Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität (NCGS), Laktoseintoleranz, Fruktoseintoleranz, SIBO (Small Intestinal Bacterial Overgrowth), Exokrine Pankreasinsuffizienz, Reizdarmsyndrom verursachen sehr ähnliche Symptome:
Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall, manchmal Verstopfung, Völlegefühl und Müdigkeit.

Daher ist eine Unterscheidung schwierig und und die Diagnostik herausfordernd.
In diesem Artikel stelle ich die Besonderheiten der Laktoseintoleranz und der Glutenunverträglichkeit in den Fokus.
Allergie oder Unverträglichkeit?
Nicht jede Unverträglichkeit ist gleich eine Allergie. Bei einer Nahrungsmittelallergie reagiert das Immunsystem auf einen normalerweise harmlosen Nahrungsbestandteil und bildet Antikörper. Das kann zu sofortigen, teils schweren Reaktionen führen – etwa Hautausschlag, Juckreiz, Schwellungen (zum Beispiel an Lippen oder Gesicht), Atemnot bis hin zum anaphylaktischen Schock.
Eine Nahrungsmittelunverträglichkeit tritt hingegen ohne Beteiligung des Immunsystems auf. Die Beschwerden entstehen meist, weil der Körper Schwierigkeiten hat, einen Nahrungsbestandteil zu verdauen oder zu verarbeiten. Bei einer Laktoseintoleranz fehlt zum Beispiel ein wichtiges Verdauungsenzym. Bei der Glutenunverträglichkeit besteht dagegen eine Überempfindlichkeit gegenüber dem Getreideeiweiß Gluten. Akut lebensbedrohliche Reaktionen treten bei Unverträglichkeiten nicht auf, sie können aber dennoch sehr unangenehme Beschwerden verursachen.
Auch ein Einfluss von Unverträglichkeiten auf Autoimmunerkrankungen wird diskutiert. So kann Gluten bei empfindlichen Personen die Darmbarriere schädigen („Leaky Gut“), wodurch entzündungsfördernde Bestandteile eindringen und Autoimmunreaktionen auslösen können.
Wichtig ist die Abgrenzung zur Zöliakie. Diese ist keine Allergie, sondern eine Autoimmunerkrankung, bei der Gluten eine fehlgeleitete Immunreaktion im Dünndarm auslöst. Zöliakie wird umgangssprachlich zwar oft als „Glutenunverträglichkeit“ bezeichnet, medizinisch handelt es sich jedoch um ein eigenständiges Krankheitsbild.
Laktoseintoleranz – Ursachen und Symptome
Laktoseintoleranz bezeichnet die Unverträglichkeit von Milchzucker (Laktose). Ursache ist meist ein Mangel an Laktase, dem Enzym, das Laktose im Dünndarm aufspalten soll. Ist nicht genug Laktase vorhanden, gelangt der Milchzucker unverdaut in den Dickdarm. Dort wird er von Darmbakterien vergärt, was zu Beschwerden führt. Typische Symptome einer Laktoseintoleranz sind Völlegefühl, Bauchschmerzen, krampfartige Darmkoliken, Blähungen (Meteorismus) und Durchfall kurz nach dem Verzehr von Milch oder Milchprodukten. Manche Betroffene berichten auch von Übelkeit. Die Symptome treten oft 30 Minuten bis wenige Stunden nach dem Konsum laktosehaltiger Nahrung auf. Anders als bei einer Allergie bleibt jedoch z.B. ein Hautausschlag oder Atemnot aus – die Unverträglichkeit äußert sich vor allem im Magen-Darm-Trakt.
Eine Laktoseunverträglichkeit kann angeboren sein, tritt aber häufig erst im Jugend- oder Erwachsenenalter auf, wenn die natürliche Laktaseproduktion nachlässt. Neben der häufigeren primären (genetisch bedingten) Laktoseintoleranz gibt es auch sekundäre Formen – zum Beispiel können Magen-Darm-Erkrankungen (wie Zöliakie oder Morbus Crohn) die Dünndarmschleimhaut schädigen und so einen vorübergehenden Laktasemangel verursachen.
Glutenunverträglichkeit und Zöliakie – Beschwerden durch Gluten
Gluten ist ein Sammelbegriff für bestimmte Klebereiweiße, die in Getreidesorten wie Weizen, Roggen, Gerste (und in geringerem Maße auch Hafer) vorkommen. Unter dem Begriff Glutenunverträglichkeit verstehen viele Menschen sämtliche Probleme im Zusammenhang mit dem Verzehr glutenhaltiger Nahrung. Dabei muss man genauer unterscheiden: Die Zöliakie (früher „Sprue“ genannt) ist eine glutensensitive Enteropathie, also eine chronische Erkrankung, bei der das eigene Immunsystem bei Glutenkontakt die Dünndarm-Schleimhaut angreift. Zöliakie führt zu Entzündungen im Darm und langfristig zur Zerstörung der Darmzotten, was Nährstoffmangel und vielfältige Symptome nach sich ziehen kann.
Daneben gibt es Personen, die auf glutenhaltige Lebensmittel mit unspezifischen Verdauungsbeschwerden reagieren, obwohl keine Zöliakie vorliegt. Hier spricht man oft von einer Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität (umgangssprachlich ebenfalls „Glutenunverträglichkeit“ genannt). Die genauen Ursachen dieser Empfindlichkeit sind noch nicht vollständig geklärt; möglicherweise spielen auch andere Bestandteile des Getreides (z.B. schwer verdauliche Kohlenhydrate wie Fruktane) eine Rolle. Die Beschwerden ähneln meist einem Reizdarm: Betroffene klagen über Blähungen, Bauchkrämpfe, wechselhaften Stuhlgang oder andere Verdauungsprobleme, die sich nach dem Verzehr von Brot, Nudeln & Co. zeigen. Wichtig: Eine Weizenallergie ist etwas anderes – hierbei handelt es sich um eine echte Allergie gegen bestimmte Weizenproteine, die wiederum andere Mechanismen und Symptome (z.B. Hautreaktionen oder Asthma) hat.
Diagnostik: Wie stellt man eine Unverträglichkeit fest?
Da die Symptome von Nahrungsmittelunverträglichkeiten jenen vieler anderer Verdauungsprobleme ähneln, ist die Diagnose nicht immer trivial. Zunächst sollte die Krankengeschichte und Ernährungsgewohnheiten erfragt werden. Dabei ist wichtig zu klären, ob der Patient schon von sich aus auf Milch oder Gluten verzichtet hat. Insbesondere ein Glutenverzicht erschwert die Diagnostik einer Zöliakie. Dies muss beachtet werden bevor verschiedene Tests zum Einsatz kommen.
Laktoseintoleranz: Der gängigste Test ist der H2-Atemtest. Dabei trinkt der Patient eine standardisierte Laktose-Lösung. Wenn der Milchzucker im Dünndarm nicht richtig abgebaut wird, gelangt er in den Dickdarm und wird dort von Bakterien vergoren – dabei entsteht Wasserstoff (H₂), der im Atem messbar ist. Ein deutlicher Anstieg des H₂-Gehalts in der Ausatemluft zusammen mit typischen Symptomen (Bauchkrämpfe, Durchfall) zeigt eine Laktosemalabsorption an. Alternativ gibt es einen Blutzuckertest (Laktose-Toleranztest), und auch ein Gentest steht zur Verfügung.
Glutenunverträglichkeit / Zöliakie: Hier ist zunächst abzuklären, ob eine Zöliakie vorliegt. Dazu wird eine Blutuntersuchung auf charakteristische Antikörper durchgeführt – in erster Linie Transglutaminase-IgA-Antikörper (tTG-IgA). Falls dieser Test auffällig ist oder der Verdacht weiterhin hoch bleibt, erfolgt zur Sicherung der Diagnose eine Dünndarmspiegelung (Gastroskopie) mit Entnahme von Gewebeproben (Biopsie). Im Dünndarm-Gewebe lassen sich die für Zöliakie typischen Veränderungen (entzündliche Zerstörung der Darmzotten) nachweisen. Wichtig ist, dass der Patient vor diesen Untersuchungen ausreichend Gluten verzehrt hat; eine bereits gestartete glutenfreie Diät kann die Befunde verfälschen. Wenn die Tests auf Zöliakie alle negativ sind, der Betroffene aber dennoch Gluten schlecht verträgt, spricht vieles für eine nicht-zöliakische Glutensensitivität. Einen spezifischen Labortest hierfür gibt es nicht. Oft wird die Diagnose indirekt gestellt: Wenn sich die Beschwerden unter glutenfreier Ernährung deutlich bessern und bei Wiedereinführung von Gluten wiederkehren, liegt vermutlich eine Glutensensitivität vor.
Sinnvoll ist auch der Ausschluss einer Weizenallergie mit Labortest auf spezielle IgE Antikörpern und Hautpricktest.
In Apotheken und im Internet werden mittlerweile verschiedene Selbsttest-Kits für Nahrungsmittelunverträglichkeiten angeboten. Einige frei verkäufliche „Nahrungsmittelunverträglichkeits-Tests“ (etwa IgG-Antikörpertests gegen diverse Lebensmittel) sind wissenschaftlich umstritten und führen nicht selten in die Irre. Deshalb sollten die Ergebnisse von Selbsttests stets kritisch bewertet und durch einen Arzt, Heilpraktiker oder Ernährungsberater eingeordnet werden.
Behandlung und praktische Tipps
Mit der richtigen Ernährung lassen sich die Beschwerden meist komplett vermeiden oder zumindest deutlich reduzieren. Grundlage der Therapie ist das Meiden bzw. Reduzieren der auslösenden Nahrungsbestandteile. Auch wenn man davon ausgeht das eine echte Heilung nicht möglich ist, so kann man beobachten, dass bei guter Lebensführung die Toleranz gegenüber den Auslöser wieder steigen kann. Ebenso können Naturheilverfahren wie Homöopathie oder Achtsamkeitsübungen dazu beitragen, die Toleranzschwelle deutlich erhöhen und die Lebensqualität zu steigern.
Laktoseintoleranz:
Die Zufuhr von Milchzucker sollte an die persönliche Verträglichkeit angepasst werden. Viele Betroffene vertragen kleine Mengen Milchprodukte oder gereiften Käse und Joghurt besser als frische Milch. Sinnvoll ist es, die eigene Toleranz durch kleine Portionen auszutesten. Laktosefreie Produkte und Laktasepräparate (Tabletten oder Tropfen) können helfen, Beschwerden zu vermeiden.
Glutenunverträglichkeit / Zöliakie:
Bei Zöliakie ist eine lebenslange, strikt glutenfreie Ernährung unverzichtbar – schon kleinste Mengen können Entzündungen auslösen.
Bei nicht-zöliakischer Glutensensitivität reicht oft eine deutliche Reduktion von Gluten, je nach individueller Verträglichkeit. Auch eine FODMAP-arme Ernährung (reduzierter Verzehr bestimmter, schwer verdaulicher Kohlenhydrate) kann Beschwerden lindern. Wichtig ist, auf die eigene Körperreaktion zu achten.
Nicht unproblematische Ernährungsform:
Glutenfreie Produkte erleichtern den Verzicht, sind aber nicht automatisch gesünder: Sie enthalten oft mehr Zucker und Fett, weniger Ballaststoffe und Mikronährstoffe. Ein unnötiger Glutenverzicht kann zu Nährstoffmängeln (z. B. B-Vitamine, Selen) und bei übermäßigem Konsum glutenfreier Fertigprodukte zu Fettleber oder metabolischem Syndrom führen.
FAZIT:
Ärzte, Heilpraktiker und Ernährungstherapeuten sollten nicht nur zur Abklärung der Ursache herangezogen werden, sondern können helfen Lebensführung incl. Ernährung sinnvoll zu gestalten. Bei längerfristigen, strikteren Kostformen insbesondere bei Zöliakie muss der Versorgungsstatus mit Mikronährstoffen untersucht werden und Nahrungsergänzungsmittel gezielt verordnet werden.
Autor: Christian Fiebich
Thema: Laktoseintoleranz, Glutenunverträglichkeit, Reizdarmsyndrom und weitere Differenzierungen
Webseite: https://www.heilpraktiker-fiebich.de