Ein Schlaganfall bittet nicht um Eintritt

Herausforderungen des Schlaganfall-Alltags erfolgreich begegnen

Welches „Kopfkino“ entsteht vor Ihrem inneren Auge, wenn Sie an die Folgen eines Schlaganfalls denken?

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Der Schlaganfall ist eine der häufigsten Ursachen für bleibende Behinderungen im Erwachsenenalter.

Wenn Menschen erfahren, dass ich eine von 270.000 Betroffenen bin, die jährlich in Deutschland einen Schlaganfall erleiden, begegnet mir folgende Aussage: „Man sieht ja gar nichts.“ Nicht immer sind die Folgen einer erworbenen Hirnschädigung für das Umfeld sichtbar. Die Allgemeinheit verbindet damit eher eine hängende Lippe, halbseitige Lähmungen oder Sprachstörungen. Eine Schädigung des Gehirns ist jedoch sehr vielschichtig, was Prognosen für den weiteren Genesungsverlauf auch sehr schwierig macht.

Je nach geschädigter Hirnregion verlieren Betroffene spezifische kognitive, motorische und emotionale Fähigkeiten, Funktionen und Fertigkeiten. Das schränkt nicht nur die vorher häufig als selbstverständlich angenommene Mobilität und Selbständigkeit ein, sondern stellt auch Angehörige vor große Herausforderungen. Ein Hirnschaden wirkt sich immer auf das gesamte Umfeld aus und bedeutet eine große Alltagsbelastung.  

Wie kann man den Herausforderungen des Schlaganfall-Alltags erfolgreich begegnen?

Gerade bei einem plötzlichen lebenseinschneidenden Ereignis, haben viele Betroffene und Bezugspersonen das Gefühl, regelrecht entwurzelt zu werden. Das ursprüngliche Lebenskonzept wird ungefragt über den Haufen geworfen, die persönliche Identität (wie wir uns sehen und gesehen werden wollen) ist gekränkt. Uns wird sprichwörtlich der Boden unter den Füßen weggerissen.

Mit Strategie

Um in der Lage zu sein, überhaupt stabilen Boden zu fühlen, darf erst der Schock verwunden werden, das Erlebte verarbeitet und die neuen Gegebenheiten, z.B. mögliche Verluste von körperlichen und kognitiven Fertigkeiten und Fähigkeiten akzeptiert werden. Und exakt JETZT ist der Zeitpunkt gekommen, wo wir die erste Entscheidung für eine mögliche Um-, bzw. Neuorientierung treffen. Dann sind wir bis dahin noch gar nicht in der Lage, neue Pläne zu schmieden. Wir dürfen erst einen Weg finden, unseren Frieden mit dem Schicksal zu machen, es annehmen und akzeptieren, bevor wir uns erfolgreich möglichen neuen Perspektiven zuwenden. Den Weg zur Akzeptanz empfinden Betroffene wie auch Bezugspersonen, als unterschiedlich herausfordernd. Er wird in Abhängigkeit der eigenen Resilienz individuell gegangen und unterliegt keiner festen Zeitlinie.  Mitunter erfolgt auch keine vollständige Akzeptanz, was in Verbitterung münden kann.

Erst dann ist es möglich, neue Perspektiven zu entwickeln und Lebenskonzepte im Einklang mit sich selbst zu verändern. Machen Sie sich auf die Suche nach vorhandenen Potentialen, die definitiv da sind und nur gefunden werden wollen. Finden, das ist das Zauberwort. Wenn sie ein bisher verborgenes Talent an sich entdeckt haben, handelt es sich meistens um eines von einer ganzen Reihe an Talenten und Stärken, die folgen werden! Und wenn Sie sich schwertun, welche zu finden, dann bedeutet dies nicht, keine zu haben. Viele vorhandene Stärken werden nicht bewusst gesehen, weil sie als selbstverständlich hingenommen werden. Machen Sie sich auf die systematische Suche! Talent definiert sich aus persönlichen Eigenschaften, Fähigkeiten und Kenntnissen. Sind ihnen einige abhandengekommen, haben sie die Chance, bisher unentdeckte, nicht wahr genommene, zu finden und etwas ganz Erfüllendes daraus zu machen.

Häufigster Alltagsstolperstein auf dem Weg zur Akzeptanz

Angst

Gewöhnlich vertrauen wir unseren Gefühlen blind. Sie sagen uns die Wahrheit. Auch die Angst ist so ein Gefühl. Um sie zu verringern, kann es hilfreich sein, sich bewusst mit ihr zu beschäftigen.

Nehmen Sie Ihre Gedanken bewusster wahr. Gefühle entstehen durch unser Denken. Unabhängig davon, ob es sich um eine reale Gefahr oder ausschließlich um eine gefühlte Bedrohung handelt. Wenn ein Reiz unsere Sinne erfasst, bewerten wir diesen. Bedeutet er eine Gefahr oder nicht?

Gerade nach lebenseinschneidenden Ereignissen, wie z.B. einem Schlaganfall, reagieren Menschen auf scheinbar „harmlose“ Sinneseindrücke und Körperempfindungen häufig „übersensibel“.  Unsicherheit lässt die „innere Alarmanlage“ als ursprüngliche Schutzfunktion zu früh anspringen. Wir möchten dieses unangenehme Gefühl abschütteln und versuchen unbewusst Angst auslösende Situationen zu vermeiden.

Vorboten meines Schlaganfalls waren u.a. Kopfschmerzen und Gleichgewichtsstörungen, sowie ein steifer Nacken.  Bis heute fordern mich diese harmlosen, wenn auch unangenehmen Körperempfindungen heraus, bewusst Ruhe zu bewahren. Es hilft, eigene Gedanken bewusst wahrzunehmen und zu beobachten, um die Situation neu einzuschätzen. Ist tatsächlich Gefahr in Verzug, ja oder nein?  Ich habe gelernt meine Angst auszuhalten. Nicht jedes Kopfweh verursacht einen Schlaganfall.

Individueller Notfallplan

  • Kontrollieren Sie Ihre Atmung (Atemübungen)
    B. 3x durch die Nase einatmen und durch den Mund doppelt so lange ausatmen
  • Hände nutzen
    Faust machen, Finger zusammenpressen, Arm anspannen und bis 3 zählen. Dann loslassen und Finger und Arm bewusst entspannen.
  • Selbstsuggestion
    „Ich spüre meinen Stress, meine Sorge, meine Angst. Das ist normal. Ich darf Ängstlichkeit spüren. Ich kann damit umgehen und das Gefühl aushalten“.

Werden Sie erfinderisch! Es dreht um Ablenkung in diesem entscheidenden Moment. Lassen Sie sich doch von Ihrer „Alexa“ einen Witz erzählen… Angst ist eine richtige Reaktion, nur zum falschen Zeitpunkt!

Umgang mit unsichtbaren Folgen

Viele Folgen einer erworbenen Hirnschädigung treten erst unter Alltagsbelastungen auf. Doch nun sind Betroffene und ihre Bezugspersonen auf sich allein gestellt und dürfen ihren Weg finden, damit klarzukommen. Misslingt dies langfristig, ebnet diese Dauerbelastung Wege für Folgeekrankungen und ist ein häufiger Grund, das Beziehungen scheitern.

Unter die „stillen“ Folgen, um Ihnen einen Eindruck zu vermitteln, fallen neben den Ängsten und der klassischen Post-Stroke Depression (mit einem Anteil von 30 %),  z.B. auch Erschöpfungszustände, Überforderungsgefühle, Stimmungsschwankungen, mangelnde Konzentrationsfähigkeit, Schlafstörungen, gestörte Handlungsplanung, Fehleinschätzungen der vorhandenen Fähigkeiten und Fertigkeiten und deren Auswirkungen körperlicher und emotionaler Art.

Eine der häufigsten Lebensaufgaben nach solch einem Ereignis ist es, neu oder auch weiterhin an sich selbst zu glauben, sich ggfs. neu zu orientieren und regelrecht neu zu „finden“, Beziehungen zu erhalten und vor allem, sich abzugrenzen, ohne sich zu rechtfertigen. Je nach Alter, Schweregrad der Folgen und in welcher Lebensphase man sich nach so einem Ereignis gerade befindet, geht es hinzu um Themen die Pflege betreffend, Erhalt von Partnerschaften, Rückkehr in den Beruf, uvm.

Sie sehen, eine Hirnschädigung trifft nicht ausschließlich den Körper, sondern auch die Seele und neben den Betroffenen, auch immer die Bezugspersonen. Ein erworbener Hirnschaden bedeutet häufig ein traumatisches Erlebnis, das beidseitig bewältigt werden darf, bevor die Zeit der Neuorientierung gekommen ist.

Die eigentliche Herausforderung beginnt mit der Rückkehr in den Alltag, wo Sie auf sich allein gestellt sind. Eine Phase, die bei vielen für Verunsicherung sorgt. Da geht es einerseits um Fragen zur Pflege, zur Versicherung, um Hilfs- und Heilmittel, Anträge auf Schwerbehinderung, passende Ärzte und Therapeuten. Und andererseits um emotionale Themen, den eigenen und auch sozialen Umgang mit den Folgen betreffend. Viele in der Rehabilitation unbemerkte Folgen, kommen erst unter Alltagsbelastungen zum Vorschein.

Haben Sie den Mut und suchen Sie sich bei Bedarf eine entlastende Alltagsbegleitung, die sich für Sie informiert, Anträge ausfüllt, Ihnen Orientierung verschafft, Raum für Gespräche bietet und ggfs. an weitere Fachkräfte, Therapeuten und Ärzte vermittelt. Für ein schnelleres erfülltes Leben auch mit bleibenden Krankheitsfolgen.

Bei Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Autor: Meike Hörnke
Thema: Schlaganfall
Webseite: https://www.wendepunkt-schlaganfall.de

#Krisen, #Gedanken, #Veränderung, #Probleme, #Menschlicher Körper

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