Den Körper beruhigen

In meiner psychotherapeutischen Praxis begegnen mir nahezu täglich Klient*Innen, deren Körper auf Grund innerpsychischer Vorgänge in Unruhe geraten sind.

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Meist ist es die natürliche Reaktion unseres Körpers, wenn wir in Stresssituationen geraten. Der menschliche Körper ist darauf programmiert, auf diese mit einer sog. "Fight, Flight or Freeze" - Reaktion zu reagieren. Sie ist eine natürliche Anpassung des Körpers, die dazu dient uns zu schützen.

Dieses Muster stammt noch aus der Zeit, als wir damit rechnen mussten, dass jeden Moment ein Säbelzahntiger um die Ecke kommt und uns fressen will. In solchen Augenblicken, die wir als Bedrohung wahrnehmen - und hier kann schon der strenge Blick des Chefs reichen - wird der Zugriff auf unseren Verstand stark eingeschränkt bis ganz ausgeschaltet und unsere Gefühle liegen ungeschützt offen.

Des Weiteren laufen auf hormoneller Ebene verschiedene Prozesse ab. Wird eine Situation als gefährlich eingeschätzt, werden unter anderem Hormone, wie Adrenalin und Cortisol ausgeschüttet, die den Körper auf Kampf oder Flucht vorbereiten. Cortisol und Adrenalin sorgen dafür, dass uns mehr Energie zur Verfügung steht. Durch Adrenalin wird der Blutdruck erhöht, die Herzfrequenz steigt und die Atmung wird schneller.

Dr. Gabor Maté beschreibt Stress in seinem Buch "Wenn der Körper Nein sagt" wie folgt:

Stress besteht aus inneren Veränderungen - sichtbar oder nicht -, die entstehen, wenn der Organismus eine Bedrohung seiner Existenz oder seines Wohlergehens wahrnimmt.

Nicht jeder Stress muss unweigerlich dazu führen, dass der Körper so in Aufruhr gerät, dass Handlungsbedarf besteht. Es gibt die unterschiedlichsten Ausdrucksformen von innerer Unruhe. Zum Beispiel kaut der Eine auf seinem Stift, wieder eine Andere wackelt mit dem Bein und ein Dritter malt die Kästchen auf seinem Block nach.

Eine der eindrücklichsten Formen von Unruhe ist sicherlich eine Panikattacke. Hier gerät nahezu das gesamte Nervensystem in Aufruhr. Die Symptome können sich in leichtem Unwohlsein, Schwindel, erhöhtem Herzschlag, Schwitzen, Zittern, Atemnot bis hin zu der Angst zu sterben äußern.

Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass Panikattacken nicht gefährlich sind und dass die Symptome nach einiger Zeit von selbst nachlassen werden. Holen Sie sich Unterstützung von Freund*innen, Familie oder Therapeut*innen, wenn die Panikattacken sich häufen und Ängste in Ihrem Leben Überhand nehmen. Sie sind meistens ein Zeichen dafür, dass es Themen gibt, die angegangen werden sollten. Wie etwa eine Alarmanlage, die bei einem Einbruch in einem Haus ausgelöst wird, reagiert auch unser Körper auf bedrohliche Situationen. Betrachten Sie diese Reaktionen nicht als Feind oder Gegner, sondern als Teil von sich, der Sie auf etwas aufmerksam machen will.

Was gibt es für Möglichkeiten wieder mehr zur Ruhe zu kommen?

Atmung

Es gibt zahlreiche Atemübungen, die in solchen Momenten hilfreich sein können. Wichtig hierbei ist ein achtsames Atmen. Um den Körper wieder mehr in Ruhe zu bringen ist ein langes Ausatmen sehr vorteilhaft.

Eine klassische Übung hierfür ist die 7-4-8 Atemtechnik:

Atmen Sie aus, bis Sie ganz von allein wieder Luft holen. Atmen Sie 4 Sekunden lang durch die Nase ein und halten Sie anschließend für 7 Sekunden möglichst entspannt die Luft an. Jetzt atmen Sie 8 Sekunden lang wieder aus. Machen Sie dabei auch gerne ein Geräusch.

Vielleicht haben Sie auch Lust, diese Übung mit einer Körperübung von Claudia Croos-Müller zu kombinieren. Sie empfiehlt in ihren kleinen Überlebensbüchern z. B. die Schlürfatmung und das Ausschnauben. Bei der Schlürfatmung wird die Luft wie durch einen Strohhalm ein gesogen und beim Ausatmen, dürfen Sie es gerne einem Pferd nachahmen.

Und vielleicht zaubert Ihnen diese eigentümlich Art sogar ein Lächeln auf die Lippen und Sie suggerieren Ihrem Gehirn, dass wieder Zeit zum Lachen kommt.

Berührung

Eine weitere Möglichkeit, seinen Körper oder sich selbst zu beruhigen, läuft über Berührung. Bei körperlichen Berührungen wird das Hormon Oxytocin freigesetzt. Eine Erhöhung des Oxytocin-Spiegels kann sich positiv auf den Körper und die Psyche auswirken.

Unsere Emotionen machen sich meist auch über den Körper bemerkbar - ein flaues Gefühl im Magen, Schmetterlinge im Bauch, Druck auf der Brust, ... und können auch zur Unruhe führen.

Wenn Sie ein für Sie unangenehmes Gefühl in Ihrem Körper wahrnehmen, legen Sie dort eine oder beide Hände liebevoll hin und wenden Sie sich diesem Teil Ihres Körpers für ein paar Augenblicke zu. Sie können zudem auch Ihren Atem an diese Stelle Ihres Körpers lenken und so achtsam und aufmerksam zuhören, was sich da über Ihren Bauch oder ihre Brust, Ihren Nacken oder ihre Schulter mitteilen möchte. Und nehmen Sie wahr, wie es sich anfühlt.

Bewegung

Bewegung hat viele Vorteile für unsere Gesundheit. Unser Körper und Geist wird fit gehalten, indem unser Herz-Kreislauf-System gestärkt wird, unsere Muskeln und Gelenke flexibel gehalten werden und unsere Lungenkapazität erhöht wird. Bewegung kann auch dazu beitragen, Stress abzubauen und unsere Stimmung zu verbessern. Eine einfache und effektive Form der Bewegung ist das Spazierengehen.

Spaziergänge in der Natur haben besonders positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Sie können dazu beitragen, Blutdruck und Herzfrequenz zu senken, das Immunsystem zu stärken und die Aufnahme von Sauerstoff zu erhöhen. Sie können auch helfen, Angstzustände und Depressionen zu lindern und uns dabei unterstützen, unsere Gedanken zu ordnen und klarer zu denken. Ein Spaziergang in der Natur bietet auch die Möglichkeit, die Schönheit der Umwelt zu genießen und uns von den Anforderungen des Alltags zu entspannen.

Insgesamt sind Spaziergänge eine einfache und effektive Möglichkeit, unsere körperliche und mentale Gesundheit zu verbessern. Sie erfordern keine besondere Ausrüstung oder Vorbereitung und können jederzeit und überall durchgeführt werden. Es ist wichtig, regelmäßig Bewegung in unseren Alltag zu integrieren und Spaziergänge können eine großartige Möglichkeit sein, dies zu tun.

Sprache/Stimme

Ein letztes Hilfsmittel uns und unseren Körper selbst zu regulieren ist unsere Stimme. Ob wir lachen, singen oder summen, wir tun unserem Körper etwas Gutes. Beim Lachen lockern sich die Kiefergelenke und der wichtige Nervus vagus gerät in Schwingung. Diese Signale produzieren im Gehirn Glückshormone.

Beim Summen werden durch die feinen Vibrationen unsere Hirnströme beeinflusst. Blutdruck und Herzfrequenz beruhigen sich und Stresshormone werden reduziert.

Ob es um Atmung, Bewegung, Berührung oder Regulation mittels Stimme geht, möchte ich Ihnen an dieser Stelle gerne die kostenlose App von Claudia Croos-Müller body2brain ans Herz legen. Hier finden Sie zu den unterschiedlichsten Gefühlslagen kleine Körperübungen, die sich sofort anwenden lassen und für Erleichterung sorgen.

Es lassen sich die verschiedenen Übungen kombinieren und so schafft man es, die verschiedenen Selbstregulationsstrategien zu kombinieren.

Autor: Julia Everke
Thema: Den Körper beruhigen
Webseite: https://www.juliaeverke.de

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