Was bedeutet es (Selbst)-Verantwortung zu übernehmen

„Wer will findet Wege, wer nicht will, findet Gründe“ - Willy Meurer, Aphoristiker

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Im Laufe der Zeiten hat sich unendlich viel Literatur zum Thema Verantwortung angesammelt. Unter anderem haben sich auch Philosophen und andere großartige Denker zu unterschiedlichen Epochen ausführlich mit diesem wichtigen Thema beschäftigt. Was ist eigentlich Verantwortung? Gibt es eine einfache Definition, die alle Facetten beschreibt? Eher nicht, das Thema ist zu groß, um es in einen Satz zu packen.

In der Enzyklopädie der Wertvorstellungen findet man dazu z.B.

„Verantwortung ist die Übertragung bzw. Übernahme einer willentlichen Pflichterfüllung in Form von Handlungen inklusive deren Konsequenzen... „

Verantwortung hat viele Formen und findet auf unterschiedlichen Ebenen statt. Sehr holzschnittartig und ohne Anspruch auf Vollständigkeit kann man zwischen der rechtlichen, der sozialen und der Selbst- Verantwortung unterscheiden, wobei natürlich alle drei Ebenen je nach Situation miteinander verknüpft sein können.

In diesem Artikel möchte ich vom Großen zum Kleinen, von allen übergeordneten Ebenen zur individuellen Ebene kommen. Es geht um Selbstverantwortung, also um eben die Verantwortung, die ein Individuum persönlich betrifft und die es mit sich selbst ausmachen muss. Diese Verantwortung hat viel zu tun mit unseren ethischen und moralischen Einstellungen, unseren für gut befundene Regeln eines anständigen fairen Umgangs mit uns selbst und anderen, schließlich auch unserer Auffassung von Gerechtigkeit und Recht.

Haben Sie sich das Wort Selbstverantwortung eigentlich schon einmal genau angesehen? Welche Begriffe lassen sich daraus bilden bzw. stecken bereits drin?

Selbst – ICH nehme MICH selbst wichtig und handele nach meinen Maximen, ohne falsche Loyalität sage ich ja, wenn ich ja meine und nein, wenn ich nein meine. Ich gebe zunächst mir die Erlaubnis, mich mit meiner Entscheidung wohl und wertig zu fühlen. Damit übernehme ich die Kontrolle über mein Leben, ich lebe es selbst und werde nicht gelebt. Ich verlasse die Opferrolle und übernehme die Macht für mein Handeln, inklusive aller Konsequenzen. Das fühlt sich gut an.

Antwort  -  Die erste Antwort sollte ich mir selbst geben und sie sollte lauten: Ja, ich übernehme die Verantwortung für mein eigenes Denken und Handeln in der Situation. Ich gebe nicht anderen die Schuld, ich rede mich nicht raus. Ich warte nicht darauf, dass andere für mich entscheiden.

Verortung – Ich schaue mir an, wo das Thema liegt. Gehört es wirklich zu mir? Falls ja, nehme ich mich der Sache an. Falls nein, gebe ich dahin zurück, wo es beheimatet ist. Ich bin nicht für das Wohlbefinden anderer verantwortlich, aber ich gehe achtsam mit mir und anderen um.

Ort – All diese Überlegungen finden zunächst bei mir selbst statt, der Ort für diese Entscheidungen und die weitere Vorgehensweise bin ich.

Wenn wir uns so annähern, erhalten unsere Entscheidungen und die daraus resultierenden Handlungen für uns und nach außen hin eine andere, höhere Qualität. In jedem Fall aber habe ich ein deutliches Maß an Kontrolle, welche bei aller Unsicherheit im Treffen der Entscheidung(en) auch innere Sicherheit bietet. Ich nehme mich selbst in die Pflicht, stehe Rede und Antwort, bin im Zweifel auch „schuld“ an dem Ergebnis, nehme Ablehnung und Kritik in Kauf und trage die Konsequenzen.

Natürlich ist das alles leichter gesagt als getan und es geht auch nicht immer in dieser Klarheit, aber alleine das Zulassen dieses Denkmodells lenkt uns raus aus dem Opfermodus, in dem sich sicher niemand gerne befindet. Lassen Sie mich zur Veranschaulichung eine kleine Geschichte erzählen.

Eine Klientin von mir, Mitte 50, arbeitet an 2 festen Tagen die Woche in einem Großkonzern. Wie bei den meisten Unternehmen haben auch hier seit geraumer Zeit die sogenannten „agilen Arbeitsmethoden“ Einzug gehalten. Ohne tiefer auf diese Methoden einzugehen, sei in aller Kürze gesagt, dass es bei diesem Ansatz am Ende darum geht, schneller und effektiver in den jeweiligen Teams Ergebnisse zu erzielen und dadurch die Produktivität zu erhöhen.

Dies erfordert für langjährige Mitarbeiter ein radikales Umdenken sowie gleichzeitig ein hohes Maß an Flexibilität und neu definierter Schnelligkeit. Des Weiteren werden dafür auch gewisse Skills benötigt, die die jüngere Generation oftmals bereits mitbringt oder in kurzer Zeit leichtfüßig und quasi nebenbei erlernt. Die Arbeitszeiten werden flexibel (agil) auf die Teams abgestimmt, der alte, wohlbekannte Arbeitstag hat ausgedient.

Meiner Klientin wurde nun die Verantwortung für ein Thema übertragen, das sie zwar bisher inhaltlich kannte und auch betreute, welches aber jetzt von Grund auf überprüft, angepasst, erneuert und auf eine andere Plattform umgezogen werden sollte. Mit viel Kraft und hohem Einsatz schaffte sie es, die Vorarbeiten so, wie sie es verstanden hatte, bis zu Beginn ihres Urlaubs zu erledigen. Sie ging mit einem sehr schlechten Gefühl in den Urlaub, da sie bereits ahnte, was auf sie zukommen würde. Der Startschuss für das Projekt fiel in die Sommerferien. Als Mutter zweier Teenager hatte sie zu dieser Zeit Urlaub und konnte nicht daran teilnehmen. Es wurde auch keine Vertretung für sie benannt, so dass aus ihrer Abteilung niemand anwesend war.

Bei ihrer Rückkehr stellte sie fest, dass das Projekt weit fortgeschritten war und mehrfach in der Woche prozessuale und fachliche fixe Meetings mit sehr großer Teilnehmeranzahl aus den verschiedenen Abteilungen anberaumt waren. Diese Meetings fanden und finden wegen Covid19 ausschließlich in Form von Webkonferenzen statt. Zusätzlich waren die Termine auch auf Tage gelegt worden, an denen sie normaler Weise nicht arbeitete. Sie wählte sich dennoch in die Meetings ein. Ihre Verzweiflung stieg von Tag zu Tag, denn sie musste zum einen erkennen, dass ihre Vorarbeiten nicht im Sinne des Projekts ausgeführt waren, zum anderen konnte sie inhaltlich nicht folgen, sie verstand rein gar nichts. Da halfen auch die Hochglanzpräsentationen nicht weiter, die zum „besseren Verständnis“ in großer Zahl angefertigt wurden.

Was sollte sie tun? Sie war völlig überfordert, schlief kaum noch und wenn doch, dann plagten sie Alpträume und sie wachte völlig gerädert auf. Gedanken schossen ihr durch den Kopf: „Ich bin zu alt“, „Ich bin zu dumm“, „ich bin zu unfähig“, „ich lasse mich krankschreiben“... Nun war es an der Zeit, Verantwortung zu übernehmen. Aber wie? Wofür?

Meine Klientin tat das Richtige. Sie begann bei sich selbst. Sie übernahm die Verantwortung zunächst einmal für sich selbst. Ihr wurde klar, dass sie erst einmal sich selbst helfen musste, bevor sie der Gesamtsituation Rechnung tragen konnte.

Sie suchte das Gespräch mit ihrem Chef und erklärte die ganze Misere, sie machte Vorschläge, indem sie darum bat, dass man ihr diese Tätigkeit einmal ganz individuell und in Präsenzterminen erklären sollte. Da dies wegen Covid19 jedoch schwierig ist, bat sie sogar darum, dass ihr „Unvermögen“ in der Führungsebene öffentlich gemacht wird und ein Ersatz für sie gefunden wird, der diese Aufgabe schneller und besser erledigen kann. Dies alles erforderte viel Mut und ich zolle ihr dafür meinen ehrlichen Respekt!

Wir sehen, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen kann auch bedeuten, Verantwortung abzugeben. Gleichzeitig sorgte sie dafür, Schaden von sich und dem Unternehmen fernzuhalten. Natürlich wog sie ihr Vorgehen vorher gründlich ab. Sie musste sich ja auch zunächst eine Blöße geben, um mehr Frieden und Freiheit zu erhalten. Sie befreite sich aus der Opferrolle und gab nicht mehr den Umständen die Schuld.

Sie traf (selbst)-bewusst und aktiv Entscheidungen, sie nahm damit auch in Kauf, dass ihre Entscheidung für andere unbequem sein könnte.

Kurzum: Sie nahm ihr Leben in die Hand und besann sich nach gründlicher Überlegung auf die beste aller Wahlmöglichkeiten in dieser speziellen Situation.

Zuletzt möchte ich noch an das berühmte und sehr weit verbreitete Zitat von Henry Ford erinnern, welches als sogenannte LCL - Methode fester Bestandteil in Psychologie und Persönlichkeitsentwicklung ist:

„Love it, change it or leave it”.

In diesem Sinne: Seien Sie mutig. Es lohnt sich in jedem Fall immer für Sie und meistens  auch für die anderen.

Autor: Susan Stepanian
Thema: (Selbst)-Verantwortung übernehmen
Webseite: https://susan-stepanian.de/nvl/

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