie einfach nur Ihre Umgebung. Nur beobachten ohne zu bewerten. Keine Gespräche mit anderen, und ohne zu überlegen, was Sie als nächstes tun müssen und vor allem OHNE JEDEN TECHNISCHEN SCHNICKSCHNACK! Das ist IHRE Auszeit, in der Sie nur für eine Person da sind; für sich selbst! Dazu könnte sich ein warmes Fußbad anschließen und vielleicht die weitverbreitete Quark-Gurkenmaske auf dem Sofa (natürlich ohne Fernseher!)? Oder ein leckerer Tee oder Kakao? Gönnen Sie sich, was immer Ihnen guttut!
Immer noch zu aufwendig? Nun gut. Die folgende Übung bekommen wir wirklich alle mühelos in unseren Alltag eingebaut:
Wenn Sie sich abends schlafen legen und Ihrer Familie „Gute Nacht“ gesagt haben, kommt nun hier IHR Moment: Stellen Sie sich einen Apfel vor- und zwar NUR einen Apfel? Sie mögen keine Äpfel? Dann kann es natürlich auch etwas anderes sein. Wichtig ist, dass Sie bei geschlossenen Augen wirklich NUR an diese eine Sache denken. Ich gebe zu: Das klingt sehr unspektakulär. Und das ist es auch. Versuchen Sie es einfach einmal. Sie werden staunen, was in Ihren Gedanken passiert. Falls Sie abschweifen, kehren Sie einfach wieder zu Ihrem Gegenstand zurück. Je öfter und regelmäßiger Sie diese Übung machen, desto mehr werden Sie feststellen, dass sich etwas in Ihren täglichen Abläufen verändert. Am besten nehmen Sie sich diese kleine Pause jeden Abend für ca. 10 Minuten vor und für mindestens 21 Tage. Dann wird sie garantiert zu einer schönen Alltags-Gewohnheit, die Sie nicht mehr missen möchten. Sie sollten mit der Zeit besser einschlafen und durchschlafen können.
Im Alltagstrott selbst hilft es zudem manchmal gut, wenn Sie in Situationen, die plötzlich auf Sie einstürzen, versuchen, aktiv Ihren Atem zu beobachten und ihn zu verlangsamen. So können Sie besser gegensteuern. Ein ruhiger Atem beruhigt auch den gesamten Körper und umgekehrt.
Ich wünsche Ihnen dabei viel Erfolg und dass Sie wieder schneller zu sich selbst finden können!
Autor: Sonja Behling
Thema: Ruhepausen im Alltag
Webseite: http://www.franchimani.de
Autorenprofil Sonja Behling:
Ich habe meine erste Ausbildung in der Finanzbranche zur Bank Betriebswirtin absolviert. Schon damals wurde mir manchmal ein "Helfersyndrom" nachgesagt. Nach 13 Jahren Tätigkeit wechsele ich jetzt den Beruf und bin Heilpraktiker Anwärterin und Wellness Masseurin.