Du hast doch eh keine Probleme, du hast doch sowieso wieder eine Zwei geschrieben. Warum bist du denn aufgeregt? Du hast doch eh nur Einser auf dem Zeugnis.

Solche Sätze musste ich zu meiner Schulzeit leider oft hören, meine Mitschüler glaubten, überwiegend gute Noten, dann müsste man ja zufrieden und ungestresst sein. So ist das leider bei weitem nicht, selbst wenn man für gute Noten nicht viel arbeiten muss, so ist der Druck von außen doch sehr hoch. Kam ich mit einer Zwei nach Hause, sagte meine Mutter nur: "oh was war los?" Für schlechte Noten wurde ich nie bestraft, die gab es auch fast nie, für gute aber auch nicht belohnt. Meine Eltern waren verwöhnt, auch meine große Schwester war stets gut in der Schule und so erwartete man nichts anderes von uns. Wenn meine Freundinnen für eine Drei 10 Mark und für eine Zwei 20 Mark bekamen, musste ich müde lächeln. Und wenn es dann doch mal eine Drei oder sogar eine Vier wurde, waren alle einfach nur verwundert, dafür hatte dann niemand mehr Verständnis. Druck besteht also nicht nur, wenn man sich verbessern muss, sondern auch, wenn alle erwarten, dass man so gut bleibt, wie man ist. Sätze wie: Warum bist du denn aufgeregt? verletzen dann eher. Natürlich ist man aufgeregt, schließlich will man die hohen Erwartungen von Familie, Lehrern und Mitschülern an einen ja nicht enttäuschen.
Glauben Sie mir, stets einen Einserschnitt und die zehnte Klasse übersprungen, die Zwischenprüfung in Jura nach zwei Semestern und ich bin trotzdem weder glücklicher, noch werde ich länger leben, noch bin ich hübscher.
Aber irgendwie scheinen andere Menschen das zu glauben.
Autor: Anke Wachtendorf - Schülercoach, Lern- und Erziehungsberatung, Verlagsautorin
Thema: Gute Schüler sind immer glücklich, oder etwa nicht?
Webseite: http://www.schuelercoaching-wachtendorf.de