"Lass mich doch mal Mann sein!"

Wer verteilt eigentlich die Rollen in der Partnerschaft?

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In diesem Artikel lade ich Sie zu einer kleinen geistigen Exkursion rund um das Thema „Geschlechterrollen in einer Paarbeziehung“ ein. Wie immer stelle ich Ihnen meine aktuellen Thesen und Gedanken als Anregung zum eigenen Nachdenken zur Verfügung, ohne je Anspruch auf die absolute Wahrheit zu erheben.

Unabhängig davon, ob es sich um hetero-, bi- oder homosexuelle Partnerschaften handelt oder mit welchem Geschlecht man sich selbst identifiziert (männlich, weiblich, divers), bleibt der Tanz der Dualität bestehen. Männlich. Weiblich. Aktiv. Passiv. Dieser Umstand schließt jedoch das Empfinden einer nicht vorhandenen Dualität nicht aus und somit eine dritte, undefinierte Ebene mit ein. Möglicherweise ist genau diese dritte Ebene der Moment des absoluten Gleichgewichtes zwischen den zuvor genannten Extremen?!

Bleiben wir zunächst jedoch im Binärsystem. Selbst wenn wir nun also unser erlerntes und gesellschaftlich akzeptiertes Verhalten völlig außer Acht ließen, bliebe die Essenz des männlichen und weiblichen Prinzipes weiterhin existent – wir können uns diesen beiden Polen sozusagen nicht entziehen. Dieses urtypisch männliche und weibliche Prinzip lässt sich übrigens recht einfach erkennen, wenn wir den Blick auf unsere Körper richten.

Während der Mann seine Geschlechtsorgane ja bekanntlich offen und sichtbar trägt, so tut die Frau es gegenteilig im Körperinneren. Es ist also im Kern auf natürlichste Weise definiert, dass das kraftvolle, potente, aktive Vorpreschen klar dem Mann und seinem Prinzip zuzusprechen ist. Indes ist alles zurückhaltende, behütende, passive Innenhalten der Frau und dem weiblichen Prinzip unterzuordnen.

Da wir aber immer beide Prinzipien in uns vereinen und somit jeder Mensch männliche und weibliche Aspekte in sich trägt, werden diese Grundprinzipien von allen Menschen auch gelebt. Die Frage ist nur: stimmt das Gleichgewicht?

Durch unsere familiäre Erziehung und Prägung und je nach dem in welcher Kultur wir aufwachsen und von welchen Vorbildern wir lernen, entwickelt sich nun ein Geschlechterverhalten. Wie war das denn bei Ihren Eltern und Vorbildern? Harmonisch zwischen Mann und Frau? Ebenbürtig? Wer war wann, wo und wie aktiv und potent oder passiv und zurückhaltend?

Meinen Erfahrungen und Beobachtungen zufolge, herrscht in unserer Gesellschaft und besonders in heterosexuellen Partnerschaften eher ein Ungleichgewicht im Rollenverhalten und eine Verwirrung der Geschlechter. Frauen leben offensichtlich stark ihre männlichen Aspekte und Männer zunehmend stark ihre weiblichen. Kann das gut gehen? Gibt es ein gemeinsames Ziel? Wollen wir tatsächlich ein Gleichgewicht? Wie könnte es aussehen und was würden denn die Nachbarn sagen?

Beispiel aus der Praxis:

„Ich kriege bei meinem Mann nicht das was ich brauche! Er kommt einfach nicht auf mich zu um mir körperlich nahe zu sein. Ich brauche mehr, das reicht mir nicht. Wenn er das nicht bald ändert, werde ich ihn vermutlich verlassen. Immer muss ich auf ihn zugehen. Ausserdem könnte er ja auch mal etwas für mich tun. Ich will mehr Romantik. Oder im Haushalt helfen. Der sieht auch nicht, was ums Haus rum zu machen ist. Immer muss ich ihm das sagen. Da raste ich aus! Ich gehe ja schon immer auf ihn zu und sage ihm was ich will und was er machen soll. Aber von ihm – da kommt nichts!“

Ehefrau, 20Jahre verheiratet, 2 Kinder aus erster Ehe mitgebracht, Teilzeitjob, frustriert.

Nun, wie mag sich wohl dieser Ehemann fühlen, der sich vor vielen Jahren in eine Frau verliebte, ihre beiden Kleinkinder liebevoll annahm, ihnen Heim und Sicherheit bot und sie gemeinsam mit ihr beim Erwachsenwerden begleitete und für sie Sorge trug? Wie mag es sich anfühlen gesagt zu bekommen, was man zu erledigen hat? Wie attraktiv und reizend mag eine Ehefrau ihrem Mann erscheinen, wenn sie ihm über Jahre hinweg signalisiert, dass er ihr nicht genügt?

Angenommen? Ebenbürtig? - Ich denke nicht.

Hier haben wir es mit dem Paradebeispiel einer Frau zu tun, die sich in ihrer Interaktion mit dem Ehemann offensichtlich in der männlichen Rolle verheddert hat und von ihrer weiblichen Weisheit nur noch einen kümmerlichen Rest beherbergt – irgendwo zwischen Uterus und Clavikula.

„Meine Frau...naja...sie meckert immer an mir rum. Ich kann es ihr einfach nicht recht machen. Ich sag schon garnichts mehr. Will keinen Ärger haben und meine Ruhe. Oft gehe ich einfach in den Keller, oder in meine Werkstatt. Manchmal fehlt sie mir – so wie sie früher einmal war. Ich weiß garnicht mehr, wie ich auf sie zugehen soll. Sie erwartet immer so viel und will dann auch immer noch mehr. Ich kann das nicht mehr. Ach...ich bin traurig. Was soll ich denn tun?“

Ehemann der oben beschriebenen Frau, Familienvater, Vollzeitjob, Libidoverlust.

Nun, wie mag sich diese Ehefrau wohl fühlen? Die sich seit vielen Jahren um das Wohl der Familie sorgt und alles in Ordnung hält. Die sich um die großen und kleinen Alltagssorgen der Kinder kümmert und nebenbei auch bei den Eltern und Schwiegereltern nach dem Rechten sieht. Die sich um die Wäsche ihres Mannes kümmert und ihm jeden Tag eine warme Mahlzeit zubereitet.

Gesehen? Wertgeschätzt? - Wohl eher nicht.

Hier also das ebenfalls verhedderte Pendant, das sich in eine weibliche Passivität drängen ließ, seine Kraft in die Zurückhaltung investiert und seine Männlichkeit irgendwo in der Werkzeugkiste abgelegt hat.

Mit diesem Beispiel wird klar, dass es sinnvoll wäre hier die Karten zum einen offen auf den Tisch zu legen und im Anschluß eine gründliche Mischung und Neusortierung vorzunehmen – man will ja eigentlich nur zusammen glücklich sein. Doch bedarf es hierfür oftmals einer grundsätzliche Auseinandersetzung mit genau dieser Thematik rund um die Geschlechterprinzipien, -rollen und deren Verteilung. Jedes Paar verfügt über ganz eigene Ressourcen und Kompetenzen und darf für sich entscheiden, wie es sich als Paar mit männlichen und weiblichen Aspekten definiert und demnach agieren möchte.

Mit der Bewusstheit und der Auseinandersetzung kommt der Wandel und Balance wird möglich.

Wann, wo, wie und in welchem Maße, gestatte ich mir und meinem Gegenüber die innewohnenden männlichen und weiblichen Aspekte auszuleben und zu genießen?

An den Urprinzipien ändern wir alle so schnell nichts – doch obliegt es jedem von uns für sich und als Paar, hier eine individuelle Definition im Denken, Fühlen und Verhalten zu modellieren, die uns in die Bewusstheit unserer Ebenbürtigkeit emporhebt und so einen harmonischen Reigen möglich macht.

So kann aus einem:

„Lass mich doch mal Mann sein!“ ein ... „Ich nehme nun meine männliche Kraft wieder an!“ werden.

Und aus einem „Ich muss ihm immer sagen was er tun soll!“ ein ... „Ich gebe mich im Vertrauen seinem Handeln hin!“

Und um den Gedanken von vorhin noch einmal zu integrieren:

Vielleicht ist denau das der Moment, an dem sich die dritte Dimension eröffnet – wer weiß?

Autor: Angela Huber, Heilpraktikerin für Psychotherapie
Thema: Lass mich doch mal Mann sein!
Webseite: https://www.psychotherapie-trifft-dynamik.de

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