In der öffentlichen Diskussion um das deutsche Sozialsystem, insbesondere das Bürgergeld (ehemals Hartz IV), dominieren oft Bilder von Alleinerziehenden, Großfamilien oder Rentnern in Not.

Sie alle sind ohne Zweifel auf Unterstützung angewiesen. Doch es gibt einen Personenkreis, der kaum Beachtung findet, obwohl er objektiv gesehen zu den größten Verlierern des Systems zählt: der alleinstehende, arbeitslose Mann.
Wenig Geld, wenig Unterstützung, wenig Mitleid
Ein alleinstehender Mann, der Bürgergeld bezieht, erhält derzeit (Stand 2025) rund 563 Euro Regelsatz plus Miete und Heizkosten. Also das absolute Existenzminimum. Er hat keine Kinder, für die er Kindergeld oder Unterhaltsvorschüsse erhält. Keine Bedarfsgemeinschaft, durch die sich der Lebensunterhalt relativiert. Keine Lobby, keine gesellschaftliche Erzählung, die Sympathie oder Solidarität erzeugt. Alleinerziehende Mütter oder Rentnerinnen finden regelmäßig Gehör. Der alleinstehende Mann dagegen wird oft ignoriert oder mit Vorurteilen konfrontiert.
Relativer Abstand: Zwischen 0 und 400 Prozent
Das Sozialsystem misst in absoluten Summen. Aber das Leben ist relativ! Während eine Großfamilie mit mehreren Kindern durch Bürgergeld, Kindergeld, Wohngeld und weitere Leistungen häufig fast auf dem Niveau einer durchschnittlichen Arbeiterfamilie lebt (oft mit einem Einkommensunterschied von unter 10–20 %), liegt der alleinstehende Mann im Vergleich zum Medianverdiener rund 400 % darunter. Was bei der einen Gruppe nach Mangel aussieht, ist im Verhältnis kaum ein Unterschied. Was beim anderen wie stilles Ausharren wirkt, ist in Wahrheit extreme Armut. Diese krassen Unterschiede innerhalb des Bürgergeldsystems werden jedoch kaum thematisiert.
Unsichtbar in der Gesellschaft
Wer nicht sichtbar ist, bekommt keine Hilfe. Der arbeitslose Single-Mann steht selten im Fokus von Sozialpolitik oder Medienberichten. Dabei zeigt sich in sozialen Netzwerken, auf Ämtern und in Tafeln immer wieder: Diese Männer sind da. Oft resigniert, ausgegrenzt, allein. Ihre Situation ist geprägt von Perspektivlosigkeit, Einsamkeit und gesellschaftlicher Stigmatisierung.
Chancenlos auch in der Partnersuche
Ein besonders bitterer Aspekt ist der soziale Ausschluss auf dem Beziehungsmarkt. Während arme Frauen – etwa alleinerziehende Mütter – zumindest moralische Unterstützung und oft auch noch männliches Interesse erfahren, trifft auf alleinstehende, arme Männer das Gegenteil zu: Sie gelten als „unattraktiv“, weil sie keine soziale oder finanzielle Stabilität bieten. Diese Ausgrenzung ist nicht nur demütigend. Sie verstärkt auch Isolation, Frustration und Hoffnungslosigkeit.
Strukturell benachteiligt – aber kein Thema
Warum wird der alleinstehende Mann übersehen? Vielleicht, weil er nicht in ein gängiges Opferbild passt. Vielleicht auch, weil die Gesellschaft bei Männern grundsätzlich erwartet, dass sie sich selbst helfen. Dass viele scheitern – psychisch, sozial, existenziell – wird dabei verdrängt. Das Sozialsystem ist blind für das relative Gefälle innerhalb seiner eigenen Struktur. Und genau hier liegt das Problem: Ungleichheit wird nicht nur zwischen Arbeit und Bürgergeld geschaffen, sondern innerhalb des Bürgergeldsystems selbst.
Gesundes Essen? Für Alleinstehende oft unmöglich
Nach der Miete ist die Ernährung der größte Ausgabenposten im Bürgergeld. Und gerade hier schlägt die strukturelle Benachteiligung von Alleinstehenden besonders hart zu: Wer alleine lebt, hat pro Kopf höhere Lebensmittelausgaben. Denn es fehlt der Skaleneffekt. Familien oder Bedarfsgemeinschaften können günstiger einkaufen, gemeinsam kochen, Vorräte besser nutzen. Ein alleinstehender Mann zahlt für dieselben Zutaten oft mehr oder muss aus Kostengründen auf minderwertige, stark verarbeitete Lebensmittel ausweichen.
In Zeiten rasant gestiegener Lebensmittelpreise wird das besonders sichtbar: Frisches Obst, Gemüse, Fisch oder mageres Fleisch sind kaum finanzierbar. Wer sich ohne zusätzliche Einnahmequellen – etwa Flaschensammeln oder Nebenjobs – gesund und ausgewogen ernähren will, steht vor einer realitätsfernen Rechnung. Bürgergeld deckt das faktisch nicht ab. Die Folgen: schlechtere Gesundheit, Mangelernährung und das stille Gefühl, vom Leben abgehängt zu sein.
Fazit
Es wird Zeit, den Blick zu weiten. Ein Sozialsystem, das gerecht sein will, darf nicht nur absolute Zahlen verteilen, sondern muss auch den relativen Abstand zur Lebensrealität anderer berücksichtigen. Der alleinstehende Mann im Bürgergeldbezug ist kein Einzelfall, sondern eine stille Mehrheit im Schatten. Er verdient Sichtbarkeit, faire Chancen und endlich auch gesellschaftliche Anerkennung.
Thema: Der größte Verlierer im Sozialsystem - Der alleinstehende Mann auf Bürgergeld
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