Stimmungsschwankung – was ist das?
Eine Stimmungsschwankung impliziert, dass eine latent vorhandene Grundstimmung im Menschen vorhanden ist, die aus ihrer gewohnten Spur läuft und dadurch ins Schwanken gerät. Diese Grundgestimmtheit eignet jedem Menschen, und da jeder Mensch einzigartig und einmalig ist wie ein Fingerabdruck, definiert sich seine Stimmung an seiner Individualität, seinem Charakter, seinem Temperament und auch an seiner physischen Verfassung. Der eine ist ein gut gelaunter positiver Typ, der andere mehr ein nachdenklicher, ernster Mensch, und wieder ein anderer ist ein nörgelnder, schwarz sehender negativer Typ.
Wie kommt es nun bei einem Individuum zustande, dass sich seine vorherrschende Grundgestimmtheit plötzlich ändert, dass der Mensch diese Grundstimmung verliert und sie ins Schwanken gerät, auf unbestimmte Zeit, nicht gewollt, irgendwie diffus und nicht steuerbar? Sie kann sich durch verschiedene Symptome zeigen. Zum Beispiel fühle ich mich plötzlich irgendwie unwohl in meiner Haut, ich spüre ein unangenehmes Grummeln im Bauch, meine Gedanken springen wild durcheinander, ich habe schlechte Laune, ich fühle mich einsam und verlassen, ungeliebt, unbeachtet, und verhalte mich deswegen anders als sonst. Ich möchte oder kann meine Dinge nicht wie gewohnt erledigen, mein alltägliches Umfeld bemerkt diese Veränderung, ich will aber nicht mehr Kontakt zu ihr, als unbedingt nötig, ich will meine Ruhe haben und ziehe mich spürbar zurück, ich bin vielleicht kürzer angebunden als sonst, gar grantig und unhöflich bis hin zur völligen Ignoranz gegenüber meiner Alltagswelt.
Eine Stimmungsschwankung kann ganz normal sein, sie kann aber auch pathologisch bedingt sein. Menschen, die unter psychischen Störungen leiden, zeigen immer wieder durch ihre Krankheit bedingte Stimmungsschwankungen, die grundsätzlich dann auch ärztlich-medikamentös oder psychotherapeutisch behandelt werden sollten. Ist nicht klar erkennbar, ob eine Stimmungsschwankung normal oder im pathologischen Bereich liegt, ist es angeraten, eine ärztliche Meinung darüber einzuholen.
Im Zusammenhang mit der Stimmungsschwankung im alltäglichen Bereich, da heißt es, der oder die ist wohl mit dem falschen Fuß aufgestanden, der oder die hat heute aber schlechte Laune, hat wohl Krach mit seiner Frau / ihrem Mann u. v. m. Wir kennen es aus eigener Erfahrung, wenn wir die Stimmungsschwankung in unserer Umgebung selbst wahrnehmen. Es muss sich aber nicht immer nur um eine negative Stimmung handeln, es kann ja durchaus auch mal heißen, der oder die hat wohl „was geraucht“ oder sonst etwas „genommen“, weil der betreffende Mensch auffallend gute Laune an den Tag legt, wie sonst nicht. In einem solchen Fall sollte man natürlich gar nichts dagegen tun, denn was ist schlimm daran, einmal eine gute Laune auszuleben? Selbstverständlich geht das dann nur insoweit, dass Dritte nicht in ihren Rechten beeinträchtigt werden oder der Betreffende sich der Lächerlichkeit Preis gibt.
Anders sieht die Sache mit der Stimmungsschwankung aus, wenn sie ins Negative läuft, wenn die „stimmungsschwankende“ Person zum Beispiel niedergeschlagen, traurig, wütend, aggressiv, abwesend, gemein ist. Von großer Bedeutung für die Herangehensweise ist dann – wie bereits erwähnt -, ob eine pathologische Genese oder eine alltägliche Stimmungsschwankung vorliegt.
Einen Grund für eine Stimmungsschwankung gibt es immer, denn keine Wirkung ohne Ursache, also ohne Grund. Gerade bei den Stimmungsschwankungen ins Negative ist es besonders wichtig, die Ursache heraus zu finden. Denn habe ich die Ursache gefunden, kann ich zumindest versuchen, diese zu beseitigen, und dadurch die Stimmungsschwankung aufzulösen. Voraussetzung ist, dass mir meine Stimmungsschwankung gerade zu diesem Zeitpunkt bekannt, bewusst ist, also dass sie mir entweder selbst auffällt oder dass mich Dritte auf sie aufmerksam machen.
Allerdings ist nicht immer eine Ursachenbekämpfung nötig, um eine Stimmungsschwankung zu eliminieren. Der Mensch kann seine (positive / negative) Schwankung auch ausleben, denn solange er nicht wirklich darunter leidet oder Dritte darunter leiden müssen, spricht nichts gegen ein Erleben der negativen Stimmung, schließlich bereichert das dann auch die eigene Lebenserfahrung.
Es gibt gewiss kein Patentrezept zur Auflösung von Stimmungsschwankungen.
Aufgrund meiner Überzeugung und Erfahrung sollte zuerst die unbedingte Wichtigkeit der Ursache für meine Stimmungsschwankung von dem Betroffenen anerkannt werden. Warum das so ist, sei an zwei Beispielen dargestellt.
Immer wieder einmal hat die Person A schlechte Laune, wenn sie zur Arbeit geht. Sie weiß nicht warum, und A gehen viele mögliche Erklärungen durch den Kopf: zu kurz geschlafen, schlecht geträumt, Kopfschmerzen o. ä., sie kommt nicht auf den auslösenden Grund. Wenn die Person A nicht von selbst die Ursache erkennt, dann könnte möglicherweise ein Gespräch mit einer guten, vertrauenswürdigen Freundin oder einem ebensolchen Freund, hilfreich sein. Dieser könnte darauf kommen, dass der von der Stimmungsschwankung Betroffene möglicherweise ganz und gar den falschen Beruf ausübt, gar nicht den wirklichen Neigungen, Interessen und Talenten entsprechend. Dann wäre eine Veränderung in Erwägung zu ziehen, die letztendlich zum künftigen Wegfall dieser sich wiederholenden Stimmungsschwankung führen könnte. In diesem Fall ist also die Erkenntnis der Ursache der entscheidende Punkt, um der Stimmungsschwankung überhaupt sinnvoll und Aussicht verheißend entgegen treten zu können.
Ein weiteres Beispiel beschreibt einen Menschen, der neuerdings phasenweise nieder gedrückt wirkt, obwohl er sonst immer der Gute-Laune-Typ ist. Er denkt in diesen Momenten seiner Stimmungsschwankung, seine Nachbarn hätten sich über ihn lustig gemacht. Er hatte über den Zaun gehört, seine neue Gartenhütte sehe aus wie eine Strandbar, und das findet er ziemlich abwertend. Wie soll dieser Mensch nun den Grund dieser Abwertung erfahren? Er ist zu schüchtern, er traut sich nicht die Nachbarn zu fragen, und außerdem wer weiß, ob sie ihm – um ihn nicht zu kränken – tatsächlich die Wahrheit sagen würden? Es gehört eine kräftige Portion Selbstwertgefühl und Seelenstärke dazu, um hier ohne Unterstützung zu einem positiven Ergebnis zu gelangen. Im Gespräch mit einer vertrauten Person könnte heraus gearbeitet werden, dass die Anhaltspunkte, die das Gefühl der Abwertung hervorrufen, gar nicht auf diesen Menschen persönlich bezogen sind, sondern es auch andere Sichtweisen bzw. Blickwinkel gibt. Es könnte zum Beispiel sein, dass sich die Nachbarn über einen Urlaub unterhalten haben, in dem eine Strandbar eine angenehme Erinnerung erzeugte. Es könnte sein, dass die Nachbarn mit dem Gedanken spielen, sich eine Art Strandbar in den eignen Garten zu bauen, und es wäre auch denkbar, dass sich die Nachbarn tatsächlich über die neue Gartenhütte unterhalten haben, wobei der Begriff „Strandbar“ ausschließlich positiv und anerkennend verwendet wurde. Also wäre hier die Ursache der Verstimmung die einseitige Sichtweise bzw. das Auslassen anderer Blickwinkel.
Was kann ich gegen meine Stimmungsschwankung(en) unternehmen?
Aus diesen beiden Beispielen resultiert zwangsläufig jeweils die Lösung: Die Ursache liefert mir die Lösungsmöglichkeit – wenn ich will; der Wille ist nach der Erkenntnis der Ursache die zweite Bedingung, Stimmungsschwankungen sinnvoll und aussichtsreich entgegen zu treten. Und dieses aussichtsreiche Entgegentreten ist dann letztendlich die dritte Bedingung auf dem Weg hinweg von der Stimmungsschwankung hin zur harmonischen Stimmung.
Aber nicht jedermann ist hierzu in der Lage. Dieser Weg hat etwas mit Selbstwertgefühl und Seelenstärke zu tun. Trotzdem gibt es auch noch andere Wege aus der Stimmungsschwankung, die mir auf jeden Fall bewusst sein muss, ansonsten gebe ich mich der Stimmungsschwankung uneingeschränkt hin und lebe sie aus bzw. durch, was ja, wie eingangs bereits angeführt, nicht zwingend zu einem Weltuntergang führen muss.
Der betroffene Mensch kann das Gespräch mit einer vertrauenswürdigen Person aus seinen sozialen Kontakten suchen, um seiner Stimmungsschwankung bei zu kommen. Hierzu kann er sich alternativ auch an professionelle Stellen wenden, wie z. B. einen Psychologischen Berater oder einen Heilpraktiker für Psychotherapie, der auch psychologische Beratungen durchführt. Hier kann schon geklärt werden, wie schwerwiegend die Stimmungsschwankung ist – ist es eine „echte“ Stimmungsschwankung oder ist sie Symptom einer psychopathologischen Konstellation? Unschlagbarer Vorteil bei dieser Variante ist, dass ich a) tatsächlich professionelle Hilfe erhalte und b) dass ich – im Gegensatz zu den akademischen Kolleginnen und Kollegen – sehr zeitnahe einen Gesprächstermin erhalte! Kleiner Wehrmutstropfen: Ich muss für eine Sitzung mit dem Fachmann ca. 50 – 100 Euro auf den Tisch legen. Ob das „die Sache“ wert ist, muss der Betroffene selbst entscheiden.
Eine weitere Herangehensweise Licht ins Dunkel zu bringen, ist das Abklären einer körperlich-organischen Ursache der Stimmungsschwankung. So kann mein Hausarzt durch eine Untersuchung möglicherweise eine organische Ursache feststellen, wie z. B. Überschreiten eines Grenzwertes im Blutbild. Dann könnte gegebenenfalls mit einem geeigneten Medikament oder einer Umstellung der Ernährung oder mehr körperlicher Ertüchtigung gegen gesteuert werden und die Stimmungsschwankung künftig ausbleiben.
Je weniger schwer die Ursache der Stimmungsschwankung ist, desto einfacher kann die Maßnahme sein, die zu ergreifen geeignet erscheint. Bei einfachen Konstellationen könnte schon wirksam und damit bessernd für die Stimmung sein, wenn ich z. B. in der Natur spazieren gehe, wenn ich ein schönes Musikstück oder ein gutes Buch genieße oder wenn ich mich mit mir lieben Menschen treffe. Damit soll gesagt sein, dass ich eine „Oase meiner Freude“ aufsuchen soll, etwas aktiv unternehmen soll, was ich gerne tue und was mir in der Vergangenheit immer gut getan hat. Die sich daraus bildenden positiven Energien könnten schon zu einer besseren Stimmung und damit zur Auflösung der Stimmungsschwankung führen. Die Liste solcher einfacher Maßnahmen, die ich völlig ohne fremde Unterstützung ergreifen kann, ist schier endlos.
Wer es gelernt hat oder noch lernen wird, wendet unter Umständen sogenannte Entspannungstechniken an, um seiner Stimmungsschwankung entgegen zu steuern. Da gibt es zum Beispiel die Möglichkeit des Autogenen Trainings, verschiedene Atemübungen, Meditationen wie z. B. Bildbetrachtungen u. v. a. m.
Es ist aber Vorsicht geboten - nicht jedes Mittel ist recht!
Es ist nicht ratsam, einer Stimmungsschwankung durch die Einnahme von Drogen (z. B. Alkohol oder pharmazeutische und pflanzliche Stimmungsaufheller) jeglicher Art zu begegnen, durch stumpfsinnige TV- / Internet-Berieselung oder durch Frustessen, Frust-Shopping usw. – Denn dabei handelt es sich nicht um die Suche nach der Ursache meiner Stimmungsschwankung, sondern um das Ziel verfehlende, schädliche Möglichkeiten, die geeignet sind die Realität zu vernebeln und die Ursache zu verdrängen. Nicht ungefährlich können dabei gesundheitsschädliche Nebenwirkungen und Abhängigkeitspotenziale werden! Wird die Ursache nicht gefunden und beseitigt, ist ein Ende der Stimmungsschwankung nicht absehbar, und durch die genannten Kompensationen werden negative Energien generiert, die eher tauglich sind, den Betroffenen noch mehr zu beeinträchtigen, sein Befinden zu verschlechtern und vielleicht weitere Schwierigkeiten hervorzurufen (Kopfschmerzen, Magen-Darm-Probleme, Depression, Hypertonie usw.) und ihn damit letztendlich doch eventuell – früher oder später – in einen pathologischen Strudel hinein zu ziehen.
Fazit
Stimmungsschwankungen sind „normal“, jeder Mensch lebt wiederholt mit Stimmungsschwankungen. Stimmungsschwankungen entstehen unvorhergesehen aufgrund eines meist negativen persönlichen Lebenssachverhaltes und äußern sich dann – individuell verschieden – in negativen Gefühlen und Verhaltensweisen. Sie erscheinen dem Betroffenen selbst diffus und sind zeitlich nicht definierbar.
Um einer Stimmungsschwankung zu begegnen, muss sie mir bewusst sein (ich muss sie erkennen), ich muss die Stimmungsschwankung beseitigen wollen und in der Lage sein, dies selbst oder mit fremder bzw. professioneller Hilfe zu tun – also aktiv handeln.
Pathologisch bedingte Stimmungsschwankungen sind nicht von dem Betroffenen alleine, sondern nur professionell behandelbar. Ungeeignete Maßnahmen zur Begegnung von Stimmungsschwankungen können zu unabsehbaren Nebenwirkungen und ggf. Abhängigkeiten führen. Bereits einfache „Oasen der Freude“ (Spaziergang, Natur, Sonne, Musik, Buch…) können Abhilfe schaffen.
Autor: Stephan Gottschlich, Heilpraktiker für Psychotherapie
Thema: Was tun bei Stimmungsschwankungen?
Webseite: http://www.psychotherapie-stephangottschlich.de
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