Das Typische bei Störfallen der Kommunikation

dosentelefon

Zu Beginn:

Das Verstehen ist ein unfreiwilliger psycho - sozialer Eingriff in ein hormonell, immunologisch, neuro – vegetatives, kulturell, individuell und kollektiv sozialisiertes, sich selbst ständig veränderndes multikomplexes System. So ließen sich Kommunikationsbedingungen treffend beschreiben. (Loboda) J. W. v. Goethe. Oft halten wir die Teile in der Hand, allein es fehlt das verbindende Band.

Richard David Precht, Philosoph und Bestseller Autor sagt zur paradoxen Lebenswelt Folgendes: Wir treffen mit unserer Geldwerthaltung ständig falsche Entscheidungen, streben nach Sicherheit, die wir wahrscheinlich nie erreichen werden, wir opfern Freiheit und Selbstbestimmung für höheres Einkommen und kaufen Dinge, die wir nicht brauchen, um Leute zu beeindrucken, die wir nicht mögen, mit Geld, dass wir nicht haben. - So bringt er unsere paradoxe Lebenswelt auf den Punkt.

Dazu kommt aktuell ein gesellschaftliches Narrativ einer virtuellen Sprachverstümmelung, Kürzel, Internetterminologie, Datenschutzmerkmale, ohne die wir nicht mehr handeln können und ein unumgängliches sich Einwählen, Zustimmung zum Zugang des PC `s, Kennworteingabe. Eine Handysprache hat sich entwickelt hdl (Hab dich lieb). Naturgemäß denken wir bei dem Thema Kommunikation an Gespräche. Und tatsächlich gibt es Dutzende Formen von Gesprächen im Alltag. Das belanglose Gespräch, Vertragsgespräch, Beurteilungs-und Karrieregespräch, Bewerbergespräch, Mitarbeitergespräch, Verkaufsgespräch, Diagnosegespräch, Informationsgespräch, Streitgespräch, Konfliktgespräch, Beziehungsgespräch, Konfrontationsgespräch, Beichtgespräch, Trauergespräch, Reklamationsgespräch, Arztgespräch, Elterngespräch, Taufgespräch, Debatte, Diskussion, um nur einige zu nennen. - Allerdings gibt es wesentliche Aspekte, die zur Kommunikation gehören.

Die frühe erzieherische Prägung, der individuelle Menschentyp, die Erwartungshaltung, das persönliche Wahrnehmungsmuster, die Erfahrung mit Kritik und Belohnung u. v. a. Meist ist es unbewusst, warum und wieso Gespräche misslingen und wird ggf. erst später im Rückblick deutlich. Die wesentliche Erfahrung in nonverbaler Empfindung von Baby und Mutter hat Kommunikation sichergestellt über Instinkt, Berührung, Geruch und Atmung, Intuition über Bindung und Bedürfnisbefriedigung, ohne jedes Wort. Später ist zu beobachten, wie das Kleinkind, bevor es etwas entgegen nimmt von jemand Erwachsenen, zuerst den Blick der Mutter sucht. Für alle bleibt der erlebte strenge Blick der Erziehungsautoritäten im Laufe des Lebens immer noch weiter bestehen.

Wir versuchen mit Rhetorik, Fragetechnik, Feed Back Regeln, (kurz und knapp, deutlich, langsam, ausreden lassen, Informationsmengen reduzieren. Ich Botschaften, Aufnahmekapazitäten des Gegenübers beachten, fragen statt behaupten Argumentation und Körpersprache der Gegenüber zu erkennen, zu entschlüsseln, einzuordnen und zu beeinflussen.) Heute experimentieren wir mit künstlich erschaffenen Avataren unser Verhalten zu imitieren. Unser Kommunikationsverhalten hat sich durch Corona, Homeschooling- und Office verändert. Schüler reduziert auf PC Nutzung und Unternehmen, die vom Bewerber ein Video erwarten, bevor sie mit ihm sprechen sind Beispiele, wie durch Computerprogramme Mitarbeiter entlassen werden, haben verunsicherte Kommunikation hervorgebracht. Außerdem kommen diffuse Ängste in Sachen Inflation, Energiekosten und Ukrainekrieg hinzu.

Auch ca. 40% Scheidungen scheitern meist am Kommunikationsverhalten. Martin Buber (Österreichischer Philosoph) sagt: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“ Es bleibt schwer zu verstehen, wie Viktor Frankl (Entdecker der Sinntherapie) im Konzentrationslager mit Häftlingen täglich Witze erzählen lies. Das Leben musste einen Sinn machen, um zu überleben. Carl Rogers hinterließ uns die „Klienten zentrierte Interaktion“. Meint: Das genaue stille, achtsame Zuhören, stumme Bestätigung durch Kopfnicken, ein wiederholen der Aussage, um sicher zu stellen, alles richtig verstanden zu haben, den Sprechen nicht zu unterbrechen, bevor die eigene Antwort ausgewählt wird.

Paul Watzlawik hat deutlich gemacht, dass man nicht „nicht“ kommunizieren kann. Wenn sie jemanden ignorieren, der mit in ihrem Zimmer weilt, ist die Störung bereits da. Ein massiver Einfluss auf die Kommunikation, ähnlich schmerzhaft, wie die Machtdemonstration des Schweigens.

Schulz von Thun entwickelte ein Analyse Model zur Kommunikation. Meint: Jeder Mensch hat eigentlich vier Ohren, mit denen er Kommunikation empfängt und bewirkt. Sach, Appell, Beziehungsund die Selbstäußerungsohr. Wenn ein Patient auf der sachlichen Ebene und neugierig fragt: „Was ist das Rote in der Spritze?“ Und der Arzt antwortet: „Das tut nicht weh“, wird deutlich, dass eigentlich keine Antwort auf der Sachebene kommt, etwa. (etwa ein Vitaminpräparat mit typisch rötlicher Färbung) Stattdessen aus dem Appellohr empfangen (Ich hab Angst vor der Spritze) eine tröstende Aussage. Diese Selbstäußerung lässt geringe oder auch größere Bereitschaft zur Beziehung vermuten. So kann man mit Hilfe der vier Ohren Verhalten sehr gut analysieren.

Vier Ohren Model (stets zeitgleich an Kommunikation beteiligt)

vier ohren model skizze

 

Ein Kleinkind benennt Bauchweh und klagt. Der Ehemann kommt abends heim und beklagt den Tag und ist müde. Das Appellohr bei der Mutter und Ehefrau empfängt sehr unterschiedlich. Beim Kind tröstet sie spontan. Beim Ehepartner macht sie deutlich, er soll sich nicht wieder so anstellen.

Das Sender und Empfänger Model:

  • Es ist nicht das wahr, was ich sage, sondern was der andere versteht. Wenn ich nicht darauf Rücksicht nehme, ist die Störung da.
  • Der Status bestimmt die Kommunikation immer mit. Wenn ich den Chef nicht als Chef akzeptiere, ist die Störung vorprogrammiert
  • Die Beziehung bestimmt den Erfolg der Kommunikation. Wenn die Sympathie fehlt, sind Ergebnisse schwierig, schlecht oder gar unmöglich.

Dr. Eric Bern hat zu einem besonderen Verständnis zwischen Menschentypen- und Gruppen beigetragen. Mit der Transaktionsanalyse ist es ihm gelungen, typisches Verhalten in der Kommunikation zu visualisieren. Ein Gespräch lässt sich grafisch visualisieren und deutlich machen.

Ich Zustände

 

ich zustaende grafik

Konfliktentschärfung

 

konfliktentschaerfung grafik

Systemisches (von Bateson) gesehen, kann ein größerer Zusammenhang (in der Familie oder Firma) vorteilhaft berücksichtigt werden. So könnten die schlechten Noten einer guten Schülerin vom alkoholisierten Vater ablenken. Thesen: Ich wünsch ich wär ein Vogel und könnte fliegen. Ich wünsch, ich wäre zwei Vögel und könnte mir beim Fliegen zuschauen. Ich wünsch ich wär drei Vögel, dann könnt ich mir beim Beobachten zusehen. Charakteristische Aussagen zum systemischen Verstehen.

Ruth Cohn zeigt mit der Themenzentrierten Interaktion beachtenswerte Regeln auf, die Konflikte vermeiden helfen. Balance von Person, Gruppe, Thema und Umfeld. Etwa: Die Verantwortung zu übernehmen für was man tut, und was man unterlässt. Eventuelle Störungen sofort beachten, im ICH zu sprechen, statt im verallgemeinernden WIR. Empfindungen können nicht bewertet werden und subjektive Erfahrungen haben keine allgemeine Gültigkeit. Fragen stets begründen.

Bandler / Grinder konnten ein Kommunikationsverhalten mit dem Neuro – Linguistischen - Programmieren (NLP) exzellent darstellen. Der Zielzustand (Urlaub) erscheint in der Gesichtsphysiognomie ebenso wie der Problemzustand (Zahnarzt/Finanzamt) Der Trancezustand ist allen bekannt, die schon mal mit dem Auto an der falschen Abfahrt abgefahren sind und das Kaufhaus war schon verpasst. Den Trennzustand erinnert ein jeder, der mal dringend eine Pause bei den Hausaufgaben benötigt hat, oder bei einem Streit spontan einen Spaziergang gemacht hat. Ein Exzellenzzustand bezeichnet eine besonders glückliche, gesunde, kraftvolle und erfolgreiche Erinnerung. (Diplomprüfung, Bergbesteigung, Geburt) und nutzt Problemzustände zu beenden. Die Repräsentation visuell, kinästhetisch, auditiv, gustatorisch, olfaktorisch und vestibulär ist wirksam und erweitert die Handlungsmöglichkeiten. Der Stuckzustand beschreibt schließlich Depressionsanteile.

Steve De Shazar beherrschte das besonders. Ein Patient im Problemzustand und Klagemuster, der permanent ohne Pause über seine Beschwerden spricht, wurde von Shazar gefragt: „Wann haben sie die Beschwerden nicht?“ Anstatt weiter eine Bestätigung und Zuwendung für seine Störung zu erhalten, findet sich die Person plötzlich in einem spontanen eigenen Lösungsmodus wieder. (Erinnert sich, beim Skilaufen beschwerdefrei gewesen zu sein) Teil der Lösung, statt Teil des Problems sein.

Marshall Rosenberg hat mit den vier Schritten zur gewaltfreien Kommunikation zur Konfliktlösung beigetragen. Lebensentfremdende Verhaltensweisen in lebensbereichernde umgestalten war sein Ziel. Beobachtung (sich selbst achtsam wahrnehmen) – Gefühl (eigene Empfindung erspüren) - Bedürfnis (Mitteilung wie das Eingehen auf eigene Belange eine Bereicherung sein wird) – Die Bitte. (Deutlich machen, dass die Ablehnung der Bitte ohne Konsequenzen bleiben wird aber eigene Bedürfnisse deutlich macht und um Toleranz zu ermöglichen.)

C. G. Jung hat Wesentliches herausgefunden. Ein Fühltyp, jemand, der seine Welt über sein Gefühl bewertet, sagt voller Überzeugung: „Rot ist die schönste Farbe der Welt“, könnte bei der Antwort seines Partners sehr irritiert sein. Der Partner, als Denktyp, antwortet etwa so: „Wo kann ich das nachlesen?“ Diese jeweilige Grundhaltung ist zu tolerieren und ist nicht therapiefähig. Störungen gibt es nur, wenn versucht wird, den Grundtyp des Gegenübers verändern zu wollen. Wenn jemand ein intuitiver Typ ist und alles in seiner Ganzheit besonders schnell erfassen kann, nutzt dem Empfindungstyp seine oberflächliche Betrachtung nichts. Besonders die Veranlagung extrovertiert oder introvertiert zu leben, ist eine häufige Störquelle im alltäglichen Zusammensein. Auch der Illusion zu erliegen das erlebte Verhalten der eigenen Eltern vom aktuellen Partner zu erwarten oder gareinzuklagen, begünstigt kommunikative Konflikte.

Samuel Molcho hat seinerzeit in beeindruckender Beobachtung die menschliche Körpersprache beobachtet und sie einer breiten Öffentlichkeit zugeführt. An der Haltung gegenüber dem nächsten lassen sich Rückschlüsse auf die Beziehung finden.

skizzen artikel kommunikation

Im Umgang mit Emotionen kennen wir drei Arten, sie zu verarbeiten.

  • Generalisierung: Ein Schüler hat schlechte Noten und sagt, er könne eben keine Mathe.
  • Tilgung: Jemand hat Angst vor dem Fliegen, weiß aber nicht warum.
  • Verzerrung: Wir können Vorstellungen, Gegenstände und Fähigkeiten unabhängig von der Wirklichkeit hervorbringen. (Feiern im September das Oktoberfest- haben Friedensdrohnen, die in der Ferne töten können. - Nullwachstum)

Stephen Karpmann. Schließlich müssen wir vermeiden im „Drama Dreieck“ mit verfestigten Standpunkten von Täter, Opfer, Retter zu handeln und darin stecken zu bleiben. Eine Dynamik, die wir aus den Märchenszenen kennen. Als Retter selbstgerecht allen helfen zu wollen, als Verfolger Ankläger zu sein, zu kritisieren, bevormunden und als Opfer sich ständig schuldig fühlen und damit Versagungsgefühle auf Dauer zu bestätigen. Die Positionen sind statisch und stabil, sie bedingen ein Drama immer dann, wenn man darin verstrickt ist und Partei nimmt. Die Positionen tauschen sich permanent, als würden sie sich jagen. Die Lösung heißt Neutralität.

Drama Dreieck

drama dreieck skizze

Schlussbemerkungen:

Jede Kränkung, auch unbeabsichtigt, berührt unser Selbstwertgefühl, das ständig bemüht bleibt, um ein ausgewogenes Wohlbefinden zu ermöglichen. Nicht umsonst haben wir Begriffe. Du Weichei, sei nicht so empfindlich, stell dich nicht so an, er hat es nicht so gemeint, hör auf zu klagen usw. Je nachdem, ob Menschen helfende, aggressive, selbstsichere, dominante, distanzierte, Nähe suchende, Bewahrende oder Wechselhafte oder auf Dauer angelegte Typen sind, lassen sich aus den Unterschieden Störungen erkennen und nachvollziehen, die aufeinander treffen. Beachten sie stets ihre eigene Wahrnehmung und ihren Atem. Bewerten sie nicht, trennen sie Emotion von Inhalten.

Achten sie auf den Körper, er spricht bevor die Worte sich bilden. Beispiel: Sie gehen gut gelaunt zum Briefkasten, finden Post vom Finanzamt, Arztbrief, etc. Was empfinden sie dann spontan? Streben sie mit der eigenen Intuition nach Achtsamkeit und Harmonie. Lässt sich eine wiederkehrende Störung im Zusammensein gehäuft erleben, (schnelle ärgerliche Reaktion auf stets gleiche Ereignisse) ist ein Komplex zu vermuten; ein nicht erledigtes Beziehungserleben der Vergangenheit.

Eine Empfehlung zur Konfliktlösung ist die bildhafte und grafische Darstellung des persönlichen Empfindens einer erlebten Szene. (Malen mit Wasserfarbe, Buntstift oder Acrylfarbe) Durch die Bildbetrachtung lassen sich Übertragungen und Missdeutungen von Begriffen vermeiden. Spiegelneuronen ermöglichen dem Gegenüber, die Bilder und Bedürfnisse zu verstehen, ohne durch Worte verwirrt zu werden. Erst danach ist es leichter, zu sprechen.

Regelmäßige Gespräche mit klarer Regel (ohne Unterbrechung) sind hilfreich. Am besten zweimal pro Monat an neutralem Ort, alles das mitteilen, was man auf dem Herzen hat, ohne Diskussion, einfach nur anhören. Zusagen, das man darüber ernsthaft nachdenken wird, sich für das Gesagte bedanken. Erst am anderen Tag wird der Partner angehört. – Es braucht Mut dazu. Bleiben sie sich selbst treu.

Autor: D. Loboda, Counselor grad., Päd. Psychotherapeut, Dozent, Autor, fr. Med. Journalist, Schulleiter i. R.
Thema: Das Typische bei Störfallen der Kommunikation
Coaching: https://mac-koblenz.jimdofree.com
Abendländische Medizin: https://loboda-tem-lahnstein.jimdofree.com/

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