[Kolumne] Ein schwieriges und sensibles Thema. Doch leider ist das nicht nur die Begleiterscheinung von so mancher Pubertät, sondern kann auch ein weitreichenderes Problem werden.

Besonders in der dunklen Jahreszeit und bei steigendenen Inzidenzen. Inzwischen ist es immer mehr in Ordnung, auch einen Psychologen aufzusuchen und dazu zu stehen, dass man psychische Defizite mit sich herumträgt, trotzdem wird man häufig komisch angeschaut, wenn man so etwas zugibt. Mir ist es ganz wichtig, da deutlich zu machen, dass ein Körper krank wird. Dann geht man zu einem Arzt, bekommt ein Medikament oder eine andere Therapie verschrieben und es geht einem wieder besser. Das ist für alle selbstverständlich. Warum sollte das nicht auch für den Geist gelten? Dafür gibt es Ärzte, dafür gibt es notfalls Medikamente und Therapien, so dass es einem wieder besser geht. Und diese Tatsache ist wohl das wichtigste, was man selbst betroffenen Jugendlichen oder Kindern von Eltern mit dieser Problematik erklären sollte. Es ist ok, Hilfe zu brauchen. Dafür gibt es sie. Doch wo hören traurige Verstimmungen auf und fangen Depressionen an? Das ist oft nicht leicht zu erkennen. Der bekannte Weltschmerz, mal ein paar schlechte Tage, keine Motivation sich aufzuraffen oder Lust, an irgendetwas teilzunehmen, das kennen wir alle. Und gerade in der Pubertät, in der die Psyche Achterbahn fährt, ist das völlig in Ordnung. Spätestens, wenn normale Dinge unmöglich werden, wie zur Schule gehen, duschen oder Gespräche mit anderen, sobald jemand dauerhaft seinen Lebensmut verliert und keinen Ausweg weiß, spätestens dann müssen wir Hilfe in Anspruch nehmen. Manchmal reichen dort zwei bis drei Gespräche mit einem Therapeuten oder Coach, der einfach mal zuhört und nicht verurteilt.
Doch was kann man tun, damit es soweit nicht kommt? Das wichtigste ist, im Gespräch zu bleiben. Sobald man merkt, dass es den eigenen Kindern nicht gut geht, sollte man das Gespräch suchen. Das funktioniert am Essenstisch meist nicht so gut, ein neutraler Ort wie einen Café oder das Picknick auf der Wiese sind meist sinnvollere Plätze dafür. Dabei ist eine aufdringliche oder drängende Art sicherlich nicht der richtige Weg, hauptsache, die Kinder wissen, dass sie jederzeit das Gespräch suchen können. Wenn sie das aber zunächst nicht wollen, sollte man sie dazu auch nicht nötigen. Ich gebe meinen Kunden gerne den Tipp, ein positives Tagebuch zu schreiben. Da sollte man nur aufschreiben, was wirklich gut am Tag war. Ich bin pünktlich aufgestanden und in der Schule erschienen, ich habe mich dreimal gemeldet oder meine Hausaufgaben gemacht. Negative Gedanken wie 'wieder habe ich es nicht geschafft, meine Hausaufgaben zu erledigen' oder 'meine Oberschenkel sind zu dick', dürfen hier auf gar keinen Fall auftauchen. So kann man sich auch abends nochmal klarmachen, was tatsächlich gut war. Denn negative Erinnerungen neigen dazu, positive zu überdecken. Oft ist uns gar nicht klar, was wir alles geschafft haben. Und das können auch kleine Dinge sein, wie das pünktliche Aufstehen. Schließlich kostet auch das manchmal Kraft. Für schlechte Momente empfehle ich immer die Notfallbox, in der sind beispielsweise ein paar Witze, ein Foto der Familie, ein Glücksbringer oder Sorgenfresser, eine Praline oder die Telefonnummer der besten Freundin befinden. Fühlt sich der Sprössling nicht gut, möchte oder kann gerade mit niemandem darüber sprechen, kann diese Box zumindest über die ersten Minuten hinwegtrösten.
Bewusst Zeit einzuräumen, in der man nicht über Sorgen nachdenkt oder spricht und mal etwas Ablenkendes tut, sind auch wichtig. Das gemeinsame Henna-Tattoo, das Schreiben eines Briefes, der nie gelesen wird oder das Ausprobieren des Pralinenrezeptes können trübe Gedanken und dunkle Wolken vertreiben. Auch können ein gemeinsam entwickeltes Mantra oder ein guter Motivationsspruch an die richtigen Stelle geklebt Wunder wirken. Treten diese Probleme allerdings zu oft auf, muss zwingend Hilfe geholt werden. Und das ist wirklich keine Schande.
Autor: Anke Wachtendorf - Schülercoach, Lern- und Erziehungsberatung, Verlagsautorin
Thema: Schmerzende Seele
Webseite: http://www.schuelercoaching-wachtendorf.de
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