Suizidalität in der Krisenintervention

Unter Suizidalität verstehen wir das Potenzial aller seelischen Kräfte und Funktionen, das auf Selbstvernichtung tendiert. (Pöldinger und Haenel 1986)

frau-verzweifelt-suizidgedanken

Definition Suizid: Suizid ist ein vorsätzlicher, selbst herbeigeführter Tod aufgrund eines absichtlichen, direkten, und bewussten Versuchs, das eigene Leben zu beenden

( Shneidmann , 1999 )

Weltweit sterben jedes Jahr 1.000.000 Menschen durch Suizid ( WHO )

Davon in Deutschland ca. 10.000 , damit steht der Suizid an erster Stelle der Todesursachen

Risikofaktoren für Suizid

Soziale Faktoren:

  • Pensionierung und die damit oft verbundene Einsamkeit
  • Verlust sozialer Kontakte z.B. durch Armut
  • Berufliches Scheitern wie Firmenpleiten usw.
  • Arbeitslosigkeit, Liebeskummer, Trennung , Scheidung , Tod des Partners
  • oder eines Familienangehörigen , einfach keinen Sinn im Leben mehr erkennen

Klinische Faktoren

  • Depressionen, chronische, psychische Erkrankungen, Persönlichkeitsstörungen
  • Alkohol, Medikamenten und Drogenabhängige haben ein 25% Risiko aller Suizide. Das ist ein 60-120 mal höheres Risiko
  • Frühere Suizidversuche, Suizide in der Familie oder im Bekanntenkreis
  • Ältere und vereinsamte Personen die Suizidankündigungen machen suizidieren sich  zu 80 %

( Pöldinger  1980)

Auslöser sind  Krisensituationen für die keine ausreichenden Ressourcen vorhanden sind.

Dabei muss die Krise nicht immer unlösbar sein, jeder Mensch ist ein eigenes Individium

und die Dinge werden unterschiedlich betrachtet.

Besonders gefährdet sind:

  • Personen die bereits einen Suizidversuch hinter sich haben haben ein hohes Risiko zur Wiederholung
  • Depressive Menschen leben in einer Wiederholungsgefahr von 20-30%  davon enden 10% tödlich
  • Einsame Menschen, vorwiegend im höheren Alter
  • Schwerkranke z.B. Krebskrank und alle unheilbaren Krankheiten
  • Auch Liebeskummer endet manchmal tragisch
  • Verlassene Personen z.B. durch Scheidung , Trennung, Tod des Partners
  • Menschen die Versagensängste haben, und das Gefühl nicht gut genug zu sein
  • Psychisch Kranke Menschen

Das Suizidrisiko ist im ersten halben Jahr nach dem Suizidversuch am höchsten.

Suizidgedanken häufig bei Depressionen. Davon versterben 15% durch Suizid 20-60% weisen einen Suizidversuch auf 40-70% haben Suizidideen. Die meisten Patienten , die sich suizidieren suchen in den Wochen davor einen Arzt auf, um sich mitzuteilen versteckt oder offen. Wenn der Arzt die Warnsignale nicht deuten kann kommt es meist zum Eklat.

Suizidalität sollte immer offen angesprochen werden .

Die Einschätzung der Suizidalität

In der Krisenintervention wird folgendes erfragt:

  • Bestehen Todeswünsche
  • Sind konkrete Pläne abrufbar
  • Eventuell schon Vorbereitungen getroffen
  • Besteht eine religiöse Bindung
  • Gibt es Suizidideen
  • Oder gar Suizidpläne
  • Sind die verschiedenen  Suizidmethoden schon ins Auge gefasst worden
  • Schon einmal parasuizidale Handlungen erwägt

Wichtig dazu ist die Familienanamnese um das Umfeld des oder der Betroffenen zu erfahren.

Motive für Suizidversuche: ( Hoffmann 2000)

  • Erlösung von seelischem und körperlichen Leid
  • Suche nach Ruhe und Geborgenheit
  • Ein Hilfsappell
  • Die Entlastung von Schuldgefühlen
  • Aggressionsumkehr
  • Primäre Aggressivität gegen das eigenen Ich
  • Identivikation mit einer Idolfigur
  • Erpressung bzw. der Wunsch, die eigene Umwelt zu manipulieren
  • Racheakt z.B. die Bestrafung des Partners
  • Narzisstische Kränkung
  • Versuch das Selbstwertgefühl zu retten
  • Spannungsabfuhr

Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung,  mit Todessehnsucht um der ausweglos scheinenden und nicht aushaltbaren Lebenssituation zu entfliehen, mit dem Ziel endlich Ruhe zu finden, und alle Probleme und das unerträgliche Leid und die damit schwersten Umstände zu beenden.

Das normale Denkverhalten schaltet ab und es entsteht ein Teufelskreis der nur noch mit Krisenintervention in den Griff zu bekommen ist, und selbst das ist keine Garantie um den Suizid in den Griff zu bekommen.

Suizidalität per se ist keine Krankheit . Viele Menschen haben sich schon einmal in schwierigen Lebenssituationen mit der Möglichkeit des eigenen Todes beschäftigt.

Passive Todeswünsche und Suizidgedanken spielen dabei eine Rolle. Das Risiko steigt wenn die Vorstellungen sehr konkret werden. Bei Verdacht muss Suizidalität immer genauestens exploriert werden. Das Erkennen stützt sich immer auf Kooperationsbereitschaft des Betroffenen. Die Thematisierung ist meist eine sehr große Entlastung für den Jenigen.

Die verschiedenen Stadien teilt man nach Pöldinger und Ringel ein wie folgt:

1 Einengung

  • Situative Einengung
  • Dynamische Einengung
  • Einengung zwischenmenschlicher Beziehungen
  • Einengung der Wertewelt

 

2 Gehemmte oder gegebenenfalls  gegen die eigene Person gerichtete Aggression

3 Selbstmordphantasien

aktive und passive Suizidgedanken

Stadien der suizidalen Entwicklung nach Pöldinger:

1 Stadium : Erwägung

der Suizid wird als mögliche Lösung aller Probleme und Schwierigkeiten in Betracht gezogen.

2 Stadium: Ambivalenz

hin und hergerissen sein zwischen Wünschen zu leben und dem Gefühl, keine andere Möglichkeit zu haben, als sich das Leben zu nehmen.

Selbsterhaltende und selbst zerstörerische Kräfte stehen miteinander im Konflikt.

Häufig kommt es zu direkten Suizidankündigungen.

3 Stadium : Entschluß

Der Betroffene hat sich für eine Lösung die heißt : Weiterleben oder Suizid.

Es kehrt Ruhe ein vor dem Sturm , es folgen eher indiskrete Suizidankündigungen.

Das ist die gefährlichste Phase die wegen der Entspanntheit oft nicht erkannt wird.

Die Anzeichen einer Suizidvorbereitung

  • Direkte Vorbereitung durch Anschaffung entsprechender Hilfsmittel, z. B das Sammeln von Tabletten
  • Abschiednahme z.B durch Briefe, Telefonate, verschenken von geliebten Gegenständen, abschließende Regelung von Erbschaft und Vermögen
  • Rückzug aus gewohnten Lebenszusammenhängen, von vertrauten Bezugspersonen
  • Veränderung der Persönlichkeit , Vernachlässigung der Äußeren, Leisungsabfall, veränderter Schlaf-Wachrhythmus, veränderte Eßgewohnheiten , riskantes Verhalten im Straßenverkehr,
  • exzessiver Alkohl und oder Drogenkonsum
  • Depressionen, Stimmungsschwankungen, plötzliche Ruhe und Gelassenheit nach schwerer
  • Verzweiflung, hinter der sich der Entschluß zum Suizid verbirgt
  • Beschäftigung mit dem Thema Suizid, Lesen entsprechender Literatur oder Internetseiten, Identifikation oder Verklärung von Menschen die sich das Leben genommen haben.

Die Methoden sind kulturell abhängig

  • Harte Methoden wie Erhängen , Erschießen, sich in die Tiefe stürzen. Sind in westlichen Ländern von Männern bevorzugt.
  • Weiche Methoden wie Vergiften durch Medikamente bieten eine höhere Überlebenschance und werden in westlichen Ländern von Frauen bevorzugt.
  • Mit zunehmenden Alter steigt die Suizidrate zwecks Vereinsamung  oder Krankheit. 

Die Suizidformen:

  • Suizidversuch als Hilferuf in der Verzweiflung
  • Bilanz-/ Abwägungssuizid als unausweichliche Lösung
  • Doppel und Massensuizid mit dem Einverständnis des Partners  oder Sektentat
  • Mitnahmesuizid z. B. eine Mutter nimmt ihre Kinder mit in den Tod
  • Nachahmungssuizig z.B. bei Jugendlichen die einem vermeintlichen Vorbild auf die gleiche Art und Weise in den Tod folgen

Einen geschützten Rahmen bildet eine religiöse Bindung, ein intaktes Familienleben, viele soziale Kontakte, Freunde usw.

Krisenintervention zeichnet sich aus durch:

  • Schnellen Beginn
  • Proffessionelles Handeln
  • realistische Ziele
  • Emphatie und Wertschätzung
  • pragmatisches Vorgehen
  • zeitliche Begrenzung

Professionelle Strategien in der akuten Intervention

  • Die verzweifelte Person in einen geschützten Rahmen bringen um Sicherheit zu geben
  • Sich auf gleicher Augenhöhe begegnen ohne zu werten
  • Unbedingte Emphatie
  • Einfach da sein und zuhören , auch miteinander schweigen
  • Ermutigen Gefühle ausdrücken zu können
  • Hoffnung geben und Ressourcen aufzeigen
  • Atemübungen zur Angstbewältigung
  • Brilliante Momente  aus dem Leben  erfragen
  • Auf einer Skala von 0-10 aktuelles Befinden abschätzen
  • u.U. eine enge Bezugsperson mit einbeziehen
  • Einen Antisuizidpakt schließen , schriftlich mit Unterschrift
  • In telefonischem Kontakt bleiben 
  • Eventuell einen Arzt hinzubestellen zwecks Medikation zur Beruhigung
  • Bei Bedarf  sollte eine Klinikeinweisung  freiwillig mit Begleitung folgen

Wenn es ganz brisant wird u.U. eine Zwangseinweisung als notwendige Schutzfunktion. Das ist die wirklich allerletzte Möglichkeit wenn gar nichts mehr geht, aber auch je nach Situation einer Krise oder deren Schwere der richtige Weg.

Autor: Petra Hainzinger
Thema: Suizidalität  in der Krisenintervention
Webseite: https://www.herz-zeit-ph.com

Autorenprofil Petra Hainzinger:

Heilpraktikerin für Psychotherapie - Spezialausbildung in der akuten Krisenintervention

#Depressionen, #Krisen, #Probleme, #Unzufriedenheit

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