Schon vor hundert Jahren beklagten vor allem Berufstätige schweren Stress, der ihnen auf die Nerven schlug.
Damals hieß dieses Krankheitsbild „Neurasthenie“. Diese Diagnose wurde so beschrieben:
Neurasthenie ist eine vorübergehende Erschöpfung und Schwäche des Nervensystems, die vielfach auch als nervöse Erschöpfung bezeichnet wird.
Diese „Nervenschwäche“ durchzog um 1900 Mitteleuropa wie eine Epidemie.
Damals wurde als mögliche Ursache die „elektrische Revolution“ ausgemacht. Das „Hetzen und Jagen“ des modernen Wirtschaftslebens wurde beklagt. Dies hört sich auch heute noch aktuell an und kommt uns sehr bekannt vor. Der Begriff der Neurasthenie wurde von dem Begriff Burnout abgelöst, der heute allerorts mit dem Krankheitsbild der chronischen Erschöpfung verknüpft ist. In den Diagnosesystemen der Medizin tauchen dann die Begriffe Depression oder Angsterkrankung als Beschreibung dieses Zustandes auf.
Die „digitale Revolution“ - das Internet, die sich täglich weiterentwickelnde Technik und die ständige Erreichbarkeit jedes Einzelnen werden heute als Entstehungsfaktoren für Stress genannt.
Ist es möglich auf das Stresserleben am Arbeitsplatz Einfluss zu nehmen?
Sind es nicht oft äußere Umstände, die uns stressen?
Schauen wir kurz in das Leben von Peter. Er arbeitet für ein mittelständiges Unternehmen. Eigentlich läuft bei ihm alles ganz gut.
Beginnen wir mit Peter den 14. September 2020:
Peter wacht um 5 Uhr morgens auf. Er hat schon Herzklopfen. Der Schlaf heute Nacht war oft unterbrochen und unruhig. Heute steht wieder ein wichtiges Meeting an. Die letzten Wochen gab es viel Termindruck, wichtige Projekte mussten abgeschlossen werden. Die angespannte Lage lässt auch wieder den ungeklärten Konflikt mit Klaus ins Bewusstsein kommen. Peter dachte eigentlich mittlerweile sei „Gras über die Sache gewachsen“. Da scheint er sich wohl getäuscht zu haben, denn die Gedanken beginnen wieder zu kreisen.
Das muss heute einfach gut laufen. Wenn ich nicht „abliefere“ habe ich versagt. Ich bin schließlich mitverantwortlich für den Erfolg des Unternehmens. Klaus wird wieder zu spät kommen und alles hängt an mir. Er quält sich unter die Dusche. Beim Aufstehen ist ihm wieder leicht schwindelig. Komisch das ist ihm in den letzten Wochen öfter aufgefallen. Wenn es die Zeit mal wieder zulässt, gehe ich vielleicht mal zu Arzt.
Aus diesem rein fiktiven Beispiel lassen sich nun 3 Ansatzpunkte ausmachen, die sich gegenseitig verstärken:
Äußere Faktoren – die Stressoren
Diesen kommen wir auf die Schliche wenn wir uns fragen:
„Ich gerate unter Stress, wenn…“
Hier tauchen oft folgende Punkte auf:
Termindruck, viele Verpflichtungen, hohe Verantwortung, Informationsüberflutung, aber oft auch Konflikte und Unstimmigkeiten.
Körperliche Reaktionen – Stressreaktionen
Hier kann ich weiterkommen, indem ich diesen Satz vervollständige
„Wenn ich unter Stress bin, dann…!“
Unser Körper kann uns eine große Hilfe sein, er macht uns darauf aufmerksam wenn etwas nicht stimmt.
Einige dieser Signale sind:
Schmerzen, hoher Blutdruck, Magenprobleme, Schlafstörungen, Überessen, Hautprobleme
Innere Bewertungen – Stressverstärker
Dies sind individuelle Antreiber, welche Öl ins Feuer gießen.
Wie beantworte ich die Frage:
„Ich setzt mich unter Stress, in dem…!“
……ich mich nicht abgrenze
……ich alles perfekt machen will
……ich viel von mir erwarte
Wie kann ich nun besser mit Stress am Arbeitsplatz umgehen? Im Folgenden sollen verschiedene Punkte angesprochen werden, die sich aus eben diesem Teufelskreis ergeben.
Einzelne erfolgreich angewendete Strategien auf den verschiedenen Ebenen können den Kreislauf unterbrechen und umkehren.
Nutzen Sie gezielte Fitnessstrategien gegen Stress!
- Stressoren - Organization- Fitness
- Stressreaktionen - Body- Fitness
- Stressverstärker - Mind- Fitness
Organization - Fitness
Das Eisenhower – Schema* nutzen viele Menschen als Hilfe um besser Prioritäten setzen zu können.
*Das Eisenhower-Prinzip ist eine Methode aus dem Zeitmanagement, mit der wichtige und dringende Aufgaben von unwichtigen und nicht dringenden Aufgaben unterschieden werden. Entscheidend dabei ist, dass wichtige Aufgaben sofort erledigt werden und unwichtige Aufgaben entweder delegiert oder eliminiert werden.
Hier unterscheidet man A- B- und C - Aufgaben.
In der Regel umfasst jeder Tag verschiedene Aufgaben die man folgendermaßen unterscheiden kann
A - wichtig und dringend
B - wichtig, aber noch nicht dringend
C - dringend aber nicht wichtig
Die Kunst ist es zu lernen diese voneinander zu unterscheiden.
A - Aufgaben sollten sofort erledigt werden
B - Aufgaben sollten terminiert werden
C - Aufgaben - Hier kann dann auch der Papierkorb zu wichtigen Instrument werden.
Franz J. Schweifer sagt:
„Zeit zu managen bedeutet ein Stück gezielte Askese - das heißt gezieltes Weglassen, Loslassen, Beschränken, Konzentrieren, Prioritäten setzen - auf dem Weg von kurzsichtiger Effizienz zu weit- und umsichtiger Effektivität.“
Body – Fitness
Wir brauchen Regeneration. Sobald unser Körper voll mit Stresshormonen ist, kann jede Form von Bewegung helfen.
Ausdauersport wie Laufen, Radfahren oder Schwimmen wirkt beispielsweise optimal um Stress abzubauen. Ebenso ausgewogene Ernährung und ausgewogene soziale Kontakte.
Mind- Fitness
Carl- Gustav Jung sagte:
„Wir können eine Sache nur verändern, wenn wir sie akzeptieren“
Protokoll der guten Dinge
Notieren Sie jeden Tag:
Was war heute besonders gut? Was hat mich heute glücklich gemacht? Was hat mir Freude bereitet?
So können wir bewusst unseren Aufmerksamkeitsfokus verändern.
Gedanken beobachten/Denkfallen erkennen
Was sind meine typischen Gedanken in Stresssituationen?
Albert Ellis beschreibt eine verhängnisvolle Trias von Gedanken
Absolutistische Forderungen an mich – z.B. ich muss alles perfekt machen
Absolutistische Forderungen an andere – z.B. die anderen müssen mich fair behandeln
Absolutistische Forderungen an die Welt – z.B. das Leben muss ohne Frustrationen verlaufen
Ellis rät, sich dieser Forderungen bewusst zu werden und sie wieder in Wünsche umzuwandeln.
Perfektionismus
Perfektionismus kann sich zeigen in
- übermäßigem Streben nach Perfektion. Dies wird deutlich in der Forderung:
„Ich muss perfekt sein“
Wir haben die Möglichkeit unsere Einstellung zu hinterfragen und ihnen auch zu wiedersprechen. Dies könne vielleicht so heißen:
Würde ich mit anderen auch so hart umgehen? Wenn ich nicht perfekt bin, heißt das nicht, dass ich ein Versager bin, sondern dass ich ein MENSCH bin.
- Streben nach übermäßiger Perfektion.
Hier ist der Anspruch: „Ich sollte alles zu 100 % erfüllen“
Ich könnte mich fragen:
Ist das überhaupt möglich?
Ist dies „menschenmöglich“?
Verlange ich „unmenschliches“ von mir?
Raus aus der Opferrolle
Denkmuster eines „Opfers“:
- Was ist mir passiert, dass ich so frustriert bin?
- Wer hat mich verletzt?
- Wem gebe ich Schuld an der Situation?
- Was muss der andere tun, damit ich ihm vergebe?
Denkmuster eines „Gestalters“:
- Vor welchen Herausforderungen stehe ich?
- Welche Antwort habe ich gewählt?
- Hätte ich auch anders reagieren können?
- Was kann ich daraus lernen?
Unter all diesen Beschreibungen können wir noch die Meaning – Fitness verorten.
Hier noch einige Fragen zum Weiterdenken:
- Tue ich, was ich für sinnvoll erachte?
- Bin ich im „wollen sollen“ oder im „wirklich wollen“ Modus oder anders ausgedrückt: „Lebe ich oder werde ich gelebt“?
- Wie gehe ich mit meiner eigenen Endlichkeit um? Kann ich akzeptieren dass MEIN LEBEN endlich ist?
- Wie beantworte ich aktuell die großen Fragen des Lebens:
- Wer bin ich?
- Woher komme ich?
- Wo gehe ich hin?
Habe ich Platz in meinem Leben mich mit solchen Fragen auseinanderzusetzen? Oder erlebe ich diese nur als Fragen in der Krise?
Falls gerade im Bereich der körperlichen Stressreaktionen starke Probleme auftreten, die sie in ihrem Handeln und Wirken einschränken, lohnt es sich frühzeitig Hilfe in Anspruch zu nehmen. Scheuen Sie sich nicht davor ihren Arzt anzusprechen oder suchen sie sich beratende Hilfe.
Autor: Andreas Vogt, Psychotherapie, Lebens- und Sozialberatung
Thema: Stressbewältigung am Arbeitsplatz
Webseite: https://www.impulseleben.de
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