Die Wirklichkeit und der Klebstoff in Beziehungen

Liebes- und Beziehungsplaudereien kommen meist liebevoll und zugewendet daher.

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Dabei sind Beziehungen ebenso wünschenswert wie komplex und in ständigem Wandel begriffen. Die anfängliche Faszination des Gegenübers, dessen Fähigkeiten wir so gern selbst für uns erleben möchten, ist angelegt auf die Dauer zu verblassen. Aus den Märchen kennen wir das Glück von Prinzen und Prinzessinnen, die glücklich leben bis an ihr Ende. Wie das gelingt, wurde in den Märchen nicht berichtet. Wer hat die eigenen Eltern im Alltag als verliebtes Paar erlebt? Vielleicht nur auf Fotos gesehen.

Erst wenn die Verliebtheit vergeht, wird eine realistische Betrachtung des Beziehungspartners ermöglicht. Jedenfalls treffen meist Gegensätze aufeinander. Einerseits angelegt auf Bewahren, Festhalten und Bindung, andererseits auf Autonomie und einem größeren Freiheitsbedarf. Außerdem liegt eine Tücke in der langfristigen Beziehungsstruktur. Die Schmetterlinge im Bauch flattern nicht mehr. Es wird vergessen sich interessant zu machen, kreativ Gelegenheiten zu suchen, (Mal in einen Zug zu steigen, mit unbekanntem Ziel, die beste Eisdiele aufzusuchen in der Stadt, in der man noch nicht gewesen ist, spontan einen Tanzkurs zu buchen, sich gegenseitig den Körper bemalen, etc.) Gibt es noch kleine Überraschungen, Zeit zu zweit, Berührung, Nähe, Massagen, sich etwas vorsingen oder regelmäßig im ernsthaften Gespräch zuzuhören, ohne sich zu verteidigen oder aggressiv zu werden und erst am anderen Tag darüber zu sprechen? Vielleicht eine spontane Skizze zu fertigen und sie dem Partner zur Interpretation vorzulegen, bevor man die eigenen Wünsche oder Bedürfnisse erklärt, was man schon lange hätte tun sollen. Wie bewusst ist sich das Paar, ob Verhaltensweisen, die das Bindungshormon Oxytocin ausschütten, nicht längst eingeschlafen sind. Wie bewusst ist sich eine Beziehung, dass auf Dauer eine ständige Entwicklung zum Wandel dazu gehört, statt der Sehnsucht nach dem Verliebt sein zu folgen. Wie gelingt es, die Gegensätze von Nähe und Distanz auszugleichen?

Beziehung ist ein auf Dauer angelegtes, multikomplexes sich ständig wandelndes, dynamisches Geschehen. Sie ist davon geprägt, zum Paar zu werden (zusammen zu wachsen) zu erleben, dass man zu Eltern wird, danach ein Paar zu bleiben, wieder ein Paar zu werden. Was tun, um standhaft zu bleiben wenn etwas „Drittes“ hinzu kommt?  Ein anderer Partner, Krankheit oder chronisches Leid des Partners. Alt werden und erleben, das bewährte Muster nicht mehr wirken und sich bewusst zu werden, ob Ressourcen zu einer Weiterentwicklung der Beziehung noch ausreichend vorhanden sind. Gibt es Bereitschaft Energie zur Paarentwicklung zu investieren und gemeinsam eine Beratung durchzustehen und sich einer erstarrten Fixierung auf eine bestimmte Haltung zu stellen?

  • Wie ist es, wenn beim Besuch einer Insel zufällig das letzte Boot der Rückfahrt verpasst wird?
  • Wie wird es sein bei einer Wanderung ohne Handy, Telefon und Kopfhörer?
  • Wie ist es mit „kleinen“ Geschenken?
  • Wie oft werden gemeinsame Stunden per Fotoalben oder Video angeschaut?
  • Eine Lieblingsmusik gemeinsam angehört?
  • Haben sie rechtzeitig ein Stoppsignal verabredet, wenn es mal kritisch wird?
  • Erkennen Sie, dass Streit die Qualität der Nähe bedeutet, statt scheinbar Abstand bewirkt?

Schließlich liegt in der Natur des Menschen, sich Macht anzueignen. Ermöglichungsmacht: Partner ermöglicht Ausbildungsförderung – Reiseerlebnisse. Begrenzungsmacht: Du sollst meine Mails nicht lesen - Ich will keine Kinder. Behinderungsmacht: Du sollst nicht arbeiten gehen oder Sex kommt nicht in Frage Das erscheint so gar nicht realistisch, weil wir gedacht hatten, dass alles aus Liebe hätte geschehen sollen. So ist Toleranz eine der größten Herausforderungen für eine gelingende Partnerschaft. Übrigens können wir uns nicht an einem Donnerstagnachmittag verlieben, nur weil wir den Willen dafür einsetzen. Im Englischen heißt es treffend: I happend to see, the most beautiful girl. Zeigt es den eigentlichen Vorgang der Partnerwahl, der letztlich durch Pheromone bestimmt wird. Im anfänglichen Zustand der Verliebtheit erfährt der Mensch sich selbst. Die Projektion auf den gegenüber, muss einer realistischen Anschauung von Männlichkeit und Weiblichkeit folgen.

Schließlich kommt es darauf an, sich nicht den ganzen Tag anzuschauen, sondern in eine gemeinsame Richtung zu blicken. So werden Bewusstheit, Toleranz, Mut, Geduld, Aufrichtigkeit und Durchhaltevermögen der Schlüssel zu einer gelungenen Beziehung. Eine grundsätzliche Voraussetzung muss dazu gegeben sein. Die Bindungsfähigkeit, die aus der Ursprungsfamilie durch Vertrauen erlernt werden konnte, muss wirken können. 

Haben sie genügend Phantasie, Imagination, Vorstellungskraft, Naivität und Breitschaft, um sich eine Wippe vorzustellen, die sie als Kind erlebt haben? Eine Schlüsselmetapher zum Selbstmanagement. Wenn sie oben gesessen hatten, konnte der Partner mit seinem Gewicht verhindern, dass sie wieder nach unten schwingen konnten. Oder wie sie erlebten, wie schön es war, wenn es rauf und runter ging, und beide rhythmisch in Bewegung waren? Schließlich mussten sie sich mit beiden Beinen vom Boden abdrücken, damit die Wippe in Bewegung bleiben konnte. Wenn beide Partner symbiotisch zusammen auf einer Seite der Wippe verweilen, kann es naturgemäß keine Dynamik geben. Dies ist das Motiv für Beziehungsqualität, die nicht erstarren darf und in Bewegung bleiben muss, lebendig.

Noch etwas. Achten sie auf ihre Lieblingsmärchen. Dornröchen kommt erst spät zum Prinzen, weil sie lange schläft. Hänsel und Gretel, eine Geschwisterbeziehung. Rapunzel will nicht so recht glücklich werden, weil die Mutter ihr die Beziehung verweigert. Rotkäppchen hat es schwer zu flirten, sie darf  nicht vom Weg abgehen. Aschenputtel wird schließlich gefunden. Der Froschkönig muss man sein Versprechen halten. Im Fischer und seiner Frau scheitert an Unersättlichkeit, Unterwerfung und Minderwertigkeitsgefühl. Vorsicht, Märchenidentifikation sind oft magische Skripte zum eigenen Leben.   Noch etwas, halten sie an Ihren Träumen fest. Träume sind die autonome Regulation unserer Psyche. Sie schaffen es, Bilder auf die Augennetzhaut zu zaubern, können ängstigen, uns schweißnass aufwachen lassen oder glücklich machen.

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In arabischer Sprache wird der Liebespartner „Mit – Atmender“ genannt. Eine berührende und universell zutreffende Bezeichnung. Meine Hinweise nach 48 Jahren Ehe, drei Kindern und sechs Enkeln. Wir brauchen eine kleine Hornhaut auf der Seele, als Schutz für die Selbstachtung in Krisen und wir brauchen getrennte Betten und nicht zuletzt den Humor als eine wichtige Ressource.

Autor: Dieter Loboda, Päd. Psychotherapeut
Thema: Die Wirklichkeit und der Klebstoff in Beziehungen
Webseite: https://mac-koblenz.jimdofree.com

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