Fünf konkrete Kommunikationsmethoden für einen gesünderen, kraftvolleren und wirkungsvolleren Teamalltag.
Konflikte im Team rauben Zeit und Energie. Zudem haben sie oft keinen Mehrwert. Wenn sie sich dann auch noch über Monate oder länger hinziehen, werden sie zur echten Belastung für das ganze Team.
Bei dieser Aussicht ist es nachvollziehbar, dass Konflikte vermieden werden, wo es geht.
Doch Vorsicht! Konflikte vermeiden sollten nicht mit wegschauen verwechselt werden. In meinen Coachings erlebe ich immer wieder, dass Konflikte nicht angeschaut werden. Es wird so getan, als gäbe es diesen Konflikt gar nicht. Manchmal ist es ein unausgesprochenes Gesetz, diesen Konflikt nicht zu thematisieren. Als hypnosystemischer Coach rate ich von dieser Umgangsform ab. Denn Konflikte wirken so oder so. Wenn man sie nicht anschaut, erhöht man damit meist noch ihre Lebensdauer. Wenn sie offen ausgetragen und geklärt werden, sind sie steuerbar. Wenn sie umgangen oder verschwiegen werden, wirken sie im Untergrund und manchmal sogar unbewusst. Dann werden sie durch unterschiedlichste Störungen in Produktions- und Arbeitsprozessen oder in der Kommunikation sichtbar. Meist in ungünstigen Situationen. Ja, so ein Konflikt ist ja auch nicht blöd. Er weiß, auf sich aufmerksam zu machen!
Können Konflikte wirklich vermieden werden? Sind wir Menschen nicht viel zu unterschiedlich? Und: Sind Konflikte nicht auch „normal“ und Ausdruck eines sich regelnden Zusammenlebens?
Mir persönlich wäre die Konfliktvermeidung viel zu anstrengend. Denn bei der Vermeidung beobachte ich mich manchmal selbst dabei, wie ich versuchte, dass Frau C. und Herr G. nicht gleichzeitig im Meeting A anwesend sind. Oder ich lenke Themen um, damit die beiden nicht wieder aneinandergeraten. Das ist auf die Dauer wirklich anstrengend!
Ich wäre eher dafür zu gewinnen, die Wahrscheinlichkeit von Konflikten zu reduzieren. Mit welchen Kommunikationsmethoden das geht, erläutere ich in diesem Artikel.
Für diejenigen, die wissen möchten, warum die Methoden die Wahrscheinlichkeit von Konflikten reduzieren, ist er folgende Abschnitt „Bedingungen für das Erscheinen von Konflikten“ hilfreich.
Bedingungen für das Erscheinen von Konflikten
Konflikte treten nicht einfach so auf. Sie haben knallharte Bedingungen. Nur wenn diese erfüllt sind, betreten Konflikte die Bühne. Im Gegensatz zu inneren Konflikten, die intrapersonell in jedem Menschen entstehen können, geht es hier um soziale Konflikte zwischen Menschen.
Die erste Bedingung ist daher, dass mindestens zwei Personen beteiligt sein müssen.
Die zweite Bedingung: Diese Personen müssen in einer Abhängigkeit voneinander stehen. Die Abhängigkeit ist immer dann gegeben, wenn die Personen im gleichen System sind, beispielsweise in der gleichen Familie, in der gleichen Abteilung, im gleichen Projekt oder mit der gleichen Aufgabe betraut.
Die dritte Bedingung: Die unterschiedlichen Lösungen werden von jeder Konfliktpartei als unvereinbar miteinander wahrgenommen, als sich gegenseitig ausschließend, als entweder ... oder..., als schwarz oder weiß.
Je nach Art des Konflikts gestaltet sich diese Unvereinbarkeit anders aus. Um einen kleinen Überblick über die Konfliktarten zu geben sein hier exemplarisch
- Ziel-Konflikte
- Wege-Konflikte
- Verteilungs-Konflikte
- Rollen-Konflikte
- Territorial-Konflikte
- Status-Konflikte
- Werte-Konflikte
- Glaubens-Konflikte
- Beziehungs-Konflikte
genannt.
Die vierte Bedingung: Der Versuch, die andere/n Konflikt-Partei/en im Sinne der eigenen Lösung zu beeinflussen.
Die fünfte Bedingung: Es sind Emotionen im Spiel, oft sehr deutliche bzw. starke Emotionen. Denn durch die dritte und vierte Bedingung wird die Lösung der anderen Konflikt-Partei/en oft als sehr bedrohlich empfunden. Wenn die Bedrohung als sehr stark empfunden wird, übernehmen meist unbewusste Verhaltensmuster die Regie. Diese haben eigentlich das Ziel, das „Überleben“ der jeweiligen Konflikt-Partei zu sichern.
Die achtsame Kommunikation
Die achtsame Kommunikation ist eine anspruchsvolle Methode, um die Wahrscheinlichkeit von Konflikten zu reduzieren.
In der achtsamen Kommunikation geht es darum, sich wertschätzend und auf Augenhöhe zu begegnen. Das gelingt dadurch, dass wir nicht übereinander sprechen, sondern miteinander. Das gelingt dadurch, dass wir keine Vorwürfe äußern, sondern Standpunkte und Bedürfnisse. Das gelingt dadurch, dass wir nicht Menschen kritisieren, sondern ihr Verhalten. Das gelingt dadurch, dass wir uns zuhören und aussprechen lassen. Und das gelingt dadurch, dass wir uns kurzfassen und uns auf das Thema und das Team beziehen.
Durch diese Kommunikationshygiene entsteht oft ein gemeinsamer und als sicher erlebter „Kommunikationsraum“. Wenn in diesem die folgenden vier Methoden angewendet werden, senkt das die Wahrscheinlichkeit von Konflikten.
Verständnis abgleichen
In der Kommunikation sind wir lange von einem Sender-Empfänger-Modell ausgegangen. Heute wissen wir, dass wir Wörtern und Sachverhalten unterschiedliche Bedeutungen geben. Die eine denkt bei dem Wort Fahrrad an ihr tolles Rennrad und der andere an das verrostete Ding, das seit Jahren unten im Keller steht. Wenn es nun darum geht, damit von Bremen nach Hamburg zu fahren, werden die Reaktionen darauf möglicherweise unterschiedlich ausfallen. Wenn wir sinnbildlich unser Verständnis über das „Fahrrad“ abgleichen, decken wir bildlich wie beim Memory-Spiel die unterschiedlichen Bilder auf. Dann kann man in Ruhe klären, mit welchem Rad die Tour nach Hamburg gestartet werden soll.
Position beziehen
Hier geht es um die vierte Bedingung, unter der ein Konflikt die Bühne betritt: Wir versuchen die andere Seite zu beeinflussen.
In Diskussionen ist beobachtbar, dass die Gesprächspartner:innen so lange argumentieren, bis das Gegenüber überzeugt ist und sich auf meine Seite stellt. Man kann aber auch beobachten und das geht etwas besser in eMail-Kommunikationen. Dass dieses „ich versuche den anderen auf meine Seite zu ziehen“ mindestens Widerstand, wenn nicht sogar Gegenzug erzeugt. Dadurch werden die ausgetauschten Argumente immer schwerer, größer und bedrohlicher. Die Kommunikation eskaliert. Hast du das schon mal beobachtet?
Anders ist es bei der Methode „Position beziehen“. Dabei benenne ich einfach meine Position und die Argumente, warum ich diese Position eingenommen habe. Genauso erfrage ich die Position der übrigen Gesprächspartner:innen und höre mir ihre Argumente an. Danach ist es hilfreich die Kommunikation erstmal zu beenden und das Gespräch sacken zu lassen. Im Coaching jedenfalls berichten meine Coachees regelmäßig über überraschende Reaktionen von der Gegenseite und manchmal auch bei sich selbst. Oft treten diese Reaktionen am nächsten Arbeitstag auf.
Diese Methode ist deswegen sehr erfolgreich, weil von der gegenüberliegenden Seite kein Druck ausgeht. Denn schon ein leichter Druck kann deutliche Widerstandsreaktionen verursachen und manchmal sogar Stressreaktionen. Dann wird es schwierig, wirklich beim Thema zu bleiben. Emotionen steuern das intrapersonelle Reaktionsmuster. Kapazitäten, über das Thema nachzudenken, gehen verloren.
Metakommunikation
Die Methode Metakommunikation heißt darüber zu sprechen, wie es des Gesprächspartner:innen gerade im Gespräch miteinander geht. Eine Metakommunikation könnte beispielsweise so aussehen:
Frau C.: „Ich habe das Gefühl, wir fahren uns langsam fest. Lass uns doch mal auf die Meta-Ebene gehen.“
Herr G.:“Das ist eine gute Idee. Ich muss ehrlich sagen, wenn du xy sagst, steigt in mir Ärger auf. Mir ist doch so wichtig, dass... . Wenn wir xy machen, ist das nicht mehr möglich.“
Frau C.: „Ach so, ich denke, dass... doch noch möglich ist. Denn aus meiner Sicht...“
Herr G.: „Na unter diesem Umstand finde ich deine Lösung doch die bessere.“
Das Sprechen über das Gespräch macht oft Gefühle und unausgesprochene Annahmen sichtbar. Diese zusätzlichen Informationen bewirken eine Wende im sich festfahrenden Gespräch.
Für die Metakommunikation könnten die Gesprächsteilnehmer:innen beispielsweise so beginnen:
- Wenn ich [Argument] höre, dann hat das für mich… [Auswirkung]
- Am meisten Angst macht mir...
- In mir steigt Ärger auf, wenn ich...
- Ich spüre eine Unzufriedenheit, wenn ich…
- Dabei ist mir so wichtig, dass...
Pausen machen
Insbesondere wenn es um längere Gesprächsrunden geht, ist es hilfreich, in sich festfahrenden Situationen eine Pause zu machen. Denn Pausen wirken ein bisschen so wie die Metakommunikation. Wir können Abstand nehmen von dem Thema, das Ganze von der Seite oder von Oben betrachten und unsere Gedanken sortieren. Manchmal reichen schon fünf Minuten Pause. Hin und wieder sind auch 15 oder 30 Minuten gute Pausenlängen. Dann ist es hilfreich, sie mit einem Raumwechsel zu verbinden und beispielsweise spazieren zu gehen.
Die Pause ermöglicht mentale und körperliche Entspannung. In entspannterem Zustand weitet sich meist unser Blickfeld, unser Möglichkeitsraum. Das ist der Quell, das Festfahren zu umfahren. Wer mag, könnte Pausen mit kurzen aktivierenden Übungen beginnen.
Bis hierher ist es schon viel Stoff. Meine Empfehlung wäre nicht, alles auf ein Mal auszuprobieren. Vielmehr könnte ich mir vorstellen, dass es eine Leichtigkeit hat, das eine oder andere mal in einem nicht so brenzligen Gespräch auszuprobieren, um ein Gefühl für die Wirkung zu bekommen. Durch das häufigere Anwenden entsteht Routine und Vertrauen in die Wirkung der Methode. Alles andere ergibt sich dann fast wie von alleine.
Und wenn dann ein Konflikt doch mal auftaucht, gibt es wiederum gute Methoden, ihn zu bearbeiten.
Autor: Marcus Rosik, Coach für Fach- & Führungskräfte
Thema: Konflikte im Team
Webseite: https://marcusrosik.de
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