Das Wort Familie stammt vom lateinischen „familia“ ab und bedeutet „Gesinde / Gesamtheit der Dienerschaft“, eine Kollektivbildung.
In unserer Kultur sind dies meist Lebensgemeinschaften, bestehend aus Paaren mit oder ohne Kinder, evtl. auch gemeinsam mit im Haushalt lebenden Verwandten. z.B. den Großeltern.
Das Wort Konflikt stammt ebenfalls aus dem lateinischen „confligere“ und bedeutet dort „zusammentreffen / kämpfen“.
Zusammengesetzt bedeutet „Familienkonflikt“ also, sich innerhalb der gegebenen Lebensgemeinschaft bei unterschiedlichen Standpunkten und Meinungen auseinanderzusetzten.
Konflikte sind nichts Schlechtes, sie lehren uns Wertschätzung und Akzeptanz für die Meinung anderer, den Aufbau guter Kommunikation, Austausch von Argumenten, Finden von Lösungen und Kompromissen, den Umgang mit den unterschiedlichsten Gefühlen, Rücksichtnahme, aber auch Durchsetzungsvermögen.
Im Idealfall besitzt die Familie eine gute Streit- bzw. Konfliktkultur. Alle Mitglieder dürfen Themen ansprechen, ehrlich sein und Gefühle zeigen. Jedem wird zugehört und das Gesagte wichtig genommen. Die Familie sitzt gemeinschaftlich zusammen, keine Ablenkung durch Radio, Fernsehen oder andere Medien. Auch Handys haben Pause…. Das Konfliktthema wird besprochen, diskutiert und eine Lösung wird gefunden. Am Ende sollten alle mit der Auflösung des Konflikts zufrieden sein oder eine gewisse Akzeptanz fühlen.
Realität sieht anders aus. Die Familie gleicht oftmals einer bunt zusammengewürfelten Wohngemeinschaft aus Einzelindividuen. Die Erwachsenen gehen ganztags arbeiten, die Kinder sind über Tag in Kita oder Schule. Frühstück und Mittagessen finden nur noch selten zusammen statt. Selbst beim Abendessen schafft es die Familie oft nicht mehr an einen gemeinsamen Tisch. Abendtermine, Sport und andere soziale Kontakte verhindern, dass die Familie sich als Einheit zusammenfindet. Tagsüber macht jeder seine eigenen Erfahrungen:
Ärger auf der Arbeit, Probleme in der Schule, aber auch gute Begegnungen und schöne Erlebnisse. Kommt die Familie nicht wirklich zusammen, können diese Erfahrungen nicht mitgeteilt und auch nicht geteilt werden im Sinne von „ich weiß, was heute bei dir los war“, warum du heute traurig, wütend, verletzt oder auch so glücklich bist. Alltagskram und organisatorische Dinge werden zwischendurch geregelt, aber wann gibt es noch ein gutes Gespräch zwischen den einzelnen Familienmitgliedern oder gemeinsam? Auch die Wochenenden sind nicht mehr unbedingt Familienzeit.
Oft muss auch da gearbeitet werden, im Einzelhandel, in der Gastronomie oder in der Pflege, für Klausuren gelernt oder zum Sport gegangen werden. Irgendwann muss der Haushalt erledigt, eingekauft und sauber gemacht werden. Die Familien heute sind belastet wie noch nie, in einem Hamsterrad von Verantwortung und Verpflichtungen. Dies gilt gleichfalls für die Erwachsenen, die Kinder und Jugendlichen. Schon die Kleinsten unserer Gesellschaft müssen täglich ihren Platz in den Tagesstätten finden und behaupten. Schulkinder fühlen Leistungsdruck und Überforderung.
Das ist für alle anstrengend und so ist es kein Wunder, dass der emotionale Stress zuhause ausbricht. Das Zuhause ist in der Regel der sichere Ort, der Wohlfühlort zum Regenerieren, zum Abschalten, wo man sich nicht zusammenreißen muss, funktionieren muss, sondern den Gefühlen freien Lauf lassen darf, auch schlecht gelaunt sein darf. Wenn nun alle Familienmitglieder in genau diesem gleichen Modus sind, dann ist nur noch wenig Raum für gegenseitige Empathie und Wertschätzung, weil das eigene Befinden so viel Platz einnimmt.
Damit sind die Konflikte vorprogrammiert, z.B. Vorwürfe, wenn jemand nicht wie besprochen eingekauft oder wie versprochen, die Spülmaschine ausgeräumt hat. Streit ist dann vorprogrammiert. Das Zuhause wird zum Kampfplatz, von Wohlfühlen kann nicht mehr die Rede sein. Ist die Familie in diesem Kreislauf erstmal angekommen, ist es schwierig, wieder zu einem liebevollen Miteinander zu finden.
Doch es lohnt sich, den Weg zu suchen, zurück zu einer wertschätzenden Kommunikation, einem liebevollen Umgang miteinander und damit auch zu einer guten Streitkultur. Es gibt viele Möglichkeiten wieder zurück zu einem harmonischen Familienleben zu finden. Dabei gibt es nicht den Königsweg. Jede Familie ist anders aufgestellt und strukturiert: Patchwork, mehrere Generationen unter einem Dach, finanzielle Sorgen oder gesundheitliche Einschränkungen.
Es gibt jedoch einige Leitlinien für ein gutes Miteinander:
Versuchen Sie, mindestens eine Mahlzeit am Tag gemeinsam zu verbringen. Es ist dabei wichtig, dass alle an einem Tisch sitzen, der Fernseher aus ist, die Handys nicht benutzt werden, damit ein Gespräch entstehen kann. Jeder am Tisch soll sein „Hoch“ und sein „Tief“ des Tages erzählen dürfen. So nimmt jeder am Leben des anderen teil und weiß, was den anderen geärgert oder traurig gemacht hat, aber auch, worüber er sich besonders gefreut hat oder worauf er stolz ist. Das ist sowohl für die Erwachsenen als auch die Kinder oft überraschend, was den anderen tatsächlich bewegt. Darüber entstehen oft interessante Gespräche und die Familie rückt automatisch wieder ein Stück zusammen.
Spielen Sie wieder zusammen. Aber nicht an der Konsole, sondern am Tisch, z.B. die alten Brettspiele von früher. Beim „Mensch ärgere dich nicht“ lernt man ganz von selbst, dass man auch schon mal verlieren kann ohne negative Konsequenzen. Es gibt auch viele Fragespiele, die durch ihre teils verblüffenden Antworten wieder ins Gespräch bringen und den anderen kennenlernen hilft.
Gehen Sie am Wochenende oder an ihren gemeinsamen freien Tagen raus in die Natur. Ein Waldspaziergang kann sehr interessant sein. Machen Sie ein Picknick. Gehen Sie gemeinsam schwimmen. Wenn Sie sich nicht einig werden, dann darf jedes Familienmitglied abwechselnd eine Unternehmung bestimmen, die machbar und bezahlbar ist. Werden Sie kreativ.
Lesen Sie gemeinsam ein Buch. Wenn Ihre Kinder kleiner sind, dann lesen Sie vor. Sind die Kinder größer, dann lesen Sie abwechselnd vor. Gestalten Sie eine Familien-Lesekreis. Auch das fördert die Gemeinschaft.
Wenn Sie einen Familienkonflikt zu lösen haben, dann diskutieren Sie ohne Vorwürfe. Vermeiden Sie Du-Botschaften im Sinne von „Du hilfst mir nie im Haushalt“, sondern bleiben Sie bei sich im Sinne von „Ich habe das Gefühl, im Haushalt alles alleine zu machen.“ Fordern Sie nicht, sondern äußern Sie einen Wunsch. Beispiel: Ich wünsche mir von dir, dass du deine schmutzige Wäsche abends in den Wäschekorb räumst“. Einen Wunsch erfüllt man gerne, bei einem Vorwurf geht man auf Distanz und Verteidigung.
Und: Bleiben Sie im familiären Miteinander so freundlich und höflich, wie Sie es auch außerhalb Ihres Zuauses sind. Humor ist ebenfalls oft ein gutes Werkzeug, kritische Situationen zu entschärfen. Damit sind nicht Ironie oder Sarkasmus gemeint, sondern eher die Fähigkeit, auch mal über sich selbst zu schmunzeln.
Manche Brennpunktthemen werden besser ausgelagert, um die Stimmung in der Familie nicht zu gefährden. Gibt es z.B. Lernschwierigkeiten, dann hilft ein guter Nachhilfelehrer oft mehr als wenn der Vater es zur Chefsache macht, abends Mathe zu erklären.
Auch kleinere Kinder haben eine Stimme und sollten gehört werden. Sie sind aber keine kleinen Erwachsenen, sondern leben in ihrer eigenen Welt mit einer kindlichen Wahrnehmung. Sie sollten für unangemessenes Verhalten nicht bestraft werden. Grundsätzlich gilt das auch für ältere Kinder und Jugendliche. Vorleben ist der Weg. Wenn Eltern den Fernseher öfter auslassen, das Handy bei Seite legen, ein Buch lesen, das Gespräch suchen, zu einem Spaziergang einladen oder gemeinsam das Abendessen zubereiten, dann findet sog. Modelllernen statt. Ganz nach dem Motto „Kinder kann man nicht erziehen, sie machen einem sowieso alles nach“. Nach und nach kann auf diese Weise wieder eine angenehme Atmosphäre entstehen. Jeder darf sein, jeder wird gehört.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, dass Eltern unter sich eine gute Beziehung führen. Haben sie große Probleme in ihrer Partnerschaft, dann wirkt sich das auf die Entwicklung der Kinder aus.
Diese haben ein feines Gespür und können mit Krankheit oder Verhaltensauffälligkeiten reagieren. Unbewusst werden sie so zu Symptomträgern für die ungelösten Konflikte ihrer Eltern. In diesem Fall ist eine Paartherapie eine gute Option für die ganze Familie. Geht es den Eltern gut, profitieren die Kinder. Wenn gar nichts mehr geht und die familiären Verstrickungen nicht aus eigener Kraft gelöst werden können, ist eine Familientherapie sinnvoll. Einzelgespräche und gemeinsame Termine helfen der Familie meist wieder auf einen guten Weg.
Aktuell verändert der Corona-Virus unser Leben wie nie zuvor. Wir sind in unserer Freiheit eingeschränkt, haben Angst um unsere Gesundheit und die unserer Liebsten, müssen und wollen Rücksicht nehmen. Die Kinder sind tagsüber nicht mehr gut untergebracht und die Großeltern fallen aus. Viele Familien haben immense organisatorische, finanzielle und emotionale Probleme. Allgemeine Ausgangssperren, Quarantänewochen, Doppel- und Dreifachbelastungen führen zu großem Stress. Eltern und Kinder sind angespannt. Wir können gerade nichts an dieser äußeren Situation verändern. Wir sollten Geduld haben und zuversichtlich sein. Diese Zuversicht können wir an unsere Kinder weitergeben. Mit einer positiven Einstellung können Kreativität wachsen und Energiereserven aktiviert werden. In jeder Krise liegt sowohl eine Gefahr als auch immer eine Chance. Innerhalb der Familie können wir uns Halt geben, wieder zusammenwachsen, uns umarmen und spüren, was uns wirklich wichtig ist. Wir haben ein sicheres Zuhause, genügend Nahrung, ein gutes Gesundheits- und Sozialsystem. Unser Weltklima bedankt sich gerade für unsere Auszeit. Wir haben die Möglichkeit für eine Weile zu entschleunigen. Wir haben auch ein Geschenk bekommen…. Zeit für unsere Familie.
Autor: Stefanie Hamacher
Thema: Familienkonflikte Ursachen
Webseite: https://www.therapie-stefanie-hamacher.de
Autorenprofil Stefanie Hamacher:
Stefanie Hamacher Heilpraktikerin für Psychotherapie
Praxis für Psychotherapie, Beratung und Coaching
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