Sie begegnet uns am Wegesrand, auf Wiesen, Schutt und Ödland. Majestätisch überragt sie, die sie umgebenden Blumen und Gräser. Mit ihrer Wuchshöhe von bis zu 2 Metern erkennen wir sie schon von Weitem. Ihre goldgelben Blüten, die entlang des himmelwärts gerichteten Ende des Stängels sitzen, erscheinen zusammen wie eine Flamme am Docht einer Kerze. So wird sie auch genannt, Königskerze oder Wollblume, wegen der behaarten Blätter und des flauschigen Stängels. Tatsächlich diente sie unseren Vorfahren einst als Licht in der Nacht. Sie tränkten sie mit Pech und verwendeten sie so als Fackel.
Botanisch gesehen handelt es sich bei der Königskerze um eine Gattung mit vielen Arten. Vor allem die Großblütige, die Kleinblütige und die Gemeine Königskerze werden auch medizinisch genutzt. Ihre Blüten enthalten reizlindernde Schleimstoffe, entzündungshemmende Flavonoide – darunter auch das entzündungshemmende und antibakteriell wirkende Aucubin – sowie auswurffördernde Saponine. Aucubin ist sehr empfindlich und geht bei der Trocknung leider verloren. Außerdem hätte es Probleme die Passage des menschlichen Verdauungstrakts zu überstehen.
Man verwendet die Königskerze heute zur Behandlung von Katarrhen der Atemwege. Für einen Tee überbrüht man 2 Teelöffel getrockneter Blüten mit einer Tasse Wasser. Nach 10 bis 15 Minuten werden die Blüten abgeseiht. Der Tee hat einen milden, angenehmen Geschmack und wird in der Regel auch von Kindern gern getrunken. Bei Kindern sollte die verwendete Dosis reduziert werden. Kinder im Alter von 6 – 12 Jahren erhalten die halbe Dosis. Kleinere Kinder dem Alter entsprechend noch weniger.
Soll der Schleim – etwa zur Behandlung eines trockenen Reizhustens – erhalten bleiben, kann auch ein Kaltmazerat zubereitet werden. Dazu werden die getrockneten Blüten mit kaltem Wasser übergossen und vor dem Abseihen einige Stunden stehen gelassen. Das sollte jedoch nur mit ganz einwandfreien Blüten geschehen, da evtl. vorhandene Krankheitserreger nicht wie beim Überbrühen abgetötet werden.
Historisch sind weitere, heute jedoch nicht mehr empfohlene Anwendungen bekannt. So beschreibt der römische Arzt Dioskurides in seinem Werk De materia medica (dt. Über Heilmittel), das aus dem ersten nachchristlichen Jahrhundert stammt, Verwendungen der Wurzel innerlich gegen Durchfall, chronischen Husten, Zahnschmerzen und weitere Beschwerden sowie äußerliche Anwendungen der Blätter bei Prellungen, Wunden und entzündeten Augen. Pfarrer Kneipp empfahl die Blätter als Suppeneinlage auch zur Herzstärkung.
Wer die Pflanze zu Heilzwecken selbst sammeln möchte, zupft die gerade aufgeblühten Blüten einzeln ab. Diese müssen möglichst rasch, vor direktem Sonnenlicht geschützt z.B. auf einem Tuch (Zeitungspapier ist ungeeignet) getrocknet, danach trocken und dunkel aufbewahrt werden. Die Königskerze blüht von Juni bis September.
Nach einem alten Volksglauben lasse sich am Blütenstand der Verlauf des kommenden Winters ablesen. Bereiche mit Blüten stehen für kalte, schneereiche Tage, die Stellen dazwischen für mildere Abschnitte. Ob’s wohl stimmt?
Autor: Gerald Bühler, M.A. Dipl.-Inform. (FH), Heilpraktiker
Thema: Königskerze
Webseite: http://www.praxisbuehler.de