Wer kennt es nicht? Das Thema „Konflikt am Arbeitsplatz“.
Schön, wenn Sie jetzt denken: „Nein, ist bei uns kein Thema.“ Wenn Sie damit aber auch ab und zu in Berührung kommen, lesen Sie bitte weiter. Konflikte sind wohl in fast jeder Firma immer einmal wieder an der Tagesordnung und es ist wichtig, sich damit zu beschäftigen, da sonst die Arbeits- und Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist und wird.
Gründe für Konflikte gibt es viele. Ich erinnere mich, als ich eine junge Frau war und mir offensichtlich den Neid und die Eifersucht der älteren Kolleginnen allein durch die Tatsache, dass ich jung war, zugezogen hatte. Ich arbeitete damals in einer Sportartikelfirma und die ISPO (Internationale Sportartikelmesse) stand an. Ich war mit der Organisation betraut und richtete alles für den Messestand zusammen, was die Kolleg*innen aus dem Lager nach München brachten. Alles war bereit zum Einladen und plötzlich hatte ich ein seltsames Gefühl und überprüfte nochmals die Liste. Und ja, es fehlte das Kaffeegeschirr, welches auf einer Messe einfach essentiell ist. Wie ich später recherchierte, hatten mir die Kolleginnen aus der Buchhaltung die Kartons versteckt…
Wir sind Menschen und wir sind verschieden und deshalb kommt es immer wieder zu Konflikten. Sowohl im privaten Bereich als auch im Firmenkontext. Männer und Frauen, Vertrieb und Buchhaltung, alte Hasen und Küken, die Liste würde sehr lange. Es ist eine Wohltat, wenn im Team Konflikte angesprochen werden, sobald sie aufkommen, denn dann ist es möglich, sie in der Anfangszeit einzudämmen und zu bearbeiten. Alle Mitarbeiter*innen einer Firma sind gleich wichtig. Eine einzelne Abteilung kann den Erfolg einer Firma nicht im Alleinzug stemmen. Wie kommt es aber dazu, dass immer wieder Konflikte aufkommen? Konflikte hängen einerseits mit den unterschiedlichen Persönlichkeiten, die in einer Firma aufeinander treffen zusammen – andererseits mit den Gefühlen wie Hass, Neid, Eifersucht, Angst, etc.
Es gibt viele unterschiedliche Persönlichkeitstests, die zeigen, welche Vorzüge und auch Schwächen bei den einzelnen Personengruppen vorliegen.
Ich möchte Ihnen das Modell von Virginia Satir kurz skizzieren. Sie unterscheidet vier verschiedene Persönlichkeitsmuster:
1.) Anklagendes Muster (dominant)
Führungsqualitäten | „Ich bin der/die König*in!“ | hört sich selbst gerne | zielorientiert | hat das große Ganze im Blickfeld | trifft Entscheidungen allein | lösungsorientiert | „Macher*in“ | ….
2.) Beschwichtigendes Muster
„Du bist der/die König*in.“ | will es allen recht machen | Fähnchen im Wind | JaSager | vermeidet Entscheidungen | Harmoniebedürfnis | devot | muss nicht in der 1. Reihe stehen | ….
3.) Rationalisierendes Muster
Zahlen, Daten, Fakten zählen | „Wer ist der/die König*in?“ | Details sind wichtig | sachlich | überlegt | verlässlich | ….
4.) Ablenkendes Muster
Freigeist | nimmt auf, was ihn/sie interessiert | ruhelos | kreativ | unverbindlich | begeisterungsfähig | Querdenker | sprunghaft | …..
Wahrscheinlich haben Sie sich in Gedanken schon selbst zugeordnet. Wenn Sie noch unsicher sind, überlegen Sie bitte, wie Sie unter Stress reagieren. Denn in dieser Extremsituation fallen wir auf unser Grundmuster zurück. Eventuell sind Sie auch eine Mischung aus zwei Mustern und allein in dieser Vielfalt ist schon zu sehen, wie schwierig Kommunikation ist und warum Konflikte entstehen können. Dann nämlich, wenn diese Menschentypen bei schwierigen Themen aneinandergeraten.
Im besten Fall haben Sie dieses Modell im Hinterkopf und wissen somit, warum ein Mensch so und nicht anders agiert und reagiert. Stehen Sie Ihren Kolleg*innen und Mitarbeiter*innen wertschätzend und wohlwollend neutral gegenüber, versetzen Sie sich in einer ruhigen Minute in dessen/deren Lage, dann werden Sie Verständnis für sein/ihr Tun entwickeln können. In jeder Firma sind die vier Typen zu finden und die Kunst ist es, die Vorzüge all dieser Menschen richtig und gekonnt einzusetzen. Was nützt es einem/einer Beschwichtiger*in, wenn er/sie zum/zur Chef*in befördert wird, wenn er/sie das vielleicht gar nicht will?
Vielleicht haben Sie Gelegenheit, im Zuge einer Mitarbeiter*innenkonferenz dieses Modell unter folgenden Aspekten näher anzuschauen:
- So sehe ich mich.
- So sehen mich die anderen (= Chance, mich durch andere zu sehen).
- Das motiviert mich.
- Das bringt mich auf die Palme. Das braucht mein Gegenüber (wie schaffe ich eine Basis zur Zusammenarbeit).
- Darin besteht für mich Entwicklungspotential.
Es ist zu 100 % wahrscheinlich, dass Sie danach bei Konflikten besser miteinander umgehen und diese schneller lösen können.
Prinzipiell gibt es unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten, wenn ein Problem auftaucht. Es geht darum, die eigenen Bedürfnisse und die der anderen Person in Zusammenhang mit der Aufgabe zu einer guten Lösung zu bringen. Im besten Fall gibt es eine Win-Win-Situation, denn so kann konstruktive Zusammenarbeit funktionieren.
Je emotional besetzter eine Konfliktsituation ist, desto größer ist die Gefahr, dass der Konflikt eskaliert.
Folgende Punkte können zu Deeskalation beitragen:
- Sich selbst herausnehmen und eine kurze Pause einlegen. Diese zum Durchatmen nützen und erst dann re-agieren.
- Lösungen herausarbeiten, statt der Schuldfrage nachzugehen.
- Das Verhalten der Person verurteilen, jedoch nicht die Person selbst.
- Wertschätzende Kommunikation
Die Gewaltfreie Kommunikation
(Marshall B. Rosenberg)
Um Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen, kann das Modell der Gewaltfreien Kommunikation helfen. Hier werden unangenehme Themen Schritt für Schritt besprochen.
1.) Situation anhand der eigenen Wahrnehmung beschreiben.
2.) Was macht diese von mir als problematisch wahrgenommene Situation mit mir? Ärgere ich mich?
3.) Was ist mir wichtig (vielleicht im Gegensatz zur Tatsache, die derzeit vorliegt)?
4.) Mithilfe anbieten und einen Wunsch an das Gegenüber formulieren.
Abschließend möchte ich Ihnen noch einige Leitfragen anführen, die im Vorfeld Konflikte vermeiden können und welche Sie gerne im Team besprechen können:
- Wie wird in der Firma mit Konflikten umgegangen? Muss ich fehlerfrei sein? Werden sie angesprochen, übergangen,…?
- Werden Fehler zugegeben?
- Wird Kreativität und Spontanität zugelassen?
- In welchen Bereichen sehe ich Entwicklungsbedarf?
Wenn ein Konflikt eskaliert und in den eigenen Reihen nicht gelöst bzw. de-eskaliert werden kann, macht es Sinn, sich von außen Unterstützung zu holen. Eine Supervision hat da oft schon wahre Wunder bewirkt.
Autorin: Erika Ramsauer, MTD, psychologische Beraterin, Coach, Supervisorin und Buchautorin
Thema: Konflikte am Arbeitsplatz lösen
Webseite: https://www.erikaramsauer.at
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