Der Einfluss der Psyche auf das Immunsystem

Wenn wir sagen, dass „uns Jemand in den Rücken gefallen ist“ oder dass wir die „Nase voll haben“ meinen wir in der Regel nicht eine körperliche sondern eine psychische Befindlichkeit.

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Und wenn uns etwas emotional berührt oder erzürnt, zeigt sich das immer auch auf körperlicher Ebene. Der Mensch kann eben nur ganzheitlich erleben und die körperliche und seelische Ebene lassen sich nicht wirklich trennen. Diese Verbindung von Psyche und Körper kannten die Menschen schon immer, wenn sie auch im Zuge einer rein naturwissenschaftlich ausgerichteten Medizin immer mehr in den Hintergrund geriet. In den letzten Jahrzehnten widmet sich die Psychoneuroimmunologie (PNI), eine noch relativ junge Medizinwissenschaft, diesem Thema. Dieses interdisziplinäre Forschungsgebiet beschäftigt sich mit den neuronalen und biochemischen Kommunikationswegen zwischen Psyche, Gehirn, Nervensystem und Immunsystem. Einer ihrer führenden Vertreter, Prof. Christian Schubert von der Universität Innsbruck, beschreibt das Immunsystem als Teamplayer, das mit allen Organsystemen und mit unserer Psyche eng vernetzt ist.

Dem Immunsystem bescheinigt er dabei, eine Art „6.Sinn“ zu sein, der uns laufend darüber informiert, was in unserem Körper passiert. Voraussetzung ist allerdings eine gewisse Achtsamkeit, damit wir die Signale überhaupt wahrnehmen können. So können wir oft schon vor Ausbruch einer Erkrankung eine Veränderung in unserer Befindlichkeit feststellen in Form von Erschöpfung, Schlafstörungen, depressiver Verstimmung usw. Wenn wir das als Vorwarnung erkennen und rechtzeitig entgegen steuern indem wir uns Zeit für Ruhe, für Entspannung oder ein klärendes Gespräch nehmen, können wir so manches Mal eine körperliche Erkrankung abwenden. Dabei ist eine wichtige Erkenntnis der Psychoneuroimmunologie, dass das Immunsystem in seiner Abwehrfunktion keinen Unterschied macht zwischen einem eindringenden Erreger  oder einem Stressor, der aus der eigenen Psyche kommt wie zum Beispiel anhaltende Gefühle von Angst oder Ohnmacht oder Konfliktsituationen, die im Untergrund schwelen. Es geht also nicht nur darum, uns vor Erregern zu schützen sondern auch vor der Bedrohung durch psychische Überforderung.

Chronischer Stress - der große Gegenspieler eines stabilen Immunsystems

Eigentlich handelt es sich bei Stress ja nur um eine Anpassungsreaktion, mit der wir Menschen seit Anbeginn auf lebensbedrohliche Konfrontationen reagiert haben. Diese Situationen und ihr Umgang damit haben sich im Verlauf der Evolution allerdings verändert. Hat den Menschen der Frühzeit ein wildes Tier, das hinter ihm her war, in eine akute Stress-Situation versetzt, so gibt es heute andere stressauslösende Faktoren. Dazu gehören neben Reiz-Überflutungen jeder Art vor allem Überforderungsgefühle im Beruf und/oder im privaten Bereich, Angst vor Krankheit oder Arbeitsplatz-Verlust, scheinbar unlösbare Konfliktsituationen und vieles mehr.

Immer ist die Reaktion unseres Körpers auf belastenden Stress die gleiche: lebensnotwendige Körperaktivitäten werden hochgefahren, Blutdruck und Herzfrequenz steigen, die Atmung wird schneller und flacher, die Muskeln spannen sich an usw. Auf diese Weise wird Energie freigesetzt, um wegzulaufen oder zu kämpfen und damit sein Leben zu retten. Nur finden diese Reaktionen und damit auch der Abbau der Stress-Hormone durch Laufen oder Kämpfen nicht mehr statt. Stress-Situationen entstehen in unserer Welt inzwischen oft weniger durch reale äußere Situationen sondern oftmals durch unser Denken und Fühlen. Wenn unsere Bewältigungsmöglichkeiten gegenüber äußeren oder inneren Belastungen überstiegen, sprechen wir von negativem Stress (Disstress), der unser Immunsystem dauerhaft schwächen kann.

Die gute Nachricht ist, dass es viele Möglichkeiten gibt, Körper und Psyche zu stärken und Stress abzubauen. Die großen Weisheitslehren der Welt bieten uns hier eine Palette von Übungen. Auch die moderne Gehirnforschung zeigt uns Wege auf, wie wir neue Strategien entwickeln können, um nicht immer in die Stress-Falle zu tappen bzw. sie vermeiden zu können. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang die „Bedienungsanleitung für ein menschliches Gehirn“ die im gleichnamigen Buch von  Prof.Gerald Hüther zu finden ist.[1].

Positive aufbauende Gefühle wirken genauso als Starkmacher wie Freude an der eigenen Tätigkeit, gute menschliche Beziehungen, Vertrauen ins Leben und eine Verbindung zu einer inneren – spirituellen - Quelle.

Einige Übungen, die sich in meiner langjährigen Arbeit mit Klient*innen in meiner Praxis bewährt haben, möchte ich Ihnen liebe Leserin, lieber Leser ans Herz legen.

Fragen Sie sich am Ende eines jeden Tages wofür Sie heute dankbar sein können – für welche großen Geschenke – wie das Leben selbst oder die Gesundheit – und für die kleinen wie ein freundliches Lächeln im Vorübergehen oder der Blick auf eine voll erblühte Rose.

Legen Sie im Alltag öfter einmal eine kurze Pause ein.  Schließen Sie die Augen und beobachten Sie für ein paar Minuten Ihre Gedanken. Stellen Sie sich vor, jeder Gedanke oder jedes Gefühl das auftaucht, darf wieder gehen, wie es gekommen ist. Um dieses Loslassen zu erleichtern, stellen Sie sich vor, Sie setzen jeden Gedanken auf eine Wolke, die am Himmel weiterzieht. Oder stellen Sie sich jeden Gedanken und jedes Gefühl wie einen ungebetenen Gast vor, der Ihre Wohnung betritt und den Sie sofort durch eine Hintertür wieder hinausschicken. Beobachten Sie, wie es nach einer Weile ruhiger wird in Ihrem Kopf.

Achten Sie darauf, welche Situationen häufig Stress verursachen und wie dieser Stress sich in Ihrem Körper zeigt. So können Sie Spannungen schnell wieder abbauen, in dem Sie

  • Ihre Gesichtsmuskeln lockern und Ihr Gesicht durch ein Lächeln entspannen
  • Hände und Füße kurz anspannen und entspannen
  • Ihre Atmung vertiefen in dem Sie laut oder unhörbar mit einem sss- oder fff-Ton ausatmen.
  • eine positive Affirmation entwickeln, die Ihr Vertrauen stärkt, dass Sie mit dieser Situation gut fertig werden
  • visualisieren, wie Sie Abstand von der Situation nehmen, um einen besseren Blick darauf zu haben und damit offener zu werden für kreative Lösungen

Sprechen Sie kurz vor dem Einschlafen nochmal mit Ihrem Immunsystem. Bestärken Sie die Zellen in ihrer wichtigen Abwehrarbeit und bedanken Sie sich. Gehen Sie dabei liebevoll mit sich selbst um, nehmen Sie sich sozusagen selbst in den Arm.

Lernen Sie die Natur als wichtigen Verbündeten schätzen. Bäume und Pflanzen produzieren nicht nur unseren lebensspendenden Sauerstoff, sie sind auch für unsere Psyche von unschätzbarem Wert. Sie lehren uns, dass wir fest verwurzelt sein müssen, wenn wir weit nach oben wachsen und viele Früchte bringen wollen. Tiere sind uns wertvolle Begleiter und können zur Stärkung des Immunsystems einen großen Beitrag leisten. Das zeigen Studien, die sich mit der Beziehung Mensch und Tier beschäftigen.

Weitere konkrete Übungen finden Sie in meinem Buch „Immunsystem und Psyche – ein starkes Paar.“[2] Einige der Übungen gibt es dabei auch zum Herunterladen und Nachhören.

Und nicht zuletzt möchte ich auf die Bedeutung des Humors hinweisen, dem Dr. Eckhart von Hirschhausen sogar eine heilende Wirkung zuschreibt. Manche schwierige Lebenssituation kann durch Humor etwas entschärft und manche Belastung leichter ertragen werden.

In diesem Sinne liebe Leserin, lieber Leser – bleiben Sie gesund!

[1] Gerald Hüther. Bedienungsanleitung für ein menschliches Gehirn. Vandenhoeck&Ruprecht, Göttingen, 2016
[2] Anna E.Röcker. Immunsystem und Psyche – ein starkes Paar. Scorpio Verlag, 2021

Autor: Anna Röcker
Thema: Der Einfluss der Psyche auf das Immunsystem
Webseite: https://www.annaroecker.de

#Stress, #Entspannung, #Gefühle, #Zufriedenheit

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